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Auswirkungen und Effekte der GVO 1400/2002 auf den Mehrmarkenhandel im deutschen Automobilmarkt

AutorArne Wiest
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl87 Seiten
ISBN9783638839747
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Allgemeines, Note: 1,0, Hochschule Albstadt-Sigmaringen; Albstadt, 70 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung Der Kfz-Sektor zählt in Deutschland und in ganz Europa zu einer der größten und bedeutendsten Industriebranchen. Dabei ist der Kraftfahrzeugvertrieb innerhalb der Europäischen Union umfangreich durch das europäische Wettbewerbsrecht geregelt. Diese Regelungen betreffen nicht nur die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Mitgliedstaaten, sondern in erster Linie auch die Belange aller Akteure, die am Kfz-Vertrieb beteiligt sind. Dazu zählen zum einen die Automobilhersteller, die hauptsächlich mittelständisch geprägten Händler sowie letztendlich die Verbraucher selbst. Bis Ende September 2002 regelte die Gruppenfreistellungsverordnung (kurz: GVO) 1475/95 die Eckdaten des Kfz-Vertriebs, bevor diese am 01.10.2002 aus verschiedenen Gründen durch die derzeit gültige GVO 1400/2002 ersetzt wurde. Ziel der GVO 1400/2002 ist es, den Wettbewerb zu stärken und spürbare Vorteile für die europäischen Verbraucher zu bringen. Dazu wurden eine Reihe von Änderungen sowie wichtige Neuerungen mit in die Freistellung aufgenommen. Eine der wichtigsten Neuerungen der Verordnung ist dabei die deutliche Erleichterung des Mehrmarkenvertriebs für die Automobilhändler, da der Mehrmarkenhandel nicht mehr mit derartig hohen Kosten wie unter der GVO 1475/1995 verbunden ist.

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Leseprobe

3. Strukturen und Rahmenbedingungen des Automobilmarktes


 

3.1 Grundlegende Strukturen und Mechanismen des Automobilmarktes


 

Die im vorherigen Kapitel aufgezeigten gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen haben zunächst einmal die Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt, die für alle am Automobilvertrieb Beteiligten gelten. Um jedoch die in Kapitel 4 ausführlich untersuchten Auswirkungen und Effekte des Mehrmarkenhandels genau verstehen und nachvollziehen zu können, muss in diesem Kapitel der Automobilmarkt als solcher untersucht und analysiert werden. Das heißt es soll verdeutlicht werden, wie der Automobilmarkt funktioniert, welche Marktbeteiligten vorhanden sind und welche Wirkungszusammenhänge existieren. Dazu werden zunächst die grundlegenden Strukturen und Mechanismen des Automobilmarktes betrachtet. Anschließend werden die Möglichkeiten aufgezeigt, inwieweit Neufahrzeuge in Europa vertrieben werden können. Zuletzt wird das Käuferverhalten im Automobilmarkt genauer betrachtet, um den Kaufentscheidungsprozess und die Bedeutung der Marke im Automobilmarkt verstehen zu können.

 

Um den Automobilmarkt und dessen grundlegende Strukturen und Mechanismen verstehen zu können, muss an dieser Stelle zunächst geklärt werden, was unter dem Begriff Automobilmarkt überhaupt genau zu verstehen ist. Da der in der Umgangssprache am häufigsten verwendete Begriff „Automobilindustrie“ jedoch den gesamten Bereich des Automobilhandels ausschließt, haben Diez und Reindl den Begriff „Automobilwirtschaft“ entworfen. Dieser umfasst: „sämtliche Unternehmen, die überwiegend mit der Herstellung, der Vermarktung, der Instandhaltung sowie der Entsorgung von Automobilen und Automobilteilen beschäftigt sind.“[80] Da der Automobilhandel in dieser Arbeit von zentraler Bedeutung ist, erweist sich die Definition von Diez und Reindl als sehr geeignet und soll auch an dieser Stelle für den Begriff „Automobilmarkt“ Gültigkeit besitzen.

