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E-Book

Höfische Erlebnisse

Vollständige Ausgabe

AutorPhilipp zu Eulenburg
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl570 Seiten
ISBN9783849612184
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Philipp zu Eulenburg war ein preußischer Diplomat und enger Vertrauter des Deutschen Kaisers Wilhelm II. In seinen Geschichten finden sich die Höfe und Adligen der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende. Unter anderem erzählt er vom Tod Ludwigs II. und viele andere Begebenheiten. Aus dem Inhalt: Das Ende König Ludwigs II. von Bayern Skizzen aus dem Orient In alten Schlössern Begegnung mit Graf Zeppelin. Am Hofe von England Die brennende Politik. Aus Briefen an den Kaiser. Die Majestäten von Berlin und Rom in Venedig 1896 Gräfin Morosini. Die Eröffnung des 'Eisernen Tores' September 1896 Zwei Kaiser und ein König auf dem Wasser Frau Malwine von Dutschka Erzherzog Albrechts Tod und ein Kaiserbesuch Kaisergeburtstag und ein Duell Millenium in Budapest Wilhelmshöhe, Ischl und Zarenbesuch in Wien Fürstin Pauline Metternich Wiener Karneval ... u.v.m.

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Leseprobe

Anhang


 


Einige Briefe den Tod König Ludwigs II. und die bayrische Regierungskrise betreffend

 

Berlin, 13. Juni 1886.

 

Geheimrat Fritz von Holstein an Graf Philipp zu Eulenburg.

 

Geehrter Graf, Herbert Bismarck hat mir neulich Ihren Brief über Bayrische Verhältnisse gezeigt; gestatten Sie mir Ihnen zu sagen, daß ich ohne jenen Verhältnissen näher zu stehen, instinktmäßig Ihre Ansicht für die richtige halte. Der Prinz-Regent, von dem ich höre, daß er ein ehrenswerter Herr ist, würde angesichts dieser Stimmung nichts Unpraktischeres tun können, als wenn er die jetzigen Minister, die mit ihren Fehlern und Eigenschaften dem deutschen Volk bekannt sind, durch Leute ersetzte, die dem Zentrum angehören oder angehört haben, d.h. derjenigen Gruppe, die nach dem Motto handelt: "Des Reiches Verlegenheit ist unsere Gelegenheit". Der Hauptpunkt ist nur dieser:

 

Ich bin überzeugt, daß der Prinz-Regent diesen Wechsel, den er vielleicht wünscht, nicht ohne Ermutigung von Berlin eintreten lassen wird.

 

Lerchenfeld – das ist eine Vermutung in bundesrätlichen Kreisen – ist beauftragt, diese Ermächtigung zu beschaffen. Wie er das anfangen wird, weiß ich nicht genau, aber er ist in den Sachen, die nicht zum eigentlichen Geschäft gehören, recht geschickt, und ohne unnützigen Ballast von Skrupeln.

 

Ich habe in den letzten 24 Stunden konstatieren können, daß die Beunruhigung in reichsdeutschen Bundesratskreisen rasch wächst. Infolgedessen schrieb ich an Herbert, er möge Ihre Briefe, falls Sie ihm noch welche schreiben, direkt und persönlich an seinen Vater schicken ...

 

In dem Gefühl, daß wir, ohne uns näher zu kennen, in dieser nationalen Frage in ein Horn tuten, grüßt Sie bestens

 

Ihr aufrichtig ergebener (gez.) Holstein.

 

####

 

Hanau, 13.6.86.

 

Graf Herbert Bismarck an Graf Philipp Eulenburg

 

Mein lieber Phili, Ihr freundlicher Brief, den ich am Vorabend meiner Abreise von Berlin erhielt, hat mich sehr erfreut und interessiert. Inzwischen ist die Bombe ja bei Ihnen geplatzt! Das muß ich aber sagen, daß sie recht ungeschickt geworfen war: die Einfädelung der Ausführung macht einen geradezu peinlichen Eindruck. Daß ein Systemwechsel sehr unerwünscht wäre, ist auch meine Ansicht, was kann man aber tun, um ihn zu verhütend Es würde mich interessieren, Ihre Meinung zu hören.

