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E-Book

Projektorientiertes Lernen im Musikunterricht

Am Beispiel der Produktion von Hip-Hop und Rap-Musiken

AutorAndreas Krumwiede
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl85 Seiten
ISBN9783638042772
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Musik - Sonstiges, Note: 1,0, Universität der Künste Berlin (Musikdidaktik), 16 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit bietet anregende Möglichkeiten, sich dem Thema Hip-Hop projektorientiert auf unterschiedliche Weise zu nähern. Sie stellt das Projekt (nach Karl Frey), den Projektgedanken (nach John Dewey und William Heard Kilpatrick) und Handlungsorientierten Unterricht (nach Herbert Gudjons) vor. Ebenso stellt sie die Entstehung und Entwicklung des Hip-Hop dar von den 1970er Jahren (Grandmaster Flash, Cool DJ Herc) bis heute dar. Der Autor bietet verschiedene Projektideen (nach der Produktionsdidaktik von Christopher Wallbaum) zum Thema Hip-Hop mit an. Die Jugendlichen von heute und damit die Schüler stehen einer immer größer werdenden Auswahl an Musik gegenüber. Populäre Musik ist allgegenwärtig und die dominierende Musikform unserer Zeit. Ständig werden neue Stile geprägt oder vorhandene weiterentwickelt. Ebenso schnell, wie sie entstanden, verschwinden viele davon wieder. Das gilt für Hip-Hop und Rap nicht. Seit Entstehen der Jugendkultur Hip-Hop Mitte der siebziger Jahre in New York und der Verbreitung in der Öffentlichkeit seit 1979 hat sich diese Kultur zu einer festen, sich ständig weiterentwickelnden Musikrichtung und Lebenseinstellung und somit zu einer der wichtigsten Jugendkulturen unserer Zeit etabliert. Diese Sparte stellt eines der meistumsetzenden Segmente der Tonträgerindustrie dar und wird vornehmlich von Jugendlichen, also insbesondere Schülern, gehört. Hip-Hop ist heute weltweit in allen Medien vom Film bis zur Werbung präsent und hat sich somit zu einem globalen Phänomen zwischen Mainstream und Untergrund entwickelt. Auch das Projekt hat als Unterrichtsform nach wie vor Konjunktur. Im Zeitalter der Informationen wird es zunehmend wichtiger, dass Schülern die Gelegenheit gegeben wird, authentische Erfahrungen mit der Wirklichkeit zu machen und sie nicht nur durch Betrachten, Hören oder Lesen zu vermitteln. Ob und in welcher Weise sich der Projektgedanke und die ihm zugehörigen Unterrichtsmethoden eignen, Erfahrungen mit der Herstellung von Handlungsprodukten im Musikunterricht zu machen, ist ein Thema der Arbeit. Welche Handlungsprodukte sind möglich? Welche Voraussetzungen herrschen auf Schüler- bzw. Lehrerseite? Welche Hilfsmittel didaktischer, methodischer und technischer Art stehen dem interessierten Lehrer zur Verfügung? Welche ästhetischen Anforderungen soll, muss oder kann ein von Schülern und Lehrer(n) hergestelltes Produkt erfüllen? Wozu sollen Produkte überhaupt gut sein, welche Lernerfahrungen können sie vermitteln?

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Leseprobe

II. SACHANALYSE


 

1. HipHop bzw. Rap


 

Rap is the most popular music to emerge in America during the 1980s and 1990s. Yet rap is more than music or entertainment. The words rhythmically recited, chanted, or sung […] represent a new sense of identity and belonging for young people in America- and throughout the world. Rap is the voice of a population that has been ignored by mainstream leaders and institutions. It is a culture” (Jones, 1994, S. 17).

 

In diesem Teil beschreibe ich die Kultur des HipHop und die zugehörige Musikform Rap[39] sowie die Texte zu dieser Musik in einer Sachanalyse. Dabei werden zunächst die Begriffe der populären Musik, des HipHop sowie des Rap definiert. Ich stelle die Entwicklung dieser Kultur in einen sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhang, erläutere die Bestandteile der HipHop-Kultur und gehe auf die musikalische Entwicklung dieser Kultur, die Rapmusik ein. Am Ende der Sachanalyse befasse ich mich mit verschiedenen Arten von Texten sowie deren Aussagen.

