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Das Spanische bei Ernest Hemingway. Eine exemplarische Analyse

AutorMatthias Bitzer
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl96 Seiten
ISBN9783946458005
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diese Staatsarbeit setzt sich mit 'dem Spanischen' bei Hemingway auseinander. Da sein literarisches Werk enorm und die Analysen seines Werks sowie seines Lebens zahlreich sind, wird hier nur die für ihn besonders produktive Zeit des Spanischen Bürgerkriegs im Vordergrund stehen. Diese Zeit stellt einen wichtigen Einschnitt in seinem Leben dar, in der er, durch die Einbindung in die spanische Sozialisation, fremde gesellschaftliche Werte annahm und seine Denkweise so veränderte, dass sich in seiner Literatur ein klarer Bruch erkennen lässt. Durch seine kulturelle Sozialisierung in den USA erkennt Hemingway in Spanien kulturspezifische Unterschiede und divergierende Bewertungsmaßstäbe wie sie Thomas unter dem Begriff 'Kulturstandard' zusammenfasst. Hemingway adaptierte zahlreiche Aspekte der spanischen Lebensart und übernahm eine fremdländische kulturelle Identität. Dieser interkulturelle Austauschprozess führte möglicherweise dazu, dass der Autor nach der Niederlage der spanischen Republik nicht mehr außerhalb einer spanischsprachigen Region leben wollte und den fremden Kulturstandard bevorzugte. Besonders deutlich wird der Unterschied der beiden Kulturen im jeweiligen Umgang mit dem Tod (siehe Kapitel 4 und 14.2.). Nach meiner These prägten der Spanische Bürgerkrieg und 'das Spanische' Hemingway persönlich und seine Literatur mehr als jedes andere Element. Aus dem Inhalt: - Bull Fighting a Tragedy - The Turning Point - Hemingways Kurzgeschichten aus dem Bürgerkrieg - For Whom the Bell Tolls - The Spanish Earth

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Leseprobe

3. Hemingways Beziehung zu Spanien


 

