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Strategische Optionen für forschende Pharmaunternehmen zur Sicherung ihrer Marktposition

AutorChristine Richter
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl64 Seiten
ISBN9783638858939
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich VWL - Gesundheitsökonomie, Note: 1,0, Universität Bayreuth (Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre), Veranstaltung: MBA Studiengang, 75 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Aktuell trifft der durch die deutsche Gesundheitsgesetzgebung ausgelöste Anpassungs- und Handlungsbedarf forschender pharmazeutischer Unternehmen auf rapide verschlechterte Aktionsspielräume. Hinzu kommen drohende Innovationslücke, Patentausläufe und Patentangriffe sowie der dadurch zunehmende Marktanteilswettbewerb mit Generikaherstellern. Ein weiterer wichtiger Faktor im Wandel des Pharmabusiness ist die Entwicklung des Patienten zum 'mündigen Konsumenten' mit verstärkter Übernahme von Eigenverantwortung für seine Gesundheit. Auf welche Weise diese Determinanten die Arbeitsweise der forschenden Pharmaindustrie verändern, wird in Kapitel 2 (Aktuelle Herausforderungen für forschende Pharmaunternehmen) dargestellt. Kapitel 3 (Strategische Handlungsoptionen) gibt einen Überblick über die wichtigsten Strategien forschender Pharmaunternehmen, diesen aktuellen Herausforderungen wirkungsvoll zu begegnen. Die Analyse der strategischen und operativen Antworten wird in drei Teilen vorgenommen: ausgewählte Unternehmensstrategien, produktbezogene Strategien bzw. spezielle Marketing-Modelle sowie patientenbezogene (kundenbezogene) Strategien. Kapitel 4 (Resümee) fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen und zieht ein Resümee. Diese Masterarbeit hat zum Ziel, die Zusammenhänge zwischen den Herausforderungen des Marktes und wichtigsten bereits gewählten oder noch zu ergreifenden Strategien forschender Pharmaunternehmen darzulegen sowie diese unter Aspekten der Nachhaltigkeit zu betrachten.

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Leseprobe

3 Strategische Handlungsoptionen


3.1 Unternehmensbezogene Strategien


 


3.1.1 Neu-Orientierung des Business-Modells


 

Das bisherige Business-Modell der pharmazeutischen Industrie ist ein klassisch Produkt-orientiertes.[61] Seit den achziger Jahren wird auf die Produktion von Blockbuster-Medikamenten fokussiert. Dabei besteht meist eine relativ deutliche Trennung zwischen Produktentwicklung und Produktvermarktung. Die an der Vermarktung beteiligten Geschäftsbereiche Marketing, Sales und Medical Affairs haben nur begrenzte Mitbestimmung bei der Entwicklung des Medikamentes. Dies kann dazu führen, dass das Arzneimittel bei Markteinführung nicht optimal für die Ansprüche von Patienten und Ärzten ausgereift ist. Dennoch müssen auch diese Produkte zum kommerziellen Erfolg geführt werden. Eine weitere relativ deutliche Abschottung besteht darin, dass nur dort Interaktionen mit Wissenschaft, Ärzten, Patienten, Kassen und Regierungsbehörden stattfinden, wo sie in begrenztem Rahmen gewünscht werden oder aus Legalitätsaspekten zu erfolgen haben.65 Diese Arten der Abschottung sowohl nach innen als auch nach außen haben einen starken Einfluss auf entwickelte Medikamente, auf bestimmende Prozesse und das Management und führen zu einer mangelhaften Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Marktbedürfnisse. Auch wenn dieses Business-Modell erhebliche Stärken in Hinsicht auf die Entwicklung und den Vertrieb von Massenprodukten besitzt, liegen die Schwächen auf der dadurch nicht-individualisierbaren Produktebene selbst. In Zukunft wird es immer schwerer werden, vergangene Erfolge mit den bestehenden Modellen zu reproduzieren.