 

Der Frage, ob Rock- und Popmusik in den Musikunterricht sowie die Curricula aufgenommen werden sollen, gehe ich an dieser Stelle nicht nach. Zur Diskussion dieser Frage liegt bereits umfangreiche Literatur vor (vgl. Terhag, Niermann, Lugert, Schütz). Man ist dabei zu dem Konsens gekommen, dass populäre Musik angesichts ihrer überragenden Bedeutung für die Lebenswelt der Schüler und ihrer hervorragenden didaktischen Möglichkeiten (vgl. Schütz 1996 und 1999, Terhag 1994 und 1996) nicht mehr aus dem schulischen Musikunterricht wegzudenken ist. „Dass Musik jugendlicher Teilkulturen Gegenstand des Musikunterrichts sein muss, ist heute unbestritten.“ (Kemmelmeyer, 1999, S. 168)

 

1.1 Definitionen von HipHop und Rap


 

Diese beiden Begriffe werden häufig verwechselt bzw. als Synonyme gebraucht. Sie

 

haben aber ursprünglich unterschiedliche Bedeutungen. Vielen ist nicht bewusst, dass sich beide Begriffe nicht nur auf die Musik beziehen, sondern ‚HipHop’ viel umfassender die ganze Kultur dieser Bewegung mit einschließt. Neumann unterscheidet zwischen „ ‚Rap’ als reinem Sprechgesang [...] und dem ‚HipHop’ [40] als der dazugehörigen Musikform innerhalb der HipHop-Kultur“. Die Begriffe „existieren z. T. in unterschiedlichen Definitionen“ (Neumann 1999, S. 188-189).

 

1.1.1 Definition von HipHop


 

Für die Prägung des Begriffes ‚HipHop’ gibt es laut Rohrbach mehrere mögliche Urheber:

 

Nach dem Wörterbuch von Fab 5 Freddy wurde das Wort zuerst von DJ Hollywood benutzt. Er schrie ins Mikrophon: ‘Do the hip-hop the hippy hippy hippy hop and you don’t stop’.

 

Nach dem Buch ‚The New Beats’ bezeichnete das Wort zu Zeiten von Malcolm X die Tanzpartys der Jugendlichen.

 

Nach Afrika Bambaataa [41]: er hat den Begriff 1974 erfunden.

 

[HipHop; A.K] bezeichnet heute die aktuelle Form der Rap-Musik und das gesamte kulturelle Umfeld: Stil, Mode, Breakdancing, Graffiti, Ideologien“ (vgl. Rohrbach 1996, S.169).

 

1.1.2 Definition von Rap


 

Rohrbach gibt folgende Definition für den Ursprung des Wortes ‚Rap’ an:

 

 „ Aus dem englischen: to rap = klopfen, schlagen, pochen, auch auf die Finger schlagen (nach Wörterbuch). Seit den 40er Jahren als Bezeichnung für das rhythmische Sprechen mit oder ohne Musik. Jemand, der rappt, „reißt das Maul weit auf“ (Rohrbach 1996, S. 169).

 

Neumann unterscheidet mehrere Bedeutungen (Neumann 1999, S. 189):

 

Rap als Bezeichnung für rhythmischen Sprechgesang

 

Rap als Bezeichnung für Old-School-Bands [vgl. Kap. II, Abschnitt 1.5.1.; A.K.] wie z.B. Grandmaster Flash oder African Bambaata

 

Rap als Synomym für den musikalischen Part innerhalb des Kulturphänomens HipHop, das Musik, Sprache, Graffiti-Kunst und Breakdance einschließt.“

 

1.2 Entstehung und Geschichte der HipHop-Kultur


 

HipHop begann sich in den frühen 70er Jahren in einem armen Viertel von New York City, der South Bronx zu entwickeln. Der Ursprung des Phänomens HipHop steht in engem Zusammenhang mit der städtebaulichen und soziologischen Entwicklung von New York City. Im Folgenden möchte ich die Bedingungen, die zu seiner Entstehung beitrugen, erläutern:

 

