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Auf der Suche nach der verlorenen Jahrhundert-Oper. Der Komponist Erich J. Wolff (1874 - 1913)

AutorPeter P. Pachl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl34 Seiten
ISBN9783656880097
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Forschungsarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Musik - Sonstiges, , Sprache: Deutsch, Abstract: Ernest Newman prognostizierte am 1. Mai 1913 in 'The Musical Times', dass zwei oder drei der Lieder von Erich J. Wolff den Namen des jung verstorbenen Komponisten lebendig halten würden. Diese Vorhersage schien sich nicht zu verwirklichen, denn der amerikanische Musikologe hatte nur musikalische, nicht die politischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts vorhersehen. Aber langsam scheint sich Newmans Prognose doch zu bewahrheiten. Vor einhundert Jahren, im Jahre 1915, waren Erich J. Wolffs Kompositionen überaus populär. Kaum ein bedeutender Solist verzichtete in den Programmen seiner Liederabende auf 'Alle Dinge haben Sprache', 'Knabe und Veilchen' oder 'Märchen'. Die immense Popularität von Wolffs Liedern geht beispielsweise daraus hervor, dass in der Sammlung '2000 der beliebtesten Konzertlieder in Texten von Julius Lerche' 17 Kompositionen Erich J. Wolffs, als besonders häufig im Rundfunk und im Konzertsaal erklingende Lieder aufgeführt sind , während Alexander Zemlinsky ('Lied der Jungfrau') und Franz Schreker (Wiegenlied der Els aus dem 'Schatzgräber')mit nur je einem Lied aufgeführt sind, -Max Schillings hingegen mit 13 Liedern. Überrundet werden diese Komponisten selbstredend von einer Vielzahl an Liedern Franz Schuberts. Statistisch ebenfalls deutlich noch vor Erich J. Wolff lagen hingegen Hugo Wolf mit 150 Liedern, Richard Strauss mit 75 Liedern, und Gustav Mahler mit 23 Liedern.

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Leseprobe

Auf der Suche nach der verlorenen Jahrhundert-Oper Der Komponist Erich J. Wolff

 

Ernest Newman prognostizierte am 1. Mai 1913 in „The Musical Times“, dass zwei oder drei der Lieder von Erich J. Wolff den Namen des jung verstorbenen Komponisten lebendig halten würden. Diese Vorhersage schien sich nicht zu verwirklichen, denn der amerikanische Musikologe hatte nur musikalische, nicht die politischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts vorhersehen. Aber langsam scheint sich Newmans Prognose doch zu bewahrheiten.

 

Vor einhundert Jahren, im Jahre 1915, waren Erich J. Wolffs Kompositionen überaus populär. Kaum ein bedeutender Solist verzichtete in den Programmen seiner Liederabende auf „Alle Dinge haben Sprache“, „Knabe und Veilchen“ oder „Märchen“.

 

Die immense Popularität von Wolffs Liedern geht beispielsweise daraus hervor, dass in der Sammlung „2000 der beliebtesten Konzertlieder in Texten von Julius Lerche“[1] 17 Kompositionen Erich J. Wolffs, als besonders häufig im Rundfunk und im Konzertsaal erklingende Lieder aufgeführt sind[2], während Alexander Zemlinsky („Lied der Jungfrau“) und Franz Schreker (Wiegenlied der Els aus dem „Schatzgräber“)mit nur je einem Lied aufgeführt sind, –Max Schillings hingegen mit 13 Liedern. Überrundet werden diese Komponisten selbstredend von einer Vielzahl an Liedern Franz Schuberts. Statistisch ebenfalls deutlich noch vor Erich J. Wolff lagen hingegen Hugo Wolf mit 150 Liedern, Richard Strauss mit 75 Liedern, und Gustav Mahler mit 23 Liedern.

 

Auch die berühmten Proms-Konzerte enthielten Kompositionen Wolffs. So brachte die Sopranistin Gwendolen Maude, begleitet von Percy Pitt, am 16. September 1903 in der Queen’s Hall Erminie“ als „Proms premiere“ heraus, und am 9. September 1929 interpretierte die Sopranistin Tatiana Makushina – neben dem Schlussgesang der Brünnhilde – Wolffs „Alle Dinge haben Sprache“, op. 19.2 und „Du bist so jung“, am Klavier begleitet von Berkeley Mason.