Mit 22 Jahren wusste der abenteuerlustige Ernest Hemingway bereits, dass er Schriftsteller werden wollte und nach seinen anfänglichen Lehrjahren nicht auf Dauer in Kansas, Toronto oder Chicago bleiben wollte. Nachdem ihm bereits mit 19 Jahren der angestrebte Militärdienst auf Grund zu schwacher Augen verwehrt worden war, nutzte er kurz später seine Chance, um voll jugendlicher Naivität für das Rote Kreuz als Krankenwagenfahrer in den Ersten Weltkrieg zu ziehen. Weniger als zwei Monate nach seiner Abreise aus den USA wurde er (als vermutlich erster US-Amerikaner) bei Fossalta in Italien schwer verwundet und nach einiger Zeit im mailändischen Krankenhaus zurück in seinen Geburtsort Oak Park/ Illinois, gebracht.[26] Diese „curious experience of death and resurrection“ sollte seine Karriere und Motive als Schriftsteller – das starke Interesse an den Themen: Tod, Gewalt, Unsterblichkeit und kriegerische Handlungen – sowie seinen persönlichen Lebensstil stark beeinflussen.[27] Nur drei Jahre später nutzte er die nächste Gelegenheit, die USA zu verlassen, als ihm sein damaliger Arbeitgeber, der Toronto Star Weekly (TSW), anbot, als Auslandskorrespondent nach Europa zu gehen.[28] Gemeinsam mit seiner ersten Frau Hadley schiffte er sich am 8. Dezember 1921 nach Paris ein, wählte jedoch den längeren Weg mit einem Zwischenstopp in Vigo, Galizien. Diesen ersten Kontakt mit der spanischen Halbinsel beschrieb er seinem Freund, dem Autor Sherwood Anderson, in einem Brief aus Paris euphorisch: „You ought to see the Spanish coast. Big brown mountains looking like tired dinosaurs slumped down into the sea […] The coast of Spain is long and brown and looks very old“.[29] Seit dem Moment seines ersten Betretens schien er von Spanien begeistert zu sein. Spanien sollte ihn auch zukünftig anziehen wie ein Magnet. 1923 schrieb er seinem Vater: „It is a great country. Spain, I think, is the best country in Europe“.[30] Bei einer rein quantitativen Betrachtung seines literarischen Lebenswerkes fällt schnell auf, dass ein Großteil seiner Werke durch das spanische Land, seine Traditionen und Kultur, die Lebensweisen und kollektiven Werte der Einwohner sowie das politische Geschehen beeinflusst wurde. Zu dieser Zeit hatte er nachgewiesenermaßen bereits Werke von Cervantes und Blasco Ibáñez gelesen, die seine romantische Vorstellung von Spanien mitformten.[31] 1925 verbrachte Hemingway sechs geschäftige Wochen in Valencia, San Sebastian und Madrid, um seinen zweiten Roman zu schreiben.[32] Das Ergebnis, SAR, 1926 erschienen, spielt sowohl in Frankreich als auch in Spanien und verarbeitet unter anderem Hemingways Eindrücke von den Stierläufen der Fiesta de San Fermín, an denen der abenteuerlustige Schriftsteller erstmals persönlich teilgenommen hatte. Dieses Werk, das in vielen Sprachen (interessanterweise auch im britischen Englisch) unter dem spanischen Titel Fiesta veröffentlicht wurde, zeigte bereits Hemingways Affinität zur spanischen Kultur und machte ihn weltweit berühmt.[33] Es gilt heute als das klassische Werk der sogenannten Lost Generation, einer Gruppe von intellektuellen Exil-Amerikanern, zu denen Hemingway während seiner Zeit in Paris gehörte.[34] Mit Death in the Afternoon (DIA), neben The Green Hills of Africa (GHOA), seinem einzigen non-fiktionalen Werk aus dem Jahre 1932, machte er sich nicht nur einen Namen als aficionado des Stierkampfes. Hemingway selbst schrieb über sein tauromachisches Lexikon: „It is intended as an introduction to the modern Spanish bullfight and attempts to explain that spectacle both emotionally and practically“.[35] Schnell hatte der Autor sich zu dieser Zeit auch eine Meinung über die spanische Politik gebildet, die er schon 1934 in einem Brief an einen Freund mit Sorge beschrieb: „Spain is a big country […] inhabited by too many politicians […] The spectacle of its governing is at present more comic than tragic; but the tragedy is very close“.[36] Fünf Jahre nach DIA wurde THAHN publiziert. Es zählt im Allgemeinen zu den schwächeren Werken Hemingways. Es spielt zu großen Teilen im spanischsprachigen Kuba und thematisiert u.a. die kubanischen revolutionären Aktivitäten und Intrigen der 1930er.[37] 1940 wurde schließlich FWBT herausgebracht, welches zur Zeit des Spanischen Bürgerkriegs spielt, als „his ficitional masterpiece of the middle years“ bezeichnet und hier genauer analysiert werden wird.[38] Auch Hemingways berühmtester Roman The Old Man and the Sea (OMATS), für den er 1953 den Pulitzer- und 1954 den Literaturnobelpreis erhielt, thematisiert ein mit Spanien verbundenes Thema. Der Hauptcharakter Santiago (Name des Schutzpatrons Spaniens) ist ein spanischer Emigrant, der auf Kuba als Fischer lebt.[39] Auch sein letzter, posthum veröffentlichter Roman Islands in the Stream spielt zu großen Teilen auf Kuba und greift Themen auf (z.B. seinen Kontakt zu Picasso), die bereits in anderen Werken zum Tragen gekommen waren. Bury beschreibt Hemingways Beziehung zu Spanien zusammenfassend: „the young writer from Oak Park, Illinois, smug suburb of the ugliest metropolis of North America […] found new hope in the soil and traditions of one of the great European civilizations”.[40]

 

