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E-Book

Die Entstehung von Freundschaft in Facebook

AutorLorenz Jahn
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl221 Seiten
ISBN9783656946205
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Multimedia, Internet, neue Technologien, Note: 1,0, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (Institut für Organisation und Lernen), Sprache: Deutsch, Abstract: Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Entstehung von Freundschaft, die nicht im direkten Offline-Kontakt ihren Ursprung findet, zu beleuchten. Da die Vielfalt an sozialen Medien stetig zunimmt und eine Betrachtung sämtlicher Plattformen den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, werde ich mich auf das soziale Netzwerk 'Facebook' beschränken. Um eine Definition für den Begriff Freundschaft zu bekommen, werde ich in einem ersten Schritt die zeitliche Entwicklung dessen betrachten. Ich beziehe mich in diesem Zusammenhang auf philosophische Betrachtungsweisen. Wichtig ist ebenfalls eine klare Abgrenzung zu Beziehungen im erotisch-sexuellen Zusammenhang, es soll die Freundschaft im Fokus stehen. Ich beende diesen Diskurs mit einem Zwischenfazit, um mögliche Erkenntnisse für die weitere Bearbeitung herauszustreichen. Im Anschluss beschäftige ich mich mit den aktuellen Forschungsergebnissen und Diskussionen bezüglich der Wahrnehmung und Bedeutung von Freundschaft in sozialen Medien. Ich versuche abschließend in qualitativen Interviews die Entstehung von Freundschaft in Facebook nachzuvollziehen. Im Fokus stehen die einzelnen Schritte, Ereignisse und Umstände, die zur Freundschaft geführt haben.

Mag. Lorenz Jahn ist diplomierter Wirtschaftspädagoge aus Innsbruck. Während seines Studiums entwickelte er Trainerausbildungen und Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung, außerdem sammelte er berufliche Erfahrungen im politischen Umfeld als parlamentarischer Mitarbeiter im Nationalrat sowie in der Kampagnisierung von Wahlkämpfen. Nach Abschluss des Studiums wagte Jahn den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete ENZJAHN, unter welchem Namen er weiterhin Seminare, Kampagnenmanagement und Öffentlichkeitsarbeit anbietet. Seine Spezialisierung findet sich im Kommunikationstraining sowie im Social Media-Bereich.

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Leseprobe

5. Der Begriff Freundschaft in digitalen Medien


 

5.1 Die drei Ebenen des Freundschaftsdiskurses


 

Adelmann (2011) geht in seinem Werk „Von der Freundschaft in Facebook“ bereits sehr detailliert auf das Thema ein und erklärt die ursprüngliche Existenzbegründung sozialer Medien als „Pflege von Freundschaften“. Er führt den Erfolg der Plattform auf ein „[…] Gefühl des sozialen und medialen Defizits […]“ zurück. (Adelmann 2011:128) Er erläutert, dass soziale Netzwerke Bestandteile, die ein Freundschaftsverhältnis tragen, beisteuern und unsere Möglichkeiten zu interagieren erweitern. Er unterstreicht drei Ebenen des Freundschaftsdiskurses:

 

 Die intersubjektive Dimension von Freundschaft:

 

Hier werden Rituale und Wertzuschreibungen in den Fokus genommen

 

 Die Medialisierung von Freundschaft

 

Die benutzten Medien definieren „[…] Form, Struktur und Sichtbarkeit von Freundschaft“

 

 die soziopolitische Dimension der Freundschaft

 

indem „[…] ein zeitloses, individualistisches Konzept […]“ verfolgt wird.