 

Lonsert und Harms schlagen ein neues marktorientiertes Business-Modell vor, welches es dem Management ermöglicht, sich auf die Entwicklung und Vermarktung von am Marktbedürfnis bzw. am Patienten orientierten Therapien zu konzentrieren.65 Diese Fokussierung verbessert die „Operational Effectiveness“[62], z. B. in Hinblick auf F&E-Effizienz, Produktivitätserhöhung, Administrations- und Infrastrukturkostensenkung wie auch Verbesserung der Schnittstellenkompetenz. Dadurch sollen die derzeitigen Abschottungen von F&E und Produktion auf der einen und Marketing & Vertrieb auf der anderen Seite aufgelöst werden und der Produktlebenszyklus vielmehr von Beginn an in enger Zusammenarbeit der Abteilungen gemeinsam gemanagt werden. Nach außen sollen die bereits vereinzelt bestehenden „Network Structures“ mit unterschiedlichsten Firmen der pharmazeutischen Wertschöpfungskette weiter ausgebaut werden und Patienten, Ärzte und Kassen Einblick und Mitsprache in die Produktentwicklung erhalten.65

 

Ebenfalls lohnenswert erscheint eine divisionale Organisationsstruktur, in der integrierte Geschäftseinheiten gebildet werden, die sich z. B. auf bestimmte Therapiegebiete oder Patientengruppen konzentrieren und sowohl für die Entwicklung als auch die Vermarktung ihrer Produkte verantwortlich sind. Alternativ bietet sich die Aufteilung der F&E nach Kernkompetenzen an, z. B. pathogenen Mechanismen oder Zielstrukturen. Marketing und Vertrieb werden in diesem Fall nach Marktsegmenten aufgeteilt oder an strategische Partner übertragen.74 Der Vorteil dieser dezentralen Einheiten liegt in jedem Fall darin, dass sie selbst entscheiden können, welche Leistungen sie unternehmensintern beziehen oder wo sie strategische Partnerschaften eingehen sollten. Das Unternehmen kann auf diese Weise wesentlich flexibler agieren und lässt sich sowohl markt- als auch ergebnisorientiert steuern. GlaxoSmithKline hat z. B unter diesen Aspekten umorganisiert: Forscher orientieren sich nicht mehr nur nach einzelnen Projekten, sondern an ganzen Krankheitsgebieten. Wissenschaftliche Spitzenkräfte in der Entwicklung treffen gleichzeitig unternehmerische Entscheidungen - über Entwicklungsprojekte, Budgets und Prämien; gleichzeitig reden Forscher, Entwickler, Marketing- und Vertriebsleute frühzeitig miteinander und steigern so die Chancen neuer Medikamente.[63]

 

Eine markt- und forschungsgetriebene Strategie wird in Biotech-Unternehmen bereits erfolgreich praktiziert. Die Biotech-Industrie steht immer mehr für eine moderne Forschung und Entwicklung innovativer Produkte, indem sie Genomik[64], Proteomik[65], Pharmakogenomik[66] und Systembiologie[67] zur Entwicklung von Wirkstoffen gegen bisher unheilbare oder vernachlässigte Krankheiten einsetzt.[68] Die Vorteile dieses neuen Modells einer personalisierten Medizin liegen lt. Steve Burill in folgenden Bereichen:[69]

 

Einsatz der Pharmakogenomik, Profitieren von Fortschritten der Genom-/Proteom-Technologie

 

Verringerte Entwicklungskosten, kürzere Entwicklungszeiten

 

Kleinere klinische Studien zur Wirksamkeitsprüfung an der Zielpopulation notwendig

 

Höhere Wahrscheinlichkeit, dass die klinische Testsubstanz Marktreife erlangt

 

Höheres Sicherheitsprofil

 

Gezielte Auswahl der Medikation für die geeignete Patientenpopulation durch Tests mit Biomarkern etc.

 

Attraktive Gewinnaussichten auch mit kleineren Verkaufszahlen

 

Langfristig eröffnen sich hier für die Pharmaindustrie umfangreiche zusätzliche Umsatz- und Ertragsquellen.