 

Adelheide Pickert wurde bei ihrem ersten Liederabend am 3. Dezember 1912 in Berlin, wo sie – neben Arien von Haydn, Bassani und Paisello und Liedern von Mahler und Haas – sechs Lieder von Wolff sang, vom Komponisten begleitet.

 

Denn Wolff war auch ein überaus gefragter Begleiter für Solisten, selbst wenn deren Programme keine Kompositionen von ihm enthielten, so etwa beim Liederabend mit Julia Culp am 8. Februar 1907 in Wien, wo ausschließlich Lieder von Hugo Wolf auf dem Programm standen.

 

Für die prominenten Sängerinnen seiner Epoche schuf Wolff auch eigene Orchestrierungen seiner Lieder.

 

Aus einer Auflistung der Konzerte Wilhelm Furtwänglers in Lübeck geht hervor, dass dieser Dirigent in sein Symphoniekonzert am 24. Februar 1912 neben den Vorspielen zu Wagners „Tristan und Isolde“ und „Die Meistersinger von Nürnberg“ – Lieder von Beethoven und Wolff integriert hat. Am 8. November 1913 begleitete er die Sopranistin Hermine Bosetti mit 4 Liedern von Wolff und Pfitzner, und in seinem Symphoniekonzert am 27. Februar 1914 standen – neben Carl Goldmarcks Ouvertüre „Sakuntala“ und Beethovens Pastorale – Klavierlieder von Mahler und Wolff auf dem Programm, bei denen Lula Mysz-Gmeiner von Furtwängler am Klavier begleitet wurde.

 

Aufschlussreich sind in dieser Hinsicht auch Werbe-Annoncen des Verlages Harmonie. Anlässlich des Erscheinens des „in elegantem Leinenband“ gebundenen Erich J. Wolff-Albums ist zu lesen: „Ein neuer berühmter Liederkomponist[,] dessen reizende Kompositionen jetzt allenthalben volle Anerkennung gefunden haben und bereits von vielen der beliebtesten Liedersänger und -Sängerinnen, u. a. Anton Siestermann, Julia Culp, Elena Gerhardt, Paul Schmedes, Helene Staegemann, Alexander Heinemann, Tilly Koenen etc. etc. in ihr ständiges Programm aufgenommen sind, ist unstreitig Erich J. Wolff. Der unterzeichnete Verlag hat von seinen Werken bisher ca. 50 Lieder gedruckt und empfiehlt dringend jedem Musikliebhaber, sich ein Verzeichnis derselben kommen zu lassen.“

 

In einer Anzeige „90 Lieder und andere Compositionen von Erich J. Wolff“ im Jahre 1909 wirbt der Harmonie Verlag mit dem Hinweis, „aus dem Repertoire von: Julia Culp, Elena Gerhard [sic] Claire Dux, Anton Sistermanns, Paul Schmedes etc. etc.“, und auf der Titelseite der Publikation von elf neu zusammengestellten, besonders populären Liedern Wolffs verweist die New Yorker Harmonia Edition postum darauf, dass diese Lieder zum festen Repertoire der Solisten Julia Culp, Elena Gerhard [sic], Nelson Eddy und John Charles Thomas, sowie „many other distinquished artists“, gehörten.

 

Bis Ende 2009 war der 1874 in Wien geborene, später in Berlin lebende Komponist und Liedbegleiter Erich J. Wolff in keinem Musiklexikon zu finden und mit keinem Opus auf Tonträgern vertreten. Und ohne die Pflege der Liedertradition in den USA wäre dieser Komponist heute wohl völlig vergessen.

 

Biografische Hermen

 

Sucht man nach Quellen zur Vita von Erich J. Wolff, so ist die Ausbeute bei weitem geringer als dessen umfangreiches Oeuvre selbst.

