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E-Book

Arbeitsmarkt

VerlagVerlag Bertelsmann Stiftung
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl276 Seiten
ISBN9783867935609
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Die Folgen der Globalisierung und des demographischen Wandels sind auf dem Arbeitsmarkt zu spüren: Angst vor Arbeitslosigkeit und wachsende Ungleichheit bewegen die Menschen. Wie verändern sich die Strukturen der Arbeitsnachfrage? Welche Chancen haben ältere Beschäftigte? Wer gewinnt, wer verliert? Und wie steht es um das Modell der Soziale Marktwirtschaft? Der vorliegende E-Book-Reader ergänzt die Schwerpunktausgabe 'Arbeitsmarkt' unseres Magazins change im Dezember 2013. Die Beiträge analysieren Entwicklungen am deutschen Arbeitsmarkt, vergleichen sie mit anderen OECD-Ländern, stellen Lösungsansätze und Best Practices vor. Zudem werfen sie einen Blick hinter die Kulissen von Personalabteilungen und beschreiben Trends zum Thema 'Führung'. Bei den Texten handelt es sich um Auszüge aus Büchern des Verlags Bertelsmann Stiftung.

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Leseprobe

Die alternde Erwerbsbevölkerung und Beschäftigungsstrategien im OECD-Raum – Die Herausforderungen der Zukunft2


Mark Keese

Einleitung


Deutschland ist nicht das einzige Land, das sich der Herausforderung einer alternden Erwerbsbevölkerung gegenübersieht. Die rasche Überalterung der Bevölkerung ist ein großer, aber großteils vorhersagbarer demographischer Schock, der alle OECD-Staaten betrifft. In vielerlei Hinsicht sollte diese Entwicklung als positiv aufgefasst werden, denn sie spiegelt einen signifikanten und anhaltenden Anstieg der Lebenserwartung wider. Wir werden nicht nur älter, sondern altern auch bei besserer Gesundheit. Allerdings sind auch die Geburtenraten deutlich gesunken, und daher werden alle OECD-Staaten eine steile Zunahme des Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung und ein deutliches Sinken des Anteils der Bevölkerung im besten Arbeitsalter erleben. Wird nichts unternommen, kann das Altern der Bevölkerung somit zu einem, verglichen mit dem der Vergangenheit, deutlich verlangsamten Wirtschaftswachstum und zu einer untragbaren Steigerung der öffentlichen Sozialausgaben sowohl in Deutschland als auch in anderen OECD-Staaten führen. Diese Entwicklungen sind allerdings vermeidbar, und die OECD-Volkswirtschaften können und werden sich dem demographischen Wandel anpassen. Besonders durch den Abbau von Hindernissen und den Aufbau von Anreizen, auch in fortgeschrittenem Alter zu arbeiten, kann die Herausforderung einer alternden Bevölkerung in eine Chance für ein längeres und erfüllteres Leben umgewandelt werden.

In Abschnitt 1 dieses Aufsatzes sollen die wirtschaftlichen Herausforderungen, denen sich Deutschland aufgrund einer alternden Bevölkerung gegenübersieht, in einen Zusammenhang mit den Herausforderungen in anderen OECD-Staaten gestellt werden. Im Anschluss daran wird in Abschnitt 2 die Behauptung aufgestellt, dass die Schlüsselstrategie, um diesen Herausforderungen zu begegnen, in einer umfassenderen Mobilisierung älterer Arbeitskräfte liegt. Für Deutschland ist dies besonders wichtig, da der Eintritt in die Frührente dort zu einem fest verwurzelten Merkmal des Arbeitsmarkts geworden ist. In Abschnitt 3 wird eine neue Reform-Agenda für altersfreundliche Arbeitsmarktstrategien und -Praktiken entworfen. Den Abschluss bildet Abschnitt 4 mit einem Handlungsaufruf an Regierung, Sozialpartner und Zivilgesellschaft.

1Die Herausforderung der Zukunft


Deutschland sieht sich einer beachtlichen demographischen Herausforderung gegenüber, auch wenn diese für einige OECD-Staaten noch größer ist. So wird zum Beispiel der Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2050 voraussichtlich 30 Prozent betragen. Das ist etwas weniger als der Anteil, der für Italien, Japan, Korea und Spanien prognostiziert wird, aber deutlich mehr als der Anteil von einem Fünftel oder weniger in Mexiko, in der Türkei oder in den USA. Während in Deutschland bereits jetzt das Alter der Bevölkerung rapide ansteigt, wird es in Korea wahrscheinlich eine noch raschere Veränderung geben, obwohl der Anteil der über 65-Jährigen dort derzeit einer der niedrigsten im OECD-Raum ist, dafür aber im Jahr 2050 vermutlich zu den höchsten zählen wird.

In vielen Ländern wird dieser Zuwachs auf die nächsten drei Jahrzehnte konzentriert sein, wenn geburtenstarke Jahrgänge die Altersgruppe der über 65-Jährigen erreichen. Folglich wird in den meisten Ländern die Anzahl der jährlich in Rente gehenden Arbeitskräfte deutlich ansteigen und schließlich die Zahl der neu in den Arbeitsmarkt eintretenden Arbeitskräfte übersteigen. Allerdings werden im Fall niedriger Geburtenraten und eines weiteren Anstiegs der Lebenserwartung die Altersabhängigkeitsverhältnisse (das heißt das Verhältnis der über 65-Jährigen zu den 20- bis 64-Jährigen) vermutlich weiter ansteigen, selbst dann, wenn der Einfluss geburtenstarker Jahrgänge auf das demographische Profil eines Landes allmählich schwächer wird. Ohne eine Veränderung der Arbeits- und Rentenmuster wird sich das Verhältnis zwischen Rentnern und erwerbstätiger Bevölkerung in Deutschland von 50 Prozent im Jahr 2000 auf etwas über 90 Prozent im Jahr 2050 fast verdoppeln, wobei beide Zahlen nahe am EU-Durchschnitt liegen, aber deutlich höher sind als in Island, Mexiko, der Schweiz, den skandinavischen Ländern und den USA (Abbildung 1).

