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E-Book

Nana - ...der Tod trägt Pink

Der selbstbestimmte Umgang einer jungen Frau mit dem Sterben

AutorBarbara Stäcker, Dorothea Seitz
VerlagIrisiana
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783641094980
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Das Vermächtnis einer jungen Frau: selbstbestimmt die Krankheit und den Tod leben
Warum ist Nanas Geschichte so anders? Normalerweise meint man, ein schwerkranker, dem Tod geweihter Mensch versteckt sich und zieht sich zurück. Nana jedoch hat sich in dieser Zeit selbst gefunden und dies öffentlich gemacht. Mal zeigt sie sich selbstbewusst, mal verletztlich, mal verspielt, mal nachdenklich, mal tough auf den beeindruckenden Bildern, die in ihrem letzten Lebensjahr entstanden sind. Zuerst waren es private Fotos bis sie sich traute, professionellen Fotografen Modell zu stehen. Aus den Bildern hat Nana Kraft geschöpft. Und so entstand ihre Idee, dies auch anderen Patienten zu ermöglichen. Der von ihren Eltern Axel und Barbara Stäcker gegründete Verein Nana - Recover your smile e.V. ist Nanas Vermächtnis.

Nana ...der Tod trägt Pink ist ein Buch, das berühren will und auf seine besondere, lebensbejahende Art allen Hilfe und Trost ist, die wie Nana und ihre Angehörigen vom Leben herausgefordert werden.

Barbara Stäcker, 1961 in München geboren, erlernte nach einem kurzen Ausflug in die Kunst, durch das Studium von vier Semestern Innenarchitektur und Bildhauerei an der Münchner Akademie der bildenden Künste, den Beruf der medizinischen Fachangestellten, der es ihr vor allem in den Jahren als die beiden Kinder Michael und Mariana noch klein waren, ermöglichte, durch Teilzeitarbeit auch der Familie gerecht zu werden.

Als die Tochter Mariana, genannt Nana, mit 20 Jahren im Herbst 2010 schwer erkrankt, ist es für die Mutter selbstverständlich, ihre Tochter mit all ihrer Liebe aber auch mit ihren beruflichen Kenntnissen, im Jahr 2011 dann auch mit fotografisch-künstlerischer Sichtweise, so gut wie möglich zu unterstützen und zu begleiten. Die beiden beschließen in Absprache, diesen Weg gemeinsam zu gehen, egal wie er enden wird.

Kurz nach Nanas Tod entsteht in ganz privaten Gesprächen mit Dorothea Seitz sehr schnell die Idee, Nanas Geschichte vom Beginn der Krankheit bis zum Ende zu erzählen, zumal Barbara bereits Ende 2011 die vielen Fotos, die von Nana entstanden waren, als eine Art Vermächtnis empfindet, das zu wertvoll ist, um nur in der Familie als Erinnerung zu verbleiben. Kurz nach Nanas Tod hat Barbara Stäcker den gemeinnützigen Verein Recover your smile e.V. ins Leben gerufen.

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Leseprobe

Die Kraft der Schönheit


Schön krank


Schon immer strebte der Mensch nach Schönheit. Historisch, gesellschaftlich und persönlich können die Ideale dessen, was gemeinhin als schön gilt, durchaus voneinander abweichen. Das Bedürfnis aber, Anmut und Makellosigkeit in Bild und Sprache festzuhalten, zieht sich durch alle Epochen und Stile der Kunst und Literatur.

 

Schönheit fasziniert uns. Gemälde und Skulpturen in den Museen der Welt locken jeden Tag Besucher an. Prominente Schönheitsvertreter mutieren zu Ikonen der Moderne. Frauen – und durchaus auch Männer  – schminken sich nicht nur nach gängigen Modevorstellungen, sie lassen sich sogar dahingehend operieren. Und: Die Suche, die Sucht nach dem perfekten Gesicht und der idealen Figur füllt die Kassen der daraus entstandenen Beautyindustrie.

 

Krankheit dagegen kann Hässlichkeit bedeuten. Sie kann verunstalten, entstellen, beschädigen. Wir merken, dass »etwas nicht mit uns stimmt«, wir »fühlen uns schlecht«, sind »nur ein halber Mensch«. Bei Krebs tritt dies in aller Regel irgendwann für jeden sichtbar an den Tag. Daher assoziieren wir damit klare Bilder: Blässe, Augenringe, Abmagerung. Und natürlich – die Glatze. Ob ein Mann sich haarlos schön findet, ist sicher eine Typ- und Modefrage. Bei Frauen ist es das definitiv nicht.

