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Individuelles Einzelcoaching für Arbeitssuchende

Zur subjektiven Dimension von Arbeitslosigkeit und psychischer Belastung

AutorCarolin Gumnior, Eileen Jauster, Jani, Katharina Marks, Rahel Kahn, Reingard Schusser, Sabine Mertel
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl188 Seiten
ISBN9783746072838
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,49 EUR
Arbeit respektive Erwerbsarbeit hat in post-modernen Gesellschaften einen hohen Stellenwert, denn neben der Existenzsicherung bedeutet Arbeit auch Selbstwert, Sinnhaftigkeit sowie Anerkennung. Arbeitslosigkeit hingegen stellt ein Risiko sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung dar - vor allem für Arbeitssuchende mit Vermittlungshemmnissen und psychischen Beeinträchtigungen sowie Erkrankungen. Das Angebot "Individuelles Einzelcoaching" versteht sich als Maßnahme zur Stabilisierung und Integration in den Arbeitsmarkt von Menschen mit multiplen Problemen. Das Projekt wurde mittels qualitativer dialogischer Evaluation erforscht, um systematische Informationen zur Bedeutung, zum Fortschritt, zur Wirksamkeit und zur Effizienz des Angebotes zu erhalten.

Dr. phil., Professorin für Empirische Sozialforschung. Lauftherapeutin und Projektleiterin der Weiterbildung Multimodale Lauftherapie (MML). Arbeitsschwerpunkte: Biografie- und Genderforschung, Versorgungsforschung, Forschungen zu psychischen Erkrankungen und Bewegung, Kommunikation und Körperkulturen. Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, Hildesheim.

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Leseprobe

Forschungskontext


Die qualitative Analyse ist in unterschiedliche Theoriekontexte eingebettet, die den wissenschaftlichen Rahmen darstellen. Auf der Makroebene geht es um die gesellschaftstheoretische Einordnung des Phänomens Arbeitslosigkeit und der damit einhergehenden Prozesse der Exklusion. Daran anschlussfähig sind Aussagen zu Teilhabe (Bartelheimer 2015) und Agency (Scherr 2013) auch im Sinne des Befähigungsansatzes (Capability Approach nach Martha Nussbaum), die ebenso auf der Mesoebene in Hinblick auf die beteiligten Institutionen zu rekonstruieren sind. Schließlich lassen sich auf der Mikroebene die theoretischen Konstrukte zu Biografizität und Gesundheit darlegen, die unmittelbar die Akteur*innen in der Lebenswelt fokussieren.

Abb.2: Mehrebenenmodell (Bronfenbrenner 1981) u. eigene Darstellung

Auf der Mikroebene werden die unmittelbaren biografischen Erfahrungen sowie Interaktionssituationen (Familie, Freund*innen etc.) sichtbar. Auf der Mesoebene werden Wechselwirkungen zwischen den Akteur*innen und gesellschaftlichen Institutionen, somit Netzwerke offengelegt. Im Besonderen interessieren die Wirkweisen des ‚individuellen Einzelcoachings‘ für die einzelnen Teilnehmer*innen und deren subjektiver Erfolgswahrnehmung. Schließlich wirkt das Makrosystem als kulturelle Konstruktion und vermittelt Weltanschauungen (Bronfenbrenner 1981:42) über Arbeit als die zentrale Vergesellschaftungsinstanz.

