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E-Book

So heiss war der kalte Krieg

Fallex 66

AutorWolfram Dorn
VerlagDittrich Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783943941180
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Fallex 66 Die Geheimdokumente zur NATO-Ubung Fallex 66 sind frei. Wolfram Dorn hat sie ausgewertet: Die damalige Bundesregierung hat die Parlamentarier belogen und so die Verabschiedung der Notstandsgesetze erreicht. Die Bundesrepublik Deutschland war nach ihrer Gründung viele Jahre Zuschauer der weltpolitischen Entwicklung. Aber sie wurde, durch ihre Bündnisbeteiligung in der NATO, auch Zielobjekt militärischer Gedankenspiele. Im Deutschen Bundestag standen die Abgeordneten 1966 vor der schwierigen Aufgabe, ein Notstandsrecht zu schaffen, das den Staat und seine Bürger wirksam gegen die Bedrohung von außen oder innen schützt; und das zugleich den Grundprinzipien des Grundgesetzes entspricht. Das Parlament beriet die erforderlichen gesetzlichen Regelungen in drei Legislaturperioden. Die Ausschussberatungen brachten eine Einigung darüber, dass ein 'Notparlament' (Gemeinsamer Ausschuss) die letzte parlamentarische Instanz sein muss, wenn der Deutsche Bundestag nicht mehr funktionsfähig tagen kann. Weil Parlament und Regierung die Praktikabilität einer solchen Lösung ausprobieren wollten, nahmen die Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses an der NATO-Stabsrahmenübung Fallex 66 im Regierungsbunker an der Ahr beratend und entscheidend teil. Während dieser Ubung stimmten nur zwei der Abgeordneten gegen einen Atomwaffeneinsatz gegen den Warschauer Pakt. Das Buch zeigt anhand der geheimen Dokumente der NATO und persönlicher Erinnerungen des Autors an diese Ubung, wie das Parlament irregeführt wurde. Assoziationen zum Golf-, Kosovo- und Afghanistankrieg drängen sich auf. 'Ich habe die dramatischen Entwicklungen, die in der NATO-Planung für die Ubung Fallex 66 von Anfang an vorgesehen waren, in den Einzelheiten erst nach Kenntnisnahme des NATO Geheimmaterials erfahren. Es ist ein Tagebuch des Grauens, das Gott sei Dank nie Wirklichkeit wurde.' Wolfram Dorn

Geboren 1924, von 1951-1967 gehörte er dem Stadtparlament Werdohl an und wurde mit 29 Jahren Bürgermeister der Stadt. 1952-1968 Kreistagsabgeordneter des Landkreises Altena. 1954-1961, 1975-1980 und von 1985-1995 Landtagsabgeordneter in NRW. 1961-1972 Mitglied des Deutschen Bundestages und von 1969-1972 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Inneren H.-D. Genscher. Veröffentlichte politische Sachbücher, u.a.: 'Mehrheitsmacher oder mehr?', 'Geschichte des deutschen Liberalismus', 'NPD - neuer Anfang eines furchtbaren Endes', 'Der Regierungssturz in Düsseldorf 1956', 'Notstandsrechte und Demokratie', 'Der Freiheit gehört die Zukunft', 'Der Bundestag von innen gesehen', 'Freiheit in Verantwortung'. Mehrere Lyrikbände und Biografien. 1996 erschien seine Autobiografie im Auftrage des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages.

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Leseprobe

AM ANFANG WAR DIE NATO


Bereits am 20. Mai 1965, eineinhalb Jahre vor Beginn der Übung, informiert der Vorsitzende des Nordatlantikrates, Mario Brosio, die NATO-Mitgliedsstaaten ausführlich über die Planungen zu Fallex 66.

Das NATO-Geheimdokument C – M (65) 45 hat folgenden Wortlaut:

 

GEHEIM

Ausfertigung

Übersetzung zu VII B 5 - 726 112 - 66 - 261/65 geb. v.3.6.65

NORDATLANTIKRAT

ORIGINAL ENGLISCH

NATO GEHEIM

20. Mai 1965

DOKUMENT C-M(65)45

BETEILIGUNG DES RATES AN FALLEX 66

Schreiben des Generalsekretärs, Vorsitzender des Rates

Der Rat wird sich erinnern, daß er bei der Beratung meines Berichtes über seine Beteiligung an der Übung FALLEX 66 unter anderem zugestimmt hat, “sich an künftigen Übungen dieser Art zu beteiligen und die militärischen Stellen der NATO darauf hingewiesen hat, daß es wünschenswert ist, den Rat in einer frühen Planungsphase zu konsultieren, um vor allem festzustellen, ob eine vorgesehene Beteiligung des Rates zweckmäßig ist und welcher Art diese Beteiligung sein soll“.