 

Es ist erforderlich, sich der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Automobilindustrie bewusst zu werden, bevor deren einzelne Teilmärkte betrachtet werden. So war die Automobilindustrie 2004 mit einem Umsatzvolumen von 227,7 Mrd. € die größte Industriebranche Deutschlands, die damit für 18,6 Prozent des Gesamtumsatzes der deutschen Industrie gesorgt hat. Wenn man dazu den Umsatz des Kraftfahrzeuggewerbes von 127,2 Mrd. € hinzurechnet, so hatte die Automobilwirtschaft 2004 einen Umsatz von 354,9 Mrd. €, was sogar 28,9 Prozent  des Gesamtumsatzes der deutschen Industrie entsprach. Auch ist ein positiver Trend

 

in der Automobilbranche zu erkennen, da der eben genannte Rekordwert des Gesamtumsatzes der Automobilindustrie aus 2004 in 2005 um weitere 4 Prozent auf 236 Mrd. €[81] gestiegen ist.  Ebenso sorgt die Automobilbranche für weit reichende Beschäftigungseffekte auf dem deutschen Arbeitsmarkt. So waren 2005 766.000 Arbeitnehmer direkt bei den Automobilherstellern und deren Zulieferern beschäftigt (zum Vergleich 1999: 728.000 Beschäftigte). Weitere 4,5 Millionen Arbeitnehmer sind in einem der Automobilherstellung vor- oder nachgelagerten Bereich beschäftigt, so das insgesamt über 5 Millionen Menschen durch das Automobil beschäftigt sind und somit jeder siebte Arbeitsplatz[82] in Deutschland direkt oder indirekt vom Automobil abhängt.[83]

 

Den zentralen Part des Automobilmarktes nimmt der Neuwagenmarkt ein, dem jedoch eine Reihe weiterer wirtschaftlicher Aktivitäten teilweise vorgelagert (upstream) und teilweise nachgelagert (downstream) sind. Abbildung 1, die auf dem Konzept der Wertschöpfungskette beruht, verdeutlicht diese Sichtweise. So existieren neben dem Neuwagenmarkt weitere Märkte für automobilbezogene Finanzdienstleistungen, für Service, für Teile und Zubehör, für die Kraftstoffversorgung, für Gebrauchtwagen und letztendlich für die Entsorgung des Altfahrzeuges. Der Automobilmarkt ist demnach ein Marktverbund dieser einzelnen Märkte.[84]

 

 

Abb. 1: Der Automobilmarkt als Marktverbund

 

            (Quelle: Diez 2006, S. 18)

 

Betrachtet man aus traditioneller Sicht  die vertikale Wertschöpfungskette der Automobilwirtschaft (Abbildung 2), so lassen sich dabei drei verschiedene Stufen unterscheiden.

 

Auf der 1. Stufe sind dabei die Zulieferer angesiedelt, die sich in Zulieferer im engeren Sinne (Zulieferer i.e.S.) und im weiteren Sinne (Zulieferer i.w.S.) unterscheiden lassen. Zulieferer i.e.S. stellen dabei direkt automobilspezifische Teile und Komponenten her, während Zulieferer i.w.S. meistens als Vor- oder Direktlieferanten für nicht-automobilspezifische Leistungen zur automobilen Wertschöpfung beitragen und somit nicht direkt zur Automobilwirtschaft zu zählen sind.[85] Bei den Betriebsgrößen in der Zulieferindustrie dominieren die mittelständischen Unternehmen, wobei auch eine Vielzahl von Großkonzernen wie beispielsweise die Robert Bosch GmbH oder Delphi Automotive Systems existieren. Dabei sind die Unternehmen sowohl im Inland als auch im Ausland tätig. Der Markt der Zulieferindustrie ist aus Anbietersicht von einem Nachfrage-Oligopol gekennzeichnet, bei dem viele Zuliefererunternehmen wenigen potentiellen Automobilherstellern gegenüberstehen und dementsprechend einem enorm hohen Wettbewerb ausgesetzt sind. 

