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E-Book

Clara Schumann

AutorMonica Steegmann
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl130 Seiten
ISBN9783644517417
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Rowohlt E-Book Monographie Clara Schumann zählt zu den bedeutendsten Frauen des 19. Jahrhunderts. Als Pianistin, Komponistin, Konzertunternehmerin und Pädagogin, als eigenständige, neue ästhetische Maßstäbe setzende Künstlerin hat sie das Musikleben ihrer Zeit nachhaltig geprägt. In England wurde sie gefeiert wie kein anderer Pianist. Dennoch wurde sie lange vor allem als Gattin von Robert Schumann gesehen, den sie um vier Jahrzehnte überlebte. In ihrem bewegten Leben pflegte sie Freundschaften mit den großen Musikern ihrer Zeit wie Johannes Brahms, Felix Mendelssohn Bartholdy, Wilhelmine Schröder-Devrient und Pauline Viardot-García. In dieser kurzen Biographie erfährt der Leser alles Wichtige über Leben und Werk der großen Musikerin. Das Bildmaterial der Printausgabe ist in diesem E-Book nicht enthalten.

Monica Steegmann, geb. 1942, promovierte Musikwissenschaftlerin mit den Nebenfächern Soziologie und Theaterwissenschaft. Redakteurin der Zeitschrift «Musik + Medizin» und beim Klassik-Radio XELA in Mexico City. Von 1977 bis 1990 Produzentin und Redakteurin der Kammermusik beim Süddeutschen Rundfunk. Seither freie Autorin und Publizistin. Lebt in Berlin. Veröffentlichungen zu berühmten Frauen in der Musik.

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Leseprobe

Ein Doppelleben


Robert Schumann kam am 8. Juni 1810 in Zwickau als Sohn des Buchhändlers, Verlegers und Schriftstellers August Schumann und der Johanne Christiane, geborene Schnabel, auf die Welt. Als er sich 1828 entschloss, neben seinem von der Mutter angeregten Jurastudium in Leipzig Klavierunterricht bei Wieck zu nehmen, hatte er zwei Jahre zuvor seinen Vater verloren und mit ihm den Befürworter seiner musikalischen und literarischen Neigungen. Doch Leipzig hielt ihn nicht lange; sein Jurastudium setzte er in Heidelberg fort. Von dort reiste er nach Italien und kehrte 1830 nach Leipzig zurück. Er hatte sich endgültig für die Musik entschieden. Die über den Sinneswandel ihres Sohnes verzweifelte Mutter wandte sich an Wieck mit der eindringlichen Frage, ob es sich für Robert «nach drei verschwendeten Jahren» lohne, «wieder als Lehrling anzufangen» (R62). Wieck antwortete pflichtbewusst und verantwortungsvoll: Er mache sich anheischig, Robert «bei seinem Talent und seiner Phantasie binnen 3 Jahren zu einem der größten jetzt lebenden Klavierspieler zu machen»; allerdings nur bei einer äußerst disziplinierten Arbeitsweise und im Zweifel, ob ein «liebenswürdiger» Robert, der als Heidelberger Student viel getrunken, geraucht und nicht gerade sparsam gelebt hatte, «jetzt anders, besonnener – fester – kräftiger» werde (LI, 21).

Im Herbst 1830 bezog der zwanzigjährige Robert Schumann bis Ende 1832 zwei Zimmer im Hause Wieck. Waren Wieck und Clara nicht auf Reisen, wurde vormittags gearbeitet; der Nachmittag galt den Spaziergängen. «Aber am schönsten war’s abends. Da holte Robert die Kinder, Klara und ihre beiden Brüder Alwin und Gustav, auf sein Zimmer, und hier wurde er mit den Kindern wieder zum Kinde. Er erzählt ihnen die schönsten selbsterfundenen Märchen und gibt ihnen Charaden auf» und fabuliert «der furchtsamen Klara vom Doppelgänger und von dem Pistol; […] sie ist so eine, die ihm alles glaubt. […] Man kann sich denken, wie lieb sie ihn hatte» (ES223f.).