2. SHAPE hat als Koordinator für die Übung FALLEX 66 in Zusammenarbeit mit SACLANT und CINCHAN jetzt einen ersten Entwurf der Übungsbestimmungen ausgearbeitet. Dieser Entwurf wird in einer Konferenz über NATO-Übungen besprochen werden, die im Juli dieses Jahres stattfinden soll. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die ersten Stellungnahmen der Verteidigungsministerien vorliegen. Es ist beabsichtigt, die endgültigen Übungsbestimmungen für FALLEX 66 bis Oktober dieses Jahres herauszugeben.

3. FALLEX 66 soll in der Zeit vom 22. Oktober bis 5. November stattfinden. Eine Vorübung soll in der Zeit vom 12. bis 22. Oktober ablaufen. Die gesamte Übung wird in drei von einander getrennte und unabhängige Teile unterteilt werden, und zwar:

(a) Vor D-Tag - TOP GEAR

TOP GEAR schafft die Grundlage, nach der die Kriegspläne und besonderen Verfahren zu erproben sind. Ziele und Ausgangslage sind in Anlage A aufgeführt..

(b) D-Tag bis D+2 - JOLLY ROGER

Während JOLLY ROGER wird ein plötzlicher weltweiter nuklearer Feuerwechsel zwischen ORANGE und BLAU stattfinden. Die grundlegende Ziele für JOLLY ROGER bestehen darin, die Notstandspläne und Verfahren zu üben, die für einen Weltkrieg mit Kernwaffen vorgesehen sind. Zwischen TOP GEAR und JOLLY ROGER besteht kein Zusammenhang mit Ausnahme der Beibehaltung der Kräfteverteilung und den Tätigkeiten für den Bereich der Schiffahrt. Die Lage und die Ziele sind in Anlage B aufgeführt.

(d) D+29 bis D+3 - FULL MOON

Die Übung FULL MOON steht in keinem Zusammenhang mit der angenommenen Weltlage nach Abschluß von JOLLY ROGER. Sie beginnt mit einer neuen Lage an D+29.

Die wichtigsten Ziele sind die Erprobung der Pläne für eine Neuversorgung Europas einen Monat nach einem nuklearen Feuerwechsel, logistische Probleme und die Neuaufstellung der Streitkräfte.

FULL MOON wird keine Vorübung haben. Die Ziele der Übung FULL MOON sind in Anlage C enthalten.

Für die Zwecke der Übung FALLEX 66 ist der Tag D auf den Tag festgelegt worden, an dem der nukleare Feuerwechsel beginnt.

4. Soweit es die Beteiligung des NATO-Rates und der Ständigen Gruppe betrifft, sieht der Entwurf der Übungsanordnungen folgende Übungs-Konzeption und Beteiligungsart vor:

Übungskonzeption

(1) Die Ziele, die mit der Beteiligung des Nordatlantikrates (NAC), der nationalen Behörden der Ständigen Gruppe (die als ausführende Behörde für den in ständiger Sitzung tagenden Militärausschuß tätig wird) und der drei hohen NATO-Befehlshaber an der Übung TOP GEAR in Zusammenhang stehen, sind die Erprobung einiger Verfahren für die Konsultation, die Verbreitung von militärischen und politischen Nachrichten und die Beschlußfassung in einer Spannungszeit sowie die Tätigkeit in einer Zeit, in der es noch nicht zu einem allgemeinen Krieg gekommen ist.

(2) Die wichtigsten Gesichtspunkte in dieser Phase der Übung, in der eine Beteiligung des NAC, der nationalen Behörden und der SGN vorgesehen ist, sind:

(a) Das NATO-Alarmsystem

(b) Die Sammlung und Verbreitung von politischen und militärischen Nachrichten in der ganzen Welt

(c) Der selektive Einsatz von Kernwaffen

(d) Warnmeldungen über Angriffsverfahren

(e) Militärische Beurteiligung der sich entwickelnden Lagen

(f) Sonstige mögliche politisch/militärische Probleme.

