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Der 'Index für Inklusion' als Instrument zur Evaluation und Planung von Schulentwicklung

AutorGerd Meiborg
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl64 Seiten
ISBN9783656732341
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Pädagogik - Schulwesen, Bildungs- u. Schulpolitik, Note: 1,0, Universität Hildesheim (Stiftung) (Erziehungswissenschaft - Weiterbildung in Netzwerken), Sprache: Deutsch, Abstract: Bereits einige Jahre vor Einsetzen der aktuellen Diskussion um das Thema Inklusion und dessen Umsetzung in Schule und Gesellschaft in Deutschland taucht der Begriff 'inklusiv' 2006 im Konzept der damals neu zu gründenden evangelischen Grundschule, Heinrich-Albertz-Schule, auf. Profilbildendes Merkmal dieser Schule sollte - ganz im Sinne der 'Pädagogik der Vielfalt' - die Einbeziehung aller Kinder in ihrer individuellen Unterschiedlichkeit als gleichwertige Mitglieder der Schulgemeinschaft sein, ohne dabei vordergründig Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarfen im Blick zu haben. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den 'Index für Inklusion' als Instrument zur Planung und Evaluation für die Schulentwicklung am Beispiel der evangelischen Heinrich-Albertz-Grundschule vorzustellen. Dazu erfolgt in Kapitel 2 eine kurze Beschreibung der Heinrich-Albertz-Schule, an der der Index für Inklusion eingesetzt wird. Kapitel 3 widmet sich zunächst der Klärung und Eingrenzung des Begriffs Inklusion (3.1), um anschließend den 'Index für Inklusion' (Index) vorzustellen (3.2). In Kapitel 4 wird ausführlich dargestellt, wie mit dem Index an der Schule gearbeitet und er als Instrument im Rahmen von Schulentwicklung genutzt wird. Dabei werden die Phasen bei der Arbeit mit dem Index mit ihren Ergebnissen dargestellt und diskutiert: Phase 1 - Mit dem Index beginnen (4.1), Phase 2 - Die Schulsituation beleuchten (4.2) und Phase 3 - Ein inklusives Schulprogramm entwerfen (4.3). Im Rahmen der Phase 2 wird in die Konzeption der empirischen Erhebung eingeführt, deren Ergebnisse (4.2.1) als beispielhaft und um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, auf die Darstellung der Schulkultur (Dimension A), die als 'Herzstück einer inklusiven Schule' gilt, beschränkt wird. Der 'Schulentwicklungstag' bildet den Übergang von Phase 2 zu Phase 3 bei der Arbeit mit dem 'Index' und wird daher mit seinen Ergebnissen in Kapitel 4.2.2 ausführlich beschrieben. Der Abschnitt 'Fazit und Ausblick' (Kap. 5) geht der Frage nach, welche Vorteile aber auch welche Schwierigkeiten sich bei der Arbeit mit dem 'Index für Inklusion' ergeben.

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Leseprobe

4 Die Arbeit mit dem Index für Inklusion


 

4.1 Phase 1: Mit dem Index beginnen


 

4.1.1 Hintergrund


 

Die Heinrich-Albertz-Schule hat seit ihrer Gründung kontinuierlich auf der Grundlage ihres Slogans und ihres Leitbildes ein Schulprogramm weiterentwickelt und dieses regelmäßig fortgeschrieben. Dazu trafen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einige Eltern sowie Vertreterinnen und Vertreter des Trägervereins alljährlich zu einer mehrtägigen Klausurtagung zu Beginn der Sommerferien, um mit Methoden der Organisationsentwicklung (vgl. u.a. Philipp 1994; Eikenbusch 1998) den Ist-Zustand der Schule zu analysieren und auf dieser Basis Schulentwicklungsziele zu formulieren, festzuschreiben und in Form konkreter Arbeitsschritte schulprogrammatisch festzuhalten. Insofern war bereits eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Schulentwicklung gegeben, denn „Schulentwicklung ist nur nachhaltig, wenn eine Infrastruktur für Lernen der Schule als Organisation aufgebaut wird, wozu Steuergruppen, Teamstrukturen und eine Feedbackkultur gehören“ (Rolff 2007, S. 20).

