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Großer Herren Häuser

Hinter den Fassaden prunkvoller Palais. Vorwort von Karl Hohenlohe

AutorGeorg Hamann
VerlagAmalthea Signum Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783903083721
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Zu Gast bei Coburg, Kinsky, Batthyány & Co. Klingende Namen wie diese trugen nicht nur einflussreiche Familien des Habsburgerreiches, sondern auch deren Palais. Georg Hamann, namhafter Kenner des historischen Wien, nimmt uns mit auf eine Reise quer durch die Jahrhunderte und erzählt die spannenden, mitunter auch tragischen Geschichten rund um diese großen Häuser und ihre Bewohner: über berühmte Feldherren und Ringstraßenbarone, konkurrierende Barockbaumeister, politische Intrigen, gesellschaftliche Skandale, aristokratische Salons und vieles mehr. 'Wie schön, wenn sich ein Autor auf die Spuren dieser altehrwürdigen Bauten begibt und ihre Erbauer und verschiedenen Besitzer quer durch die Jahrhunderte lebendig macht. Was gibt es Näherliegendes, als der Magie dieser Bauten auf den Grund zu gehen?' Karl Hohenlohe Mit zahlreichen Abbildungen

Georg Hamann, Mag., wurde 1972 in Wien geboren. Der freischaffende Autor und Historiker ist seit 20 Jahren auf die Wiener Stadtgeschichte spezialisiert sowie seit Langem in der Erwachsenenbildung tätig. Zahl reiche Publikationen, zuletzt bei Amalthea erschienen: '50 x Wien, wo es Geschichte schrieb' (2016).

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Leseprobe

»Ein Tor aus Brettern wie zu einer Scheune … «


Hofburg


Als Residenz der österreichischen Landesherren war die Hofburg seit jeher das wichtigste profane Gebäude Wiens, als einen »Palast« konnte man sie jedoch lange Zeit wahrlich nicht bezeichnen. Es sollten Jahrhunderte vergehen, bis aus einem verwinkelten und verschachtelten Komplex aus Höfen, Stiegen, Türmen und Trakten ein einigermaßen repräsentatives Ganzes wurde.

Doch gerade diese Existenz als Stückwerk verleiht der Hofburg einen unverwechselbaren Charakter und macht sie so besonders, viel interessanter als jedes noch so prachtvolle, in einem Guss entstandene Renaissance- oder Barockschloss. Durch die häufigen Um- und Anbauten wurde aus ihr ein architektonisches »Geschichtsbuch«, anhand dessen sich hervorragend die zunehmende Bedeutung des Hauses Habsburg ablesen lässt. Je wichtiger dieses wurde, desto größer und prächtiger wurde auch seine Wiener Residenz.

Von der Ritterburg zum Barockpalast – ein Überblick


Ihr ältester Teil stammt aus dem Hochmittelalter: Ottokar II. Přemysl – König von Böhmen und Herzog von Österreich – ließ in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts anstelle eines babenbergischen Vorgängerbaus eine Burg errichten (den späteren »Schweizertrakt«). Sie lag direkt an der alten Stadtmauer, diente also in erster Linie als militärischer Zweckbau: Türme sicherten ihre Ecken, ein Wassergraben mit Zugbrücke verwehrte feindlichen Zugriff.

Sehr behaglich dürfte es in ihren Räumen nicht gewesen sein und besonders imposant sah sie auch nicht aus. Im beginnenden 16. Jahrhundert schrieb ein französischer Wien-Besucher: »Dieser Palast ist so hässlich wie nur irgendeines der Häuser in der Rue de Lombards zu Paris. Ein Tor, aus Brettern wie zu einer Scheune; an demselben nur auf einer Seite ein kleines Pförtchen; ein Hofraum so enge, dass sich in ihm mit einer Kutsche ohne Schwanenhals gar nicht umkehren lässt.«

