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E-Book

Die Chemie des Lebens

AutorGeorg Schwedt
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl180 Seiten
ISBN9783527636334
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Nichts geht ohne Chemie!
Wenn Sie Georg Schwedt noch nicht kennen sollten: freuen Sie sich, dass ihn gerade entdeckt haben. Alle, die ihn kennen und schätzen wissen, was Sie erwartet: ein vergnüglich zu lesendes 'Chemiebuch'. Aber eines im besten Sinne - fundiert, praxisnah und mit vielen 'Ausflügen' in die Wissenschafts- und Kulturgeschichte. Ob bei uns Menschen oder den Tieren und Pflanzen: wir funktionieren alle optimal, wenn die Chemie stimmt.
Wie alles sich zum Ganzen webt...
... Eines in dem andern wirkt und lebt! Dieser Satz aus Goethes Faust wird in Schwedts Büchern lebendig. Das Wechsel- und Zusamnmenspiel von Kräften, das Aufnehmen und Weiterreichen von Stoffen von einem Lebewesen zum anderen schildert er unterhaltsam, spannend und lehrreich. Wir lernen die Ursuppe des Lebens kennen, erfahren alles über die Kraftwerke der Zellen, die Mitochondrien, oder dass unser Körper bei der Verdauung mit einer kleinen Menge Salzsäure arbeitet.
Wie funktioniert eigentlich Geschmack?
Die Wissenschaft bezeichnet das Schmecken als 'chemischen Nahsinn' - und eigentlich dient er in erster Linie der Kontrolle unserer Nahrung, der Warnung vor Ungenießbarem. Es ist noch gar nicht so lange her, dass neben süß, salzig, sauer und bitter auch ein fünfter Geschmack dazukam: umami. Und aktuell diskutiert die Forschung über Nummer sechs: fettig. Was für ein chemisches Feuerwerk sich in unserem Mund ereignet, dass wir überhaupt schmecken, das ist schon ein kleines Wunder. Wie alles, was wir in diesem Buch lesen, kennen lernen - und verstehen. Alles Leben ist eben Chemie!

Georg Schwedt
Der 1973 geborene Professor der Chemie lehrte bis zu seiner Emeritierung 2006 an der TU Clasthal Anorganische und Analytische Chemie. In seinen zahlreichen Sachbüchern zieht er gern Beispiele aus dem Alltag heran und zeigt, wie viel Chemie im Kochtopf, Supermarkt oder Badezimmer steckt. Die Wissensvermittlung rund um das Thema Chemie hat er mit seinem Mitmachlabor SuperLab, zahlreichen Experimentalvorträgen oder der Mitarbeit bei der 'ExperimentierKüche' des Deutschen Museums in Bonn vorangetrieben. Im März 2010 erhielt er als Anerkennung seines langjährigen Engagements als Vortragender und Autor den Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) für Journalisten und Schriftsteller.

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Leseprobe

Chapter 1


Einführung: Nichts geht ohne Chemie – auch das Leben nicht!


1.1 Von der Urzeugung zur chemischen Evolution


Als Urzeugung oder spontane Zeugung (Abiogenese) wird das »Werden von Lebendigem aus Totem« (Formulierung der Philosophen), die Entstehung von Organischem, Organismen, Lebewesen aus Anorganischem durch natürliche (physikalisch-chemische) Kräfte (Formulierung der Naturwissenschaftler) bezeichnet. Ihren Ursprung haben die Vorstellungen einer Urzeugung in der Naturphilosophie der Griechen. Arthur Schopenhauer (1788–1860) erklärt in seinen »Neuen Paralipomena, § 185« (Nachlass 1893):

»Daß aus dem Unorganischen die untersten Pflanzen, aus den faulenden Resten dieser die untersten Tiere und aus diesen stufenweise die oberen entstanden sind, ist der einzige mögliche Gedanke.«

Die chemische Evolution als Teilgebiet der Evolution geht von einem Urknall aus, bei dem die ersten chemischen Elemente entstanden. Auf der Erde begann die Entwicklung vor etwa 4,7 Milliarden Jahren, als sich aus Wasserstoff, Wasserdampf, Methan, Schwefelwasserstoff und Ammoniak die Vielfalt der heutigen Materie bis zu den ersten Lebewesen entwickelte.

