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Regulierung der Kulturberufe in Deutschland

Strukturen, Akteure, Strategien

AutorChristiane Schnell
VerlagDUV Deutscher Universitäts-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl261 Seiten
ISBN9783835091665
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Christiane Schnell entwickelt ein Konzept der individuellen Professionalisierung, das die Aneignung und Entwicklung von Handlungsressourcen als dynamischen Prozess der Interaktion von Struktur und Handeln betrachtet. Sie analysiert die Leistungen und Grenzen der Regulierung, beispielsweise durch Künstlersozialversicherung und Urheberrecht, sowie Strategien kollektiven Handelns und individueller Bewältigung von Zwängen des Marktes und sozialer Unsicherheit in diesem Feld.



Dr. Christiane Schnell ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen.

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Leseprobe
1 Die Regulierung von Arbeit und sozialer Sicherung im Kontext gesellschaftlichen Wandels – Entwicklung des Forschungsvorhabens (S. 7)

Für die Interpretation der Kulturberufe werden im Folgenden zunächst die klassischen Grundtypen von Arbeit und Existenzsicherung dargestellt. Zum einen das Modell abhängiger Normalarbeit (1.1), das in Deutschland als beruflich qualifizierte Facharbeit in der industriellen Massenproduktion verortet wird, zum anderen die Professionen (1.2), als privilegierte Experten- bzw. Dienstleistungsberufe. Beide Formen werden in ihrer jeweiligen sozio-historischen Entwicklung beschrieben, wobei das jeweils charakteristische Zusammenspiel von wohlfahrtsstaatlicher Regulierung, kollektivem Handeln und individuellen Akteuren – die im Kontext von Paarbeziehungen und Familien betrachtet werden müssen – herausgearbeitet wird.

Geleitet von einem soziologischen Verständnis von Regulierung wird ein erweiterter erwerbs- und professionssoziologischer Zugang gewählt, der die sozial- und lebenslaufspolitische Verfasstheit von Erwerbsstrukturen abhängiger und professionalisierter Arbeit einbezieht und somit Arbeit und soziale Sicherung in einen Zusammenhang stellt.

Dabei wird auch auf die Folgen des Strukturwandels eingegangen, welche die jüngere sozialwissenschaftliche Diskussion beschäftigen und das Interesse an den Künsten und Kulturberufen geweckt haben. Während in diesem ersten Zugriff die Frage des Aufbrechens der traditionellen Regulierungsmuster nachgezeichnet wird, wird in einem zweiten Schritt der Stand der Forschung in Bezug auf neue bzw. modifizierte Regulierungsformen und -Prinzipien resümiert.

Werden bei den Kulturberufen in der Regel staatlich institutionalisierte und kollektive Regulierungen im Wechselspiel zwischen Markt und Individuum als vergleichsweise unbedeutsam erachtet (1.3), so legt das empirische Vorhaben die umgekehrte Perspektive an. Es wird explizit nach der Regulierung von Arbeit und sozialer Sicherung in Kulturberufen gefragt. Die vorwiegend aus anderen Feldern gewonnenen theoretischen Befunde dienen dabei der Hypothesenbildung und können als Werkzeug für die empirische Untersuchung fruchtbar gemacht werden (1.4).

1.1 Die Regulierung industrieller Lohnarbeit im deutschen Wohlfahrtsregime

1.1.1 Die traditionelle Konstellation

Den historischen Ausgangspunkt der Regulierung von (abhängiger) Arbeit und sozialer Sicherung in Deutschland bilden die Ende des 19. Jahrhunderts von Bismarck erlassenen Ersatzregelungen für die mit der industriellen Lohnarbeit verbundenen Risiken wie Arbeitsunfälle, Krankheit und Alter. Sie wurden im Zeitverlauf ergänzt und institutionell zu einem Sozialversicherungssystem ausgebaut, in dem die grundlegenden Regulierungsprinzipien des deutschen Wohlfahrtsregimes im zwanzigsten Jahrhundert angelegt sind.

