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Kollaboration und Widerstand in Dänemark und Norwegen während der deutschen Besetzung im 2. Weltkrieg

AutorHermann D. Janz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl78 Seiten
ISBN9783656082262
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - Nationalsozialismus, II. Weltkrieg, Note: 1,5, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Historisches Institut), Veranstaltung: 1.Staatsexamen, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese wissenschaftliche Arbeit innerhalb des Ersten Staatsexamens für das Lehramt Gymnasium soll die Thematik der Kollaboration und des Widerstandes in Dänemark und Norwegen während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg komplex darstellen und dem Leser veranschaulichen, welche unterschiedlichen Formen der erzwungenen Zusammenarbeit existierten, wie sich der Widerstand formierte und letztendlich welches Verhältnis diese beiden gegensätzlichen Pole zueinander entwickelten. Dass der Untersuchungsgegenstand dieser Examensarbeit auf das einleitend genannte Thema fiel, hatte verschiedene Motive: Zum einen stieß ich in einer Tageszeitung auf einen Artikel über die von der Simon-Wiesenthal-Stiftung meistgesuchten Kriegsverbrecher, unter denen sich auch ein dänischer Angehöriger der Waffen-SS Division ,,Wiking'' befand, der frühere SS-Obersturmführer Soeren Kam. Dies weckte mein Interesse daran, wie hoch denn eigentlich die Kollaborationsbereitschaft in den traditionell neutralen skandinavischen Ländern während der deutschen Besatzungszeit war, stand doch auch der Norweger Vidkun Quisling in der Nachkriegszeit stellvertretend für den Begriff des Kollaborateurs. Weiterhin wollte ich mehr über die deutsche Besatzungszeit in Dänemark und Norwegen an sich erfahren, nicht zuletzt weil der frühere deutsche Bundeskanzler Willy Brandt diese Länder während seiner Flucht ins Exil aufsuchte. Schließlich konnte ich mir während einer Studienexkursion nach Nordjütland einen Eindruck davon machen, wie den Widerstandskämpfern gegen die deutschen Besatzer noch heute höchste Ehrbekundungen entgegengebracht und ihr Wirken in Erinnerung gehalten wird. Es warf sich bei mir Frage auf, wer diese Männer waren, die auch den Verlust des eigenen Lebens riskierten, damit ihr Vaterland von dem nationalsozialistischen Joch befreit wird. In der Geschichtswissenschaft haben sich international bereits zahlreiche Historiker mit der deutschen Besatzungszeit in Dänemark und Norwegen und deren Folgen beschäftigt. Für den Themenkomplex ,,Reichskommissariat Norwegen'' gingen die wichtigsten Impulse für die Forschung von den skandinavischen Historikern Ole Kristian Grimnes und Magne Skodvin, sowie dem deutschen Geschichtswissenschaftler und Dozenten der Christan-Albrechts-Universität zu Kiel, Dr. Robert Bohn, aus. Im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen die deutschen Besatzer sind die Publikationen der Historiker Terje Halvorsen, Aage Trommer und Joergen Haestrup zu nennen.

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Leseprobe

4. Die Zeit während der deutschen Besatzung

 

4.1 Dänemark

 

Nachdem die dänische Regierung die Forderungen der neuen Besatzungsmacht akzeptierte, ließ sie mitteilen, dass sie ,,der Überfall auf ihr Land nicht als kriegerischen Akt und die Besetzung nicht als ,,occupatio bellica’’[35], sondern als völkerrechtlich nicht definierte ,,occupatio pacifica’’[36] betrachte.[37] Unter dem Schein einer ,,friedlichen’’ Besetzung wollte man das Ziel realisieren, dass das politische System und seine rechtmäßig gewählten Organe fortbestehen konnten und Verwaltung und Justiz weiter unter dänischer Obhut bleiben. Dieses Entgegenkommen wurde von deutscher Seite begrüßt, wollte man in Betracht der nahenden kriegerischen Auseinandersetzung mit Frankreich die Administration über Dänemark mit möglichst minimalen Aufwand durchführen.[38] Der neu eingesetzte ,,Gesandte und Bevollmächtigte des Deutschen Reiches bei der dänischen Regierung’’, der Botschafter Cecil von Renthe-Fink, teilte dem Auswärtigen Amt am 15.April 1940 mit, dass man ,,nach außen hin die dänische Souveränität schonen’’ wolle, damit ,,die dänische Regierung auch gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung manche unangenehmen Maßnahmen leichter rechtfertigen und durchsetzen kann’’.[39] General Kaupisch, der Befehlshaber der Besatzungstruppen, äußerte sich in einem Schreiben an das Führerhauptquartier vom 20.April in sehr ähnlicher Weise, allerdings unter der Diktion, dass man nur durch dieses Vorgehen möglichst viel für die deutsche Kriegsrüstung und Industrie herausholen könne.

