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E-Book

Drehbuch-Studium III XL

Von Die Reise zum Mond bis Memento

AutorEdgar von Cossart
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl436 Seiten
ISBN9783752801170
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Buchreihe "DREHBUCH-STUDIUM Das Fachbuch zum Drehbuch" beschreibt an konkreten Beispielen, welche Überlegungen beim Schreiben einer fiktionalen Geschichte angestellt werden müssen, wie man eine Geschichte strukturiert und wie man sie mit Spannung und Emotionen anreichert. Während es in Teil I der Reihe um Ideenfindung, Grundlagen der Dramatik, Epik und Lyrik, um Exposé, Treatment, die Heldenreise und das Genre geht, beschäftigt sich Teil II der Reihe mit dem szenischen Treatment, der Szenenarbeit, dem Dialog und dem Schreiben eines Drehbuchs. Es beinhaltet darüber hinaus die Erklärung der Szene und der Formatierung. Obwohl sich diese Arbeitsschritte und Kenntnisse in erster Linie auf die Drehbucharbeit beziehen, gibt es viel an Wissen, das für alle Arten von Storys verwendet werden kann und sollte. Tricks und Kniffe, wie wirkungsvolle Geschichten entstehen können, werden ermittelt und anhand passender Beispiele verdeutlicht. In diesem Teil der Buchreihe mit dem Untertitel "Von 'Die Reise zum Mond' bis 'Memento'" werden die Filme, die in den vorangegangenen Teilen die Theorie veranschaulicht haben, gesondert beschrieben, analysiert und interpretiert. Der Zusatz XL bedeutet, dass es sich hier um ein Maxiformat handelt. Auf 436 kopierfähigen Din-A4-Seiten werden 46 Filme beschrieben, analysiert und interpretiert. Bei einigen Filmen werden Auszüge aus den Drehbüchern wiedergegeben.

Edgar von Cossart arbeitet als Autor und Dozent. Im Laufe seiner Tätigkeit als Drehbuchautor sind viel beachtete Fernsehspiele und Krimis (u.a. Tatort) entstanden. Als Dozent unterrichtet Edgar von Cossart die Fächer "Drehbuch", "Dramaturgie" und "Storytelling" an diversen Schulen und Hochschulen und gibt Seminare in Sendeanstalten und Produktionsfirmen.

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Leseprobe

Intoleranz


Intolerance

Erscheinungsjahr: 1916

Drehbuch: David Wark Griffith, Walt Whitman

Regie: David Wark Griffith

Mit dem dreistündigen Werk Intoleranz, das im Zeitraum von mehreren Jahrtausenden spielt, legt Griffith den bis dahin von der Erzählform komplexesten Film überhaupt vor. Es ist für lange Zeit auch der teuerste Film.

Intoleranz besteht aus vier völlig eigenständigen, aber ineinander verwobenen Handlungssträngen. Zur Analyse empfiehlt es sich, die Geschichten einzeln aufzuführen.

Die erste Geschichte spielt sich in der Gegenwart der Drehzeit ab, also ca. 1916.

Handlung Episode I


Little Dear One, Tochter eines aufrechten Arbeiters, lebt ein entbehrungsreiches, aber glückliches Leben in Amerika. Es ist die Zeit der Uplifters, eine Wohlfahrtsorganisation, die für moralischen Puratismus steht. Die Uplifters sind intolerant gegen Jugend, Gelächter und Tanz. Um die Arbeiter davon abzuhalten, ihr Geld für Bier und in Tanzlokalen auszugeben, senkt Jenkins, der größte Arbeitgeber der Stadt und Sympathisant der Uplifters, die Löhne um 10 Prozent. Als die Arbeiter streiken, werden sie von Jenkins entlassen.

Nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes muss der Arbeiter mit Little Dear One in ein Armenviertel umziehen. Der Arbeiter verkraftet den Umzug nicht und stirbt.

Zu denen, die ihr bisheriges Leben verlassen mussten, gehört auch The Boy, der in die Kriminalität abrutscht. Als er auf Little Dear One trifft, verliebt er sich in sie und kehrt seinem kriminellen Leben den Rücken zu. Little Dear One und The Boy heiraten.