 

Auf der 2. Stufe stehen die eigentlichen Automobilhersteller. Diese nehmen eine führende Rolle in der Kette der Wertschöpfung ein, da sie die Fahrzeuge nicht nur produzieren, sondern auch einen enormen Einfluss auf die Produkttechnologie und die Markengestaltung haben.[86] Bei den Automobilherstellern handelt es sich nahezu ausschließlich um Großkonzerne, die global tätig sind und sich mit einer steigenden Anbieterkonzentration konfrontiert sehen. So sank die Zahl der wirtschaftlich unabhängigen Unternehmen seit Beginn der siebziger Jahre von 36 auf mittlerweile 13 im Jahr 2005 herab.[87] Aus Anbietersicht sind die Automobilhersteller auf einem durch ein Angebots-Oligopol geprägten Markt tätig, auf dem eine relativ hohe Wettbewerbsintensität herrscht. Diese ergibt sich aus der relativ hohen Transparenz auf diesem Markt und der daraus resultierenden wechselseitigen Reaktionsverbundenheit zwischen den Aktivitäten der verschiedenen Automobilhersteller.[88] Neben den eigentlichen Automobilherstellern sind ebenfalls auf der 2. Stufe noch die Komplementärbetriebe angesiedelt, bei denen es sich beispielsweise um Hersteller von Karosserien, Aufbauten und Anhängern handelt.

 

Auf der 3. Stufe ist das Kraftfahrzeuggewerbe angesiedelt, welches die  fabrikneuen Herstellerfahrzeuge vermarktet und sich um die Instandhaltung von Automobilen kümmert. Hier kann unterschieden werden zwischen freien Betrieben, die sich nahezu ausschließlich auf den Service für ältere Fahrzeuge konzentrieren, und zwischen Vertragshändlern, die einen Vertrag mit einem Automobilhersteller  haben und bisher hauptsächlich fabrikatsgebundene Neufahrzeuge verkaufen. Aufgrund des erleichterten Mehrmarkenvertriebes der GVO 1400/2002 wird die Zahl der Händler, die nicht an nur einen Hersteller gebunden sind, weiter zunehmen und die bisherige starke Händlerabhängigkeit vom Hersteller spürbar abnehmen. Die Größe der Unternehmen im Kraftfahrzeuggewerbe ist im Gegensatz zu den Zulieferern und den Herstellern eher kleinbetrieblich geprägt. So waren im Jahr 2004 in diesen Betrieben durchschnittlich 12 Mitarbeiter beschäftigt.[89] Diese Betriebe sind bisher praktisch ausschließlich auf dem inländischen Markt aktiv. Aus Anbietersicht sind die Unternehmen des Kraftfahrzeuggewerbes auf einem Markt aktiv, der als Polypol zu bezeichnen ist. Es stehen sich eine Menge von Vertragshändlern und freien Betrieben und eine noch größere Verbraucheranzahl gegenüber. Kennzeichnend für das Polypol auf dem vollkommenen Markt, auch als Markt mit vollständiger Konkurrenz bezeichnet, ist die Tatsache, dass Verkäufer und Käufer den Preis als Preisnehmer für marktgegeben akzeptieren müssen. Hier sind Anbieter und Nachfrager Mengenanpasser nach ihren eigenen Dispositionen.[90] Der ohnehin schon vorhandene Wettbewerbsdruck wurde durch zahlreiche Änderungen und Neuerungen der GVO 1400/2002 zusätzlich erhöht.  

 

 

Abb. 2: Struktur der Automobilwirtschaft

 

            (Quelle: Diez/Reindl 2005, S. 60)

 

Um die grundlegenden Strukturen und Mechanismen des Automobilmarktes besser verstehen zu können, muss zudem deutlich gemacht werden, dass es sich bei dem Markt für Neufahrzeuge um einen reifen Markt handelt.[91] Indikator für den Reifegrad eines Marktes ist dabei zum einen die Höhe des PKW-Bestandes. Dieser Bestand lag 2006 in Deutschland bei 46,1 Millionen Fahrzeugen (1,6% über dem...

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