 

Innerhalb der ersten beiden Jahre der Besatzungszeit konnten die gesetzten Ziele weitgehend erfüllt werden, was der Botschafter von Renthe-Fink am 11.Mai 1942 durch ein Memorandum auch Berlin wissen ließ. Die von Renthe-Fink genannten ,,erfüllten Wünsche’’ beinhalteten neben wirtschaftlichen Leistungen auch den Austritt aus dem Völkerbund (Juni 1940), den Beitritt zum Antikominternpakt[40] (November 1941), die Abtretung von Anlagen, Waffen und Geräten, Maßnahmen gegen den Kommunismus und Internierung von Mitgliedern kommunistischer Parteien, Maßnahmen gegen Emigranten, die Zusammenarbeit von dänischen Behörden und der Polizei mit den Besatzern und letztlich auch die Erlaubnis zur Werbung von Freiwilligen für die Waffen-SS.[41]

 

Gleichfalls muss in diesem Zusammenhang bemerkt werden, dass eine Vielzahl der dänischen Zugeständnisse vom Deutschen Reich unter teilweise erheblichen Widerstand erzwungen worden sind. Unterdessen gelang es der dänischen Regierung, die seit dem 10.4.1940 als ,,Sammlungsregierung’’ auch Vertreter der Konservativen Volkspartei und Venstre[42] einschloss, sich erfolgreich gegen die gestellten Forderungen nach antisemitischen Gesetzen, Deportationen, der Einführung der Todesstrafe und einer Wirtschaftsunion mit Deutschland zu widersetzen.

 

Eine Veränderung in der Politik mit den Besatzern erfolgte mit der Ernennung des parteilosen und als pragmatisch geltenden Erik Scavenius zum Außenminister im Juni 1940. Er war fortan auch der Hauptansprechpartner des deutschen Gesandten und ging mit seiner Politik des ,,guten Willens’’ weiter als die parteigebundenen Mitglieder des Kabinetts, welche auf die in der dänischen Bevölkerung vorherrschende Antipathie gegen die fremde Besatzungsmacht weiterhin Rücksicht nahmen. Nachdem die ersten Erfolgsmeldungen des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion eintrafen, entwickelte sich Scanvenius politisches Handeln immer weiter zu einem reinen Opportunismus. Infolgedessen veröffentlichte man eine Erklärung, die Hitlers Kriegspläne unterstützte, einflussreiche dänische Kommunisten wurden festgenommen und nach dem Beitritt zum Antikominternpakt strebte man mit der Stiftung des ,,Ostraumausschusses’’ auch eine Mitwirkung an der ökonomischen Ausbeutung der bis zu diesem Zeitpunkt eingenommenen Ostgebiete an. Gleichermaßen wuchs die Unmut innerhalb der dänischen Bevölkerung gegenüber ihrer Regierung, welche zunehmend als Werkzeug der deutschen Besatzer angesehen wurde. Dass das dänische Kabinett sich zunehmend der deutschen Einflussnahme beugte, lag seit Beginn der Okkupation auch in der Angst begründet, durch ein nationalsozialistisches Regime unter Führung des DNSAP-Führers Frits Clausen abgelöst zu werden. Jene Bedenken besaßen einen ernstzunehmenden Hintergrund: Clausen hatte bereits im Juni 1940 ein Bündnis mit der Landboernes Sammenslutning geschlossen um seine eigene Machtposition zu manifestieren. Weiterhin traten vereinzelt hohe Beamte wie der Preseattaché Gustav Meissner für eine Machtergreifung Clausens und der DNSAP ein, die auch finanzielle Unterstützung durch das nationalsozialistische Regime in Deutschland erhielt.[43]

 