Der Gangsterboss Musketier of the Slums neidet The Boy sein Glück und rächt sich an ihm, indem er ihm ein Verbrechen anhängt und so hinter Gittern bringt. Little Dear One muss das gemeinsame Baby als alleinerziehende Mutter ernähren. Da mischt sich die Wohlfahrtsorganisation erneut ein. Sie wirft Little Dear One vor, ihr Kind zu vernachlässigen und nimmt es ihr weg. Als Musketier of the Slums die hilflose Little Dear One vergewaltigen will, wird er von seiner verschmähten Geliebten The Friendless One erschossen. The Boy, der kurz zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden war, wird als Täter verhaftet, für schuldig befunden und vom Gericht zum Tode verurteilt.

Little Dear One und The Kindly Officer, ein freundlicher Polizist, glauben nicht an die Schuld von The Boy. Als The Friendless One von schlechtem Gewissen geplagt gegenüber Little Dear One die Tat gesteht, versuchen sie den im Zug sitzenden Gouverneur einzuholen. Er soll das Todesurteil aufheben. In letzter Minute wird The Boy vor seiner Hinrichtung gerettet, und ist endlich wieder mit seiner Frau vereint.

Es ist eine sehr komplexe Geschichte, die auch als Einzelstück bestehen kann. Tatsächlich schnitt Griffith später einen Film, der nur auf dieser Geschichte beruht.

Analyse Episode I


– Prämisse

Was wäre, wenn sich zu Zeiten des moralischen Puratismus in Amerika die Tochter eines aufrechten Arbeiters nach dessen Tod in einen ehemaligen Verbrecher verlieben und dadurch die Wut von dessen Boss und die Aufmerksamkeit selbst ernannter Moralwächter auf sich ziehen würde?

– Struktur

Beschrieben ist nur ein Teil der Geschichte. Es ist unmöglich, die komplette Geschichte als eindeutige Prämisse wiederzugeben. Zu ziellos läuft die Handlung ab.

Dramatisch ist die Existenz einer Heldin, die sympathisch gezeichnet ist. Trotzdem haben wir es nicht mit einer Ein-Held-ein-Ziel-drei-Akte Konstruktion zu tun. Die Handlungsstränge werden von keiner strikt gebauten formalen Leitlinie zusammengehalten. Die Heldin verfolgt erst relativ spät ein Ziel. Sie will The Boy retten. Davor ist sie ein Opfer des Schicksals, auf das sie keinen Einfluss hat.

Nicht der Held ist seines Glückes Schmied, sondern er ist ein Produkt der Verhältnisse. Es ist das Kennzeichen für eine epische Erzählung.

– Konflikt

Es gibt Gegenspieler und mit ihnen viele Konflikte.

Little Dear One hat einen Persönlichen Konflikt mit den Uplifters, zumindest am Anfang auch mit The Boy, später auch mit dem Gangsterboss. The Boy hat einen Persönlichen Konflikt mit dem Gangsterboss.

Die Fehde der Arbeiter mit den Uplifters entspricht einer Mischung aus Persönlichem und Außerpersönlichem Konflikt, der sich schließlich im Streik entlädt. Die Unmöglichkeit, mit noch weniger Geld auszukommen, entspricht dem Außerpersönlichen Konflikt, ebenso wie der Versuch, The Boy in einer bestimmten Zeit vor dem Galgen zu retten.

Wenn The Friendless One schließlich zugibt, den Mord verübt zu haben, tut sie das aus reiflicher Überlegung, was dem Inneren Konflikt entspricht. Auch Little Dear One hat einen Inneren Konflikt, wenn sie The Boy zu Beginn eher misstrauisch begegnet.

– Spannung

Der Gang des geläuterten Verbrechers zum Schafott löst beim Zuschauer Hoffen und Bangen aus. Er empfindet Sympathie mit dem Verurteilten, von dem er weiß, dass er unschuldig ist. Durch das Spannungsmittel der Dramatischen Ironie weiß der Zuschauer außerdem, dass Rettung naht, er weiß aber nicht, ob sie noch rechtzeitig eintreffen wird.

