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Die deutsche Ideologie

Vollständige Ausgabe

AutorFriedrich Engels, Karl Marx
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl800 Seiten
ISBN9783849608309
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Die deutsche Ideologie ist ein Textkonvolut, das hauptsächlich von Karl Marx, assistiert von Friedrich Engels und zeitweilig auch von Moses Hess, in den Jahren 1845-1847 verfasst, damals aber nur zu einem sehr geringen Teil veröffentlicht wurde. Zusammen mit den 1845 von Marx verfassten, ebenfalls zu Lebzeiten unveröffentlichten Thesen über Feuerbach gilt Die deutsche Ideologie als Schlüsselwerk des Historischen Materialismus. (aus wikipedia.de)

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Leseprobe

1. »Feldzug« gegen Feuerbach

 

Ehe wir der feierlichen Auseinandersetzung des Bauerschen Selbstbewußtseins mit sich selbst und der Welt folgen, müssen wir ein Geheimnis verraten. Der heilige Bruno hat nur darum Krieg und Kriegsgeschrei erregt, weil er sich selbst und seine abgestandene, sauer gewordene Kritik vor der undankbaren Vergeßlichkeit des Publikums »sicherstellen«, weil er zeigen mußte, daß auch unter den veränderten Verhältnissen des Jahres 1845 die Kritik stets sich selbst gleich und unveränderlich blieb. Er schrieb den zweiten Band der »guten Sache und seiner eignen Sache«; er behauptet sein eignes Terrain, er kämpft pro aris et focis. Echt theologisch aber verdeckt er diesen Selbstzweck unter dem Schein, als wolle er Feuerbach »charakterisieren«. Man hatte den guten Mann gänzlich vergessen, wie die Polemik zwischen Feuerbach und Stirner, in der er gar nicht berücksichtigt wurde, am besten bewies. Ebendarum klammert er sich an diese Polemik an, um sich als Gegensatz der Entgegengesetzten zu ihrer höheren Einheit, zum heiligen Geist proklamieren zu können.

 

Der heilige Bruno eröffnet seinen »Feldzug« mit einer Kanonade gegen Feuerbach, c'est-à-dire mit dem verbesserten und vermehrten Abdruck eines bereits in den »Norddeutschen Blättern« figurierenden Aufsatzes. Feuerbach wird zum Ritter der »Substanz« geschlagen, um dem Bauerschen »Selbstbewußtsein« größeren Relief zu verleihen. Bei dieser Transsubstantiation Feuerbachs, die angeblich durch sämtliche Schriften Feuerbachs bewiesen wird, hüpft der heilige Mann von Feuerbachs Schriften über Leibniz und Bayle sogleich auf das »Wesen des Christenthums« und überspringt den Aufsatz gegen die »positiven Philosophen« in den »Hallischen Jahrbüchern«. Dies »Versehen« ist »an der Stelle«. Feuerbach enthüllte hier nämlich den positiven Vertretern der »Substanz« gegenüber die ganze Weisheit vom »Selbstbewußtsein« zu einer Zeit, wo der heilige Bruno noch über die unbefleckte Empfängnis spekulierte.

 

Es bedarf kaum der Erwähnung, daß Sankt Bruno sich noch immer auf seinem althegelschen Schlachtroß herumtummelt. Man höre gleich den ersten Passus seiner neuesten Offenbarungen aus dem Reiche Gottes:

 

»Hegel hatte die Substanz Spinozas und das Fichtesche Ich in eins zusammengefaßt; die Einheit von Beiden, die Verknüpfung dieser entgegengesetzten Sphären pp. bilden das eigentümliche Interesse, aber auch zugleich die Schwäche der Hegelschen Philosophie. [...] Dieser Widerspruch, in dem sich das Hegelsche System hin und her bewegte, mußte gelöst und vernichtet werden. Er konnte es aber nur dadurch, daß die Aufstellung der Frage: wie verhält sich das Selbstbewußtsein zum absoluten Geiste?... für immer unmöglich gemacht wurde. Es war nach zwei Seiten möglich. Entweder muß das Selbstbewußtsein wieder in der Glut der Substanz verbrennen, d.h. das reine Substantialitätsverhältnis feststehen und bestehen, oder es muß aufgezeigt werden, daß die Persönlichkeit der Urheber ihrer Attribute und ihres Wesens ist, daß es im Begriffe der Persönlichkeit überhaupt liegt, sich selbst« (den »Begriff« oder die »Persönlichkeit«?) »beschränkt zu setzen und diese Beschränkung, die sie durch ihr allgemeines Wesen letzt, wieder aufzuheben, da eben dieses Wesen nur das Resultat ihrer - innern Selbstunterscheidung, ihrer Tätigkeit ist.« Wigand, p. [86,] 87, 88.

 

Die Hegelsche Philosophie war in der »Heiligen Familie« p. 220 als Einheit von Spinoza und Fichte dargestellt und zugleich der Widerspruch, der darin liegt, hervorgehoben. Dem heiligen Bruno gehört eigentümlich, daß er nicht, wie die Verfasser der »Heiligen Familie«, die Frage vom Verhältnis des Selbstbewußtseins zur Substanz für eine »Streitfrage innerhalb der Hegelschen Spekulation« hält, sondern für eine welthistorische, ja für eine absolute Frage. Es ist die einzige Form, in welcher er die Kollisionen der Gegenwart aussprechen kann. Er glaubt wirklich, daß der Sieg des Selbstbewußtseins über die Substanz nicht nur vom wesentlichsten Einfluß auf das europäische Gleichgewicht, sondern auch auf die ganze zukünftige Entwicklung der Oregonfrage sei. Inwiefern dadurch die Abschaffung der Korngesetze in England bedingt ist, darüber ist bis jetzt wenig verlautet.