Erst Jahrzehnte später, als die Kunst der Renaissance endlich auch in Österreich Fuß fasste, wurde die Hofburg deutlich vergrößert und erhielt ein Aussehen, das um einiges repräsentativer war als bislang. Ab den 1550er-Jahren wurde anstelle eines alten Getreidespeichers zunächst die sogenannte »Stallburg« errichtet. Sie war ursprünglich für Erzherzog Maximilian (den späteren Kaiser Maximilian II.) als Residenz gedacht, doch noch ehe sie fertig war, starb dessen Vater Ferdinand I., womit Maximilian gleich dessen Räume in der alten Burg beziehen konnte. Der neu erbaute Trakt wurde nun als »Hofstallgebäude« und Wagenremise genutzt.

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde auch das Eingangstor in die alte Burg (das heutige »Schweizertor«) von Pietro Ferrabosco in markanten Renaissanceformen neu gestaltet, und nach seinen Entwürfen errichtete man – direkt gegenüber, auf der anderen Seite des damaligen Turnierplatzes (des heutigen »Inneren Burghofs«) – einen weiteren neuen Trakt der Burg.

Bislang hatten dort mehrere Häuser gestanden, das größte war nach seinen einstigen Besitzern, den Grafen Cilli, benannt (der »Cillierhof«). Nachdem diese mächtige Familie im Mannesstamm ausgestorben war, fiel deren Besitz Mitte des 15. Jahrhunderts an Kaiser Friedrich III. Der Cillierhof wurde lange Zeit als Küche und Rüstkammer genutzt, jetzt, gut hundert Jahre später, riss man ihn ab.

An seiner Stelle entstand die (später sogenannte) »Amalienburg«, ein stattliches, vornehmes Renaissanceschloss, das ursprünglich für Kaiser Maximilians Sohn Rudolf als Residenz gedacht war. Als dieser jedoch 1576 zum neuen Kaiser aufrückte, hatten die Bauarbeiten gerade erst begonnen und Rudolf hielt sich ohnehin meist in Prag und nicht in Wien auf. Bald blieb er für immer am Hradschin, im neuen Gebäude der Hofburg wohnte er nie.

Die Bauarbeiten zogen sich lange hin, so wie auch jene an der Stallburg mehr Zeit als vorgesehen in Anspruch genommen hatten. Die Erklärung liegt nahe: Es fehlte an Geld. Das ausgehende 16. und beginnende 17. Jahrhundert war eine Phase erneuten Krieges, wieder einmal ging es gegen die Türken. Der Ausbau der Grenzfestungen in Ungarn hatte allerhöchste Priorität. Für die Hofburg blieb kaum noch Geld übrig, ja selbst für die dringend nötige Instandsetzung der Wiener Stadtmauern mangelte es am Nötigsten: Die requirierten Arbeitskräfte erschienen zwar zur Arbeit, da für sie aber weder Baumaterial noch Werkzeug zur Verfügung standen, mussten sie unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Als die finanziellen Mittel endlich wieder gesichert waren, versickerten prompt große Summen durch Korruption und Unterschlagung. Betrügerische Handwerker zweigten so viel ab, dass sich der leitende Baumeister der Amalienburg, Hans Schneider, 1607 mit einer Beschwerde an den Hof Kaiser Rudolfs in Prag wandte – er hatte bloß das Pech, dass dessen Kammerdiener, selbst ein skrupelloser Betrüger, ihn nicht zum Kaiser vorließ. Erst um 1610 konnte das neue Gebäude fertiggestellt werden.

Abgesehen vom spärlich fließenden Geld wurde man bei der Hofburg in jenen Jahren auch sonst des Öfteren an den tobenden Krieg gegen das Osmanische Reich erinnert: Dutzende türkische Gefangene waren in den kalten, unterirdischen Gewölben untergebracht, manche sogar im Stadtgraben vor der Hofburg angekettet.