Der Staat agiert als dominante gesellschaftliche Regulationsinstanz und als „Generalagent" der Absicherung von Soziallagen. Zentrales Motiv staatlicher Interventionstätigkeit ist die Festigung des sozialen Friedens. Zum Ausdruck kommt hier die paternalistische Annahme, dass weder die Arbeitenden selbst noch ihre kollektiven Interessenvertretungen eine ausreichende Weitsicht und Loyalität gegenüber der industriellen Ordnung besitzen.

Das Ziel der sozialen Sicherheit wird jedoch als Gemeinwohl betrachtet, für das sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber paritätisch zur Finanzierung herangezogen werden. Indem die Sozialversicherung an die wirtschaftliche Rolle eines „regulären Arbeitnehmers" anknüpft, der lebenslange, vollzeitbeschäftigte, vertraglich garantierte Lohnarbeit ausübt, konstituiert sie zudem einen unmittelbar geschlechtsspezifisch wirksamen „lohnarbeitszentrierten Vorbehalt" sozialer Sicherung (vgl. Vobruba 1990, 28).

Die Leistungen werden dabei als über die Beschäftigung und entsprechende Beitragszahlungen „erworbener" individueller Rechtsanspruch konzipiert.1 Der Staat beaufsichtigt die Versicherungshaushalte und ist im Falle von Finanzierungsdefiziten – die inzwischen längst an der Tagesordnung sind – zuschusspflichtig (vgl. Offe 1998, 361).

Die heroische Figur des Industriearbeiters, bei der eine starke körperliche Beanspruchung und der Umgang mit den immer komplexer werdenden großtechnischen Anlagen im Vordergrund stehen, wurde durch die Schwerindustrie erschaffen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Inhaltsverzeichnis8
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen11
Abkürzungsverzeichnis12
Einleitung13
1 Die Regulierung von Arbeit und sozialer Sicherung im Kontext gesellschaftlichen Wandels – Entwicklung des Forschungsvorhabens19
1.1 Die Regulierung industrieller Lohnarbeit im deutschen Wohlfahrtsregime20
1.2 Professionen28
1.3 Kulturberufe als Pioniere einer zukünftigen Arbeitsgesellschaft?37
1.4 Forschungsperspektive, Hypothesen und Anlage der Untersuchung41
2 „Regulationsmodell Kultur“ – Institutionelle Rahmung und struktureller Wandel67
2.1 Herausbildung eines „Regulationsmodells Kultur“70
2.2 Konsolidierung des „Regulationsmodells Kultur”95
2.3 Marktexpansion und beschleunigter Strukturwandel100
2.4 Grenzen des „Regulationsmodells Kultur”106
2.5 Partielle Fortschreibung114
2.6 Entgrenzte Informationswirtschaft und Renaissance der „ Nische Kultur“?120
2.7 Fazit: Implikationen des „ Regulationsmodells Kultur“ in Bezug auf das Zusammenspiel der Regulierungsdimensionen129
3 Berufliche Entwicklung und Strategien kollektiven Handelns – Dimensionen intermediärer Regulierung131
3.1 Berufliche Entwicklung und kollektives Handeln im Journalismus133
3.2 Berufliche Entwicklung und kollektives Handeln im Berufsfeld Literaturübersetzung157
3.3 Kollektives Handeln zwischen tradierten Bindungen und Marktrationalität171
4 Handlungsspielräume und biographische Selbstregulation – Chancen und Grenzen individueller Professionalisierung177
4.1 Professionalisierungschancen und biographische Risikobearbeitung im Journalismus180
4.2 Professionalität und biographische Selbstregulation im Berufsfeld Literaturübersetzung207
4.3 Strukturelle Voraussetzungen und individuelle Handlungsspielräume biographischer Selbstregulation: Abschließende Bilanz237
5 Wechselwirkungen institutioneller, kollektiver und individueller Regulierung und das Regime des Marktes – The turn of a virtuous into vicious circle? – eine Bilanz243
Literatur und Quellen251

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