 

Der abstrakte und verhimmelte Ausdruck, wozu eine wirkliche Kollision sich bei Hegel verzerrt, gilt diesem »kritischen« Kopf für die wirkliche Kollision. Er akzeptiert den spekulativen Widerspruch und behauptet den einen Teil desselben dem andern gegenüber. Die philosophische Phrase der wirklichen Frage ist für ihn die wirkliche Frage selbst. Er hat also auf der einen Seite statt der wirklichen Menschen und ihres wirklichen Bewußtseins von ihren ihnen scheinbar selbständig gegenüberstehenden gesellschaftlichen Verhältnissen die bloße abstrakte Phrase: das Selbstbewußtsein, wie statt der wirklichen Produktion die verselbständigte Tätigkeit dieses Selbstbewußtseins, und auf der andern Seite statt der wirklichen Natur und der wirklich bestehenden sozialen Verhältnisse die philosophische Zusammenfassung aller philosophischen Kategorien oder Namen dieser Verhältnisse in der Phrase: die Substanz, da er mit allen Philosophen und Ideologen die Gedanken, Ideen, den verselbständigten Gedankenausdruck der bestehenden Welt für die Grundlage dieser bestehenden Welt versieht. Daß er nun mit diesen beiden sinnlos und inhaltslos gewordenen Abstraktionen allerlei Kunststücke machen kann, ohne von den wirklichen Menschen und ihren Verhältnissen etwas zu wissen, liegt auf der Hand. (Siehe übrigens über die Substanz, was bei Feuerbach, bei Sankt Max über den »humanen Liberalismus« und über das »Heilige« gesagt ist.) Er verläßt also nicht den spekulativen Boden, um die Widersprüche der Spekulation zu lösen; er manövriert von diesem Boden aus und steht selbst so sehr noch auf speziell Hegelschem Boden, daß das Verhältnis »des Selbstbewußtseins« zum »absoluten Geist« ihm immer noch den Schlaf raubt. Mit einem Wort, wir haben hier die in der »Kritik der Synoptiker« angekündigte, im »Entdeckten Christenthum« ausgeführte und leider in der Hegelschen »Phänomenologie« längst antizipierte Philosophie des Selbstbewußtseins. Diese neue Bauersche Philosophie hat in der »Heiligen Familie« p. 220 seqq. und 304-307 ihre vollständige Erledigung gefunden. Sankt Bruno bringt es indes hier fertig, sich selbst noch zu karikieren. Indem er die »Persönlichkeit« hereinschmuggelt, um mit Stirner den Einzelnen als sein »eignes Machwerk« und um Stirner als Brunos Machwerk darstellen zu können. Dieser Fortschritt verdient eine kurze Notiz.

 

Zunächst vergleiche der Leser diese Karikatur mit ihrem Original, der Erklärung des Selbstbewußtseins im »Entdeckten Christenthum«, p. 113, und diese Erklärung wieder mit ihrem Ur-Original, Hegels »Phänomenologie«, p. 575, 583 und anderwärts. (Beide Stellen sind abgedruckt: »Heilige Familie« p. 221, 223, 224.) Nun aber die Karikatur! »Persönlichkeit überhaupt«! »Begriff«! »Allgemeines Wesen«! »Sich selbst beschränkt setzen und diese Beschränkung wieder aufheben«! »innere Selbstunterscheidung«! Welche gewaltigen »Resultate«! »Persönlichkeit überhaupt« ist entweder »überhaupt« Unsinn oder der abstrakte Begriff der Persönlichkeit. Es liegt also »im Begriff« des Begriffs der Persönlichkeit, »sich selbst beschränkt zu setzen«. Diese Beschränkung, die im »Begriff« ihres Begriffs liegt, setzt sie gleich darauf »durch ihr allgemeines Wesen«. Und nachdem sie diese Beschränkung wieder aufgehoben hat, zeigt sich, daß »eben dieses Wesen« erst »das Resultat ihrer innern Selbstunterscheidung ist«. Das ganze großmächtige Resultat dieser verzwickten Tautologie läuft also auf das altbekannte Hegelsche Kunststück der Selbstunterscheidung des Menschen im Denken heraus, welche uns der unglückliche Bruno beharrlich als die einzige Tätigkeit der »Persönlichkeit überhaupt« predigt. Daß mit einer »Persönlichkeit«, deren Tätigkeit sich auf diese trivial gewordenen logischen Sprünge beschränkt, nichts anzufangen ist, hat man dem heiligen Bruno schon vor längerer Zeit bemerklich gemacht. Zugleich enthält dieser Passus das naive Geständnis, daß das Wesen der Bauerschen »Persönlichkeit« der Begriff eines Begriffs, die Abstraktion von einer Abstraktion ist.

 

Die Kritik Feuerbachs durch Bruno, soweit sie neu ist, beschränkt sich darauf, Stirners Vorwürfe gegen Feuerbach und Bauer heuchlerischerweise als Bauers Vorwürfe gegen Feuerbach darzustellen. So z.B., daß »das Wesen des Menschen Wesen überhaupt und etwas Heiliges« sei, daß »der Mensch der Gott des Menschen« sei, daß die Menschengattung »das Absolute« sei, daß Feuerbach den Menschen »in ein wesentliches und unwesentliches Ich« spalte (obwohl Bruno stets das Abstrakte für das Wesentliche erklärt und in seinem Gegensatz von Kritik und Masse sich diese Spaltung noch viel ungeheuerlicher vorgestellt als Feuerbach), daß der Kampf gegen »die Prädikate Gottes« geführt werden müsse etc. Über eigennützige und uneigennützige Liebe schreibt Bruno den Stirner, dem Feuerbach gegenüber, auf drei Seiten...

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