 

Adelmann setzt einen Schwerpunkt seiner Forschung auf die Erkenntnisse von Derrida (2000) und attestiert der Freundschaft, neben der Verknüpfung zweier Individuen, eine gesellschaftliche und politische Ebene. Er hebt sich dadurch von der breiteren Diskussion über die „[…] Vermischung von Öffentlichkeit und Privatheit […]“(Adelmann 2011:129) ab und fokussiert sich auf die Freundschaft und ihre mediale Ausprägung sowie deren Einfluss auf die Entstehung von sozialen Handlungsweisen. Ein hier diskutierter Punkt ist auch die Definition von Freundschaft: Adelmann übernimmt die Frage bezüglich der Freunde bei Derrida (2000): „Wie viele sind wir? – Kommt es darauf an? Zählt das?“ und weist darauf hin, dass „Die Dynamik, der Prozess, das Werden und die Quantifizierung […]“ als stets wiederkehrende Elemente aufscheinen und für ihn selbst diese auch für mediale Erscheinungen strukturgebend sind. (Adelmann 2011:128 ff)

 

5.2 Die Semantik der Begrifflichkeiten in Facebook


 

In der Sprachwissenschaft existiert ein Gebiet mit der Bezeichnung Internationalismenforschung. In dieser Forschung beschäftigt man sich unter anderem mit den sogenannten „falschen Freunden“:

 

„Als ‚falsche Freunde‘ bezeichnet man also dem Anschein nach gleiche Ausdrücke zweier verschiedener Sprachen, die jedoch jeweils unterschiedliche Bedeutungen haben und beim Erlernen von Fremdsprachen Fehlerquellen darstellen. Oder genauer: ‚[...] als Phänomen der intersprachlich-heterogenen Referenz, bei der sich vermeintlich äquivalente Ausdrücke zweier Sprachen durch ihre jeweils unterschiedliche Referenz als trügerisch erweisen.‘“(Seelbach 2002:6)

 

Bei der Übersetzung ins Deutsche wurde der Begriff „Friend“ jedoch zum „Freund“ und erhielt eine andere Bedeutung. Dies kann missverstanden werden, meint dieses deutsche Wort ja eher zumindest einen „guten Freund“. Zum Beispiel kommt es zu Problemstellungen, wenn Angestellter und Vorgesetzter sich im deutschen Sprachraum in Facebook verbinden: Sind diese nun „Freunde“ oder „Bekannte?“ Wie verhalte ich mich dem Vorgesetzten gegenüber? Sind wir somit automatisch per Du? Andererseits kann diese Ambiguität auch positiv wirken, indem sie subjektive Barrieren löst und Personen sich durch die Freundschaftsanfrage beidseitig öffnen. Immerhin wurde somit angefragt, ob man „Freund“ sein möchte.

 

Auch der Begriff „Freund“ wird als ein solcher „falscher Freund“ geführt. Seine Bedeutung unterscheidet sich im deutschen Sprachraum vom englischen. Das englische Wort „Friend“ bedeutet „Bekannte/r“ jedoch hingegen bedeutet das deutsche Wort „Freund“: „guter Freund“, „enger Freund“ sowie „Beziehungspartner“ im sexuellen Sinn. (Dretzke & Nester 2009) Dieser Umstand muss im Zusammenhang mit Facebook genauer betrachtet werden: Facebook bezeichnet die soziale Verknüpfung zweier User als „Friend“. Hinzugefügt geworden zu sein, wird auch umgangssprachlich als: „I got friended“ bezeichnet. Dies bedeutet lediglich, dass man in Facebook von einer anderen Person hinzugefügt wurde.

 

Ähnlich verhält sich dies bei anderen übersetzten Begriffen: Die Funktion „jemanden anstupsen“ zum Beispiel wird im deutschen Sprachraum als eine freundschaftliche Geste gewertet. In einem Artikel, der als Hilfestellung dient, heißt es:

 

„Kleine Gesten festigen die Freundschaft. Somit kann das Anstupsen als freundschaftliche Geste interpretiert werden. Die Bedeutung von Anstupsen ist simpel. Ein Freund hat gerade an Sie gedacht und möchte auf sich aufmerksam machen.“ (helpster.de-Weber 2011)

 

Das englische Pendant: „to poke“ wird jedoch mehrdeutig übersetzt: „stochern“, „stoßen“, „knuffen“ und vor allem steht es als vulgäres Synonym für Geschlechtsverkehr. Somit kann man daraus schließen, dass, wenn man im englischen Sprachraum „gepoked“ wird, dieser Geste ein eventuelles sexuelles Interesse anhaftet. (dict.cc 2009)

 

