3 Theoretischer Hintergrund
In diesem Teil der Arbeit werden zunächst die theoretischen Aspekte der Elektromobilität, der Nachhaltigkeit und Innovationen sowie der systematischen Suche nach Synergien vorgestellt. Dies dient dem Verständnis der allgemeinen Thematik wie auch dem Anwenden der theoretischen Bereiche im späteren Verlauf der Modellentwicklung.
In diesem Kapitel sollen Grundlagen geschaffen werden, um die Problematik der Elektromobilität erfassen zu können. Dem geschichtlichen Überblick folgt eine kurze Definition und Begriffsabgrenzung.
Fast 200 Jahre reicht die Erfindung des Elektroantriebs zurück, sodass davon auszugehen ist, dass auch die Entwicklung der Elektromobilität bis dahin zurück reicht.
Es war der englische Chemiker und Physiker Michael Faraday, der als Erster die Möglichkeit aufzeigte, wie ein mit Strom durchflossener Leiter unter dem Einfluss eines Dauermagneten um die eigene Achse rotierte. Für die Entwicklung der späteren Elektromotoren gilt dies als der Durchbruch zur heutigen Kernfrage der Elektromobilität. In den darauf folgenden Jahrzehnten wurden überall auf der Welt weitreichende Experimente mit der „elektromagnetischen Rotation“ durchgeführt. Thomas Davenport schaffte es im Jahre 1830 ein betriebenes Modell eines Schienenfahrzeugs mit einem Gleichstrom Motor in Betrieb zu nehmen. Hierbei handelte es sich zwar nur um eine Modelllokomotive im kleinen Maßstab, doch gilt dies als der erste erfolgreiche Durchbruch zum Beweis der Tauglichkeit von Elektromotoren. Wirtschaftlicher und leistungsfähiger waren damals die Dampfmaschinen, welche aus diesem naheliegenden Grunde auch die Marktdurchdringung der Elektromotoren verhinderten.
Es war der deutsche Ingenieur Moritz Hermann von Jacobi, der im Jahre 1838 den Transport von mehreren Personen verwirklichen konnte. Er entwickelte den „Jacobi-Motor“ mit einer Leistung von 220 Watt und nutzte diesen um einen Personentransporter auf der Newa in St. Petersburg anzutreiben. Dieser wurde mit 64 Platin-Zink-Elementen mit Gleichstrom versorgt und konnte es auf eine Geschwindigkeit von 3 km/h bringen.[2]
Vor über 100 Jahren war der angestrebte Zustand der Bundesregierung[3], siehe dazu NPE, schon Realität. Damals beherrschten verschiedene Antriebskonzepte die Straßen. Dampfantrieb, Elektroantrieb und der heutige Benzinmotor. Aufgrund der scheinbar damals unerschöpflichen Verfügbarkeit des Energieträgers Öl, entwickelte sich der Letztgenannte, auch aufgrund seiner Vorteile, beispielsweise der höheren Energiedichte und der kostengünstigeren Betriebskosten, rasant weiter und verdrängte den Elektroantrieb vom Markt. Auch heute ist der Verbrennungsmotor den anderen noch immer weit überlegen, jedoch verschärfen sich die Rahmenbedingungen von Tag zu Tag. Die Endlichkeit der fossilen Rohstoffe gilt längst als bewiesen, die politischen Bedingungen verändern sich hin zu einer „grünen“ Sichtweise. Hier sind die CO²-Emissionsziele, sowie die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anzumerken. Aus Sicht der Verbraucher sind es die Faktoren, Schadstoff- und Lärmemissionen die in naher Zukunft die Verbreitung der Elektromobilität weiter fördern werden.[4]
Die Elektromobilität ist die Nutzung von Elektroautos und Plug-in-Hybriden zur Fortbewegung für den wirtschaftlichen, aber auch für den privaten Gebrauch und die Bereitstellung einer Infrastruktur, welche die Nutzung ermöglicht.[5]
3.2 Nachhaltigkeit und Innovation
Innovation umfasst die Einführung, Aneignung und erfolgreiche Verwendung einer Neuerung in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie wird als Schlüssel für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit von Ländern, Branchen und Unternehmen, sowie als Garant für wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze gesehen. Das Themengebiet der Elektromobilität vereint durch seine Neuartigkeit und seinem „grünen Anspruch“ die Themenfelder Nachhaltigkeit und Innovation. Aufgrund dessen geht der Autor im nachfolgenden Teil auf selbige ein.