 

Die datenbasierte Analyse, von der Hans-Günter Rolff behauptet, „dass die Schulentwicklungsbewegung zum Aufbau und zur Verbreitung eines Bewusstseins, dass Entscheidungen über Schulentwicklung auch datenbasiert sein müssen, beigetragen hat“ (vgl. z.B. Altrichter und Rolff 2006, S. 5), stellt für die Heinrich-Albertz-Schule eine Neuerung dar. Dies lässt sich mit Jan von der Gathen kommentieren, nämlich dass „eine auf 'empirische Daten' basierte Schulentwicklung […] insbesondere im deutschen Schulwesen eine neue Herausforderung für Lehrkräfte dar[stellt]“ (Gathen 2006, S. 13). Hinzu kommt, dass bisher Datenerhebungen mehrheitlich extern an die Schulen herangetragen werden (VERA, IGLU, TIMMS, PISA etc.) oder – insofern es sich um Instrumente der Selbstevaluation handelt wie beispielsweise SEIS[8] –, sich die Kollegien mit einer großen Fülle von Daten (large scale assessments) konfrontiert sehen, deren Auswertung, Interpretation und Umsetzung einen großen Zeitaufwand bedeuten und daher häufig den Schulentwicklungsprozess zum Stocken bringen (vgl. Boomgarden 2006).

 

Der ‚Index für Inklusion‘ begegnet dieser Gefahr dadurch, dass er von vornherein als ein Instrument zur Selbstevaluation angelegt ist und durch seine offene Struktur eine individuelle Bearbeitung durch das jeweilige Kollegium zulässt. Durch die gemeinsame Bearbeitung in der vorgelagerten Phase 1 (wie bereits beschrieben) wird gewährleistet, dass die Kolleginnen und Kollegen ein gemeinsames Verständnis haben und auf dieser Grundlage gemeinsam eine Schwerpunktsetzung vornehmen können. Durch das breit gefächerte Spektrum der Bereiche innerhalb der drei Dimensionen wird ebenfalls von Beginn an deutlich, dass Schulentwicklung alle drei Bereiche von Schule – Organisationsentwicklung (OE), Personalentwicklung (PE) und Unterrichtsentwicklung (UE) – berührt und bestätigt damit die Auffassung Rolffs, „Keine UE ohne OE und PE, keine OE ohne PE und UE, keine PE ohne OE und UE. [...] Auf der Ebene konzeptioneller Überlegungen zeigt sich also, dass Entwicklung von Einzelschule keine Domäne eines einigen Ansatzes, sondern eine Synthese von OE, UE und PE ist“ (Rolff 2007, S. 15/16). Zusammenfassend lässt sich das Verständnis der Heinrich-Albertz-Schule von Schulentwicklung (OE, PE, UE) und Schulprogramm mit dessen sechs Bausteinen anhand folgender Graphik (s. Abbildung 5) darstellen:

 

 

Abbildung 5: Schulentwicklung in Anlehnung an Schratz (2003) und Rolff (2007)

 

4.1.2 Umsetzung an der Heinrich-Albertz-Schule


 

Begonnen wurde mit Phase 1 des ‚Index für Inklusion‘ auf Anregung der Schulleitung am 8. Juli 2011 im Rahmen einer mehrtägigen Klausurtagung im Haus Hessenkopf, einer Fortbildungsstätte der Braunschweigischen Landeskirche in der Nähe von Goslar. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung waren neben den Lehrkräften der Schule auch Sozialpädagogen und Eltern sowie Vertreterinnen und Vertreter des Trägervereins der Schule. Damit werden bereits zwei Bedingungen gelingender Schulentwicklung bekräftigt bzw. berücksichtigt. Zum einen wird die Bedeutung einer starken Schulleitung unterstrichen (vgl. Holtappels 2004, S. 194; Rolff 2007, S. 17; Schratz et al. 2010; Dyson 2012, S. 5), zum anderen die wichtige Rolle der Elternpartizipation für einen erfolgreichen Schulentwicklungsprozess beachtet. So verweist Werning in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Einbeziehung von Eltern in Großbritannien bei den sog. ‚extended schools‘[9] (Werning 2012, S. 57).