 

3.1.2 Fokussierung auf Kernkompetenzen und strategische Partnerschaften


 

Die relative Abwendung vom Blockbuster-Modell erfordert einen Mentalitätswandel in der Strategie.[70] So reizvoll eine lukrative Zufallsentdeckung wie im Falle von Viagra wirken mag, 70 % aller Blockbuster werden von Unternehmen entwickelt, deren Kompetenzen auch in den entsprechenden Therapiegebieten liegen.[71] Zielmoleküle und Wirkstoffkandidaten können so schneller identifiziert, Tests leichter konzipiert und durchgeführt und die Erfolgschancen somit deutlich vergrößert werden. Wachsendes biomedizinisches Wissen über Krankheitsentstehungen, gesteigerte Erwartungen der Kostenträger hinsichtlich Wirkungsnachweise und zunehmende Spezialisierung der Ärzte beschleunigen den Trend, auf Kernkompetenzen wie z. B. Therapiegebiete, Marktzugang (Rx oder OTC), Technologien oder Wertschöpfungsstufen zu fokussieren.74 Dafür sprechen auch die Erfolge der Spezialisten wie Schering (Empfängnisverhütung), Novo Nordisk (Diabetes) oder Boehringer Ingelheim (weltgrößter Auftragsproduzent für Biopharmazeutika).

 

Aus Sicht der Mehrzahl von Biotech-Unternehmen stellt es die größte Herausforderung dar, ihr Überleben bis zur Marktreife der Produkte sicherzustellen, da Finanzinvestoren und entsprechende Förderinstitutionen die Finanzierung der kapitalintensiven Biotech-Forschung nur zu einem Teil übernehmen. Vor diesem Hintergrund stellen langfristige Partnerschaften auch als alternative Kapitalquelle eine immer wichtigere Rolle. Bereits Anfang der neunziger Jahre wurden Unternehmen der US-Biotech-Industrie mehr Mittel über strategische Allianzen zur Verfügung gestellt, als sich mit einer Finanzierung am Kapitalmarkt realisieren ließ. Tularik oder Millenium Pharmaceuticals haben Allianzen sogar gezielt verwendet, um bereits bevor sich Produkterträge abzeichneten den Break-Even zu erreichen.[72] Als Teil des Business Developments ist das Partnering nicht nur zentrale Management Aufgabe sondern integraler Bestandteil der Business-Strategie großer wie kleiner Pharmaunternehmen. Dabei geht es neben dem Zugang zu einer zusätzlichen Finanzierungsquelle oder dem Zugewinn von Vermarktungs- und Vertriebskraft außerdem auch um Vereinbarungen mit z. B. akademischen Forschungseinrichtungen, welche die Nutzungsrechte (Lizenzen) an Technologien und Produkten wie auch künftigen Innovationen sichern und damit die eigene (kränkelnde) Forschungspipeline verstärken bzw. füllen. Nach einer Analyse von Wood Mackenzie wurden bereits 2001 17 % der erzielten Umsätze pharmazeutischer Unternehmen mit einlizensierten Produkten erzielt - ein Anteil, der sich bis 2010 verdoppeln soll (vgl. Abbildung 2). Gemeinsam mit dem Beitrag aus Akquisitionen werden nach Einschätzung der Analysten künftig über 50 % der Medikamente extern entwickelt.76 Als größte Probleme bei Allianzen sehen Analysten:[73]

 

Nichterreichung der Ergebnisse, Fehlschlag bei Technologie/Produkt

 

Falsche Partnerwahl78, Ziele der Partner nicht kompatibel78, Differenzen in der Unternehmenskultur[74]

 

Wechsel im Management, Fehlende Führung der Allianz

 

Schlechte Kommunikation der Partner

 

Geringes Commitment zur Allianz78, Fusionen und/oder Übernahmen verändern Prioritäten eines Partners

 

Abbildung 2: Pharma 2010 - Hohe Bedeutung einlizensierter Produkte[75]

 

 

In einer von PriceWaterhouseCoopers im Jahre 2003 bei führenden Pharmaunternehmen unter 184 Business Development-Verantwortlichen durchgeführten Umfrage wurde die Unzufriedenheit vieler Unternehmen mit den Ergebnissen der Partnerschaften...

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