Roberts Verhältnis zu Wieck war in diesen Jahren zwiespältig. Er respektierte und verehrte ihn, widmete ihm sein op. 5, sehnte sich sogar nach ihm, wenn Wieck mit Clara auf Reisen ging; doch er nennt ihn auch «Meister Allesgeld» und empfindet ihn als «matt, fad und arrogant» (Ta371, 389). Allerdings musste Robert auch miterleben, wie mühelos Clara Fortschritte machte; das verleitete ihn wohl zu jenen extremen Übungsmethoden, die dann zur Versteifung des Mittelfingers führten. Außerdem wird Wiecks jähzorniges Temperament den milden, stillen, in Gesellschaft meist stummen, in sich gekehrten Robert geradezu erschreckt haben. Wieck hingegen hatte Roberts Talent durchaus erkannt. Er schätzte seine Kompositionen so hoch ein, dass er selbst in jenen Zeiten, in denen er Clara von ihm fernhielt, sie niemals daran hinderte, seine Werke aufzuführen.

Im April 1834 traf Ernestine von Fricken als Wiecks Schülerin in seinem Hause ein. Clara hatte dieses um drei Jahre ältere, liebenswürdige Mädchen kurz zuvor in Plauen kennengelernt. Doch bereits im Mai wurde Clara von ihrem Vater zu Musikstudien nach Dresden geschickt, vielleicht weil er schon damals ihre Gefühle zu Robert erahnte. Als sie im September heimkehrte, gewann sie den Eindruck, Ernestine und Robert hätten sich verlobt. Solche Gerüchte waren auch Ernestines Vater zu Ohren gekommen, der seine Tochter deshalb nach Asch zurückholte.

Clara, die sich an die Zeit dieser Beziehung später im Briefwechsel mit Robert leidvoll erinnert, reagierte schon damals verletzt und heftig: Sie vermisse Ernestine nicht, die einer Pflanze gleiche, die sich nur erhalte, wenn sie begossen wird, doch die Sonne brannte zu scharf auf sie – d.h. Herr Schumann (T4, 90). Zwar schenkte Robert beim Abschied Ernestine einen Ring, doch zu einer förmlichen Verlobung ist es nie gekommen. Nach Besuchen Roberts in Asch, wo er erfuhr, dass Herr von Fricken nur ihr Adoptivvater war, sie also keinerlei Erbansprüche hatte, begann sich seine Schwärmerei abzukühlen, zumal Clara im April 1835, von der Norddeutschland-Tournee zurückgekehrt, auf Robert einen tiefen Eindruck machte: «Du schienst mir höher, fremdartiger – Du warst kein Kind mehr […] Ernestinen löste sich von mir los und mußte es» (S96). Was sie während dieser Tournee empfand, lässt sich nur aus Wiecks Worten erahnen: «Clara spielt mit Widerwillen und will eigentlich gar nichts mehr tun» (LI, 81).

Clara hatte sich in Robert verliebt, lange bevor er die heranwachsende Frau in ihr erkannte. Er war damals ein gutaussehender junger Mann mit lang getragenem brünettem Haar und blauen, tiefliegenden, ausdrucksvollen Augen, eine elegante, noble Erscheinung, die viel Gutmütigkeit ausstrahlte und Menschen für sich einzunehmen wusste – Clara wird später oft von seinem milden Blick sprechen. «Der erste Kuss im November» 1835 (Ta, 421) bedeutete das Ende seiner schwärmerischen Verbindung mit Ernestine und den Anfang der wechselvollen Liebesgeschichte zwischen Clara und Robert.

Als Wieck im Februar 1836 erfährt, dass Robert seine mehrtägige Abwesenheit genutzt hatte, um Clara in Dresden zu besuchen, droht er in seinem blindwütigen Zorn, Robert zu erschießen, falls er nochmals versuchen sollte, sie zu sehen. Bis zum August 1837, eineinhalb Jahre lang, werden Clara und Robert weder schriftlich noch mündlich ein Wort wechseln. Erst die Vermittlung des gemeinsamen Freundes Ernst Adolf Becker und das Konzert vom 13. August im Leipziger Börsensaal, wo Clara drei der «Symphonischen Etüden» vom anwesenden Robert spielt und er sich anschließend bei Wieck für den gehabten Genuss bedankt, bringt den Briefwechsel wieder in Fluss (LI, 120): Für beide wird der 14. August der Verlobungstag bleiben. Am 13. September, an Claras Geburtstag, bittet Robert Wieck in einem Schreiben um Claras Hand; er erhält von Wieck jedoch keine klare Antwort. Niedergeschlagen und entmutigt wendet er sich an Clara: «Sie werden sehr stark sein müssen […] er wird Sie zwingen durch Gewalt, kann er es nicht durch List» (S24f.). Clara wird Roberts Ängste und Zweifel an ihrer Standhaftigkeit, nicht nur gegenüber ihrem Vater, noch oft zerstreuen müssen, obwohl gerade er sie nachhaltig verunsichert hatte.