Postmoderne Gesellschaften

Vor dem Hintergrund einer beschleunigten Veränderungsdynamik postmoderner Gesellschaften, ist es notwendig, sich seiner Identität und des Geworden-Seins (Biografie) zu versichern, um die Auflösung von Routinen, Handlungsunsicherheiten und Risiken zu balancieren (Beck). Die Pluralisierung von Lebensstilen führt dazu, biografische Prozesse als Bewältigungsaufgabe anzusehen und Lern-, Ressourcen- und Krisenpotenziale der Akteur*innen nachzuvollziehen (Alheit 1995). Die Biografie wird konstruiert, indem selektiv Ereignisse, Erlebnisse und Erfahrungen gesammelt und mit Bedeutungen versehen werden. Biografien zwischen Wahrnehmung und Interpretation sind leibbezogen, subjektiv, gruppengebunden und bruchstückhaft (Dörr/ Fussenhäuser (2015:3). Gleichzeitig führt die Beschleunigung des gesellschaftlichen und sozialen Wandels (Familie; Werte; Arbeitsstrukturen; Demografie) zu einer Vermehrung von Optionen, die Entfremdung mit sich bringen. Entfremdung lässt sich in den Konstellationen „Machtlosigkeit“, „Selbst-Entfremdung“, „Isolation“, „Sinnlosigkeit“ und „Normverlust“ ausdrücken (Mirowsky/ Ross 1989). Bedeutsam werden Resonanzerfahrungen, die als „identitätskonstituierende Erfahrungen des Berührt- oder Ergriffenseins“ (Rosa 2012:8) gefasst und in der Analyse expliziert werden.

Arbeitslosigkeit

Arbeit wird in modernen Gesellschaften häufig mit dem Begriff Erwerbsarbeit bzw. Erwerbstätigkeit gleichgesetzt. Jedoch handelt es sich dabei vielmehr um „einen übergeordneten Begriff, der Erwerbstätigkeit einschließt, jedoch nicht darauf beschränkt ist“ (Jahoda 1983: 25). So kann zwischen dem engen und dem weiten Arbeitsbegriff unterschieden werden. Der enge Arbeitsbegriff beschränkt sich dabei auf Erwerbsarbeit, also auf Arbeit, die lediglich auf den Erwerb von Geldeinkommen ausgerichtet ist (Existenzsicherung). Der weite Arbeitsbegriff schließt neben der Erwerbsarbeit auch noch andere Formen von Arbeit ein, z.B. ehrenamtliche Arbeit (gemeinnützige Arbeit ohne Erwerbsziel), Hausarbeit (haushaltsbezogene Tätigkeiten wie Kochen, Reinigung, usw.), Familienarbeit (gemeint sind Tätigkeiten wie Kindererziehung, Pflege, usw.), Eigenarbeit, Alltagsarbeit (die Organisation des täglichen Lebens) oder Konsumarbeit (die Beschaffung von Gütern oder Dienstleistungen) (vgl. Voß 2006: 27f.). Somit ist der Arbeitsbegriff vielgestaltig und verweist sowohl auf individuelle Faktoren wie Anerkennung, Selbstwertgefühl und Zeitstruktur wie auch auf gesellschaftliche Faktoren wie Integration und Gerechtigkeit (vgl. Krebs 2002: 95ff.).

Begriffsbestimmung


Das Phänomen der Arbeitslosigkeit respektive Langzeitarbeitslosigkeit hat seit Anfang der 1980er Jahre stark an Bedeutung gewonnen, weil sich zu diesem Zeitpunkt eine „neue soziale Schicht der Dauerarbeitslosen“ (Vogel 2001: 152) herausbildete. Betrachtet man die Entwicklung seit der 2000 Wende so fällt auf, dass die Anzahl der Langzeitarbeitslosen in den darauffolgenden Jahren gestiegen ist und im Jahr 2006 einen Höchstwert von 1,86 Millionen erreichte. Seit 2007 sind sinkende Zahlen zu beobachten, wobei der Rückgang im Jahr 2009 aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise kurzzeitig stagnierte. Seit 2011 änderte sich die Anzahl Langzeitarbeitsloser nur unwesentlich und lag im Durchschnitt bei leicht über einer Million. Ein deutlicher Rückgang konnte im Jahr 2016 verzeichnet werden, sodass die Zahl der Langzeitarbeitslosen auf unter eine Million gesunken ist (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2017: 7). Insgesamt waren im Jahr 2016 im Durchschnitt 2,69 Millionen Menschen in Deutschland bei einer Agentur für Arbeit oder einem Jobcenter arbeitslos gemeldet; 993.000 Menschen galten als langzeitarbeitslos.

