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ADHS im Erwachsenenalter: Wirksamkeit der psychotherapeutischen Verfahren

AutorIsabel Dietrich
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl63 Seiten
ISBN9783955495442
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Dieses Buch thematisiert die Wirksamkeit von psychotherapeutischer Behandlung im Gruppensetting bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter. Lange Zeit galt die ADHS als eine psychische Störung, welche ausschließlich im Kinder- und Jugendalter auftritt. Hingegen zeigen wissenschaftliche Evaluationen, dass sich die Störung bei zwei bis drei Prozent der betroffenen Kinder- und Jugendlichen bis ins Erwachsenenalter fortsetzt. Bei der ADHS im Erwachsenenalter wird von einem bio-psycho-sozialen Bedingungsmodell ausgegangen, dabei wird die Fehlfunktion im Bereich der Selbstregulation als zentrale Rolle angenommen. Die Diagnosestellung gestaltet sich bei den betroffenen Erwachsenen als schwierig, da die ADHS häufig mit psychiatrischen Begleiterkrankungen einhergeht. Dabei führt die korrekte Diagnosestellung, welcher eine entsprechende Behandlung folgt, zu einer beträchtlichen Verbesserung der Lebensqualität und zu einem besseren Funktionieren in Alltagssituationen. Die Kernsymptomatik der ADHS kann mittels pharmakologischer Intervention wirksam behandelt werden. Die sozial-behavioralen Strategien können über die Reduzierung der Kernsymptomatik hinaus die Zielbereiche, Organisation, Aufschieben und den Selbstwert positiv beeinflussen. Zudem führte die Gruppentherapie im Rahmen der ADHS bei den Teilnehmern zu einer höheren Zufriedenheit und zu einer Verringerung der depressiven Symptomatik. Ein Wirksamkeitsvergleich zwischen pharmakologischer- und psychotherapeutischer Intervention hebt die hohe Wirksamkeit der sozial-behavioralen Verfahren hervor.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3., Interventionsstrategien: Es erfolgt die Darstellung der pharmakologischen und psychotherapeutischen Intervention, im Hinblick darauf die aktuelle Studienlage zu beschreiben. 3.1, Pharmakologische Intervention: Nach Sobanski und Alm (2004) kann Mittels der medikamentösen Behandlung die Kernsymptomatik Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität beeinflusst werden. Während für das Dopamin eine wesentliche Rolle bei Antrieb und Motivation angenommen wird, scheint das Noradrenalin einen Einfluss auf die Aufmerksamkeitsleistungen zu haben. Bei der Impulssteuerung wird ein Zusammenhang mit dem Serotonin gefolgert (Krause & Krause, 2009). Auf das Organisations- und Vermeidungsverhalten, den sozialen Interaktionsstil, den Selbstwert und Coping-Strategien hat die medikamentöse Intervention jedoch keinen Einfluss (Sobanski & Alm, 2004). Psychostimulanzien, welche einen Einfluss auf die Wachheit und Reaktionsbereitschaft und die Funktion der selektiven und geteilten Aufmerksamkeit haben, werden im ärztlichen Bereich als erstes Mittel der Wahl eingesetzt (International Consens Statement on ADHS, 2002). Die Übersichtsarbeit von Okie (2006) zeigt, dass in den USA ein Drittel der verschriebenen ADHSMedikamente für Erwachsenen verschrieben werden. Dabei ist die Zahl der Verschreibungen in den USA für Erwachsene zwischen 2002 und 2005 um 90 Prozent gestiegen (Okie, 2006). Das am häufigsten einsetzte und sogleich der wichtigste Wirkstoff unter den Stimulanzien ist das Methylphenidat (Krause & Krause, 2009). Zugleich werden üblicherweise Amphetamine bei ADHS Patienten eingesetzt, wenn Methylphenidat keine positive Wirkung erzielt oder die Betroffenen mit einer depressiven Verstimmung auf die