1.1.1 Anhänger einer Urzeugung


Die Frage nach der Entstehung des Lebens beschäftigte seit jeher die Menschen. Im 2. Jahrtausend v. Chr. war in China, Mesopotamien, Ägypten und Indien die Annahme einer Urzeugung von Würmern, Fröschen u.a., das heißt die Entstehung von Leben, aus unbelebter Materie allgemein verbreitet. Vor allem von den griechischen Naturphilosophen kennen wir einige der Theorien. Sie führten die Fragen nach dem Werden und Vergehen der Dinge (und auch des Lebendigen) auf grundlegende Prinzipien zurück. Schon Hesiod (ca. 700 v. Chr.) beschrieb die Geburt der Materie aus dem Chaos. Bei unterschiedlichen Ansätzen wurde die unzerstörbare Materie als in ständigem Kreislauf befindlich betrachtet. Die Ursache dieser Bewegung sollte in ihr selbst liegen, so konnte auch alles Lebendige aus ihr entstehen. Im Gegensatz zu der Erschaffung von Lebewesen durch einen göttlichen Schöpfungsakt stand die Vorstellung einer Urzeugung. Der griechische Naturphilosoph und Wanderarzt Empedokles (um 483–425 v. Chr.), der sich der Legende nach in den Krater des Ätna stürzte, war der Begründer der Lehre von den unvergänglichen Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde. Er postulierte die Entstehung von zunächst Pflanzen, dann auch von Tieren aus der Erde. Nach Aristoteles (384–322 v. Chr.) entstanden die niedrigsten Lebewesen aus Schlamm.

Als klassische Erscheinung einer Urzeugung galt die Entstehung von Maden aus faulendem Fleisch. Viele Biologen sahen in diesem Beispiel eine Bestätigung der Urzeugungstheorie. Aber bereits William Harvey (1578–1657), der Entdecker des großen, geschlossenen Blutkreislaufes, lehnte diese Theorie ab und war überzeugt, dass auch Maden aus Eiern entstehen würden, die man damals wegen ihrer geringen Größe nicht sehen konnte. Der italienische Arzt Francesco Redi (1626–1697) griff die Idee Harveys auf und führte 1668 folgende Experimente zu deren Bestätigung durch: Er verteilte verschiedene Fleischsorten auf acht Flaschen, von denen er vier verschloss, die anderen vier ließ er offen. Das Fleisch begann sich in allen Flaschen zu zersetzen (zu verfaulen), Maden entstanden aber nur in den offenen Flaschen, in welche Fliegen gelangen konnten. In einem zweiten Experiment setzte er auf einige offene Flaschen Fliegendraht. Somit konnte Luft an das Fleisch gelangen, die Fliegen wurden jedoch ferngehalten – und es entwickelten sich auch in diesen Flaschen keine Maden.

Nach diesen Experimenten hätten die Biologen überzeugt sein müssen, dass es keine spontane Zeugung gibt. Da sich die Experimente aber nur auf Maden, also Würmer, bezogen, wurde ihre Beweiskraft durch die Entdeckung von Mikroorganismen durch den niederländischen Naturforscher Antony Leeuwenhoek (1632–1723) unter dem Mikroskop (mit 40- bis 275facher Vergrößerung) 1674 bis 1676 wieder abgeschwächt.

Hundert Jahre später, im Jahre 1748, schien der englische Naturforscher John Tuberville Needham (1713–1781) die spontane Urzeugung von Bakterien mit seinen Experimenten neu beweisen zu können. Er kochte zusammen mit Georges Louis Leclerc Buffon (1707–1788, französischer Naturforscher) Hammelfleischbouillon und füllte sie dann in Versuchsröhren, die er mit Korken verschloss. Schon nach einigen Tagen hatten sich zahlreiche Mikroorganismen gebildet, woraus die beiden schlossen, dass sie die spontane Zeugung bewiesen hätten. Bis in das 20. Jahrhundert bildete sich daraus eine Panspermielehre (griech. pan: alles und sperma: Samen, Keim), die 1906 darin gipfelte, dass der Physikochemiker Svante Arrhenius (1859–1927; 1903 Nobelpreis für Chemie) die Hypothese entwickelte, dass der Ursprung des irdischen Lebens im Weltall liegt, von wo aus Keime durch Meteorite auf die Erde gelangt seien (Kosmozoentheorie). Diese wissenschaftlich nicht anerkannte Theorie wurde durch zwei Astronomen, Fred Hoyle (1915–2001; leistete bedeutende Arbeiten zum Aufbau und zur Entwicklung von Sternen, schuf eine Theorie zur Elemententstehung in Sternen durch Kernfusion) und seinen Schüler Nalia Chandra Wickramasinghe (Jg. 1939; sri-lankischer Astrophysiker, ab 2000 Direktor des Cardiff Centre for Astrobiology) neu belebt. In dem Buch »Evolution aus dem All« (Ullstein 1981) ist u.a. zu lesen, dass die orthodoxe Biologie in ihrer Gesamtstruktur daran festhalte, dass Leben zufällig entstanden sei. Die Biochemiker hätten jedoch in steigendem Maße die ehrfurchtgebietende Komplexität des Lebens entdeckt. So sei sein zufälliger Ursprung ganz offensichtlich so wenig wahrscheinlich, dass man die Möglichkeit völlig ausschließen könne – mit dem Fazit: »Leben kann nicht zufällig entstanden sein.«