Die Begriffe Arbeitslosigkeit und Erwerbslosigkeit werden häufig synonym verwendet, haben jedoch unterschiedliche Definitionen und werden mithilfe unterschiedlicher Methoden erhoben. Für die Bundesrepublik Deutschland ergibt sich die rechtliche Definition der Arbeitslosigkeit aus dem SGB III. Als arbeitslos gilt demnach, wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht, sich persönlich bei einer Agentur für Arbeit oder einem Jobcenter als arbeitslos gemeldet hat und den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung steht (vgl. § 16 SGB III). Trotz registrierter Arbeitslosigkeit kann eine Erwerbstätigkeit in einem Umfang von bis zu 15 Stunden pro Woche ausgeübt werden. Arbeitsuchend werden Personen genannt, „die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben“ (§ 15 SGB III). Zudem sind „Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, […] verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden“ (§38 Abs.1 S.1 SGB III). Als erwerbslos gilt jede Person im Alter von 15 bis 74 Jahren, die in den letzten vier Wochen vor der Befragung nicht erwerbstätig war, aber aktiv nach einer Tätigkeit gesucht hat. Eine neue Arbeit muss innerhalb von zwei Wochen aufgenommen werden können. Ab einer Erwerbstätigkeit von mindestens einer Stunde pro Woche wird eine Person nicht mehr als erwerbslos, sondern als erwerbstätig gezählt. Die Einschaltung einer Agentur für Arbeit ist für die Definition als erwerbslos nicht erforderlich.

Das Erwerbslosigkeitskonzept ist altersmäßig weiter gefasst (15 bis 74 Jahre) als das Arbeitslosigkeitsregister (15 bis 65 Jahre). Während Arbeitslose bis zu 15 Stunden beschäftigt sein können, ohne ihren Status zu verlieren, schließt bereits eine Stunde bezahlte Arbeit pro Woche per Definition Erwerbslosigkeit aus. Demzufolge sind in der ILO-Arbeitsmarktstatistik Erwerbslose inbegriffen, die die Bundesagentur für Arbeit nicht als arbeitslos zählt. Gleichzeitig gelten in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit auch Personen als arbeitslos, die nach Definition der ILO-Arbeitsmarktstatistik nicht erwerbslos sind (vgl. Statistisches Bundesamt/ Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung 2013:113). Das Ausmaß der Arbeitslosigkeit wird anhand der Arbeitslosenquote bestimmt. Arbeitslosigkeit entsteht, wenn das Arbeitskräfteangebot auf dem Arbeitsmarkt größer ist als die Arbeitskräftenachfrage.

Allgemein wird zwischen vier verschiedenen Arten der Arbeitslosigkeit unterschieden (vgl. Hradil 2005:184f; Oschmiansky 2010b: o.S.):

  • Friktionelle Arbeitslosigkeit entsteht beim Übergang in eine andere Arbei stelle. Sie ist in der Regel von kurzer Dauer und auch in Phasen einer Vollbeschäftigung unvermeidlich.
  • Saisonale Arbeitslosigkeit ergibt sich aus wechselnden Klimabedingungen (z.B. im Winter in der Bau- und Landwirtschaft) oder Nachfrageschwankungen (z.B. im Tourismus in der Nebensaison).
  • Konjunkturelle Arbeitslosigkeit tritt bei schwacher Konjunktur und sinkender Nachfrage auf. Arbeitskräfte werden daraufhin entlassen und bei einem Aufschwung wieder eingestellt. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit kann ein kurz- bis mittelfristiges Problem darstellen, aber auch, bei nur langsam wachsender Wirtschaft, zum langfristigen Problem werden. In solchen Fällen werden aus Konjunkturarbeitslosen häufig Langzeitarbeitslose.
  • Strukturelle Arbeitslosigkeit gilt als dauerhaftes Phänomen und resultiert aus Veränderungen der Wirtschaftsstrukturen und technologischen Entwicklungen, bei gleichzeitiger Inflexibilität des Arbeitsmarktes, Arbeitslose in anderen Bereichen, Berufen oder Regionen unterzubringen.

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