Ein weiterer Umschwung in der Besatzungspolitik setzte in der zweiten Hälfte des Jahres 1942 ein: Der deutsche Vormarsch nach Osten konnte durch die Rote Armee allmählich aufgehalten werden und in Dänemark nahm die Unzufriedenheit in der  Bevölkerung ein immer größeres Ausmaß an. Im Königreich fanden immer häufiger Demonstrationen gegen die deutsche Fremdherrschaft statt, Kollaborateure wurden deutlicher mit Antipathien konfrontiert und die verbotene KP streute Flugblätter und verübte erstmalig Sabotageaktionen. Weiterhin war der frühere konservative Handelsminister Christmas Moeller schon im Mai nach London geflüchtet und wirkte von dort aus am Aufbau einer Exilregierung, während die deutsche Führung in Furcht vor einer Landung der Alliierten war. Die sogenannte ,,Telegrammkrise’’[44] im September 1942 wurde von deutscher Seite dazu instrumentalisiert, den zuvor beschlossenen schärferen Kurs gegen die dänische Regierung einzuschlagen. Daraus folgte der Austausch des Befehlshabers der deutschen Truppen in Dänemark, der von nun an Hermann von Hanneken war, und die Ablösung des Botschafters von Renthe-Fink durch den SS-Gruppenführer Werner Best. Best agierte allerdings nicht mehr als Gesandter, sondern als ,,Bevollmächtigter des Deutschen Reiches in Dänemark’’.[45] Obwohl Hitler nun ein weitaus aggressiveres politisches Vorgehen befahl und die Errichtung eines nationalsozialistischen Regimes in Dänemark forderte, rieten seine außenpolitischen Bevollmächtigten von einem radikalen Wechsel in der Okkupationspolitik ab. Als Kompromiss übertrug man Scavenius die Regierungsgeschäfte. Bei den Wahlen am 5.Mai 1943 erhielt die DNSAP lediglich 2,1% Prozent der Wählerstimmen, was einer breiten Ablehnung durch die Massen des Volkes gleichkam.[46] Es folgten Arbeitsverweigerungen, weitere Sabotageakte und ein Generalstreik im August 1943, bis die Regierung Scavenius schließlich abgesetzt wurde, da sie die Forderungen nach einem Ausnahmezustand und der Einführung der Todesstrafe zurückwies. Die sogenannte ,,Zweite Okkupation’’ wurde mit einer Welle an Festnahmen und der Entwaffnung des dänischen Heeres eingeleitet und verdeutlichten die massiven Probleme der Besatzer im früheren ,,Musterprotektorat’’. Auf Anregung Werner Bests sollte der Ausnahmezustand jetzt auch dazu genutzt werden, die in Dänemark befindlichen Juden zu deportieren.[47] Dies konnte durch ein Eingreifen der Widerstandsbewegung weitgehend verhindert werden. Mit dem Beginn des Jahres 1944 nahm die Besatzungspolitik immer weiter terroristische Formen an. Unter Einbezug dänischer Faschisten erfolgten politisch motivierte Morde, Anschläge auf öffentliche Einrichtungen und Erschießungen, wie auch während des ,,Volksstreiks’’ im Sommer 1944, bei dem etwa 100 Dänen liquidiert wurden. Ende 1944 wurde die Besatzpolitik stark von der fatalen Kriegssituation Deutschlands beeinflusst, die Befürchtung eines alliierten Landungsunternehmens wuchs täglich. Nach dem Suizid Hitlers am 30.April 1945 forderten einzelne Funktionsträger von Admiral Dönitz weiterhin die Verteidigung Dänemarks. Der neue Oberbefehlshaber schenkte den aussichtslosen Durchhalteparolen jedoch keine Beachtung und Bezog Dänemark in die Teilkapitulation der Wehrmacht ein. Die wurde vom britischen Feldmarschall Montgomery entgegengenommen und trat am 5.Mai 1945 in Kraft, womit auch die deutsche Besetzung Dänemarks ein Ende nahm.

 

4.2 Das ,,Reichskommissariat’’ Norwegen

 

Bereits in dem vorangegangenen Kapitel zur ,,Weserübung’’ wurde ausgeführt, dass die Errichtung eines Okkupationsregimes in Norwegen für die deutsche Seite mit großen Schwierigkeiten verbunden war, was vor allem mit der Versenkung der ,,Blücher’’ am 9.April 1940 zusammenhing. Der Verlust des Schiffes, auf dem sich auch die deutschen Kommandostäbe befanden, brachte den gesamten Operationsverlauf durcheinander und verzögerte ihn. Wie zuvor dargelegt, konnten sich König Haakon, die Regierung und Teile des Storting bereits am Vormittag in das Landesinnere nach Elverum absetzen und weitere Schritte zur Verteidigung des skandinavischen Landes einleiten.[48]

 

Weitaus nachhaltiger für das Schicksal Norwegens war allerdings ein anderes Ereignis, welches sich am 9.April ereignete: Vidkun Qusling, der Führer der faschistischen und politisch wenig bedeutenden ,,Nasjonal Samling’’, sah in den Wirren um den Untergang der ,,Blücher’’ die Gelegenheit, endlich die Regierungsgewalt über Norwegen an sich reißen zu können. Ohne Rücksprache mit der Wehrmacht oder dem Auswärtigen Amt gab er vom...

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