Von den Biologen, als Naturforscher zugleich auch Philosophen, des 19. Jahrhunderts sind als Anhänger einer Urzeugungs-Theorie vor allem Lorenz Oken (1779–1851) und Ernst Haeckel (1834–1919) zu nennen. Oken war 1807–1819 Professor der Medizin in Jena, dann ab 1818 in München und ab 1832 in Zürich. Er war besonders von dem Philosophen Schelling beeinflusst und entwickelte Vorstellungen über eine gemeinsame Lebenssubstanz als »Urschleim« und kleinsten Einheiten, die sich zu Organismen fügen (organisieren) (»Infusorien«). Haeckel, 1862 bis 1909 Professor für Zoologie in Jena, veröffentlichte 1868 sein populärwissenschaftliches Buch »Natürliche Schöpfungsgeschichte«, in der er vor allem die Theorien Darwins vertrat. In seiner »Generellen Morphologie der Organismen« von 1866 (Band I, S. 182) ist auch von einer »dereinstigen« Urzeugung (Autogenie) zu lesen.

Abb. 1 Infusionstierchen, Infusorien oder Aufgusstierchen unter dem Mikroskop (»Bilder-Conversations-Lexikon«, Brockhaus, Leipzig 1838) – Mikroorganismen wie Wimpertierchen (Protozoen) und Geißeltierchen (Flagellaten), die sich in einem Aufguss von Wasser auf Heu u. a. aus Dauerstadien (Zysten, Sporen) entwickeln. »Der Anblick eines Wassertropfens durch das Mikroskop muß dem denkenden Menschen die ehrfurchtvollste Bewunderung der Macht und Größe des Schöpfers einflößen, der Welten lebender Wesen hervorruft, welche unseren Blicken verschwinden. Die Schöpfung, sehen wir, ist, wie in der Größe, so auch in der Kleinheit unendlich, überall voller Bewegung und Leben.«

Skeptisch gegenüber den beschriebenen Experimenten zeigte sich jedoch bereits der italienische Biologe und Philosoph Lazzaro Spallanzani (1729–1799). Er war überzeugt, dass Needham und Buffon ihre Fleischbouillon nicht lange und nicht hoch genug erhitzt hatten, um sie vollständig zu sterilisieren. Er wiederholte die Versuche 1768, indem er eine Nährlösung 30–45 Minuten erhitzte und dann erst die Flaschen versiegelte; danach, berichtete er, seien keine Mikroorganismen nachweisbar gewesen.

Er gelangte somit noch vor dem französischen Chemiker und Bakteriologen Louis Pasteur (1822–1895) zu dem Ergebnis, dass in erhitzten und verschlossenen Gefäßen keine sogenannten »Infusorien « entstehen können. Spallanzani führte u. a. die erste künstliche Besamung bei Hunden durch. Pasteur widerlegte die angebliche Urzeugung in faulendem Schlamm (um 1862) und erkannte 1865 lebende Hefezellen und andere Mikroorganismen als Ursache von Gärung und Fäulnis.

(Siehe zu diesem Thema auch: Spektrum der Wissenschaft: Von der Urzeugung zum künstlichen Leben, Mai 2010.)

1.1.2 Entwicklungen zu einer chemischen Evolution


Noch vor den Experimenten des damaligen Studenten Stanley Miller nach Ideen seines Lehrers Harold C. Urey in der Universität von Chicago, aus einer Uratmosphäre Aminosäuren entstehen zu lassen, führte der Chemiker Walther Löb...

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