Sie sind hier
E-Book

Guido

Die Biografie über Guido Maria Kretschmer

AutorMax Wellinghaus
Verlagmvg Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783864157752
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Wussten Sie, dass Guido Maria Kretschmer einen Talisman besitzt, in dem er je eine Wimper von seiner Großmutter und dem Papst aufbewahrt? Dass seine Windhunde nur aus Kristallschalen trinken? Und dass er bereits eine Morddrohung erhielt? Diese Biografie zeigt die maßgeschneiderte Welt des Stardesigners - auch abseits der Fernsehkameras. Ein Einblick in das Leben des Mannes, dem die Frauen vertrauen, wenn es um ihr Äußeres geht. Denn Guido Maria Kretschmer weiß, was Ihnen wirklich steht. Mit Shows wie Shopping Queen hat er nicht nur einen Weg in die deutschen Kleiderschränke gefunden, sondern auch in die Herzen von Millionen Fans.

Max Wellinghaus, Jahrgang 1975, arbeitet als Autor und Textchef. Seit 15 Jahren ist er u.a. als Society-Experte für verschiedene Zeitschriften und Magazine tätig. Der freiberufliche Redakteur lebt in Karlsruhe.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe



 

Eine Kindheit wie in Bullerbü


Der 11. Mai 1965 ist ein Dienstag. »Downtown« von Petula Clark steht an der Spitze der deutschen Single-Charts und Salvador Dalí feiert seinen 61. Geburtstag, als in einem Krankenhaus in Münster ein Junge das Licht der Welt erblickt. Zu diesem Zeitpunkt ahnt niemand in Nordrhein-Westfalen, wer denn da so herzzerreißend schreit. Auch die Hebamme ahnt nicht, welchen späteren Star sie da in ihren Händen hält. Die Windel wird das erste Kleidungsstück des Mannes, der später einmal die Modewelt erobern soll. Sein Name: Guido Maria Kretschmer.

Guido wächst in Einen auf, einem Ortsteil des malerisch im östlichen Teil des Münsterlands gelegenen Warendorf. Die Landschaft prägen Äcker, Wiesen und Weiden, vereinzelte Wäldchen und die Ems, die sich neben der Werse durch die Münsterländer Parklandschaft schlängelt. Wird Guido nach seiner Kindheit gefragt, beschreibt er sie »wie in Bullerbü!«. Er wird groß in einer Mehrgenerationenfamilie inklusive Oma und Opa. Mit Tieren, viel Freiheit, Fantasie und dörflicher Idylle. Eben ganz wie die Helden Lisa, Lasse, Bosse, Inga, Britta, Ole und Kerstin aus Astrid Lindgrens »Wir Kinder aus Bullerbü«. Nur dass Guido eben nicht auf hohe Bäume klettert oder Krebse fängt, sondern bereits mit neun Jahren an der Nähmaschine sitzt. Er träumt damals schon von einer Karriere als Designer. Dass die anderen Buben im Dorf alle Feuerwehrmänner werden wollen, ist ihm egal. Er will nicht dorthin, wo es brennt. Er will nicht ins Feuer springen. Guido sieht seinen Job beim Feuerlöschen vielmehr darin, am Rand zu stehen und zu hoffen, dass alle überleben, und anschließend den Helden Schnittchen zu schmieren. »Das wäre eher meins«, gesteht er.

Dass Guido die Fähigkeit besitzt, wie kaum ein anderer auf Menschen zuzugehen, zeichnet sich bereits als Kleinkind ab. Wie Mutter Marianne verrät, ist sein erstes Wort, das Guido erlernt, nicht »Mama« oder »Papa« und auch nicht »Ball«, wie es bei vielen Jungen der Fall ist, sondern »Hallo«. Zum ersten Mal spricht er es wohl an einem Sonntag aus, an dem die ganze Familie sich um ihn versammelt. Als alle ihn anschauen, begrüßt er seine Liebsten, höflich wie er nun einmal ist, mit einem klar und deutlich formulierten »Hallo«. Rückblickend meint Guido über diesen Moment, dass das sehr viel über ihn aussagt. Es soll zudem kein einziges Kinderfoto geben, auf dem der heutige Designer nicht von Textilien umgeben ist. Immer zieht er gerade eine Gardine glatt oder hat ein Kissen auf dem Schoß.

