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E-Book

Social Media und die Identitätsbildung bei Jugendlichen. Chancen und Herausforderungen in der soziokulturellen Arbeit mit Mädchen, Jungen und Queers

AutorDiana Miller
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl74 Seiten
ISBN9783960956273
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Die Digitalisierung und Globalisierung haben in den letzten Jahren zu einem enormen sozialen und technologischen Wandel geführt. Für Jugendliche bieten sich ganz neue Zugänge zur Welt. Sie können sich nicht nur über verschiedene Technologien, sondern auch in mehreren sozialen Medien informieren und austauschen. Wie kann die Soziale Arbeit digital-mediale Kompetenzen vermitteln? Und wie geht sie dabei ungeachtet der sozialen Herkunft gleichermaßen auf Mädchen, Jungen und Queers ein? Diana Miller erklärt, wie die Soziale Arbeit Jugendlichen die Teilhabe an der globalen Moderne ermöglicht. Jugendliche bewegen sich in medial-digitalen Welten fast ausschließlich über Textnachrichten, Bild, Video sowie Tonaufnahmen. Sie nehmen diese Inhalte als so identitätsbedeutsam wahr, dass sie aus ihrem Lebensalltag nicht mehr wegzudenken sind. Miller verdeutlicht, dass der Einsatz von audiovisuellen Medien in der soziokulturellen Arbeit deshalb unabdingbar ist. Aus dem Inhalt: - Social Media; - Medienkompetenz; - Facebook; - Instagram; - YouTube; - WhatsApp

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Leseprobe

3 Sozialerziehung


 

„Alle Tugenden sind individuell, alle Laster sozial.“ (Franz Kafka, Schriftsteller, 1883 – 1924, Aufzeichnung aus dem Jahre 1920, Er)

 

3.1 Definition des Begriffs Sozialerziehung


 

Um ein Verständnis für die Dimension von Sozialerziehung zu bekommen und daraus ableitende Arbeitsaufträge zu definieren, muss vorerst der Begriff der Sozialerziehung betrachtet werden. Aus der Komplexität des Begriffs ´Sozialerziehung´ definiert Hans Hielscher: „Sozialerziehung zielt auf den Erwerb von Fähigkeiten, die den Kindern – und später den Erwachsenen – erlauben, in der sozialen Umwelt kompetent zu leben und sie kritisch mitzugestalten.“ (Hielscher, 1975 zit. nach Knoll-Jokisch, 1981, S. 92) Daraus wird ein sehr weitläufiges und individuell interpretierbares Konzept deutlich. Konsens besteht in dem pädagogischen Auftrag der Vermittlung von sozialen Kompetenzen für Kinder und Jugendliche. „Zu den Zielen der Sozialerziehung gehören beispielsweise Perspektivübernahmen, Empathie, Kommunikation, Konfliktlösung und Verantwortungsübernahme. Sie werden größtenteils normativ festgelegt und sind damit im gewissen Sinne einem kulturabhängigen Aushandlungsprozess unterworfen.“ (Nifbe, 2012) Der Begriff Sozialerziehung, begründet aus der Gesamtschul- und Kinderladenbewegung in den 60er und 70er Jahren, untersteht oft der Kritik der Erwartung an eine allgemeingültige Anpassungsleistung (Vgl. ebd.), die dem individuellen Charakter eines Kindes mit seinen persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen nur schwer gerecht werden kann. Individualität hat sich kollektiven Normen unterzuordnen. Dem folgte der Begriff des sozialen Lernens, der neben der Sozial- auch die Selbstkompetenz von Mädchen, Jungen und Queers in den Fokus nimmt. Er ist die modernere Ausdrucksform des, neben dem familiären, institutionellen Bildungs- und Erziehungskonzeptes. Familie, Kindergärten und Schulen aber auch außerschulischen Institutionen der Jugendbildung kommt dabei elementare Bedeutung zu. Soziales Lernen findet in sozialen Räumen statt. Dort wo Menschen miteinander kommunizieren, interagieren und Wissen austauschen. Demnach ist auch das Internet eine soziale Umgebung und innerhalb eines Lernkontextes, ein Ort sozialen Lernens.

