Vor dem Hintergrund des bedrohlich niedrigen Eigenkapitals der weltweit größten Banken in den 1980er Jahren, verabschiedete der Baseler Ausschuss 1988 ein Regelwerk, das als Empfehlung an international tätige Banken gerichtet war.[75]
Dieses als „Basel I“ bezeichnete Regelwerk hatte zum Ziel, das Aktivgeschäft[76] von Banken mit Eigenkapital zu unterlegen, um eine international harmonisierte Vorsorge für Ausfälle zu schaffen. Die internationale Harmonisierung sollte dabei einen aufsichtsrechtlichen Wettbewerb der verschiedenen Finanzplätze um möglichst leichte Bedingungen verhindern. Mit der Überarbeitung des Basler Regelwerks, auch „Basel II“ genannt, wurde anschließend die Form der Risikomessung verfeinert.[77] Während Basel I nur Regelungen zu den Mindesteigenkapitalanforderungen enthielt, ergänzte Basel II diese mit einer „3-Säulen-Struktur“, in welcher ein bankenaufsichtlicher Überprüfungsprozess und erweiterte Offenlegungspflichten die Anforderungen an die betroffenen Kreditinstitute[78] erhöhten.[79]
Die Finanzkrise von 2008 hatte schließlich die Fortschreibung des Baseler Regelwerks in „Basel III“[80] im Jahre 2010 zur Folge. Ziele von Basel III waren eine nachhaltige Stärkung der Widerstandskraft des Bankensektors, sowie eine Verbesserung des Risikomanagements und höhere Offenlegungspflichten der Banken. Um diese Ziele zu erreichen, wurden die Anforderungen an die Qualität, die Quantität und die internationale Vergleichbarkeit des Eigenkapitals in Basel III erhöht.[81]
Diese neuen Anforderungen an das Eigenkapital sollen allerdings nicht Bestandteil dieser Arbeit sein. Vielmehr ist in Bezug auf Sicherheiten die Umrechnung von Aktivpositionen in sogenannte Risk Weighted Assets (RWA) von Interesse, welche in Basel III im Vergleich zu Basel II unverändert blieb.[82]
Die europäische Umsetzung von Basel III hat sich im Vergleich zu der von Basel II dagegen geändert. Zuvor war das europäische Bankenaufsichtsrecht auf der Basis von Richtlinien ausgestaltet,[83] was den Mitgliedstaaten der EU Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht ermöglichte.[84] Dies führte zu einem Mangel an Geschlossenheit in der europäischen Bankenaufsicht. Um das europäische Bankenaufsichtsrecht zu vereinheitlichen, wurde bei der Umsetzung von Basel III eine Kombination aus Richtlinie und Verordnung gewählt: Während die Richtlinie 2013/36/EU (Capital Requirements Directive, CRD IV) insbesondere Bestimmungen über die Zulassung und Beaufsichtigung von Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen enthält, regelt die Verordnung 2013/575/EU (Capital Requirements Regulation, CRR) wesentliche Teile der bankenaufsichtsrechtlichen Vorschriften an die Kreditinstitute.[85] Der Rechtsakt der Verordnung kennzeichnet sich dadurch, dass er innerhalb der Mitgliedsstaaten allgemein gültig und unmittelbar wirksam ist,[86] und den Mitgliedsstaaten somit keinen Ausgestaltungsspielraum überlässt. Diese beiden Rechtsakte werden zusammengefasst oft „CRD IV-Paket“ genannt,[87] welches wegen der gewählten Rechtsform der Verordnung der CRR als „Single Rulebook“ bezeichnet wird.[88]
Zusammenfassend wird Eigenkapital aus bankbetrieblicher Sicht durch den regulatorischen Rahmen der CRR daher ein notwendiger Produktionsfaktor für die Bereitstellung der Dienstleistung „Kredit“ für die unter der CRR beaufsichtigten Institute[89].[90] Nachfolgend wird auf die in der CRR geregelte Berechnung des aufsichtsrechtlich bereitzuhaltenden Eigenkapitals eingegangen, da dies die Grundlage für die Anrechnung der Kreditsicherheiten bildet.