Jeder Versuch, den aufgeweckten Jungen für etwas anderes als für Textil zu begeistern, scheitert. Auch das Musizieren wird eher als lästige Pflicht angesehen. Als er in den Sommerferien ein Instrument lernen soll, kauft ihm Mama Marianne dafür extra eine nagelneue Blockflöte. Doch statt die Tonleiter zu üben und sich den Noten zu widmen, konzentriert sich Guido auf die Optik und näht erst einmal eine neue Tasche für sein Instrument. Anschließend bemalt er die Flöte und beklebt sie mit Steinchen. Stolz wie Oscar präsentiert er seiner Mutter schließlich sein erstes musikalisches Meisterwerk. Über ihre Reaktion sagt er nur: »Die ist ausgeflippt.«

Seinen ersten Schritt ins Rampenlicht wagt er ein paar Jahre später, als Messdiener in der kleinen katholischen St.-Bartholomäus-­Kirche. Nicht deswegen, weil er besonders gläubig ist. Nein, für seine Entscheidung, dem Dorfpfarrer beim Gottesdienst zu assistieren, gibt es vielmehr einen fast blasphemischen Grund – Guido will dieses herrlich rote Messgewand tragen und eben auf der Bühne stehen. Wenn schon jeden Sonntagmorgen der Kirchenbesuch auf dem Programm steht, dann wenigstens oben mit dabei sein. Im Rampenlicht. Da, wo er hingehört. Die Zeit als Messdiener bringt auch einen praktischen Vorteil mit sich: All die Frauen in ihren guten Kleidern oder mit den teils viel zu eng sitzenden Blusen brennen sich tief in seine »Festplatte« ein. Von oben hat er den idealen Blick auf die Gemeinde. Ein Sonntag in der Kirche, so weiß er heute, schult das textile Auge enorm.

Die gewonnenen Erkenntnisse setzt er im Alter von neun Jahren zum ersten Mal an Omas Nähmaschine um. Das Licht der PFAFF 260 beschreibt er heute als seinen ersten Scheinwerfer. Die Nähmaschine ist für ihn von Anfang an ein stichelndes Wunderwerk, etwas, mit dem er sich ausdrücken kann. Endlich kann er mit der Handnäherei aufhören, sich mithilfe der Technik ganz auf seine Visionen und Ideen konzentrieren. Überall holt sich Guido seine Inspiration her. Wie oft seine Mutter mit dem Auto zurücksetzen muss, wenn sie auf der Straße eine Frau überholt, deren Kleid er noch einmal sehen will, weiß er nicht mehr. Später als Teenager sitzt Guido mit wachem Blick und seinem Zeichenblock bewaffnet in den Damenabteilungen von Kaufhäusern, schlürft Florida Boy oder Capri-Sonne und betrachtet die Frauen genau. Hier sieht er, was den Damen steht und was nicht, und lernt dadurch früh, wie man Frauen positiv sagt: »Lass das liegen, Schatz.« Hier wird »Shopping Queen« geboren.

Seine erste Kundin, wie könnte es anders sein, ist natürlich Mama Marianne. Er näht ihr eine Weste, die im Umfeld so gut ankommt, dass sie noch fünfmal von deren Freundinnen bestellt – und bezahlt – wird. Denn Guido näht nur gegen Bares. Tatsächlich hat er noch nie Taschengeld bekommen! »Seitdem ich denken kann, bin ich selbst­finanziert«, sagt er nicht ohne Stolz. Sein Können an der Nähmaschine spricht sich schnell herum. Bereits mit zwölf Jahren schneidert er für Freunde und Nachbarn, für Karnevals- und Schützen­vereine – und wird dabei von seinen Eltern nicht nur ermutigt, sondern auch bedingungslos unterstützt. Sein Vater baut schließlich das Gartenhäuschen für ihn um, richtet ihm darin ein eigenes Atelier ein, in dem Guido all seinen textilen Träumen Leben einhauchen kann. Es gibt sogar ein richtiges Schild, auf dem »Guidos Nähstube« steht. Mit 14 Jahren geht der Jungdesigner regelrecht in Massenproduktion. Zwei Jahre später nimmt das Guido’sche Textilimperium solche Ausmaße an, dass sein Vater die Aufmerksamkeit der Finanzbehörden zu fürchten beginnt und die Reißleine zieht oder, besser gesagt, den Faden kappt. »Guido«, sagt er, »wir müssen dich jetzt steuerlich anmelden, so geht das nicht weiter!«4 Zu diesem Zeitpunkt halten bereits die ersten Lkw vor dem Hause Kretschmer, um ballenweise Stoffe zu liefern.