 

3.2 Sozial- und Selbstkompetenz


 

Die Erlangung von Kompetenzen ist vergleichbar mit der des Wissens: Wissen, das sich das Individuum durch aktive Prozesse der Wahrnehmung, Interpretation und Verarbeitung aneignet, lässt sich durch günstige Bedingungen verstärken. Zentral ist dabei das Individuum mit seinen inneren und äußeren Ressourcen (Vgl. Lehmann/ Nieke). Das entwickeln einer Selbstkompetenz umfasst dabei das Vertrauen in das eigene Handeln, die Wahrnehmung und auch die Akzeptanz eigener Gefühle, insbesondere auch negativer. Kann ich negative Gefühle bei mir nicht akzeptieren, so werde ich diese auch nicht bei meinem Gegenüber zulassen können. Selbstkompetenz ist dabei and die Entwicklung einer Ich-Identität gebunden, die wie zuvor beschrieben durch das Geschlecht, das soziale und biographische Umfeld beeinflusst wird. Das Selbstwertgefühl, die Selbstbehauptung, der Ausdruck von Gefühlen, die Neugier an sich und dem Umfeld sind dabei entscheidende Komponenten. Die Entwicklung einer Selbstkompetenz steht unmittelbar in Verbindung zur sozialen Kompetenz. Beide Kompetenzen entwickeln sich in konstanter Interaktion zueinander. Die soziale Kompetenz umfasst alle Komponenten der persönlichen Fähigkeiten um von der individuellen in eine gemeinschaftsorientierte Handlung zu gehen. Kommunikations-, Kooperations-, aber auch Konfliktfähigkeit sind erforderlich, um sich kritisch mit sich und seiner Lebenswelt auseinanderzusetzen. „Jeder ist als individuelles Wesen, zugleich auch Glied der menschlichen Gesellschaft, d.h.: der Mensch ist gleichzeitig autonom und interdependent.“ (Knoll-Jokisch, 1981, S. 92) Sozial- und Selbstkompetenz sind Ziele des sozialen Lernens, die sich im ständigen Entwicklungsprozess bewegen und sich deshalb nicht über ein endgültiges Ergebnis definieren lassen.

 

3.3 Schule


 