Amphetamine reagieren. Neben den Stimulanzien stehen den Betroffenen die Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer und die trizyklischen Antidepressiva zur Verfügung (Krause & Krause, 2009). Die Einstellung eines Erwachsenen mit ADHS auf eine Stimulanz stellte sich bislang als kompliziert dar, da Methylphenidat den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliegt und in Europa - ausgenommen in Norwegen und Dänemark - bislang kein Medikament für Erwachsene zugelassen war (Krause & Krause, 2009). Seit 2011 ist in Deutschland erstmals ein Medikament mit dem Wirkstoff Methylphenidat unter dem Namen Medikinet adult für Erwachsene zugelassen und erstattungsfähig (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2011). Dadurch entfällt das Problem des 'Off-Label-Use' von Methylphenidat. Darunter wird die Anwendung und Verschreibung eines Arzneimittels verstanden, welches sich außerhalb der genehmigten Anwendungsgebiete befindet (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2011). Das Bundessozialgerichts (2002) legen fest, dass eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen von nicht zugelassenen Medikamenten nur dann erfolgen kann, wenn eine schwere Krankheit vorliegt und ein Behandlungserfolg zu erwarten ist. Das Methylphenidat bewirkt gemäß Lauth und Raven (2009) eine effizientere Vernetzung von Frontal- und Mittelhirn. Bildgebende Verfahren konnten bei Kindern unter Methylphenidat eine bessere Durchblutung im frontalen Cortex sowie in den Basalganglien im Striatum aufwiesen (Vaidya et al., 1998). Neurochemisch bewirkt das Stimulanz Methylphenidat eine reversible Blockade der Dopamintransporter, welches zu einer Erhöhung der Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt führt (Krause & Krause, 2009). Das unretadierte Methylphenidat hat eine Halbwertszeit und Wirkdauer von 2,5 bis 4 Stunden, während das retadierte Methylphenidat eine Wirkdauer von zwölf Stunden hat (Sobanski & Alm, 2004). Hormonelle- und stoffwechselbedingte Veränderungen im Erwachsenenalter gestalten die medizinische Einstellung der erwachsenen Patienten auf ein Stimulanz als schwierig (Krause & Krause, 2009). Der Vorstand der Bundesärztekammer (2005) empfiehlt eine Dosierung, welche dem Körpergewicht entspricht, obwohl die wissenschaftliche Basis dafür nicht eindeutig belegt ist. Die Dosierung scheint bei Erwachsenen, im Vergleich zu Kindern, niedriger zu liegen (Vorstand der Bundesärztekammer, 2005). Erwachsene mit ADHS berichten bei Behandlung mit Methylphenidat von Nebenwirkungen, welche häufig in Form von Rebound-Effekten, Schlaf- und Appetitstörungen sowie leichtem Gewichtsverlust und auch Kopfschmerzen erscheinen (Sobanski & Alm, 2004). Bei einigen Patienten war eine Verstärkung von motorischen Tics zu beobachten und vermehrtes Schwitzen als auch eine diskrete Erhöhung des systolischen Blutdrucks. Ferner zeigten einzelne Personen eine Erhöhung der Herzfrequenz unter der Einnahme von Methylphenidat (Sobanski & Alm, 2004). Maier (2005) problematisiert bei nicht retadierten Präparaten eine hohe Missbrauchs- und Abhängigkeitsgefahr im Erwachsenenalter und sieht diese Problematik als ursächlich für die fehlende Zulassung der Stimulanzien in Deutschland bis 2011. Anzumerken ist jedoch laut Hesslinger, Philipsen und Richter (2004), dass bisher keine evidenzbasierten Studien für die erhöhte Suchtgefahr durch Stimulanzien publiziert sind. Bei korrekter Indikationsstellung und sachgerechter Anwendung ist laut Vorstand der Bundesärztekammer (2005) kein erhöhtes Missbrauchs- oder Abhängigkeitsrisiko zu erwarten. Während die Responderrate für Stimulanzien bei Kindern