Umfang und Bereich der Beteiligung

(3) Umfang und Bereich der Beteiligung des NAC, der angeschlossenen Ministerien und der SGN wird von diesen Stellen nach Prüfung der Gesamtkonzeption für die Übung festgelegt werden.

5. Es scheint, daß sich der rat am nützlichsten in gewissem Umfang während der Vorübung und während der Übung TOP GEAR beteiligt, die ja bis zu einem Punkt führen wird, der kurz vor einem allgemeinen nuklearen Schlagabtausch liegt. Es wäre also dieser Zeitraum, in dem der Nordatlantikrat in der in Absatz 4 oben angeregten Weise beteiligt ist.

6. Während der Durchführung der Übung TOP GEAR wird in aller Wahrscheinlichkeit nach die Beteiligung der zivilen NATO-Kriegsbehörden auf eine simulierte Erprobung der Verfahren für ihre Alarmierung und Aufstellung beschränkt sein. Offenbar gibt es in JOLLY ROGER keine Aufgabe für die zivilen Kriegsbehörden, wohingegen FULL MOON eine nützliche Erprobung für diejenigen Behörden sein wird, deren Funktionen direkt mit dem Überleben der Völker und der Unterstützung der militärischen Aktionen zu tun haben. Jedoch läßt sich erst nach der Übung CIVLOG 65 entscheiden, inwieweit die zivilen Behörden beteiligt werden sollen.Natürlich hängt diese Beteiligung auch davon ab, in welchem Maße die Staaten bereit sind, an der Übung mitzuwirken.

7. In Anlage D ist eine allgemeine Darstellung des Drehbuchs beigefügt, nach dem FALLEX 66 gespielt werden wird (welches natürlich nur dem Leitungsstab und nicht den Übenden zur Verfügung stehen wird.)

8. Da sich die augenblickliche Planung in einem vorbereitenden Stadium befindet, schlage ich vor, daß der Rat im Moment nichts weiter tut, als grundsätzlich einer Beteiligung an TOP GEAR zuzustimmen - zumindest in dem Umfang, in dem er an der Übung FALLEX 64 teilgenommen hat. Ferner sollte er zustimmen, daß die FALLEX-Arbeitsgruppe des Rates unter dem Vorsitz des geschäftsführenden Sekretärs wieder einberufen wird, um die weitere Planung der militärischen Stellen für die Übung zu verfolgen, den Rat nötigenfalls auf dem Laufenden zu halten und bei weiter fortschreitender Planung bezüglich Umfang und Art der Ratsbeteiligung beratend zu wirken.

9. Der Rat wird gebeten:

(a) von diesem Bericht Kenntnis zu nehmen;

(b) grundsätzlich einer Beteiligung an TOP GEAR zuzustimmen, und zwar mindestens in dem Umfang, in dem er an der Übung FALLEX 64 teilgenommen hat;

(c) die FALLEX-Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des geschäftsführenden Sekretärs wieder einzuberufen, um die weitere Planung der militärischen Stellen für die Übung zu verfolgen, den Rat nötigenfalls auf dem Laufenden zu halten und noch vor Ende September 1965 konkrete Empfehlungen über Umfang und Art der Ratsbeteiligung zu geben;

(d) den Koordinierungsausschuß für zivile Notstandsplanung aufzufordern, in Konsultation mit den Fachausschüssen und den nationalen Übungsberatern über Art und Umfang der Beteiligung der zivilen NATO-Kriegsbehörden an FALLEX 66 zu beraten und der Arbeitsgruppe FALLEX 66 entsprechende Empfehlungen zu geben.

(gez.) Mannio BROSIO

NATO GEHEIM

OTAN/NATO

 

Paris XVI

TOP GEAR

Ziele

1. Die besonderen Ziele der Übung TOP GEAR bestehen darin, folgendes zu erproben und auszuwerten:

(a) Verfahren für die Konsultation, die Richtliniengebung und die Beschlußfassung zwischen dem NAC, der SGN, den MODs und MNCs

(b) Das koordinierte Alarmsystem

(c) Verfahren für die Evakuierung der Handelsschiffahrt

(d) Minenräumung und “Q“...

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