3. HISTORIE
Kapitel 3 beschäftigt sich mit der geschichtlichen Entwicklung von Gender Mainstreaming und einer ausführlichen Beschreibung der Frauenbewegung.
Die Beziehung zwischen Frauen und den Medien wurde auf der vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking formell als einer der Hauptproblembereiche für die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern in den heutigen Gesellschaften anerkannt.
Die Medien spiegeln und gestalten bzw. beeinflussen maßgeblich die öffentliche Meinungsbildung und die Gestaltung der Kultur. Interessant dabei ist, dass es vor allem um die Besetzung von Positionen im Mediensektor geht, um die Geschlechterungleichstellung in Entscheidungsprozessen mittels politischer Maßnahmen zu regulieren.
Die Europäische Union behandelt Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts im Mediensektor innerhalb ihres politischen Regelwerks in der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ (Richtlinie 89/552/EWG) und der späteren Änderungsrichtlinie 2007/65/EG, der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, dafür zu sorgen, dass die audiovisuellen Mediendienste, die von den ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendienstanbietern bereitgestellt werden, nicht Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Staatsangehörigkeit, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung beinhalten oder fördern.
Obwohl durch das rechtliche und politische Regelwerk der EU günstige Bedingungen für das berufliche Fortkommen von Frauen in der Medienbranche geschaffen worden sind, hat sich die Situation seit 1995, als die UNESCO die erste weltweite Vergleichsstudie zur Vertretung von Frauen in den Medien veröffentlichte, nicht signifikant verändert[62].
Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Bericht über eine Ausstellung mit dem Titel: “Frau und Presse“ im Jahr 1928 (!) in Wien. In diesem Bericht wird schon die Darbietung kritisiert. Im Zuge dieser Ausstellung wurden unzählige Broschüren, Vereinsberichte und Vortragsabdrucke in Ausstellungskästen so präsentiert, dass ein Zusammenhang mit der eigentlichen Frauenarbeit nicht erkennbar war. Man konnte nur die Überschriften lesen, da die Ausstellungsstücke „in Glaskästen so eng zusammengepfercht waren, daß man von allen nur die Titel zu sehen vermochte“ (sic!). Die eigentliche Angelegenheit, das Thema „Frau und Presse“, mit der Darstellung der Mitarbeit von Frauen in der Tagespresse der letzten 10 Jahre (die 10 Jahre in denen sich die Frauenarbeit hauptsächlich entwickelte) fehlte komplett[63].
Selbst bei der Festsetzung von Vorträgen der Berufsvertretung des Reichsverbandes der deutschen Presse mit dem Thema „Die Frau und die Presse“ 1928 wurde die Berufsorganisation der deutschen Journalistinnen nicht gefragt, ob diese Vortragende namhaft machen würden[64].
Dadurch ist erkennbar, dass die Wichtigkeit der Themen Medienarbeit und Frauen bereits vor über 67 Jahren (1928-1995) vor der Weltfrauenkonferenz in Peking erkannt wurden.
Folgende Definition des Begriffes Gender Mainstream wird bei der Arbeit herangezogen:
Gender Mainstreaming bedeutet nach der Definition der Vereinten Nationen, bei jeder staatlichen Aktion grundsätzlich auch die geschlechtsspezifischen Folgen abzuschätzen und zu bewerten (United Nations, General Assembly, Distr. GENERAL, 18 September 1997).
Generell ist anzumerken, dass jegliche Art von Ungleichstellung zu vermeiden ist. Komplexer wird es bei der Feststellung von „geschlechtsspezifischen“ Folgen. Es gibt einerseits das körperliche Geschlecht und andererseits das soziale Geschlecht. Um die Arbeit in einem bestimmten Rahmen zu halten, wird nur auf das körperliche Geschlecht (Mann bzw. Frau) eingegangen.
Diese bewusste Abgrenzung des Gender Mainstreaming gegenüber der Queer Theory dient nicht nur dazu, diese Arbeit in einem überschaubaren Rahmen zu halten, sondern soll auch veranschaulichen, welche Vielfalt an Gleichstellungsmaßnahmen man umsetzen beziehungsweise bedenken könnte. Die Queer Theory hat sich mittlerweile als Teilbereich der Genderforschung etabliert. In diesem Bereich geht es um Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender etc. und die Thematisierung von Heterosexualität.