 

In 2 bis 3 Tagen siedle ich nach Homburg über, wo mich ein postlagernder Brief sicher erreicht. Ich mußte Berlin schließlich verlassen, weil die Luft mich dort bedrückte und ich immer unter dem Titel der Freundschaftsbesuche zu den Geschäften mit herangezogen wurde. Das griff mich an und machte mich nervös. Jetzt habe ich nun 8 Wochen Urlaub und hoffe in der Zeit wieder auf den früheren Standpunkt zu kommen.

 

Für Franzensbader Bäder, die Sie empfehlen, bin ich jetzt wohl noch zu matt. Da dieselben nach Ihrer Ansicht aber solche Wiederherstellungskraft besitzen, werde ich Ihren guten Rat jedenfalls im Auge bebalten. Leben Sie wohl und möge es Ihnen recht gut gehn.

 

In steter Treue Ihr

 

(gez.) H.B.

 

Starnberg, 13. Juni, früh 1886.

 

Graf Philipp Eulenburg an Graf Herbert Bismarck.

 

Lieber Herbert, ich beeile mich, Ihnen über das unerhörte Ereignis, das sich hier zugetragen hat, einige Worte zu schreiben, denn ich nehme an, daß Sie die Details von Berlin aus erst in einigen Tagen erhalten werden.

 

Ich war gestern abend spät nach Starnberg gefahren, um meine Frau zu sehen, und wurde heute früh um 4 Uhr mit der Nachricht geweckt, daß der König und Gudden tot im See gefunden seien.

 

Ich nahm ein Boot und fuhr hinüber nach Schloß Berg. Gendarmen bewachten den Eingang zum Schloß, und man führte mich, da ich den Leuten bekannt war, zu dem toten König, den man soeben in seinem Bette, bis auf das Hemd entkleidet, niedergelegt hatte. Zwei Zimmer davon lag Gudden. Die Leichen waren nicht entstellt. Nur Gudden trug Zeichen eines stattgehabten Kampfes auf seiner Stirn und Strangulationsmarken am Hals. Dr.Müller (zweiter Arzt) und Graf Törring waren im Nebengebäude. Sie machten mir folgende Angaben. Der König war gestern abend um ¾7 mit Gudden allein ausgegangen. Gudden hatte die Meinung, daß der König, nachdem er sich auffallend ruhig von Hohenschwangau hatte hierher bringen lassen, besonderer Bewachung nicht bedürfe. Als um 8 Uhr zum Abendessen niemand kam, begann das ganze Schloßpersonal zu suchen. Man fand erst gegen 11 Uhr bei Fackelschein am Seeufer den Hut des Königs. Gleich darauf die Leiche des Königs und Guddens im Wasser.

 

Ich ging zu der Stelle und konstatierte, daß in dem Weidengebüsch, hart am Seeufer, ein Kampf stattgefunden hatte. Alles war niedergedrückt und eine Menge Fußspuren, bunt durcheinander, waren im Sande abgedrückt. Die Spuren ließen sich bis in das seichte Wasser verfolgen. Hier muß der König Gudden überwältigt haben, der dabei ertrank, denn von dieser Stelle sieht man zwei einzelne Fußspuren, wie von einem laufenden oder weit ausschreitenden Menschen, der Tiefe entgegen, abgedrückt ...

 

Hier herrscht eine allgemeine und tiefe Betrübnis und Tausende von Menschen stehen vor der Residenz. – Leider auch tauchen unaufhörlich Anklagen gegen die Regierung auf, die einen nicht wahnsinnigen König abgesetzt und ihn dann jämmerlich habe zugrunde gehen lassen. Da heute früh die Truppen König Otto (!!!) den Eid geleistet haben und hierbei für den Kriegsfall der Kaisereid nicht vergessen wurde, ist in der Hauptsache alles in Ordnung.

