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Der Balkan-Konflikt. Hintergründe, Zukunftsstrategien und -perspektiven des balkanischen Multikulturalismus

Ein Clash of Civilizations?

AutorMirela Shira
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl172 Seiten
ISBN9783656296768
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Region: Südosteuropa, Balkan, Note: 2, Universität Wien (Universität Wien in Zusammenarbeit mit dem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa), Veranstaltung: Soziologie, Geschichte, Politik, Sprache: Deutsch, Abstract: Eiserne Vorhänge und hohe graue Mauern sind gefallen und das Wort 'Grenze' hat seit langem seine strikte Bedeutung verloren. Die 'geografische Mobilität' hat den Menschen das ermöglicht, was noch bis vor ein paar Dekaden für unmöglich gehalten wurde: leben und arbeiten, wo es interessanter und schöner ist. Die Welt ist offener und multikultureller geworden und Kontakte zwischen den Kulturen sind im 20. und im 21. Jahrhundert keine Seltenheit mehr. Der Begriff 'Nation' richtet sich nach den konkreten sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen und der 'Nationalstaat' ist auf der Suche nach neuen Lösungen, um weiterhin heroisch über neue Konzepte zu triumphieren. Die nationalen Grenzziehungen üben nach wie vor ihren willkürlichen und bemerkenswerten Einfluss auf die Individuen und ihre Selbstdefinition aus. Einiges hat sich noch nicht geändert: die Identität jedes Menschen richtet sich nach seinem Geburtsrecht, nach seiner Sprache, nach seiner Kultur, nach seiner Religion, nach seinem Erbe ... Menschen, Länder, Nationen, Kulturkreise gehen nach dem Zweiten Weltkrieg und vor allem nach dem Ende des Kalten Krieges auf neue Identitätssuche, die vor allem von der einigenden und zugleich polarisierenden Kraft der Kultur bzw. der Kulturzugehörigkeit stark beeinflusst wird. In allen Zeiten war die menschliche Geschichte eine Geschichte von Kulturen und Kultur war die umfassendste Identifikation für die Menschheit. Nur welche Rolle spielen im 21. Jahrhundert die Kulturkreise und der intensivere Kontakt zwischen den Weltkulturen? Ist zu erwarten, dass das politische Gleichgewicht für die Welt dadurch positiv beeinflusst wird? Wird es aufgrund dieser Kontakte zwischen den verschiedenen Kulturkreisen der Welt zu einer universellen Weltkultur kommen oder wird sich jede Kultur bzw. jede Religion der Welt ihren bisherigen Platz bewahren können? Die große Illusion, dass das Ende des Kalten Krieges eine 'neue Weltordnung' sowie eine Welt ohne Konflikte und ohne Kriege schaffen würde, blieb nur eine solche. Die ethnischen Säuberungen in Ex-Jugoslawien, in Russland, in Somalia, Gaza und in anderen Ländern der Erde ließen den Traum einer friedlicheren Zeit zerplatzen. Der Genozid des ausgehenden 20. Jahrhunderts richtete sich gegen Menschen anderen Glaubens, anderer Kultur, anderer Sprache ... Die Kriege des beginnenden 21. Jahrhunderts sind als Bruchlinienkriege zwischen 'Westen' und 'Nichtwesten' zu bezeichnen, was neue Grenzen schafft.[...]

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Leseprobe

I. Einleitung

 

 Eiserne Vorhänge und hohe graue Mauern sind gefallen und das Wort „Grenze“ hat seit langem seine strikte Bedeutung verloren. Die „geografische Mobilität“ hat den Menschen das ermöglicht, was noch bis vor ein paar Dekaden für unmöglich gehalten wurde: leben und arbeiten, wo es interessanter und schöner ist. Die Welt ist offener und multikultureller geworden und Kontakte zwischen den Kulturen sind im 20. und im 21. Jahrhundert keine Seltenheit mehr. Der Begriff „Nation“ richtet sich nach den konkreten sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen und der „Nationalstaat“ ist auf der Suche nach neuen Lösungen, um weiterhin heroisch über neue Konzepte zu triumphieren. Die nationalen Grenzziehungen üben nach wie vor ihren willkürlichen und bemerkenswerten Einfluss auf die Individuen und ihre Selbstdefinition aus. Einiges hat sich noch nicht geändert: die Identität jedes Menschen richtet sich nach seinem Geburtsrecht, nach seiner Sprache, nach seiner Kultur, nach seiner Religion, nach seinem Erbe …

 