Montiert sind die Handlungsstränge (Vorbereitung der Hinrichtung) und (Versuche der Rettung) mit dem erzählerischen Mittel des Cross-Cutting, das bis heute bei der „Rettung in letzter Minute“ angewendet wird. Beide Handlungsstränge laufen gleichzeitig ab. Es bringt Spannung und rhythmisiert die Geschichte. Indem die Schnitte immer schneller folgen, haben wir es mit Spannungssteigerung zu tun.

Schon vorher wird in verschiedenen Szenen auf das Spannungsmittel der Dramatischen Ironie zurückgegriffen: Als der Verbrecherboss die Frau vergewaltigen will, steht die Geliebte des Vergewaltigers vor der Tür. Sie schleicht sich unbemerkt an.

Wenn es ein zeitliches Limit gibt, entspricht es dem Spannungsmittel der Tickenden Uhr. Hier ist es sehr effektvoll in Szene gesetzt, indem der Zeitpunkt der Hinrichtung feststeht und Little Dear One versuchen muss, The Boy rechtzeitig zu retten.

– Stilmittel

Geschickt elliptisch erzählt ist, wenn auf den Mord in der darauffolgenden Szene bereits die Gerichtsverhandlung folgt.

Handlung Episode II


Diese Episode, die in der Antike spielt, hat den Fall Babylons im Jahr 539 v. Chr. zum Thema.

Mountain Girl lehnt die Avancen aller Männer ab. Deswegen schleppt ihr Bruder sie zum Heiratsmarkt. Als der junge Herrscher Belsazar zufällig vorbeikommt, stellt er sich auf Mountain Girls Seite. Sie selbst könne entscheiden, ob sie heiraten wolle oder nicht, verkündet Belsazar. In tiefer Liebe und Dankbarkeit verehrt das Mountain Girl fortan Belsazar.

Belsazar, Sohn von König Nabonid, und seine Geliebte The Princess Beloved, handeln auch in anderer Hinsicht unkonventionell. Sie beten Göttin Ischtar an und brechen damit mit alten Traditionen. Als Ischtars Statuen in der Stadt aufgestellt werden, verärgert das die religiös intoleranten Priester des bisher verehrten Gottes Bel. Die Priester fürchten um ihren Einfluss und intrigieren gegen den Herrscher Belsazar. Sie unterstützen die Eroberung Babylons durch den gefährlichen Perserkönig Cyrus.

Ein erster Angriff von Cyrus misslingt, nicht zuletzt aufgrund des heldenhaften Kampfeinsatzes des Mountain Girl. Als Babylon nach der Schlacht im Übermut seinen Sieg feiert, beobachtet das Mountain Girl das Treffen der Priester mit Cyrus. Sie berichtet Belsazar vor dem Verrat, jedoch zu spät. Das Heer des Perserkönigs Cyrus überrennt Babylon. Das Mountain Girl stirbt im Kampf. Belsazar und The Princess Beloved begehen Selbstmord.

Wenn ich sage, dass dieser Film der teuerste Film seiner Zeit ist, so liegt es an diesem Part. Die Bauten, die errichtet werden müssen, sind bis heute legendär. Das vom Setdesigner und Baumeister Frank Wortman entworfene Babylon ist über 50 Meter hoch und 600 Meter lang. Inspiriert von den italienischen Monumentalfilmen Quo Vadis? (1913) und Cabiria (1914), ist es das mit Abstand größte Filmset aller Zeiten. Dazu gibt es ein Heer von Statisten, dressierten Tauben, Elefanten und Tiger.

Analyse Episode II


– Prämisse

Was wäre, wenn sich eine junge Bewohnerin von Babylon in den Herrscher Balsazar verlieben und dadurch zu einem gewichtigen Teil der religiös bestimmten Fehde würde, die mit der Eroberung Babylons durch die Perser endet?

– Struktur

Es gibt in der Babylon-Episode eine Heldin. Es ist das Mountain Girl, eine junge Bewohnerin von Babylon. Aber auch hier verfolgt die Heldin nicht stringent ein Ziel. Wenn sie ihre Handlungen in den Dienst des Königs stellt,...

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