 

Im Rahmen dieser Informationsphase wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgefordert, mithilfe der ‚Placemat-Methode' Antworten auf die Frage zu finden, was sie mit dem Begriff Inklusion verbinden. Dazu sollte der Satz „Inklusion in Erziehung und Bildung bedeutet…" vervollständigt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeitsphase wurden dann mit der Definition „Inklusion in Erziehung und Bildung bedeutet…“, die von Boban und Hinz (Booth et al. 2003) auf Seite 10 in Abb. 1 vorgeschlagen werden, verglichen.

 

Der dort abgedruckte Katalog (s. Abbildung 6) wurde um folgende Aussagen ergänzt:

 

- individuelle Leistungsmessung ausgehend von der jeweils individuellen Lernausgangslage,

 

- individuelle Lernziele,

 

- Vergleich anhand von Standards,

 

- das Wissen um die Wechselwirkung von Beziehungen aller an Schule beteiligter Gruppen,

 

- Hilfe zur Selbsthilfe,

 

- Ressourcenorientierung,

 

- Stärkung des „Wir"-Gefühls der gesamten Schulgemeinschaft.

 

 

Abbildung 6:Inklusion in Bildung und Erziehung (Quelle: Booth et al. 2003, S. 10)

 

Gestrichen wurden aus der Aufzählung folgende Aussagen:

 

- die Anerkennung, dass alle Schülerinnen und Schüler ein Recht auf wohnortnahe Bildung und Erziehung haben (Da die Heinrich-Albertz-Schule eine Angebotsschule ist und Kinder aus dem gesamten Stadtgebiet beschult, trifft dieser Teil der Definition auf sie nicht zu.),

 

- die Verbesserung von Schulen nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für alle anderen Beteiligten (Auf diesen Teil der Definition wurde verzichtet, da er für die Anwesenden zu ungenau war. Stattdessen wurde die oben genannte Formulierung „Das Wissen um die Wechselwirkung von Beziehungen aller an Schule beteiligter Gruppen" gewählt.),

 

- den Anspruch, dass Inklusion in Erziehung und Bildung ein Aspekt von Inklusion in der Gesellschaft ist (Den Anwesenden war klar, dass Inklusion ein Anspruch an die Gesamtgesellschaft ist und Schule nur einen Aspekt der Gesellschaft darstellt. Für die Weiterentwicklung der Heinrich-Albertz-Schule erschien der Arbeitsgruppe dieser Punkt jedoch sekundär.).

 

Dieser Arbeitsschritt diente dazu, ein gemeinsames gedankliches Fundament zum Begriff und zur Vorstellung von Inklusion als Grundlage für die Weiterarbeit zu schaffen.

 

Im Anschluss daran füllten die Anwesenden (in Einzelarbeit) den Fragebogen 1: Indikatoren (Booth et al. 2003, S. 99–100) aus, auf dem alle Indikatoren aller drei Dimensionen gelistet sind. Mit diesem Schritt rückte – ausgehend von der gefundenen allgemeinen Beschreibung von Inklusion – die eigene Schule in den Focus. Zur Auswertung wurden alle ausgefüllten Fragebögen nebeneinander gelegt und ermittelt, welchen Indikatoren die Anwesenden ‚voll zustimmen‘, denn nur bei voller Zustimmung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollte der entsprechende Indikator für die Heinrich-Albertz-Schule als umgesetzt gelten.

 

4.1.3 Ergebnisse


 

4.1.3.1 Bereits erfolgreich an der Schule umgesetzte Indikatoren des Index

 

Auf Grundlage der oben beschriebenen Untersuchung wurden von dem Team folgende Indikatoren der drei Dimensionen als erfolgreich umgesetzt gekennzeichnet:

 

Dimension A: Inklusive Kulturen schaffen

 

- die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten zusammen

 

- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Schülerinnen und Schüler beachten einander als Person und als Rollenträgerinnen und Rollenträger

 

- die Mitarbeiterinnen und...

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