Guidos Begeisterung für Textil wird auch von den Mitschülern akzeptiert. Da er von jeher einen engen Bezug zu Textilien hat, überrascht sie sein Umfeld nicht. Auch mit seiner Homosexualität hat keiner ein Problem. Ganz im Gegenteil. Seine Schwester Gudrun findet es sogar »ganz exklusiv«, meint zu ihm, wie aufregend sie es fände, dass er schwul sei. Guido hat deshalb nie das Gefühl, dass da irgendeiner in seinem Leben ist, der ihm sagt: »Oh, das geht nicht!«

Und so kann er sich in seiner Kindheit kreativ regelrecht austoben. Wenn seine Eltern mal nicht da sind, gestaltet er das Haus kurzerhand neu. Mal dekoriert er das Esszimmer zum Wohnzimmer um, mal verrückt er die Möbel, um ein schöneres Wohngefühl zu erschaffen, oder näht neue Gardinen. Guido liebt die Veränderung, er braucht sie. Aus Angst, er könnte sich bei seinen Umräumaktionen irgendwann einmal verletzen, bekommt er von seinen Eltern sogar kleine Rollen für jedes Möbelstück, denn Guido transportiert bisher die Tische auf seinem Rücken. Jahre später, als junger Student, nimmt er eine Putzstelle bei einem Ehepaar an. Bei denen sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa. Auch da räumt Guido gleich am ersten Tag die ganze Bude um. »Die kamen zurück in ein völlig neues Haus«, erzählt er mit diesem Grinsen in der Stimme. Guido ist happy, der Hausherr weniger.

Die Putzstelle ist Guido sofort wieder los, seine Verbundenheit zu den Möbeln jedoch bleibt. Noch heute hat Guido den Stuhl in seiner Villa stehen, auf dem er Schreiben lernte. Das ist ein kleiner Rokoko­stuhl im Stil von Louis XV, den ihm sein Vater absägen muss, weil Guido sonst zu hoch über der Schreibtischplatte sitzen würde. Der Stuhl ist inzwischen schon 15-mal neu bezogen worden und hat einen Ehrenplatz in Guidos Schlafzimmer. Auch von seinem Biedermeiersekretär trennt sich der Designer nicht. Er ist 13 Jahre alt, als seine Eltern einen Acker verkaufen, der überraschend zu Bauland wurde, und ihre Kinder an dem Gewinn teilhaben lassen. Als Guido dann eines Tages mit seiner Mutter durch die Stadt schlendert und in einem Geschäft ebendiesen Biedermeiersekretär entdeckt, ist es um ihn geschehen. Schon als Teenager so etwas Wertvolles zu bekommen, »das war überwältigend für mich«, zeigt er sich heute dankbar. Man kann sich gut vorstellen, wie er damals an diesem Sekretär sitzt, von der Schönheit dieses Möbelstücks inspiriert, und er anfängt zu zeichnen.

Von der Krankenschwester zum Designer


Wenn Guido in seiner Kindheit gerade einmal nicht an der Nähmaschine sitzt, ist er im Krankenhaus. Nicht, weil er sich geschnitten oder sonst irgendwie verletzt hat. Nein, dafür ist er zu geschickt mit seinen Fingern. Guido ist in der Klinik, weil ihm die Menschen dort leidtun. Er empfindet so viel Empathie für die Patienten, dass er ihnen schlicht helfen will. Und das, sooft es eben geht. Fast jeden Sonntag ist er dort. Um 5.30 Uhr steht er auf, marschiert angekleidet und voller Tatendrang ins Schlafzimmer seiner Eltern und offenbart seiner schlummernden Mama mit einem fröhlichen Lächeln, dass sie ihn jetzt ins Krankenhaus fahren sollen. »Meine Eltern«, so sagt er später, »haben mich dafür gehasst!«

Hätte er als Teenager schon gewusst, dass man mit...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Gesellschaft - Männer - Frauen - Adoleszenz

Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt

E-Book Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt
Unsere Angst vor Freiheit, Markt und Eigenverantwortung - Über Gutmenschen und andere Scheinheilige Format: ePUB

Freiheit und Eigenverantwortung statt Ideologie und Bürokratie - Günter Ederer analysiert auf Basis dieser Forderung die existenziellen Probleme unserer Gesellschaft: Bevölkerungsrückgang,…

Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt

E-Book Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt
Unsere Angst vor Freiheit, Markt und Eigenverantwortung - Über Gutmenschen und andere Scheinheilige Format: ePUB

Freiheit und Eigenverantwortung statt Ideologie und Bürokratie - Günter Ederer analysiert auf Basis dieser Forderung die existenziellen Probleme unserer Gesellschaft: Bevölkerungsrückgang,…

Mitten im Leben

E-Book Mitten im Leben
Format: ePUB/PDF

Die Finanzaffäre der CDU hat nicht nur die Partei und die demokratische Kultur der Bundesrepublik in eine ihrer tiefsten Krisen gestürzt, sondern war auch der Auslöser für Wolfgang Schäubles Verzicht…

Mitten im Leben

E-Book Mitten im Leben
Format: ePUB/PDF

Die Finanzaffäre der CDU hat nicht nur die Partei und die demokratische Kultur der Bundesrepublik in eine ihrer tiefsten Krisen gestürzt, sondern war auch der Auslöser für Wolfgang Schäubles Verzicht…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Klartext.

E-Book Klartext.
Für Deutschland Format: ePUB/PDF

Streitbarer Querulant, umstrittener Politiker, Nervensäge, wandelndes Medienereignis - all das und mehr ist Jürgen Möllemann. Nach langem Schweigen redet das Enfant terrible der deutschen Politik zum…

Weitere Zeitschriften

Augenblick mal

Augenblick mal

Die Zeitschrift mit den guten Nachrichten "Augenblick mal" ist eine Zeitschrift, die in aktuellen Berichten, Interviews und Reportagen die biblische Botschaft und den christlichen Glauben ...

AUTOCAD & Inventor Magazin

AUTOCAD & Inventor Magazin

FÜHREND - Das AUTOCAD & Inventor Magazin berichtet seinen Lesern seit 30 Jahren ausführlich über die Lösungsvielfalt der SoftwareLösungen des Herstellers Autodesk. Die Produkte gehören zu ...

crescendo

crescendo

Die Zeitschrift für Blas- und Spielleutemusik in NRW - Informationen aus dem Volksmusikerbund NRW - Berichte aus 23 Kreisverbänden mit über 1000 Blasorchestern, Spielmanns- und Fanfarenzügen - ...

Der Steuerzahler

Der Steuerzahler

Der Steuerzahler ist das monatliche Wirtschafts- und Mitgliedermagazin des Bundes der Steuerzahler und erreicht mit fast 230.000 Abonnenten einen weitesten Leserkreis von 1 ...

Die Versicherungspraxis

Die Versicherungspraxis

Behandlung versicherungsrelevanter Themen. Erfahren Sie mehr über den DVS. Der DVS Deutscher Versicherungs-Schutzverband e.V, Bonn, ist der Interessenvertreter der versicherungsnehmenden Wirtschaft. ...

DSD Der Sicherheitsdienst

DSD Der Sicherheitsdienst

Der "DSD – Der Sicherheitsdienst" ist das Magazin der Sicherheitswirtschaft. Es erscheint viermal jährlich und mit einer Auflage von 11.000 Exemplaren. Der DSD informiert über aktuelle Themen ...

DULV info

DULV info

UL-Technik, UL-Flugbetrieb, Luftrecht, Reiseberichte, Verbandsinte. Der Deutsche Ultraleichtflugverband e. V. - oder kurz DULV - wurde 1982 von ein paar Enthusiasten gegründet. Wegen der hohen ...

VideoMarkt

VideoMarkt

VideoMarkt – besser unterhalten. VideoMarkt deckt die gesamte Videobranche ab: Videoverkauf, Videoverleih und digitale Distribution. Das komplette Serviceangebot von VideoMarkt unterstützt die ...

Evangelische Theologie

Evangelische Theologie

Über »Evangelische Theologie« In interdisziplinären Themenheften gibt die Evangelische Theologie entscheidende Impulse, die komplexe Einheit der Theologie wahrzunehmen. Neben den Themenheften ...