Neben seinen Romanen und non-fiktionalen Werken spürt man Hemingways Verbundenheit mit der spanischsprachigen Welt auch in seinen Kurzgeschichten. Zu den bekanntesten mit Bezug zu Spanien zählen: The Undefeated (TU), 1927 in der Sammlung Men without Women veröffentlicht, in welcher der fiktive letzte Kampf des gealterten berühmten torero Manuel „Maera“ García dargestellt wird, der Hemingway als Vorbild für viele seiner fiktionalen Matadores diente. Auch die Kurzgeschichte A Clean, Well-Lighted Place, die 1933 im Kurzgeschichtenband Winner Take Nothing besonders hervorgehoben wurde, behandelt ein spanisches Thema. Die Kurzgeschichte ist vor allen Dingen wegen des Nada-Selbstgesprächs des alten tauben Mannes berühmt geworden, welches als Grundstein für die später immer häufiger diskutierte stoische Gelassenheit der hemingwayschen Protagonisten gesehen wird.[41] Auch The Dangerous Summer (TDS), Four Stories of the Spanish Civil War, Hills Like White Elephants, The Capital of the World und OMB spielen in Spanien oder beinhalten durch Spanien beeinflusste Themen, die Hemingway literarisch verarbeitete. Des Weiteren schrieb er sein einziges Theaterstück, TFC, in Spanien, wo auch dessen Handlung spielt.[42] Auch der Pro-Republikanische Propaganda-Film, TSE, für den Hemingway den Text schrieb und später im Film den Erzähler sprach, ist ein weiteres Beispiel für Hemingways emotionale Bindung mit Spanien (siehe Kapitel 10). Noch deutlicher wird seine Leidenschaft für Spanien, wenn man bedenkt, dass er als einer der renommiertesten US-amerikanischen Schriftsteller kein einziges seiner umfangreicheren Werke in den USA, dafür aber fünf in spanischsprachigen Regionen spielen lässt. Capellán konstatiert, in Hemingways literarischem Gesamtwerk seien „a total of 300 Hispanic characters“ zu finden (wovon nur 35 kubanische Darsteller seien).[43] Auch bei seinen Gedichten, hier lediglich erwähnt, finden sich Titel wie The Soul of Spain, Part Two of the Soul of Spain oder The Poem is By Maera.[44]

 

Wenn man betrachtet, wie fasziniert Ernest Hemingway von Schauplätzen, Motiven und Merkmalen Spaniens beziehungsweise spanischsprachiger Länder wie Kuba und Mexiko war, muss es verwundern, wieso dieses Thema bis heute nur relativ wenig Beachtung gefunden hat.[45] Die spanischsprachige Welt mit Elementen wie dem Stierkampf, dem spanischen Temperament oder Motiven wie beispielsweise der für Hemingway „spanische“ Umgang mit dem Tod beeinflusste sein Leben und sein literarisches Werk intensiv. Seine Protagonisten, nach Philip Young zwischen dem stark autobiographischen Hemingway Hero und dem davon losgelösten Code Hero unterschieden, die seine moralischen Einstellungen verkörpern, weisen meist Charakterzüge auf, die für die USA eher fremd sind.[46] Durch sein Auswandern in jungen Jahren, seine langen Jahre im Ausland und seine Begeisterung für spanische Landschaften, Werte und Tugenden wurde Hemingways Leben als Schriftsteller massiv geprägt. Die Assimilation der spanischen Werte, die einherging mit der gesteigerten Ablehnung der US-amerikanischen Normen, prägte seine spirituellen Erfahrungen und somit sein Wirken als Künstler und Schriftsteller. Astre attestiert Hemingway sogar „ein gewisses Komplicentum [sic]“ mit Europa, weil er immer, wenn es um Menschen geht, Partei „für die Alte Welt gegen die Neue“ ergreift.[47] Spanien war laut Astre für Hemingway ein Land „für Erwachsene, wo sich niemand allzu lange an das kindische Glück des Nichtwissens“ klammern könne.

 

Bei seiner Rückkehr 1959 schließlich, seinem insgesamt längsten Spanienaufenthalt, soll er sich mit allen Vertretern der spanischen Gesellschaft getroffen haben und mit „intellectuals and novelists, journalists and bullfight critics, bullfighters and country people, big publishers and bartenders“...

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