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Auf dem falschen Gleis

Infrastrukturpolitik und -entwicklung der DDR am Beispiel der Deutschen Reichsbahn 1949-1989

AutorRalph Kaschka
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl374 Seiten
ISBN9783593411941
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis41,99 EUR
Auf breiter Quellenbasis analysiert Ralph Kaschka die politischen Entscheidungen der Staatspartei SED zur Entwicklung der Deutschen Reichsbahn und die umgesetzten Maßnahmen. Er zeigt die Vernachlässigung des Eisenbahnnetzes unter anderem als Folge einer ideologisch bedingten Geringschätzung des Distributionssektors.

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Leseprobe
I. Einleitung 1. Gegenstand und Ziel der Arbeit Ohne Frage erfüllt der Verkehrssektor in modernen Gesellschaften wichtige Aufgaben. Er sorgt für die Mobilität von Personen sowie dem Austausch von Gütern und Nachrichten über kürzere oder längere räumliche Distanzen. Sein Angebotskatalog ist in allen Phasen des Produktionszyklus von Gütern sowie für andere Dienstleistungen nachgefragt und erforderlich. Er bedient direkt den Bedarf der Bevölkerung nach Konsumgütern, unterstützt den Staat bei dessen Erbringung gesellschaftlicher und staatlicher Leistungen und entspricht den Anforderungen, die sich an ihn aus einer arbeitsteiligen Ökonomie ableiten. Ein unmittelbarer Zusammenhang besteht zwischen der Entwicklung des Verkehrs, des Raums und der Wirtschaft. Aufgrund der großen Bedeutung für Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ist der Sektor besonders stark mit der Politik verflochten. Das drückt sich zum Beispiel in der relativ großen Zahl an Verkehrsunternehmen aus, die die öffentliche Hand ihr Eigen nennt. Die genannten Merkmale treffen ebenso auf die materiellen beziehungsweise technischen Infrastrukturen, also die ortsfesten Anlagen und Einrichtungen, des Verkehrswesens zu. Infrastrukturen allgemein begegnen uns im täglichen Leben sehr häufig. Allerdings werden sie selten bewusst registriert. Sie werden meist erst wahrgenommen und sich mit ihnen auseinandergesetzt, wenn sie nicht vorhanden, defekt oder möglicherweise unterdimensioniert angelegt sind. Dabei beanspruchen sie in der Gesellschaft fast schon einzigartig die Position eines Mittlers. Sie erschließen, verbinden, verknüpfen, vernetzen und integrieren. Sie sind sowohl Basis, als auch Resultat 'von Interaktionen zwischen räumlichen, zeitlichen und sozialen Schichten und eines der wirksamsten Medien zur Erschließung und Ordnung des öffentlichen Raums.' Die ausreichende Implementierung von Infrastrukturen in benachteiligten Regionen kann wesentlich dazu beitragen, ökonomische Disparitäten zu beseitigen. Zudem weisen gerade technische Infrastrukturen ein großes Beharrungsvermögen auf. Wenn sie einmal installiert sind, prägen sie über einen sehr langen Zeitraum die mit ihnen im Zusammenhang stehenden Abläufe. Infrastrukturen können daher auch als 'Garanten der Beständigkeit' verstanden werden. Nicht zuletzt bilden technische Infrastrukturen - auf die sich in der folgenden Untersuchung konzentriert wird - eine bedeutende materielle Grundlage für die Aktivitäten, das Funktionieren und den Erfolg der Volkswirtschaft eines Staates und somit in der Quintessenz für das Funktionieren und die Leistungsfähigkeit eines Staatwesens schlechthin. Jedoch gehören technische Infrastrukturen nicht einem unmittelbar produzierenden Bereich an, ihre direkte Produktivität ist deshalb schwer messbar. Bereits im 18. Jahrhundert waren Konzepte darüber entworfen worden, dass der Staat bestimmte 'kollektive Güter' protegieren oder kontrollieren solle. Der Ökonom Adam Smith stellte fest, dass der Staat öffentliche Anlagen errichten und erhalten müsse, die für die Gemeinschaft einen hohen Nutzwert besäßen, indes nur einen geringen Gewinn erwirtschaften. Deshalb könne man den Bau und die Instandhaltung solcher Anlagen privaten Unternehmern nicht aufbürden. Ein Jahrhundert später betonte insbesondere am Beispiel der Eisenbahn Friedrich List die Bedeutung von Infrastrukturen für das Phänomen der politischen Integration und des 'nation building'. Daraufhin wurden die Rufe nach einer Ausweitung öffentlicher und staatlicher Aktivitäten und Interventionen bei solchen Einrichtungen immer lauter. Die Eingriffe