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E-Book

Kanzler, Krisen, Koalitionen

Von Konrad Adenauer bis Angela Merkel

AutorArnulf Baring, Gregor Schöllgen
VerlagPantheon
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl352 Seiten
ISBN9783641042189
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Eine Geschichte der Bundesrepublik von Adenauer bis heute
Sieben Kanzler haben das politische Leben der Bundesrepublik auf unverwechselbare Weise geprägt. Und mit Angela Merkel, die an der Spitze der zweiten großen Koalition steht, verfügt das Land erstmals über eine Regierungschefin. Die renommierten Historiker Gregor Schöllgen und Arnulf Baring beleuchten in diesem Band fast 60 Jahre bundesdeutscher Geschichte anhand ihrer Hauptakteure: der Kanzler.
Konrad Adenauer begründete den Begriff der »Kanzlerdemokratie «. Ludwig Erhard wurde zu seinem glücklosen Nachfolger, der nach drei Jahren zurücktreten musste. Kurt-Georg Kiesinger moderierte eher, als dass er regierte. Trotzdem waren die Jahre der Großen Koalition eine Zeit des Umbruchs und der Reformen, die Willy Brandt zu seinem Wahlsieg führte. »Mehr Demokratie wagen« war das Motto seiner visionären Regierungserklärung. Sein Nachfolger Helmut Schmidt waltete nüchtern und effizient. In die 16-jährige Amtszeit Helmut Kohls, der längsten Kanzlerschaft in der Geschichte der Republik, fiel die Überwindung der Teilung Deutschlands. Gerhard Schröder wandelte sich vom gutgelaunten Medienkanzler zum unbequemen Reformer. Ihm folgt nun als erste Kanzlerin Angela Merkel, die in schwerer Zeit einer schwierigen Koalition vorsteht.

Dr. jur. Arnulf Baring, geboren 1932 in Dresden, lehrte bis zu seiner Emeritierung Zeitgeschichte und Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Er hat als Redakteur des WDR gearbeitet, sich 1968 habilitiert und an den Universitäten Paris und Harvard gelehrt. Zu seinen zahlreichen Publikationen gehören Bücher über Charles de Gaulle, den 17. Juni 1953, Adenauers Außenpolitik sowie die Bestseller »Machtwechsel - Die Ära Brandt Scheel« (1982) und »Scheitert Deutschland?« (1997).

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Leseprobe
"Konsolidierung? (S. 204-205)

Gerhard Schröder und Angela Merkel

2002- 2006   

Kannte Gerhard Schröder sein Zeitmaß? In der Wahlnacht vom 22. auf den 23. September 2002 sah es zunächst so aus, als würde ihm der Wähler die Entscheidung abnehmen: Nach den ersten Hochrechnungen machte sich in den Parteizentralen von CDU und CSU Feierstimmung breit - zu früh, wie sich noch in der Nacht herausstellte. Und in dem Maße, in dem sich die Miene des Beinahe-Kanzlers Edmund Stoiber von einer Hochrechnung zur nächsten verdüsterte, hellte sich diejenige des Amtsinhabers auf.

In kleinem Kreis hatte er die seismischen Schwingungen des Wählerwillens verfolgt, und dann stand fest: Gerhard Schröder hatte geschafft, was kaum einer mehr für möglich gehalten hätte. Denn daß es sich bei dem hauchdünnen Erfolg der rot-grünen Koalitionäre, die zusammen gut 47 Prozent einfuhren, vor allem um einen Sieg des Kanzlers handelte, war auch in den Reihen seiner innerparteilichen Kritiker unumstritten. Kein Wunder, daß Schröder den Wahlausgang des September 2002 als seinen größten Triumph betrachtete.

Bis zur Erschöpfung hatte er gekämpft. Ob das gereicht hätte, wären ihm nicht günstige Umstände zu Hilfe gekommen, steht in den Sternen. So aber konnte sich der Kanzler seit Mitte August in den Fluten des sogenannten Jahrhunderthochwassers medienwirksam als Krisenmanager in Szene setzen und dabei vor allem in den neuen Bundesländern punkten. Die braunen Fluten der Elbe und ihrer Nebenflüsse ließen für einen Augenblick ein Gefühl der Solidarität aufkommen, das in Deutschland viele Jahre vermißt worden war. Schröder erkannte die Gunst dieser Stunde, und während die Pegelstände langsam sanken, hob er ein neues Thema in die Schlagzeilen.

Daß sein Kalkül aufging, daß er sich erneut als Steuermann in schwerer See präsentieren und dabei die Deutschen hinter sich scharen konnte, lag an der unerwarteten Hilfe, die der Kanzler von der anderen Seite des Atlantik erhielt: Denn gerade in diesen Wochen des Herbstes 2002 ließ der amerikanische Präsident George W. Bush keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit, den irakischen Diktator Saddam Hussein aus dem Amt zu jagen - zur Not auch im Alleingang und ohne ein hinreichendes Mandat der Vereinten Nationen.

Es war nicht das vordergründige Ziel, die Beseitigung der Terrorherrschaft in Bagdad, es waren die Methoden und Attitüden, aber auch die eigentlichen Absichten der Washingtoner Administration, die diesseits des Atlantik, auch in Deutschland, nicht durchweg auf Verständnis stießen. Viele Europäer waren gegen einen Krieg, der erklärtermaßen dazu beitragen sollte, die Karten in der Weltpolitik neu zu mischen. Und so hatte der Kanzler schon Anfang August die heiße Phase des Wahlkampfes mit der Warnung vor einer »Spielerei mit Krieg und militärischer Intervention« eröffnet, um sich dann wenige Tage vor der Wahl endgültig festzulegen: »Unter meiner Führung«, erklärte Schröder am 13. September 2002 vor dem Bundestag, »wird sich Deutschland an einer militärischen Intervention nicht beteiligen.«

Daß diese Festlegung Schröder den knappen Vorsprung auf der Zielgeraden des Wahlkampfes gebracht hat, ist wahrscheinlich. Jedenfalls scheiterte aber der Versuch, mit der Irak-Krise einen Stimmungsumschwung auch auf Länderebene herbeizuführen. Die Wahlen in Niedersachsen und Hessen gingen im Februar 2003 haushoch verloren - selbst in Hannover, wo Schröder von 1994 bis zu seinem Wechsel ins Kanzleramt sogar ohne Koalitionspartner hatte schalten und walten können. Mit Blick auf die jeweils mehr als zehnprozentigen Verluste für seine Partei sprach Schröder dann auch von den »bittersten Niederlagen meines Lebens«."
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