Auch wurde im Oktober 1601 auf dem alten Turnierplatz ein grausiges Spektakel inszeniert: Der kaiserliche Hauptmann Georg Paradeyser, ehemaliger Kommandant (des heute slowakischen) Kaschaus, war gemeinsam mit mehreren Kameraden zum Tode verurteilt worden, weil er die ihm anvertraute Festung »ohne Noth« an die Türken übergeben haben soll. Er wurde, so wie zwei andere Offiziere, enthauptet, ein Feldwebel gehängt, ebenso ein Oberwachtmeister, dem man wegen falscher Zeugenaussage zuvor auch noch die Zunge aus dem Mund geschnitten hatte.

Kaum waren die Kämpfe gegen die Türken vorüber, dämmerte auch schon der nächste Krieg herauf – der Dreißigjährige. Die Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Evangelischen fanden damals selbst direkt in der Hofburg statt. Im Juni 1619 drangen protestantische Adelige aus Niederösterreich in die Gemächer Kaiser Ferdinands II. vor, um ihre »Sturmpetition« zu stellen. Zu allem entschlossen wollten sie die schriftliche Bestätigung der einst gemachten Zusagen zur Religionsfreiheit erlangen. Es kam zu Handgreiflichkeiten, Kaiser Ferdinand soll – unter »Ferdl, unterschreib!«-Rufen – am Kragen gepackt worden sein. Erst die Ankunft kaisertreuer Kavallerie konnte die sich immer dramatischer aufschaukelnde Situation entschärfen. Das Kruzifix, das Ferdinand damals Trost gespendet, ja sogar zu ihm gesprochen haben soll, ist heute am Hochaltar der Burgkapelle zu sehen.

In Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg steht höchstwahrscheinlich auch jene unscheinbare lateinische Inschrift, die im Durchgang des Schweizertors zu finden ist.* Die ins Mauerwerk eingeritzten Buchstaben sind zwar nur wenige Zentimeter groß, aber dennoch gut zu entziffern: »Si deus pro nobis quis contra nos«, also: »Wenn Gott für uns ist, wer kann dann gegen uns sein (bestehen)?« Diese Worte stammen aus den Römerbriefen des Neuen Testaments und sind auf den ersten Blick nichts weiter als ein frommer Bibelspruch. Sie gewinnen allerdings an Brisanz, da sie ausgerechnet einen der Wahlsprüche des Schwedenkönigs Gustav II. Adolfs darstellten, der bekanntlich ab 1630 der Hauptgegner der katholischen Liga war! Auf den Standarten seiner gefürchteten Reiterei etwa waren diese Worte zu lesen.

Das Schweizertor bildete seit der Renaissancezeit den Eingang in die alte Burg. Hier eine Ansicht aus dem Jahr 1826 – die Schweizer Garde verrichtete damals schon längst nicht mehr ihren Dienst.

Bis heute lässt sich nicht mit Gewissheit sagen, wer diesen Spruch des evangelischen Heerführers ausgerechnet an der Hofburg, im Herzen der katholischen Habsburgermacht, anbrachte. War es gar ein kaiserlicher Wachsoldat, der insgeheim mit dem Feind sympathisierte? Die daneben eingravierte Jahreszahl 1660 dürfte jedenfalls erst später hinzugefügt worden sein (ihre Ziffern sind etwas größer als die Buchstaben).

Bedingt durch die neuerlichen Kriegswirren wurde kaum an der weiteren Verschönerung und Erweiterung der Hofburg gearbeitet. Trotz der geschilderten Zubauten war sie weiterhin in erster Linie ein militärischer Zweckbau, eingegliedert in die Wiener Befestigungsanlagen. Im Jahr 1637 hieß es immer noch, sie sei »durchaus nicht glänzend oder von besonderem Ansehen, im Gegenteile, enge genug für einen solchen Fürsten und einen so erhabenen Hof«. Und kurz nach Ende des Dreißigjährigen Krieges las man in der Topografie Merians, sie sei...

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