des Staates schienen ihre Berechtigung zu haben. Musste doch die Existenz von Anlagen, die bestimmte Grundbedürfnisse der Menschen abdecken konnten, gesichert sein. Dafür musste mittlerweile ein hoher materieller und monetärer Aufwand betrieben werden, den lediglich zentrale Bürokratien zu stemmen in der Lage waren. Zusätzlich war für die Realisierung der Infrastrukturen eine zentrale Initiative vonnöten. Bei den wirtschaftlichen Bemühungen taten sich zunächst vornehmlich Städte und Kommunen hervor. Ökonomen bestärkten sie dabei. Sie verwiesen auf die Fähigkeit, mithilfe der Anlagen eine bessere Integration und Steuerung ausüben zu können sowie an neue Geldquellen zu gelangen. Doch wurde dem Staat zugleich auferlegt, die negativen Auswirkungen des vorherrschenden ökonomischen Systems abzudämpfen und verlustreichen Betrieben, die eine öffentliche Relevanz besaßen, durch öffentliche Mittel aus der wirtschaftlichen Bedrängnis zu helfen. Wirtschaftswissenschaftler und andere Vertreter liberaler Couleur erhoben aus diesem Grund den Vorwurf, dass bei Infrastrukturen die erzielten negativen finanziellen Ergebnisse auf die Allgemeinheit abgewälzt würden und vom Staat akzeptierte oder gar unterstützte monopolartige Stellungen entstanden seien. In den ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts sah man dann beispielsweise die Verkehrspolitik immer mehr als ein Werkzeug, um Gewerbe und somit ebenfalls die Stadtentwicklung zu fördern. Die Schaffung infrastruktureller Anbindungen von Gebieten wurde zu einem wichtigen Faktor für Standortentscheidungen von Industrien. In den zwanziger und dreißiger Jahren betätigte sich der Staat durch Investitionen in den Ausbau von Infrastrukturen auch aktiv als Arbeitsbeschaffer für die Menschen. Mit einer technischen Infrastruktur ist auch der Verkehrsträger Eisenbahn ausgestattet. Sie besteht hier aus den Gleis-, Sicherungs- und Fernmeldeanlagen, Brücken, Kunstbauten (unter anderem Tunnel) sowie Hochbauten (Gebäude, bauliche Anlagen). In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) stellte die Eisenbahn vierzig Jahre lang das wichtigste Beförderungsmittel dar. Gleichwohl befand sich die technische Infrastruktur der Eisenbahn des Landes im Herbst 1989 in einem katastrophalen Zustand. Das muss erstaunen. Wurde doch die Technik in der DDR als eine wichtige und effektive Kraft angesehen, deren Fortschritt zugleich positive Rückwirkungen auf den Einzelnen und die gesamte Gesellschaft haben sollte. Die Technik galt als eine der wenigen noch vorhandenen Mittel, Innovationen hervorzubringen und die Wirtschaft florieren zu lassen. Aufgrund der Lage der Bahnanlagen der DR 1989 und des auch wirtschaftlichen Niedergangs der DDR ist zu analysieren, inwieweit der Zusammenhang von verkehrs-, wirtschafts- und technologiepolitischen Gremien, Abteilungen und zentralen Einzelakteuren der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei Vorhaben der DR überhaupt wahrgenommen und sich damit auseinandergesetzt wurde, dass sich die oben für technische Infrastrukturen aufgeführten positiven ökonomische Effekte von einem nichtindustriellen Wirtschaftszweig nur dann beisteuern lassen, wenn dort auch von politischer Seite entsprechende Voraussetzungen für eine stetig hohe Leistungsfähigkeit gewährleistet sind. Der politikgeschichtliche Teil der Studie richtet den Fokus ausschließlich auf die SED, da sie die einzige wirklich machtausübende Kraft der DDR war. Für die Einstellungen und Vorgaben der Partei werden Ursachen zu suchen sein. Das wird zudem ebenso an zwei wirtschaftlichen und politischen Spezifika von Investitionen in technische Infrastrukturen - der langen und gründlichen Planung und dem hohen Anteil politischer Entscheidungskriterien - zu prüfen sein. Gerade diese beiden Besonderheiten hätten konstruktive Wirkungen für ergiebige Resultate auf dem Gebiet der Infrastrukturentwicklung der DR erzeugen können, weil sie zwei Kernelemente der wirtschaftlichen und politischen Struktur - die zentrale Planwirtschaft und die bestimmende Rolle der SED - der DDR darstellen. Weitere bezüglich des Verhaltens der SED zu examinierende spezifische Kennzeichen von Investitionen in technische Infrastrukturen sind der hohe Finanzbedarf sowie die lange Lebensdauer der Anlagen.
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