 Menschen, Länder, Nationen, Kulturkreise gehen nach dem Zweiten Weltkrieg und vor allem nach dem Ende des Kalten Krieges auf neue Identitätssuche, die vor allem von der einigenden und zugleich polarisierenden Kraft der Kultur bzw. der Kulturzugehörigkeit stark beeinflusst wird. In allen Zeiten war die menschliche Geschichte eine Geschichte von Kulturen und Kultur war die umfassendste Identifikation für die Menschheit. Nur welche Rolle spielen im 21. Jahrhundert die Kulturkreise und der intensivere Kontakt zwischen den Weltkulturen? Ist zu erwarten, dass das politische Gleichgewicht für die Welt dadurch positiv beeinflusst wird? Wird es aufgrund dieser Kontakte zwischen den verschiedenen Kulturkreisen der Welt zu einer universellen Weltkultur kommen oder wird sich jede Kultur bzw. jede Religion der Welt ihren bisherigen Platz bewahren können? Die große Illusion, dass das Ende des Kalten Krieges eine „neue Weltordnung“ sowie eine Welt ohne Konflikte und ohne Kriege schaffen würde, blieb nur eine solche. Die ethnischen Säuberungen in Ex-Jugoslawien, in Russland, in Somalia, Gaza und in anderen Ländern der Erde ließen den Traum einer friedlicheren Zeit zerplatzen. Der Genozid des ausgehenden 20. Jahrhunderts richtete sich gegen Menschen anderen Glaubens, anderer Kultur, anderer Sprache … Die Kriege des beginnenden 21. Jahrhunderts sind als Bruchlinienkriege zwischen „Westen“ und „Nichtwesten“ zu bezeichnen, was neue Grenzen schafft. Der Eindruck, dass Grenzen der Vergangenheit angehören, täuscht. Es existieren doch Grenzen aller Art, verfestigt in staatlichen und nichtstaatlichen rigiden Institutionen. Die Rede ist von nationalen und kulturellen Grenzziehungen, die sich nicht nur mit der Frage des Ein- bzw. des Ausschlusses von der Nutzung materieller Ressourcen beschäftigen. Die Öffnung der Grenzen für Waren und Kapitalverkehr geht Hand in Hand mit einer Schließung derselben für die Menschen. Es kann also keine Rede sein von einem Verschwinden der Grenzen und einem Zusammenwachsen zum „Global Village“. Dafür ist die Politik viel zu aufmerksam, und wenn es das politische Interesse gibt, könnten Unterschiede aller Art Grund genug für einen Krieg sein …

 

Früher oder später macht sich jeder im Laufe seines Lebens mit Themen wie „Multikulturalismus“, „Frieden oder Konflikte zwischen Zivilisationen“ etc. vertraut. Eigentlich aufgrund meiner albanischen Herkunft, bin ich mit Begriffen wie „Feind“ und „Konflikten“ zwischen „Sozialisten“ und „Kapitalisten“ aufgewachsen, aber „unsere Konflikte“ mit dem Rest der Welt waren ideologischer Natur und ein militärischer Angriff blieb uns allen erspart. Ich begann mir nach dem Ausbruch des Konflikts in Jugoslawien Gedanken darüber zu machen. Während des Studiums der Politikwissenschaften, mit dem Beginn des Irak-Krieges, bekam ich die Möglichkeit mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Mit dem Jugoslawien-Konflikt gewann das Thema Multikulturalismus wieder an Bedeutung und die klugen Köpfe der Sozialwissenschaft hatten genug Stoff für wissenschaftliche Auseinandersetzungen. Der Abschluss dieses Balkanlehrgangs bot mir wieder die Möglichkeit, mir Gedanken über den balkanischen Multikulturalismus zu machen, als jemand der vom Balkan kommt und sich ein friedliches Zusammenleben aller am Balkan lebenden Völker wünscht.

 