Laut Brundtland-Bericht ist Nachhaltigkeit die dauerhafte Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.[6]
Karl Albrecht Kasthofer (1818) erklärte im Bereich der Forstwirtschaft: Eine Nutzung des Waldes kann als nachhaltig bezeichnet werden, wenn jährlich nicht mehr Holz gefällt wird als die Natur darin erzeugt.
Das in der Forstwirtschaft seit Jahrhunderten angewandte Prinzip der Nachhaltigkeit ist unter dem Aspekt der Ökonomik als Art des Wirtschaftens zu bezeichnen, bei welcher derzeitige Bedürfnisse befriedigt werden, ohne zukünftigen Generationen die Lebensgrundlagen zu entziehen. Kennzeichnung durch langfristig orientiertes Denken und Handeln, um ein Fließgleichgewicht der natürlichen Ressourcen zu erreichen.[7]
Abbildung 1 Die drei Säulen der Nachhaltigkeit[8]
Wie aus der Grafik ersichtlich ist, stehen im Mittelpunkt dieses Modells die drei Dimensionen: ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit.
Bei der ökologischen Nachhaltigkeit wird davon ausgegangen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen nur in dem Maße beansprucht werden, in dem sich diese regenerieren. Beispielsweise: Erhaltung der Pufferkapazität der Natur, nachhaltige Nutzung erneuerbarer Ressourcen, sowie minimale Nutzung nicht-erneuerbarer Ressourcen.
Die ökonomische Nachhaltigkeit bezieht sich darauf, dass eine Gesellschaft nicht auf Kosten nachfolgender Generationen und damit über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse leben sollte. Möglichkeiten dafür sind: Die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität, hoher Beschäftigungsgrad, Preisniveaustabilität, sowie das Erreichen eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichtes.
Die soziale Nachhaltigkeit geht davon aus, dass in einer Demokratie die sozialen Spannungen auf friedliche Weise gelöst werden können, hier beispielsweise die gerechte Verteilung der Lebenschancen zwischen den Individuen, den Generationen, sowie Nord – Süd, und Ost – West.
Das in Abbildung 1 dargestellte „Drei Säulen Modell“ ist in der Fachwelt umstritten. Es wird vor allem bemängelt, dass sich daraus kaum praktische Konsequenzen ableiten lassen und sich selbiges schlecht operationalisieren lässt. Der Deutsche Bundestag und die von ihm eingesetzte „Enquete-Kommission“ konnte sich nicht darauf festlegen, ob das Leitbild der sogenannten „nachhaltigen Entwicklung“ weiterhin vorrangig der ökonomischen Dimension angelehnt, und somit dem Erhalt des Naturkapitals dient, oder diese langfristigen Ziele den kurzfristigen Zielen anzukoppeln sind, um so das gegenwärtige Entwicklungsmodell zu halten.[9]
Ein weiter Kritiker, der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) sprach im Jahre 2002 dem Modell die Orientierungsfunktion ab, weil alle drei Bereiche in einem Wunschzettelverfahren durch die Akteure bedient werden. Laut SRU, führt dies zu einer Hyperkomplexität, die das arbeitsteilige politische System überfordert.[10]
Problematiken bestehen in der Unterscheidung zwischen „schwacher“ und „starker“ Nachhaltigkeit innerhalb der wissenschaftlichen Nachhaltigkeits-diskussion. Denn schwache Nachhaltigkeit bezeichnet die Vorstellung, dass sich die drei Dimensionen, ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit gegeneinander aufwiegen lassen. Dies bedeutet, dass wenn wir im Rahmen der ökologischen Nachhaltigkeit, das Naturkapital erschöpfen, dies sich durch angemessene Mengen an geschaffenem Human- oder Sachkapital aufwiegen lässt. Ergo: Ökonomie und Ökologie sind hier gleichwertig, beziehungsweise gleichrangig.
Eine Möglichkeit ist das Drei-Säulen-Modell des Forschungszentrums Karlsruhe, welches im Rahmen einer großen Studie weiterentwickelt wurde.
Hierbei wird das Modell um die folgenden institutionellen Dimensionen erweitert:
Operationalisierung
Sicherung der menschlichen Existenz
Erhaltung des gesellschaftlichen Produktivpotentials
Bewahrung der Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten
Integration der intra- und intergenerativen Aspekte von Gerechtigkeit
Nimmt man diese Perspektiven dazu, hat man die Möglichkeit die beschränkte Sicht auf die drei Dimensionen zu verlassen und in einer integrierten Sichtweise...