Wieck ließ sich in seinen Reisevorbereitungen für Wien nicht stören. Am 15. Oktober 1837 fährt er mit Clara über Dresden nach Prag, wo ihre beiden Konzerte die ungeheure, allgemeine Befriedigung des Publikums (T6, 155) hervorrufen. Am 27. November erreichen sie Wien, das Ziel ihrer Reise. Clara war als Achtzehnjährige nicht mehr das Wunderkind, welches das Publikum allein durch ihr Alter verblüffen konnte; sie war jetzt eine Künstlerin, die sich dem Vergleich mit den Großen, mit Thalberg, Liszt und Chopin stellen musste, obwohl diese fast zehn Jahre älter waren als sie. Die Musikstadt Wien, das wusste sie, war ihre bisher größte künstlerische und pianistische Herausforderung.

Vor ihrem ersten Konzert rief die Presse zum Wettstreit auf: «Wien soll entscheiden, ob sie sich neben Thalberg behaupten kann» (T6, 167), und obwohl Clara im Vorkonzert die Leute all in einen Enthusiasmus versetzt hatte, sieht sie ihrem ersten Konzert mit etwas Herzklopfen entgegen (S54). Dann, am 14. Dezember, das Debüt, der Tag, der über mich entscheiden sollte (S65). Danach kann sie stolz berichten: Mein erstes Concert im Musikverein-Saal – mein Triumpf. […] Ich […] wurde im Ganzen 12 mal hervorgerufen (T6, 171f.). Sie spielt vor der Kaiserin, und schon nach dem zweiten Konzert vom 27. Dezember, bei dem sie «18mal gerufen und jeder Beifall […] einem Donner» glich, ist sie «das Tagesgespräch und es wird Mode, die Clara gehört zu haben» (T6, 176f.). Nach dem dritten Abend vom 7. Januar scheint der Wettstreit in einer Stadt, wo bei ihrer Ankunft «Thalberg das 2te Wort» war (T6, 167), endgültig entschieden: «Clara’s vollständiger Sieg über Thalberg» (T6, 182). Noch kriegerischer ist Wiecks Ausruf nach dem vierten Konzert vom 21. Januar: «Der größte Triumph […] Sieg über die Feinde» (T6, 187).

Selbst hielt sie sich zwar für eher unscheinbar; dennoch muss Clara damals, nach der (wenn auch idealisierenden) Lithographie von Andreas Staub aus jener Wiener Zeit, eine einnehmende Podiumserscheinung gewesen sein. Aber sie ist auch die geborene Auftrittskünstlerin, denn selbst wenn sie müde ist, des Spielens ueberdrüssig, und doch, weiß der Himmel, spiel ich öffentlich so spiel ich immer mit derselben Begeisterung (S131). Und sie genießt den Erfolg: Kein schöneres Gefühl, als ein ganzes Publikum befriedigt zu haben (SI, 58). Dem Wettbewerbsdruck hält sie nicht nur stand, er ist für sie auch Ansporn. Selbst organisiertem Widerstand tritt sie mit Kämpferhaltung entgegen: Morgen hat sich meine Gegenpartei vorgenommen, mich auszuzischen, doch ich bin ein gepanzertes Mädchen (LI, 190). Dass Clara, begeistert durch eine solche Aufnahme, sich selbst übertrifft und Unerhörtes leistet, muss sogar der anspruchsvolle Vater zugeben (F85).

Den Wiener Musikgeschmack schätzt sie richtig ein und zieht daraus die Konsequenzen: Von Chopin kennt man alles und versteht ihn […] Mendelssohn ist fast unbekannt, seine Lieder ohne Worte liegen unangetastet in den Musikhandlungen – hier singen sie nicht! […] Ich wollte im ersten Concert etwas von ihm spielen, doch darf ich es nicht eher wagen, als bis ich das Publikum auf meiner Seite habe; sie weiß, wann man dem Publikum das Ungewohnte zumuten kann: ist der erste...

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