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E-Book

Spannungsherde

Psychochirurgie nach dem Zweiten Weltkrieg

AutorMarietta Meier
VerlagWallstein Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl392 Seiten
ISBN9783835328440
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Eine packende Studie, die dafür plädiert, unseren Blick auf Emotionen, das Gehirn und das Selbst in einen breiteren Kontext zu stellen. 1935 entwickelte ein portugiesischer Neurologe die Lobotomie. Die Operation sollte schwere psychische Störungen lindern, stieß aber in der Fachwelt auf harsche Kritik. Sie brach ein Tabu, weil sie direkt ins Gehirn eingriff und die Persönlichkeit der Patienten veränderte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich das Verfahren jedoch breit durch. Da die Zahl psychochirurgischer Eingriffe schnell zunahm, erschlossen sich auch der Forschung neue Chancen. Nun hieß es, die Lobotomie löse die »affektive Spannung' psychisch Kranker, wirke sogar in »hoffnungslosen Fällen' und entlaste neben der Anstaltspsychiatrie auch die Gesellschaft. Obwohl Experten die Methode schon im Laufe der 1950er Jahre immer skeptischer beurteilten, kam die Ära der Lobotomie erst zum Abschluss, als die Psychiatrie um 1970 zunehmend ins Kreuzfeuer öffentlicher Kritik geriet. Marietta Meier untersucht die Geschichte eines Behandlungsverfahrens, das körperliche, psychische und soziale Spannungen lösen sollte, gleichzeitig aber grundsätzliche ethische, wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Fragen aufwarf. Sie legt den Fokus auf die Schweiz, nimmt jedoch den ganzen deutsch- und französischsprachigen Raum Europas und dessen Verbindungen zur angelsächsischen Welt in den Blick. Auf diese Weise lässt sich nicht nur zeigen, wie lokale Praktiken, nationale Rahmenbedingungen und internationale Debatten ineinandergriffen. Der vielschichtige Ansatz macht auch klar, wie Subjekt-, Wissens-, Geschlechter- und Gesellschafts­ordnung in der Nachkriegszeit zusammenspielten.

Marietta Meier, geb. 1966, Privatdozentin für Neue Geschichte an der Universität Zürich.

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Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Titel4
Inhalt6
Einleitung10
»Der affektive Stachel«16
Fragestellung und Ansatz18
Forschungsstand24
Quellen28
Aufbau31
1. Körper im Visier psychiatrischer Behandlungsmethoden. »Aktive« Therapien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts34
Die ersten Leukotomien in Zu?rich35
Die »großen« somatischen Kuren49
Die Entwicklung der Leukotomie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs53
2. Kontrolle im Stirnhirn. Zur Genealogie eines psychiatrischen Behandlungskonzepts60
Der Beginn der modernen Lokalisationslehre61
Der Frontallappen: Eine »stumme«, aber »spezifisch menschliche« Zone66
»Affektive Spannung«: Das boundary concept der Psychochirurgie69
Die Entwicklung weiterer Operationstechniken in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre75
Ein »Massenexperiment«: Chancen fu?r die medizinische Forschung80
3. Ru?ckeroberung. Die Verbreitung der Leukotomie in Europa86
Psychochirurgie in Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich87
»Verstopfung«: Schweizer Anstaltspsychiatrie nach dem Zweiten Weltkrieg96
Näherliegende Optionen: Der Weg der Leukotomie durch die Schweiz105
4. »Das kleinere Übel«. Die wissenschaftliche Debatte zur Psychochirurgie112
Soziale Anpassung: Erfolgskriterien und Erfolgsraten113
»Nebeneffekte«: Persönlichkeitskonzepte der Nachkriegszeit117
Amerika als Chiffre: Indikationen dies- und jenseits des Atlantiks124
Gegner der Psychochirurgie: Dispute in Deutschland, Frankreich und der Schweiz128
5. Leukotomiefälle. Patienten der »unruhigen« Abteilung140
Fallproduktion: Zur Analyse psychiatrischer Krankenakten141
Merkmale von Leukotomiepatienten146
Gertrud Brunner: Vom »freundlichen Fräulein« zur »schwierigen« Patientin154
Falldynamik: Die Dimensionen Raum und Zeit159
Kontingenzen der Falldynamik167
Folgen der Eingriffe: Voten von Ärzten, Pflegepersonal und Patienten174
6. Zirkulierendes Wissen. Trading Zones von Laien und Experten182
»Das Skalpell gegen den Wahnsinn«: Was ist Psychochirurgie?184
Keine »völlige Heilung«: Mögliche Folgen des Verfahrens191
Ein »unhaltbarer Zustand«: Fu?r und wider den Eingriff197
7. Das Geschlecht »schwieriger« Patienten. Gendering in der psychiatrischen Anstalt206
Der »Doppelstandard seelischer Gesundheit«210
Lärm auf der »unruhigen« Abteilung213
Gewalttätige Patientinnen und Patienten220
8. Die Produktion wissenschaftlicher ErkenntnisseKlinische Forschung im lokalen Kontext232
Wissenschaft am Krankenbett: Forschung im Burghölzli234
Erzählen: Kasuistische Studien zur Psychochirurgie239
Zählen: Quantitative Studien zur Psychochirurgie249
Lehren: Anfang und Ende von Objektivierungsprozessen256
9. Das Ende des »Massenexperiments«. Neue Behandlungsverfahren in den 1950er und 1960er Jahren262
Von »ungeheurer Gegensätzlichkeit«: Psychochirurgie und Psychotherapie263
Die »chemische Leukotomie«: Neuroleptika oder Chirurgie?276
Ernu?chternde Ergebnisse? Endlose Kontroversen288
Die zweite Phase der Psychochirurgie291
Schluss298
Ru?ckblick: Der Stachel psychischer Störungen298
Spannung lösen: Vier Thesen zur Nachkriegsgesellschaft307
Anhang318
Bildnachweis323
Bibliografie324
Quellen324
Darstellungen356
Dank391
Impressum393

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