Info: Psycho-Onkologie


Die Psycho-Onkologie bietet krebskranken Menschen und ihren Angehörigen professionelle Hilfe an und ist im Nationalen Krebsplan* als notwendiger Teil der Versorgung festgeschrieben. Durch information, Beratung, Begleitung und Behandlung ist es ihr Ziel, gemeinsam mit den Betroffenen nach Wegen im Umgang mit Krebs zu suchen und sie in den durch Krankheit und Therapien entstehenden Herausforderungen und Belastungen zu unterstützen.

*Ein Programm des Bundesministeriums für Gesundheit gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft e.V., der Deutschen Krebshilfe e.V. und der Arbeitsgemeinschaft deutscher Tumorzentren

 

Umso überraschender erscheint Nanas neue Sicht der Schönheit. Allerdings ist sie nicht ganz so abwegig, wie sie vielleicht zunächst erscheinen mag. Sie beinhaltet sogar eine tiefe und ernste Bedeutung, die auch in der sogenannten psycho-onkologischen Betreuung von Krebspatienten zum Tragen kommt.

Die psycho-onkologische Sicht


Diese spezielle interdisziplinäre Form der Betreuung hat zum Ziel, Krebspatienten und deren Angehörige bei der Bewältigung ihrer Krankheit zu unterstützen. Dies kann in Gesprächen bzw. auch in einer Vielzahl anderer Angebote stattfinden. Beispielsweise durch Kunst-, Musik- oder Tanztherapie möchte man den Betroffenen helfen, das zum Ausdruck zu bringen, was sich manchmal nicht in Worte fassen lässt.

Bild 37

Nana im April 2011. »Fairies« nannte sie dieses Fotoshooting mit ihrer Mutter Barbara.

Im Universitätsklinikum Großhadern bieten einzelne Kliniken psycho-onkologische Versorgung an. Auch der Verein lebensmut e. V fördert entsprechende Angebote dort und ergänzt sie durch eigene Projekte. Nana lernt hier wunderbare Menschen kennen, die ihr besonders in der Anfangszeit ihrer Erkrankung in Gesprächen sehr viel helfen können. An kreativen Maßnahmen nimmt sie allerdings nicht teil.

Das muss sie auch gar nicht. Nana hat ja schließlich ihre eigene Therapie. Schön sein. Sich wieder schön finden. Sich fotografieren lassen.

Und: immer schöner werden.

 

Lebensmut durch lebensmut

Für die Diplombiologin Serap Tari von lebensmut e.V., die Nana während ihrer Zeit in Großhadern begleitet hat, kommt Nanas therapeutisches Auf spüren ihrer Schönheit in ihrer Krisensituation nicht überraschend:

Bild 38

ein Foto aus der Serie »Barbie«, von Nana selbst bearbeitet (März 2011).

Bild 39

Nana vor dem Graffiti »Es ist so, wie es ist« (Mai 2011). Sie trägt ihren geliebten Herzanhänger, ein Geschenk ihrer Eltern. Sie trägt ihn auch im Sarg.

 

Im Rahmen einer Krebserkrankung erleben wir es oft, dass Betroffene – und das heißt sowohl Angehörige als auch Patienten – Vielfältiges entdecken. Bei Nana war es ihre innere und äußere Schönheit. Ihr Strahlen als Mensch, die Rollen, die sie in den Fotografien gespielt hat, das war ihr Weg, auch wenn sie immer Nana geblieben ist.

 

Wir unterstützen Betroffenen darin, eine Plus-Minus-Liste zu entwickeln: Was ist gut, was schlecht? Was bleibt aufgrund der Erfahrung mit der Krankheit unterm Strich? Erstaunlicherweise erscheint da oft ein Plus! Viele erleben die Krise als Chance, sich neu zu entdecken, sich zu entwickeln, Lebensentwürfe neu zu gestalten. Sich auf Dinge zu besinnen, die sie lange nicht getan haben. Bei Barbara war es nichts anderes. Sie hatte schon immer eine Leidenschaft für die Fotografie und konnte diese in der Krise wiederentdecken. In einer so besonderen intensiven Art und Weise, wie sie es wohl niemals wieder erleben wird. Das sind Dinge, die auch über den Tod hinaus bleiben.«

Als eines Tages eine Therapeutin Nana in ihrem Zimmer besucht, entdeckt sie auf deren Laptop ein Foto: Es zeigt Nana mit pink-schwarzer Perücke, irgendwo draußen in der Sonne. Anja, die Therapeutin, ist begeistert.