Zu beachten dabei wäre auch, dass bei einem ganzheitlichen Ansatz die Vielfältigkeit, Komplexität und gegenseitige Verwobenheit gesellschaftlicher Ungleichheits- und Dominanzverhältnisse, innerhalb derer Sexualitäts- und Geschlechterverhältnisse, eine Rolle spielen[65].
Gleichstellung bzw. Gleichbehandlung beinhaltet Antidiskriminierung. Auf sämtliche existierenden EU-Richtlinien umgelegt wäre dies ein Verbot von direkter und indirekter Diskriminierung bezüglich:
Lohngleichheit,
Zugang und Aufstieg in der Berufsbildung,
Arbeitsbedingungen bei Gütern und Dienstleistungen und
Belästigung.
Aber nicht jede Ungleichbehandlung ist eine Diskriminierung. Es gibt geschlechtsbezogene Merkmale als berufliche Anforderung und gesetzlich geregelte Schutzmaßnahmen der Frau bei Schwangerschaft und Mutterschaft. In Österreich wird den Frauen zum Beispiel ein geringeres Pensionsantrittsalter zugesprochen[66].
Nicht zuletzt zeigt als Beispiel auch die Toilettennutzung klar, was man bzw. viel deutlicher, was man nicht ist. Paradoxerweise gilt das Toilettenbeispiel nicht bei behinderten Menschen. Diese passen auf Grund ihrer Behinderung nicht in das genormte Bild, so dass ihnen selbst von einer konsequent binären Gesellschaft Geschlecht und Sexualität abgesprochen durch die Errichtung von genormten barrierefreien Toiletten (ÖNORM B 1600) für gehbehinderte Frauen und Männern (für sehbehinderte Frauen und Männer gibt es noch keine Norm).
Hinsichtlich der in den folgenden genannten historischen Darlegungen müssen die Autorin und die Autoren anmerken, dass eine verlässliche Quelle für den Gesamtnachweis der österreichischen historischen Frauenzeitschriften nicht vorhanden ist. Die Recherche wurde auf die Angaben der österreichischen Nationalbibliothek (Zeitungen und Zeitschriften) beschränkt. Das Problem bei der Sichtung der historischen Frauenzeitschriften ist, dass die Bestände in verschiedenen Bibliotheken verstreut und dort überdies schwer aufzufinden sind. Zeitschriften mit frauenspezifischem Material als Inhalt wurden oft als "wissenschaftlich" wertlos eingestuft und daher nicht in den Magazinen aufgestellt und in den Katalogen verzeichnet. Ebenso werden die Publikationen umso lückenhafter, je weiter man in die historische Vergangenheit zurückblickt.[67].
Für diese Masterarbeit wurde von der Autorin und den Autoren die verschiedensten Zeitschriften und Zeitungen durchgesehen und dabei festgestellt, dass von den Medien aus den Jahren 1918 bis 1938 die Zeitschrift „Die Frau und ihre Interessen“ einen sehr guten Überblick über die sozialen Bedürfnisse der Frau von damals wiedergibt und sich die historischen Gegebenheiten von 1918 bis ca. 1938 mit den heutigen annähernd vergleichen lassen (Wirtschaftsflaute, Arbeitslosigkeit, etc.)[68].
Folgende Ausführungen sind eine Zusammenfassung aus einer Auswahl von ca. 30 verschiedenen historischen Zeitschriften und Zeitungen, welche auf folgende Druckwerke eingegrenzt wurden:
Die Wählerin. Sozialdemokratisches Frauen-Wochenblatt (Jahrgänge 1918-1919), weil es in diesem Medium um eine der wichtigsten Rechte, das allgemeine Wahlrecht, für die Frauen der damaligen Zeit geht.
Der Bund. Zentralblatt des Bundes österreichischer Frauenvereine (Jahrgänge 1905-1919), weil dieses Medium die damals existierenden Frauenvereine repräsentiert und von allen Frauenzeitungen und –Zeitschriften Artikel abgedruckt wurden.
Die Frau und ihre Interessen (Jahrgänge 1927-1931), weil dieses Medium, nach Meinung der Autorin und der Autoren, die Vielfalt der Bedürfnisse, der Forderungen, der Wünsche, der Probleme und Begehrlichkeiten der damaligen Frauen- und Mädchenwelt in den vielseitigen, von den verschiedensten Personen, nicht politisch in eine Richtung tentierend orientierten verfassten Artikeln, am bildhaftesten und klarsten beschreibt.
Ausgehend von einer sehr tristen Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts, in welcher es normal war, dass die Ehemänner sich als Herren fühlten, die Frauen...