Eine so stark steigende Zahl der Rentner gegenüber der Zahl der Erwerbstätigen wird zu einem erhöhten Druck auf die öffentlichen Haushalte der meisten OECD-Staaten führen. So wird prognostiziert, dass zum Beispiel die Ausgaben für staatliche Renten, Krankenversorgung und langfristige Pflege über die nächsten Jahrzehnte signifikant in ihrem Anteil am BIP der meisten Länder zunehmen werden (OECD 2001; EC 2006). Ohne eine tief greifende Veränderung der Muster der Arbeitsmarktbeteiligung wird dieser prognostizierte Anstieg der öffentlichen Ausgaben durch eine Erhöhung der Sozialabgaben und anderer Steuern, durch eine Kürzung der Leistungen oder durch eine Kombination aus beiden finanziert werden müssen.

 

Abbildung 1: Die alternde Bevölkerung wird eine zunehmende wirtschaftliche Belastung für Erwerbstätige* (Menschen über 50, die keiner Beschäftigung nachgehen, ausgedrückt in Prozentanteilen an der Erwerbsbevölkerung)

 

 

Eine alternde Bevölkerung wird auch das Wirtschaftswachstum verlangsamen, da die Zahl der Arbeitskräfte sinkt. Tatsächlich dürfte in Ländern wie Deutschland, aber auch besonders in Japan und Italien die Zahl der Arbeitskräfte bereits in den kommenden zehn bis 20 Jahren schrumpfen, wenn die Arbeitsmarktbeteiligung der Altersgruppen und Geschlechter so bleibt wie bisher (Abbildung 2). Bei gleichbleibenden Verhältnissen und einem unveränderten Produktivitätszuwachs würde der Anstieg des BIP pro Kopf innerhalb des OECD-Raums auf circa 1,7 Prozent jährlich während der kommenden drei Jahrzehnte absinken; das bedeutet eine Verringerung von 30 Prozent gegenüber dem Zeitraum von 1970 bis 2000. Die Ausmaße der prognostizierten Verlangsamung variieren beachtlich von Land zu Land, was dazu führen könnte, dass sich der langfristige Trend der Annäherung zwischen den OECD-Ländern in Bezug auf die Höhe des BIP pro Kopf umkehren würde. Bleibt zum Beispiel die derzeitige Beteiligung von Arbeitskräften nach Altersgruppen und Geschlecht unverändert, ist anzunehmen, dass sich der derzeitige Abstand beim BIP pro Kopf zwischen der führenden Volkswirtschaft, den USA, und den anderen bedeutenden OECD-Volkswirtschaften in den nächsten 50 Jahren vermutlich vergrößern wird (Oliveira Martins et al. 2005). Im Fall von Deutschland und Japan geht man davon aus, dass der Abstand besonders groß, nämlich über 20 bzw. 30 Prozent, sein wird.

 

Abbildung 2: Die Erwerbsbevölkerung wird im Zeitraum 2000–2050 langsamer wachsen oder sogar schrumpfen*

 

 

2Der Abbau von Hindernissen zur Beschäftigung älterer Arbeitskräfte als Schlüsselstrategie


Immer wieder stößt man auf die Annahme, dass die negativen Auswirkungen einer alternden Bevölkerung auf das Wirtschaftswachstum und die öffentlichen Ausgaben durch Maßnahmen zur Förderung von Einwanderung, zur Steigerung der Geburtenrate oder zugunsten eines schnelleren Produktivitätszuwachses ausgeglichen werden könnten. Zwar würden diese Schritte helfen, aber sie müssen mit dem Versuch einhergehen, alle verfügbaren Arbeitskraftreserven zu mobilisieren, um das Wirtschaftswachstum zu erhalten. In den meisten OECD-Ländem stellen ältere Menschen bereits eine der wichtigsten Quellen zusätzlicher Arbeitskräfte dar, und ihre Bedeutung wird in Zukunft aufgrund ihres wachsenden Anteils an der Bevölkerung noch weiter steigen. Gelänge es, die Arbeitsmarktbeteiligung älterer Menschen zu steigern, wäre das in dreifacher Hinsicht lohnend: Das Arbeitskräfte Wachstum käme in Schwung und würde die negativen Auswirkungen einer alternden Bevölkerung auf das Wirtschaftswachstum abfangen; die öffentlichen Haushalte würden entlastet, da die öffentlichen Ausgaben für Frührenten verringert, gleichzeitig aber die Steuereinnahmen steigen würden; und die Arbeitgeber stünden unter einem geringeren zeitlichen Druck, ihre in Rente gehenden Arbeitnehmer durch Neuankömmlinge auf dem Arbeitsmarkt zu ersetzen.

Die Möglichkeiten, die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitskräfte zu fördern, sind groß, auch wenn die Situation von Staat zu Staat sehr unterschiedlich ist. Im Durchschnitt waren im OECD-Raum im Jahr 2005 nur 60 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 50 und 64 Jahren erwerbstätig, in der Altersgruppe...

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