 

Nach der Veröffentlichung der ersten Doppel-CD mit Liedern, Gesängen und einem Melodram aus der Feder von Erich J. Wolff, im Jahre 2011, war u. a. zu lesen: „Wie hat man ihn nur vergessen können? Farbenreicher als Erich J. Wolff (1874 bis 1913) schrieb kaum ein Liedkomponist des frühen 20. Jahrhunderts. 43 der meist kurzen Stimmungsbilder stellt die US-Sopranistin Rebecca Broberg, begleitet von Hans Martin Gräbner, hier überzeugend vor: eine Entdeckung.“[3]

 

Und seither tauchen immer wieder neue Dokumente zum Leben und Werk dieses Komponisten auf, Puzzleteile, die das Bild runden helfen [4].

 

In seiner Zemlinsky-Biographie nennt Antony Beaumont den Pianisten und Komponisten Erich J. Wolff den „untrennbaren Begleiter Schönbergs und Zemlinskys in den späten Neunzigerjahren des 19. Jahrhunderts“[5].

 

Auch in Alma Mahler-Werfels Tagebüchern erfolgt die erste Erwähnung Wolffs in Zusammenhang mit Zemlinsky und Schönberg: Am 3. April 1900 ist zu lesen: „Zemlinsky war leider nicht da. Nur seine beiden Freunde Wolff und Schönberg.“[6] Eine Anmerkung des Herausgebers Antony Beaumont nennt Wolff „aus ärmlichen Verhältnissen“ stammend und „weitgehend Autodidakt“.

 

In einem erst kürzlich wieder aufgetauchten Interview im Boston Evening Transcript vom 26. Februar 1915 berichtet die Sopranistin Julia Culp:

 

„Seine Eltern waren arm und ohne soziale Bestimmung. Er studierte am Wiener Konservatorium, aber die Wiener Kultur ist undenkbar ohne das Wiener Kaffeehaus. Somit fand ein beachtlicher Teil von Wolffs musikalischer Erziehung neben den kleinen runden Kaffeehaustischen, mit honigsüßem Likör statt, im einen oder anderen Café am Ring. Hier arbeitete Wolff seine Übungen im Kontrapunkt aus, dem folgte eine Runde Billard, und wenn das Kaffeehaus-Orchester die letzten schunkelnden Noten der ‚Fledermaus’ gespielt hatte, ging er zum Klavier und spielte zur Begeisterung seiner Begleiter die neu vollendete Fuge.“[7]

 

Eine Anekdote, die im April 1921 im Magazin „Etude“[8] erschien, berichtet, dass Wolff nach Beendigung seiner Studien am Wiener Konservatorium Johannes Brahms eine neue Komposition am Klavier vortrug, woraufhin Brahms sein verbales Lob mit einer teuren, ägyptischen Zigarette mit goldenem Mundstück bekräftigt haben soll.[9]

 

Zemlinskys Klavierquartett in D-Dur wurde – mit Alexander Rosé, Friedrich Buxbaum Zemlinsky und Wolff – am 23. November 1893 aus der Taufe gehoben.

 

Im März 1904 war Wolff Gründungsmitglied der “Vereinigung Schaffender Tonkünstler”, die im Januar des folgenden Jahres die Uraufführung der symphonischen Dichtung “Pelleas und Melisande” ihres Präsidenten Arnold Schönberg realisierte.

In der Saison 1901/02 arbeitete Wolff als Assistent Alexander Zemlinskys am Wiener Carl-Theater.

 

Als Nebenprodukt eines nicht zustande gekommenen Drucklegung von Zemlinskys Symphonischer Dichtung „Die Seejungfrau“, im Jahre 1903 im Süddeutschen Musikverlag in Strassburg im Elsass, wertet Beaumont das Erscheinen von Wolffs Sechs Kleinen Tänzen op. 4, in diesem Verlag im selben Jahr. Der Strassburger Verlag publizierte auch eine Vielzahl von Wolffs Liedern.

 

Nachdem Alma Schindlers Mutter im Jahre 1901 dafür gesorgt hatte, dass alle Kontakte zwischen Alexander Zemlinsky und Alma abgebrochen wurden, schlug Zemlinsky seiner leidenschaftlich geliebten Schülerin Alma vor, ihre privaten...

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