Nach der CRR müssen neben dem Kreditrisiko auch andere Risiken, nämlich das Gegenparteiausfallrisiko, das Handelsbuchrisiko, Marktrisiken, operationelle Risiken und das CVA-Risiko, durch Eigenmittel[91] gedeckt sein.[92] Innerhalb des „Building-Block-Approach“ werden die Eigenmittelanforderungen, die aus den einzelnen Risikoarten resultieren zu einem Gesamtrisikobetrag addiert, und den insgesamt tatsächlich vorhandenen Eigenmitteln gegenübergestellt.[93] Nach Art. 92 Abs. 1 CRR müssen die Institute eine Mindestgesamtkapitalquote von 8% einhalten. Daraus ergibt sich folgende Formel:
Während innerhalb des Gesamtrisikobetrags einige Risiken in voller Höhe den Eigenmitteln gegenübergestellt werden, muss das für diese Arbeit relevante Kreditrisiko lediglich zu der Gesamtkapitalquote von 8% mit Eigenmitteln unterlegt werden.[94]
Grundsätzlich können Kreditinstitute bei der Ermittlung des Kreditrisikos zwischen dem Kreditrisikostandardansatz (KSA) und dem auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRB-Ansatz, IRBA) wählen, wobei die Verwendung des IRBA genehmigungspflichtig ist.[95] Sowohl im KSA, als auch im IRBA wird das Kreditrisiko von „Risikopositionen“[96] über die sogenannten „Risikogewichtete Positionsbeträge“[97] berechnet. Bei bilanziellen Vermögenswerten[98] (Aktivposten) erfolgt die Berechnung durch Multiplikation des Risikopositionswerts mit einem Risikogewicht:
KSA und IRBA unterscheiden sich dabei in der Berechnung der Faktoren Risikogewicht und Risikopositionswert. Im Kreditrisikostandardansatz ist der Risikopositionswert einer Aktivposition ihr Buchwert nach spezifischen Kreditrisikoanpassungen, zusätzlichen Wertberichtigungen gemäß den Artikeln 34 und 110 CRR, sowie weiteren mit der Aktivposition verknüpften Verringerungen der Eigenmittel.[99]
Welches Risikogewicht einer Risikoposition zugewiesen wird, hängt beim KSA im ersten Schritt von der Risikopositionsklasse ab, in die sich die Position zuordnen lässt. Innerhalb der meisten der insgesamt 17 Risikopositionsklassen[100] findet eine weitere Unterteilung in verschiedene Bonitätsabstufungen statt, mit der ein differenziertes Risikogewicht einhergeht. Die Ermittlung der Bonitätsstufen erfolgt entweder mithilfe von externen Bonitätsbeurteilungen von durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde anerkannte Ratingagenturen (External Credit Assessment Institution, ECAI), oder von Exportversicherungsagenturen.[101]
Da im Zuge dieser Arbeit nur auf die Anrechnung von Grundpfandrechten innerhalb des klassischen Kreditgeschäfts eingegangen wird, wird im Folgenden nur die Risikopositionsklasse „durch Immobilien besicherte Risikopositionen“ (in Kapitel 2.3) näher ausgeführt.[102]
Der Hauptunterschied bei Verwendung des IRBA besteht in der Verwendung von internen Ratings (im Unterschied zu den externen Ratings beim KSA). Standardgemäß ist von den Kreditinstituten der KSA zu verwenden. Die Verwendung des IRBA ist genehmigungspflichtig und unterliegt strengen bankenaufsichtlichen Vorgaben.[103]
Bei Verwendung des IRBA ist der Risikopositionswert einer Aktivposition ihr Buchwert ohne Berücksichtigung von Kreditrisikoanpassungen.[104]
Auch beim IRBA werden die Risikopositionen zur Bestimmung des Risikogewichts in Risikopositionsklassen zugeordnet. Diese unterscheiden sich jedoch von den Risikopositionsklassen des KSA. Bevor der IRBA für eine Risikopositionsklasse verwendet werden darf, muss dies einzeln genehmigt werden.[105]
Innerhalb IRBA werden die Konzepte des Expected Loss und des Unexpected Loss verwendet. Dabei muss nur der Unexpected Loss einer Risikoposition mit Eigenmitteln unterlegt werden. Es wird davon ausgegangen, dass das Institut für den Expected Loss bereits eine ausreichende Risikovorsorge getroffen hat.[106]
Im IRBA berechnet sich das Risikogewicht für die in dieser Arbeit relevanten Risikopositionsklassen nach derselben Formel des Unexpected Loss aus Kapitel 1 dieser Arbeit.[107] Analog beinhaltet sie die Verlustquote (LGD), die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) und die effektive Restlaufzeit der Risikoposition (Maturity). Der einzige weitere Faktor, der zur Berechnung des Risikogewichteten Positionsbetrags nötig ist, ist der Risikopositionswert (EaD). In dieser aufsichtsrechtlich vorgegebenen Formel befindet sich ein Value-at-Risk Ansatz.[108] Aufgrund des aufsichtsrechtlich vorgegebenen Konfidenzniveaus von 99,9%, kann der Risikogewichtete Positionsbetrag als Verlustbetrag...