 

Daß eine Erschütterung des Ministeriums stattgefunden haben sollte und sich dieses für alle Vorkommnisse der letzten Tage verantworten mußte, glaube ich nicht, da der Regent hinter ihnen steht. Aber bei den nicht ausgehenden Intrigen Frankensteins und seiner Partei, ist alles möglich. Vorläufig klammert sich Luitpold an Lutz und er schenkt seinem alten Jagdgenossen unbedingtes und volles Vertrauen. In diesem Vertrauen wird er auch durch seine Adjutanten Freischlag und Wolfskeel, die beide evangelisch sind, unterstützt. Auch Holnstein arbeitet momentan gut deutsch.

 

Ich war, als am 10. die Kommission in Hohenschwangau gefangen war, schleunigst dorthin gefahren und benutzte die gemeinschaftliche Rückfahrt mit den Herren, um auf Kosten ihrer, durch die Gefahr und ihre Angst, gänzlich erschlafften Nerven, bayerische politische Studien zu machen. Holnstein versicherte mir, daß Prinz Luitpold eine große Verehrung für den Kaiser, aber ein tiefes Mißtrauen gegen den Kronprinzen habe – wegen Äußerungen, die dieser in seiner uns bekannten Weise hier gemacht hat. Holnstein stände dafür ein, daß der Prinz absolut loyal deutsch dächte, er habe allerdings einen sehr beschränkten Gesichtskreis. Wenn man so viel Einfluß auf den Prinzen gewinnen kann, daß er das deutsche Ministerium Lutz beibehält, so wird uns der beschränkte Gesichtskreis nichts schaden. Dieser wird nur bedenklich, wenn Frankenstein regiert. Ich schrieb Ihnen schon letzthin, weshalb ich Frankenstein fürchte. Es ist stets, und in verstärktem Maße seit einigen Jahren, von der ultramontanen Partei gegen Preußen und Deutschland geschürt worden und wenn ich auf meinen Bergspartien Äußerungen hörte wie. "Dumm sein mir g'wesen, daß mir mit den Preußen gegen die Franzosen geschlagen haben" oder "die Preußen sind halt unser gefährlichster Feind" – so weiß ich genau, auf welchen Ursprung solche Meinungen zurückzuführen sind. Von dem Augenblick an, wo Frankenstein das Ministerium übernimmt, fühlt sich der schlimmste Partikularismus Sieger und jene Hetzereien nehmen einen ganz andern, selbstbewußten Charakter an. Dazu der enge Luitpold, mit seiner österreichischen Verwandtschaft.

 

Der Regent wird gar nicht übel sein, wenn ihm der absolut sichere Lutz und der, trotz seines weichlichen Händedrucks ganz sichere Crailsheim sagen, was er zu tun hat. Wenn man in diesem Sinne auch Holnstein dirigiert, der momentan auf ganz gutem Wege ist, und dem Prinzen durch seine Dreihörigkeit imponiert, so fährt Deutschland gewiß gut dabei.

 

Wir stützen uns allerdings dabei auf die liberalen Elemente Bayerns, und unsere konservativen Parteien in Norddeutschland werden es schwer begreifen, aber das ist wohl einerlei, wenn Deutschland nur gut dabei fährt.

 

Es ist mir persönlich erst seit 1½ Jahren gelungen, ganz intim in die ultramontanen Kreise zu dringen. Ich habe dort sonderbare Dinge erlauscht und traue politisch keinem einzigen von ihnen, selbst nicht – verzeihen Sie mir – Ihrem Freunde Lerchenfeld. Den vornehmen Adel Bayerns können wir erst brauchen – wenn der deutsche Kaiser katholisch wird, – und ich denke, das hat gute Wege.

 

Mein Schreiben nimmt kein Ende. Da Sie in Homburg sind, haben Sie vielleicht Zeit, es zu lesen. Der Gedanke regt mich auf, daß Deutschland aus dieser bayerischen Krise einen Schaden erwachsen könnte und die gemeinschaftlichen Diners von Mariani mit Monsignore Aiuti gehen mir auch nicht aus dem Sinn.

 

Leben Sie wohl, mein lieber Herbert, und gebrauchen Sie Ihre Kur mit Vorsicht und Energie. Das sind übrigens zwei Dinge, die in allen Verhältnissen besonders...

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