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E-Book

Eine Untersuchung der Kommunikationsform Webforum

Textsorten, Themen und Sprache im Internet

AutorMatthias Sühl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl91 Seiten
ISBN9783656835905
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Didaktik - Deutsch - Pädagogik, Sprachwissenschaft, Note: 1,3, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Institut für Deutsche Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die mediale Landschaft verfügt mit dem Internet über ein scheinbar grenzenloses Mittel zur Realisierung von Kommunikation. Während die E-Mail und der Internetchat bereits als feste Größen angesehen werden müssen und ihre Möglichkeiten im privaten wie auch institutionellen Sektor Verwendung finden, wurden die Kommunikationsform Brief und das klassische Beratungsgespräch stellenweise verdrängt oder ersetzt. Gleichzeitig erleben wir gegenwärtig ein schier unaufhaltbares Wachstum im Bereich der sogenannten Social Media. Dienste wie Facebook oder Twitter verändern auf verschiedenen Ebenen das gesellschaftliche Miteinander und geben ein rasantes Tempo bzgl. der Erklärung oder Kommentierung verschiedener Ereignisse vor. Zwischen diesen Entwicklungen liegt das webbasierte Internetforum, welches Gegenstand dieser Arbeit ist. Das Forum bietet als Kommunikationsform bis heute einen Platz zum Informations- und Meinungsaustausch für seine Nutzer. Die nur spärlich vorhandene Literatur beschäftigt sich dahingehend zumeist mit organisatorischen Fragen, etwa bei technischen, finanziellen und rechtlichen Aspekten. Darüber hinaus bieten in Foren veröffentlichte Inhalte in ihrer Analyse Anhaltspunkte für Erhebungen wirtschaftlicher Natur. Vereinzelt untersuchen Sprach- und Kommunikationswissenschaftler die Sprache in Foren oder stellen mögliche Kategorien zur Analyse der Kommunikationssituation zur Diskussion. Die Zielstellung der vorliegenden Arbeit liegt in der Aufnahme und Verknüpfung einzelner Fäden, um das Webforum ganzheitlich als Kommunikationsform darzustellen. Dabei müssen unterschiedliche Einflüsse auf diese berücksichtigt werden.

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Leseprobe

4. Kommunikationsform und Textsorten – Überlegungen zum Forum


 

4.1. Begriffsdefinitionen


 

Bevor die Beschreibungsdimensionen als Instrumentarium zur Untersuchung ausgewählter Texte in Webforen vorgestellt werden, sollen die Begriffe Kommunikationsform und Textsorte im Sinne hiesiger Verwendung kurz definiert und dargestellt werden.

 

4.1.1. Kommunikationsform


 

„Kommunikationsformen bilden den äußeren Rahmen kommunikativen Geschehens“.[59] Aus technischer Hinsicht wurde das Webforum diesem bereits zugeordnet (vgl. Abb. 2, S. 10). Zur Verbindung mit textlinguistischen Überlegungen bedarf es einer Einordnung, welche in eindeutigem Bezug zum Begriff der Textsorte steht. Ziegler greift auf Androutsopoulos und Schmidt zurück und benennt den Zeichentyp, die Kommunikationsrichtung, die Kapazität des Mediums zur Speicherung und Übertragung von Daten, die Zeitlichkeit und die Anzahl der Kommunikationspartner als Kriterien zur Bestimmung und Abgrenzung von Kommunikationsformen.[60] Dürscheid hingegen ordnet nach sechs Kriterien ein:

 

 

Tab. 1: Merkmale von Kommunikationsformen nach Dürscheid, ergänzt mit der Einordnung des Webforums.[61]

 

Kommunikation in Webforen verläuft über geschriebene Sprache und ist dialogisch. In besonderen Einzelfällen wird die Richtung als monologisch bezeichnet, z.B. in Ankündigungen seitens der Betreiber, auf welche keine Beiträge folgen (dürfen/können) oder in privaten Nachrichten, die an einzelne oder mehrere Nutzer verschickt werden und Termine o.ä. übermitteln. Die Anzahl der Kommunikationspartner ist variabel. Funktionierende Foren verfügen über eine Vielzahl an Mitglieder, die sich an der Kommunikation beteiligen. Diese teilen sich auf die verschiedenen und bevorzugten Unterforen und Threads auf, sind jedoch jederzeit potentielle Ansprechpartner für alle. Die räumliche und die zeitliche Dimension wurden in den letzten Kapiteln als Merkmal des Webforums bereits aufgenommen.