Städtebauliche Maßnahmen begannen, schon seit den 30er Jahren, eine Kluft zwischen armen und reichen Stadtbezirken zu schaffen. Die meisten dieser Maßnahmen wurden, oft in brutaler Art und Weise, von einem Städteplaner namens Robert Moses durchgesetzt. Nach Tricia Rose hatten die damals aktuellen städtebaulichen „Entwicklungsprojekte” nicht den Charakter einer graduellen Entwicklung; stattdessen zerstörten sie die bestehenden sozialen und kulturellen Strukturen und zwangen die Einwohner eines ursprünglich sozial intakten Stadtteils, in verschiedene Vororte von New York City abzuwandern. Eines dieser „urban renewal projects“ war der Bau einer vielspurigen Autobahn in den 60er Jahren mitten durch das Wohngebiet der South Bronx. Dabei wurde keine Rücksicht darauf genommen, dass Hunderte von Wohn- und Geschäftshäusern abgerissen werden mussten. Durch eine Änderung der geplanten Route wäre dieses vermeidbar gewesen (vgl. Rose 1994, S.76; Verlan 2000, S. 7). Darüber hinaus zwangen so genannte Programme zur Slumbeseitigung (slum clearance programs) damals 170 000 Menschen aus diesem Viertel zur Umsiedelung.

 

Die meisten Einwohner der South Bronx gehörten der unteren Mittelklasse an. Obwohl auch zahlreiche Juden, Italiener, Deutsche und Iren hier lebten, traf dieses Maßnahme unverhältnismäßig viele Afroamerikaner und Puerto Ricaner. Viele Zugehörige der ethnischen Gruppen, die später wesentlich an der Entstehung des Hip Hop beteiligt waren, lebten knapp über oder bereits unterhalb der Armutsgrenze: Hispanier 30%, Afro-Amerikaner 25% und Puerto Ricaner 40%. Sie machten – am   Einkommen gemessen – einen  großen Teil des unteren Fünftel der Bevölkerung von New York City aus (vgl. Rose 1994, S 74). Das Ergebnis war ein Teufelskreis der Armut und sozialen Machtlosigkeit, der unter anderem zu den Bandenkriegen führte. „Die [..] Jugendlichen entwickelten bald einen trotzigen Stolz auf ihre[42] Bronx und verteidigten den ihnen verbliebenen Lebensraum gegen Eindringlinge von außerhalb – Spekulanten etwa oder die Polizeimacht – ,vor allem aber gegen verfeindete Gruppen aus den benachbarten Blocks“ (Verlan 2000, S. 7).

 

Erst im Sommer 1977 wurde zunächst die amerikanische Öffentlichkeit auf die Zustände zunehmender Verwahrlosung der South Bronx durch eine verstärkte Berichterstattung der Medien aufmerksam. Nach einem Besuch des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter betitelte die New York Times diesen Bezirk als „Symbol der Sorgen Amerikas“[43] (vgl. Rose 1994, S. 77). Die South Bronx war von nun an endgültig als gefährliches Gebiet verrufen und wurde von den meisten Bürgern der Stadt gemieden. Die Folge all dieser Ereignisse war, dass viele Häuser verfielen, abbrannten oder abgerissen wurden. Grundbesitzer verkauften ihr Land so schnell wie möglich, Geschäftsleute verlegten ihre Standorte in sichere Gegenden. Andere ließen ihre Häuser abbrennen, um die Versicherungsprämien zu kassieren.  Der Wohnungsleerstand in den späten 60er bis Mitte der 70er Jahre war enorm. In diesem Klima entwickelte sich unter dem Einfluss der so genannten „Crews“ [44] ungestört eine Gegenkultur.

 

In einem Zeitraum von fünf Jahren entwickelten diese Crews, was wir Hip Hop nennen. Denn solange niemand in New York, Amerika oder dem Rest der Welt irgendetwas über die sogenannten schwarzen „Ghettos“ wissen wollte – diesen [!] unaussprechlichen Orten extremer städtischer Verwahrlosung – war   es dem neuen Stil gestattet, sich in Ruhe zu einer eigenständigen Straßenbewegung zu entwickeln, deren Existenz nur durch einen Aspekt ihrer Kultur spürbar war: Graffiti“ (Toop 1992, S. 20; vgl. Rohrbach 1996, S. 171).

 

Die gesellschaftlich Machtlosen, die keinerlei Einfluss auf das Geschehen hatten, entwickelten eine Subkultur, die ihnen mitten im Verfall ihres Stadtteils die von der Gesellschaft verweigerten Attribute sicherte: Anerkennung, Status[45] und Zugehörigkeit.

 

So begannen die Gangs, ihre Kämpfe in ritualisierter Form auszutragen, indem...

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