Nana war mittlerweile dazu übergegangen, im Vorfeld geplanter Klinikaufenthalte ganz gezielt Fototermine zu absolvieren. Sie hat sich ein einfaches Bildbearbeitungsprogramm zugelegt, mit dem sie viele Stunden des krankenhäuslichen Wartens überbrückt. Sie spielt mit der Farbgebung und retuschiert Fotos. Erst wenn sie mit dem Ergebnis hundertprozentig zufrieden ist, wird das neue Werk online gestellt. Nana, die sich in ihrer selbstironischen Art gerne selbst auf den Arm nimmt, kommentiert ihr Tun einmal so:

 

»Irgendwie schon peinlich, mich selbst fünf Minuten lang zu bewundern!« Therapeutin Anja möchte mehr Fotos sehen – und ist weiterhin begeistert. Nana äußert einen Wunsch: Sie möchte ihre Bilder einer breiteren Öffentlichkeit zeigen. Anja wendet sich an Serap Tari von lebensmut e. V. – der Verein bringt ein Magazin mit Themen rund um die Psycho-Onkologie heraus. Serap schlägt vor, dort einen Artikel über Nana zu veröffentlichen. Der Artikel erscheint im Juni 2011. Darin erzählt Nana:

 

 

 

Für mich ist die Fotosache ein bisschen wie ein Job, den ich jetzt habe. Das Fotografieren strengt mich schon auch an. Aber es macht Spaß, ich kann mir die Arbeit einteilen, und die Beschäftigung lenkt uns alle ab. Am Anfang versucht man sich zu verstecken. Jetzt denke ich: Ja, schaut mich nur an. Wenn nur einer meine Fotos sieht und das Gefühl hat, er kann mit der Krankheit auch anders umgehen, dann hat sich das alles gelohnt.«3

 

 

Es ist so, wie es ist

Eines der im lebensmut-Magazin abgedruckten Fotos entstand bei einem Streifzug von Barbara und Nana durch eine Münchner Gegend, die bekannt ist für wechselnde Graffitis. Nana trägt ihre Perücke mit den lila Strähnen. Auf der Wand hinter ihr ein grafisches Muster – aber nur auf den ersten Blick. Nana erzählt dazu:

 

 

Wir dachten einfach, die Wand mit dem schwarweißen Kontrast als Hintergrund ist ganz schön. Erst als wir uns später die Bilder angesehen haben, ist uns der Text aufgefallen: Es ist so, wie es ist. Und das passt ja perfekt!«

 

 

Dieser Satz wird die Familie von nun an begleiten und zu einem stehenden Begriff werden: Es ist so, wie es ist.

Oben ohne


Warum leiden Krebspatienten so stark unter dem Verlust ihrer Haare? Knapp zwei Wochen nach Beginn der Chemotherapie ist es meist soweit. Der Griff an den Kopf befördert büschelweise Haare in die Hand. Der Krebs wird sichtbar. Nach einiger Zeit verlieren die Patienten auch alle anderen Körperhaare: Augenbrauen, Wimpern, Achselhaar, Schamhaare...

Während Nana durchaus Freude darüber entwickeln konnte, dass sie sich nun im Intimbereich nicht mehr rasieren musste, litt sie sehr unter dem Verlust ihrer Augenbrauen und Wimpern. Ohne die wirkt ein Gesicht irritierend anders. Manchmal kann ein Gegenüber gar nicht genau benennen, was die Physiognomie derart verändert hat. Irgendwie erscheint es einfach leer. Das kann so belastend speziell natürlich für weibliche Krebspatienten sein, dass sie überlegen, bei einem möglichen Rückfall keine weitere Chemotherapie mehr auf sich zu nehmen.

Bild 40

Nana im Mai 2011 mit der am wenigsten geliebten Perücke; mit ihr fühlte sie sich verkleidet.

 

Oben wieder mit

Über rein äußerliche Aspekte hinaus haben Haare natürlich eine wichtige Funktion. Gerade am Kopf schirmen sie schädliche UV-Strahlung ab, schützen vor Kälte, halten Schweiß zurück.

Eine Perücke dient nur als schlechter Ersatz. Auch wenn Nana jede Menge Perücken besaß, wie Barbara erzählt:

 

 

Perücken waren für Nana ein Riesenthema. Seit ihr im Friseurgeschäft im Klinikum Großhadern die von der Krankenkasse bezahlten Ersatzhaare angepasst wurden, schaute sie liebend gern vorbei, um sich dort weitere Exemplare anzusehen. Oft stellte sie sich vor, das nächste wäre...

Blick ins Buch

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