Gerade die Auswirkung von Ambiguität auf soziale Interaktionen ist ein Faktor, den wir im Zusammenhang mit der Entstehung von Freundschaft in Facebook nicht unterschätzen dürfen. Hier wurden lediglich zwei Beispiele benannt, die jedoch für sich schon die Gesamtdefinition sowie ein Kommunikationswerkzeug der Plattform im englischen und deutschen Sprachraum abändert. Man kann davon ausgehen, dass Facebook noch weitere „falsche Freunde“ durch die Übernahme der Plattform in andere Sprachen innehat. Für das weitere Vorgehen konzentriere ich mich auf die eigene Definition von Freundschaft im Sinne der „amicitia“.

 

5.3 Die Bedeutung des Begriffes Freundschaft in Social Network Services


 

„Soziale Beziehungen, bei denen der Erstkontakt und wichtige Folgekontakte computervermittelt ablaufen, bezeichnet man als ‚Internet-Beziehungen‘, ‚Online-Beziehungen‘, ‚virtuelle Beziehungen‘, ‚Cyberbeziehungen‘ oder ‚Netz-Beziehungen. Diesem neuen Beziehungstypus wird dann pauschal die herkömmliche soziale Beziehung als ‚Offline-Beziehung‘, ‚3D-Beziehung‘ oder ‚reale Beziehung‘ gegenübergestellt.“ (Döring 2003:424)

 

Netzmedien bieten eine viel größere Vielfalt an Möglichkeiten neue soziale Beziehungen herzustellen. Döring (2003) sieht in ihnen, durch die Optionen wie Verzicht auch direkten Face-to-Face-Kontakt sowie der Möglichkeit zeitversetzt zu interagieren, eine Chance, dass sich Menschen näher kommen können, die sich im realen Umfeld nie angenähert hätten.

 

Es lassen sich jedoch nur in seltenen Fällen reine Online- und Offline-Beziehungen beobachten. Ab einer gewissen Intensivierung der Beziehung verändert sich diese von einer rein virtuellen Bekanntschaft zu Kontakten über Telefon oder ähnlicher Form des elektronischen Austausches und weiterführend kommt es zu realen Treffen. Reale Beziehungen benützen wiederum den Online-Kontakt um die Austauschmöglichkeiten zu erweitern, auch um über Distanz den Kontakt aufrecht zu erhalten. Diese häufigste Form der Beziehung nennt man Hybrid-Beziehung. (Döring 2003)

 

Im Youtube-Channel der Late Night Show "Jimmy Kimmel Live" ruft der Moderator dazu auf, am 17. November den National Unfriend Day zu feiern. Kimmel meint, dass Facebook, mit seinen über 800 Millionen Nutzern, zu einer Vernetzung beiträgt, die weit über das hinaus geht, was eine gesunde Zahl an Freunden ausmacht. So solle man am 17. November den Tag nutzen und in einer Art Frühjahrsputz seine Freundesliste entmisten. (youtube.com-Kimmel 2011) Adelmann nimmt dieses Beispiel heran und unterstellt Kimmel eine dominante Form der Freundschaftsdefinition mit „[…] ewigen Werten“. Dies erinnert an die klassischen Ausführungen des Freundschaftsbegriffes aus der Antike. (Adelmann 2011)

 

Hermand (2006) definiert Freundschaft als etwas Intersubjektives, das im Weiteren keine politische oder gesellschaftliche Relevanz darstelle. Er schreibt, es würden sich zwei deutlich zu unterscheidende Trends bezüglich der Freundschaft beobachten lassen: Einerseits aus sozialhistorischer Perspektive als „[…] ein der Vergangenheit angehöriger Vorstellungskomplex, dessen sozial-ethischer Impuls […] seine bisherige Funktion verloren habe“ (Hermand 2006:4) und andererseits als eine Perspektive, die

 

„[…] die Abschwächung des sozialethischen Pathos im Rahmen älterer Freundschafts- und Solidaritätskonzepte als ein willkommener Aufbruch in einen vielfältig ausdifferenzierten menschlichen Beziehungsreichtum begrüßt, durch den gerade die private Freundschaft in steigendem Maße an...

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