durchgängig bei 75 Prozent (Santosh & Taylor, 2002) liegt, wird bei den Erwachsenen mit ADHS eine Responderrate zwischen 25 und 78 Prozent beschrieben (Biederman & Spencer, 2002; Spencer, Wilens & Biederman, 1995). Gründe für die Spannbreite seien laut Sobanski und Alm (2004) die unterschiedlichen Diagnosekriterien und Dosierungen bei Erwachsenen sowie die zu geringe Berücksichtigung von komorbiden Störungen im Erwachsenenalter. Faraone, Spencer, Aleardi, Pagano und Biedermann (2004) zeigten in sechs Vergleichsstudien an 140 erwachsenen ADHS Patienten eine hohe Effektstärke von 0.9. Bei dieser Doppelblindstudie wurden Patienten mit Methylphenidat behandelt, während die Kontrollgruppe ein Placebo erhielt. Auch Spencer et al. (2007) kamen zu dem Ergebnis, dass die pharmakologischen Behandlung der Behandlung mit Placebo überlegen ist. Zudem zeigte sich laut der Autoren ein besserer Effekt bei höherer Dosierung und gleichfalls die Besserung der allgemeinen sozialen, familiären und beruflichen Anpassung. Die Problematik der beruflichen Anpassung verbesserte sich hingegen auch unter einer Placebobehandlung. Die Probanden berichteten in 165 Fällen von negativen Begleiterscheinungen, welche sich in Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, geringerem Appetit und Mundtrockenheit als auch Zittrigkeit äußerten. Kritisch bemerken Lauth und Raven (2009), dass die Wirkung der Medikation ausschließlich auf die Kernsymptomatik der ADHS erfolgte sowie der Einschätzung einer allgemeinen Verbesserung. Berücksichtigt wurde somit nicht der Einfluss auf die Alltagseinschränkungen und das Funktionsniveau. Die Studie von Biedermann, Wilens, Mick, Spencer und Faraone (1999) untersuchte sowohl den Zusammenhang zwischen einer medikamentösen und einer nicht medikamentösen Behandlung der ADHS in der Kindheit als auch deren Auswirkungen auf zukünftiges Suchtverhalten. Sie verglichen Jungen mit ADHS, von denen 56 mediziert und 19 nicht-mediziert wurden. Dabei zeigte sich, dass das Risiko einer späteren Suchtentwicklung bei den medizierten Jungen um 85 Prozent sank. In einer Follow-up Studie zeigten Biedermann, Wilens, Mick, Spencer & Faraone (2009), dass auch die Gefahr einer komorbiden Störung und schulischem Versagen durch frühzeitige Behandlung mit Medikamenten reduziert wurde. Das Atomoxetin gehört zu der Gruppe der selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer und sorgt im zentralen Nervensystem für eine Blockade der Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt (Simpson & Plosker, 2004). Überdies wirkt es sich günstig auf die Impulsivität sowie Bereitschaft zur sozialen Integration aus (Krause & Krause, 2009). Laut Vorstand der Bundesärztekammer (2005) ist Atomoxetin nach Methylphenidat die am besten untersuchte Substanz mit bester Evidenz zur Behandlung von ADHS. Außerdem wird über eine hohe Effektivität des Mittels berichtet und wenigen Nebenwirkungen. Darüber hinaus wird keine Missbrauchsgefahr beschrieben (Michelson et al., 2003). Es wird seit 2002 in den USA zur Behandlung der ADHS bei Kindern und Erwachsenen eingesetzt. Spencer, Biedermann und Wilens (1998) zeigten eine effektive Symptomreduktion bei 52 Prozent der Patienten. Trizyklische Antidepressiva werden nicht als Mittel der ersten Wahl bei ADHS im Erwachsenenalter angesehen, da es zu geringer Beeinflussung des Dopaminstoffwechsels kommt. Der Wirkmechanismus der trizyklischen Antidepressiva betrifft die Hemmung der Wiederaufnahme in die Präsynapse von Noradrenalin und Serotonin. Somit wirkt es länger (Wilens, Biedermann, Spencer & Prince, 1995b).
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