Wie aktuell dieses Thema für jeden von uns ist – da werden keine lange Kommentare gebraucht. Die Massaker in Banja Luka und im Kosovo und die fliehenden Menschen zeigten der Welt, wie grausam Nationalismus sein kann. Und die Bilder der ängstlich vor den Schüssen fliehenden Kinder und der verzweifelten Gesichter der wartenden Mütter in Russland sind unvergesslich. Eine ganze Welt im Würgegriff des Terrors: amerikanischer Angriff im Irak; israelischer Grenzzaun im Palästinensergebiet; Unterdrückung der Tschetschenen und der Kurden; selbstmörderische Terroraktionen, die die Welt erschüttern und Hunderte von Menschen in den Tod mitreißen. Das sind eigentlich die Bilder des letzten und beginnenden neuen Jahrhunderts. Das Ende des Kalten Krieges nach dem Fall der Berliner Mauer verzeichnete den Triumph des Liberalismus in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Der Zerfall der Sowjetunion und der Zerfall Jugoslawiens kennzeichnen den Beginn von Bürgerkriegen und ethnischen Konflikten. Die Entwicklungen nach den Jahren 1980-1990 in Osteuropa und am Balkan verkündeten eine neue Weltordnung, die bis nach dem Kosovo-Krieg nicht zu Optimismus verleiteten. Krieg in Bosnien, Kroatien, Kosovo: für ein Jahrzehnt befand sich der Balkan im Würgegriff nationalistischer Konflikte. Die Suche nach neuen Akteuren, die für Optimismus, Frieden und Perspektiven am Balkan sorgen, war mühsam und ist noch nicht zu Ende. Der Balkan ist auf dem Weg der Erholung von den vielen Konflikten und zum größten Teil für die EU-Perspektive bereit. Nur wie wird der Balkan die vielen sozialen Probleme und die Multikulturalismusfrage lösen? Der Weg der ethnischen Konflikte, des Hasses und Völkermordes hat sich als mittelalterlich erwiesen. Sind die Balkan-Länder, ihre Regierungen und vor allem die Zivilgesellschaften des Balkans ihrer Rolle zugunsten neuer Perspektiven und des friedlichen Miteinanders und Respekts gewachsen? Was braucht der Balkan, um zu „bestehen“, um zu „gewinnen“? Die innere Erneuerung? Wenn ja, in welchem Zusammenhang steht seine „innere Erneuerung“ zum Multikulturalismus und gegenseitigen Respekt seiner Völker?

 

 Ich hoffe, diese Arbeit ist ein gelungener Versuch einer wissenschaftlichen Antwort auf die vielen Fragen, die das Thema betreffen.

 

I. I Zentrale Fragestellung und Thesenformulierung

 

Als Ausgangspunkt dieser Arbeit dient Huntingtons Werk „Der Kampf der Kulturen. The Clash of Civilizations. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert“ und andere Bücher, sowie seine neorealistischen Ansätze in Bezug auf moderne Konflikte, wichtige Akteure des Weltgeschehens, die neue Bedeutung der (nationalen) Identität in der internationalen Politik, die anarchische Struktur des internationalen Systems etc. Diese Arbeit ist weder als eine tiefgreifende Analyse des Realismus und Neorealismus konzipiert worden, noch als eine Kritik am Realismus als Methode der Internationalen Politikforschung, sondern vielmehr als eine Analyse der modernen Konflikte nach Huntingtons neorealistischer Theorie, das Weltgeschehen im internationalen System, dessen Hintergründe und Perspektiven zu erklären. Daher lautet die zentrale These dieser Arbeit: Es wird versucht, mithilfe Huntingtons neorealistischer Ansätze das Geschehen im internationalen System zu erklären und die Konflikte nach dem Kalten Krieg, vor allem den Jugoslawien-Krieg, als Konflikt zwischen den Kulturen einzustufen.

 

I. II Zentrale Forschungsfragen

 

Kann der Balkan-Konflikt als ein „Clash of Civilizations“ eingestuft werden?

 

Sind die Hintergründe der Balkan-Konflikte kultureller und religiöser Natur oder war da Nationalismus im Spiel?

 

Hat Multikulturalismus am Balkan eine Chance und ist er der Weg zu einem friedlichen Balkan?

 

Bedeuten Zukunftsstrategien, die den Multikulturalismus fördern, Zukunftsperspektiven für den Balkan?

 

Welche sind die Methoden und die Wege und Modelle, die dem multikulturalistischen Balkan ein friedliches Zusammenleben, ein Nebeneinander und ein Miteinander bringen würden?

 

Andere wichtige Fragestellungen

 

Haben die Konflikte unserer Zeit bzw. werden die künftigen Konflikte kulturelle und religiöse Hintergründe haben?

 

Ist es möglich, die kulturellen Grenzen zu überschreiten, um Trennungslinien zwischen Ländern und Völkern zu verhindern?

 

Welche Rolle spielt die Bedeutung der Identität für die modernen Konflikte?

 

Ist der Nationalstaat immer noch der wichtigste Akteur des Weltgeschehens?

 

Könnte es zu einer universalen Zivilisation kommen?

 

I. III Hypothesen

 

...
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