Der Schule „als die größte, differenzierteste und einflussreichste Einrichtung im Bildungsbereich“ (Tillmann, 2010, S. 134) steht eine maßgebliche Rolle in der Sozialerziehung zu. Zwischen dem 06. und dem 16. Lebensjahr ist sie eine verbindliche Institution, die aufgrund der Gesetzeslage von jedem Kind beziehungsweise jedem Jugendlichen in Anspruch genommen werden muss. Mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland besuchen täglich die Schule (Vgl. ebd.). Ihr kommt damit in besonderem Maße ein Bildungs- und (Sozial-)Erziehungsauftrag zu. Unser Schulsystem entstand in einer Zeit, in der Schulklassen aufgrund abgegrenzter gesellschaftlicher Schichten und geschlechtergetrennten Klassen homogen waren. Die Homogenität erschloss sich aus einer bewussten gesellschaftlichen Klassentrennung. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen, der Entwicklung zu einer multikulturellen und globalen Gemeinschaft, wird zunehmend von einer Heterogenität an Schulen gesprochen. Doch statt diese Heterogenität als Chance für die Entwicklung neuer Lernmethoden zu nutzen, wird sie oft im Zusammenhang mit Problemen, kulturellen Konflikten und sozialer Ungleichheit diskutiert. Tillmann führt diese Problematik auf die „scharfen Selektionsprozesse“ (Tillmann, 2006, S. 25). und dem jahrhundertelangen Wunsch der Pädagog*Innen nach „einer homogenen Lerngruppe“ (ebd.) zurück. Die Differenzen von intellektuellen, sozialen und kulturellen Hintergründen von Mädchen, Jungen und Queers an Schulen, erfordern einen differenzierten Blick der Lehrenden. Die schulische Leistungs- und Disziplinorientierung wird den jungen Heranwachsenden mit ihren individuellen Lebensentwürfen nicht mehr gerecht. Bildendes und soziales Lernen ist nur dann ein konstruktiver Prozess, wenn er auf Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden beruht. Methoden, welche die individuellen Fähigkeiten und Motivationen der Schüler*Innen berücksichtigen, sollten die Basis für einen erfolgversprechenden Lernprozess bilden. Die zunehmende Heterogenität in der Schule erfordert daher auch einen individuelleren Bezug. Lernerfahrungen und Lernvoraussetzungen differenzieren sich aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Biographie und Haltung von Mädchen, Jungen und Queers. Statt dem inklusiven Charakter gerecht zu werden, wird jedoch nach wie vor mit Ausgrenzungen durch Sitzenbleiben, Überweisung an Sonderschulen, differenzierten Schulformen und Zurückstellungen vom Unterricht gearbeitet (Vgl. Tillmann, 2006, S. 26). Der Wunsch nach Homogenität in den Schulklassen ist in den organisatorischen Strukturen fest eingebunden. Doch was bedeutet diese frühe Erfahrung der Selektierung für das soziale Lernen der Schüler*Innen? Wer soziale Vorteile besitzt, sei es kultureller oder intellektueller Herkunft, wird gefördert. Wer jedoch aus einem sozialschwachen Milieu stammt, wird herabgestuft, für diese Schüler*Innen wird Bildung und die Förderung des sozialen Lernens stark limitiert. Wie entwickelt sich Sozial- und Selbstkompetenz, wenn Schüler*Innen frühzeitig Defizite wie ´lernschwach´ und ´verhaltensauffällig´ attestiert werden? Die kategorische Sozialisation beginnt bereits im frühen Kindesalter und verläuft in der Regel fast zielgerade bis in das Erwachsenenalter. Die soziale Zusammensetzung von Klassen, seien es Hauptschul-, Realschul- oder Gymnasialklassen sind stark an das soziale Milieu gebunden. Der Sohn aus einer Akademikerfamilie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Gymnasialklasse wiederzufinden sein, während die Tochter aus einer bildungsfernen Familie wahrscheinlich den Weg über die Hauptschule hinaus nie beschreiten wird. Die Diskrepanzen sozialer Herkunft reflektieren sich natürlich in der schulischen Laufbahn, jedoch fast schon in einer stereotypischen und systemübergreifenden Weise, die dem Anspruch des sozialen Lernens nur sehr begrenzt gerecht werden kann. Permanente Erfahrungen von Versagen, Nichtkönnen und Ausschluss wirken sich gleichermaßen wie Bestätigung und Anerkennung auf das soziale Lernen aus. Anhand der Daten aus der Schulleistungsstudie PISA 2000 werden bedenkliche Fakten deutlich: „Fast 40% der deutschen Schüler/innen machen zwischen der ersten und der 10. Klasse mindestens einmal die Erfahrung, von ihrer Lerngruppe aufgrund angeblich mangelnder Fähigkeiten ausgeschlossen zu werden. [...] An Hauptschulen sind es fast 2/3 der Heranwachsenden, aber auch an Realschulen immer noch 43% die mindestens einmal solch ein Schulversagen zu verkraften hatten. Nur an Gymnasien findet sich mit 16% ein anderes Bild“ (Tillmann, 2006, S.32). Demnach ist das soziale Lernen immer auch an Leistung gebunden und die Gefahr von Misserfolgen und Krisen für leistungsschwächere Schüler*Innen größer. Soziale Ungleichheiten entscheiden über den schulischen Erfolg oder Misserfolg von Mädchen, Jungen und Queers. Die Sozialerziehung könnte demzufolge in Unter-, Mittel- und Oberschicht klassifiziert werden und mündet statt in der Chance von interkulturellem Lernen und Heterogenität, in einer vorstrukturierten und vermeindlichen Homogenität. Ambitionen und Motivationen entwickeln sich in der Regel innerhalb einer sozialen Verbundenheit mit Gleichgesinnten, aus einem Gruppengefühl und Zugehörigkeit. Es mag daher nicht verwundern, dass die Motivation zum Lernen aufgrund der defizitbasierten Klassifizierung bei Schüler*Innen in Haupt- und Sonderschulen um ein Deutliches geringer ist als auf Real- und Gymnasialschulen. Ein Kind, dem einmal eine Lernschwäche diagnostiziert wurde, lässt sich nur schwer...

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