 

Gemäß allen bekannten internetbasierten Kommunikationsformen wird eine räumliche Distanz überwunden, im Gegensatz zum Chat verläuft diese asynchron. Das Hauptmedium zur Kommunikation bildet der Computer mit Webzugang, heutige tragbare Geräte (Smartphone, Tablet-PC) sind je nach technischer Ausstattung mit einbezogen. Die von Ziegler aufgeführte Kapazität des Mediums kann hier mit überdurchschnittlich groß angegeben werden. Die Speicherung von Beiträgen erfolgt in langfristiger Sicht und hängt nur an der Erreichbarkeit des Webforums. Meist wird der Inhalt nur durch dessen Einstellung gelöscht. Anders als beim Chat oder der E-Mail kann so von einer hohen Dauerhaftigkeit bzgl. des Zugangs zu Inhalten ausgegangen werden.[62] Nicht nur technisch reiht sich das Webforum somit zwischen beiden ein:

 

„Kommunikationsformen sind bestimmte (mediale und bezüglich Kommunikationsablaufs bzw. der Kommunikationsmöglichkeiten) Präformierungen, die allerdings für verschiedene Zwecke und Textfunktionen genutzt werden können.“[63]

 

Als oft zitierter Rahmen der Kommunikation trifft auch das Webforum als Plattform „bestimmte Vorentscheidungen für die Realisierungsmöglichkeiten der Textsorten bzw. Diskursarten“.[64] Sie ist als Beschreibungsebene der zu untersuchenden Textsorte hierarchisch übergeordnet.[65]

 

Ziegler definiert dieses Verhältnis über die Beziehung der Merkmale von Kommunikationsformen (vgl. Tab. 1, S. 19) zu den Rahmenkategorien der situativen Ebene von Textsorten.[66] Dabei nennt er nach Heinemann den Kommunikationsbereich (hier: textlinguistischer Begriff für soziales System)[67], das Medium, den Tätigkeitsrahmen der Kommunizierenden, die Umgebung und die sozialen Rollen der Interagierenden.[68] Letztlich stellt er dar, dass Textsorten sich dem äußerlichen Rahmen beugen und sie in verschiedenen Kommunikationsformen realisiert werden können. Gleichzeitig können aber in einer speziellen Kommunikationsform verschiedene Textsorten vorkommen.[69]

 

Das Webforum ließ sich zunächst technisch einordnen und wird infolgedessen als Ort für die Herstellung von Textsorten gesehen. Darüber hinaus muss beachtet werden, dass das Forum als eigener Kommunikationsbereich herausgestellt wurde, bzw. deren Mitglieder sich der Technik bedienen und somit ein soziales System abbilden. Technische und systemtheoretische Aussagen dürfen nicht als kongruent angesehen werden. Der abstrakte Begriff des Webforums bildet keine Gemeinschaft, erst das Eintreten der Mitglieder und deren Kommunikation baut diese auf. Inwieweit diese Gemeinschaft in sich kohärent ist und nach außen hin stark erscheint, obliegt in Beobachtungen und Untersuchungen verschiedenen Aspekten.

 

Über die Analyse von Texten, die im (jeweiligen) Webforum realisiert und bis zu einem gewissen Grad durch die Kommunikationsform mitbestimmt werden, besitzen wir die Möglichkeit, Aussagen zu Themen (Threads) und Sprache zu treffen und diese Ergebnisse u.a. zur Charakterisierung der Nutzerschaft (Online-Community) zu verwenden.

 

4.1.2. Textsorte im hiesigen Verständnis


 

Mit der Einordnung des Textsortenbegriffs in den Forschungsbereich der Textlinguistik öffnet sich zugleich ein breites Feld an Forschungsfragen und Methoden.[70] Zwei Perspektiven zur Bestimmung von Textsorten scheinen dabei immer am Anfang zu stehen: Der alltägliche sowie der wissenschaftliche Blick. Intuitiv kann jedes Mitglied einer Sprachgemeinschaft unterschiedliche Textsorten auseinanderhalten und benennen.[71] Der Gefahr der nur subjektiv angesetzten Kategorien sowie einer zumeist beliebigen Textklassifikation in der gegenwärtigen Sprache steht die Textsorte als „Modell der Wahrnehmung und Einschätzung“ gegenüber, „so dass Texte als Einzelexemplare zur Orientierung für den Umgang mit anderen Texten herangezogen werden können und dann als Vorlage fungieren.“[72] Den Rahmen hierbei bilden die Situation und der Kommunikationsbereich, innerhalb derer jene Mitglieder der Gemeinschaft Textsorten vorfinden:[73] „Von daher vermitteln Kommunikationsbereiche rezeptive und produktive Textsortenkompetenz.“[74]

 

Im Vorfeld hiesiger Überlegungen zu Textsorten wurde das Webforum als Kommunikationsform und Treffpunkt für Online-Communities definiert und dargestellt. Letztere stellen für sich genommen soziale Systeme dar, in denen kommuniziert wird. Hierbei wird das soziale System als Ort der Kommunikation und Handlung (durch Sprache) verstanden, als Kommunikationsbereich. Insofern könnten die erwähnten Hervorhebungen des Forumsbeitrags seitens Nutzer und Betreiber als Benennung einer für gültig erkannten Textsorte interpretiert werden, wie sie sich auch zumeist in den Nutzungsbedingungen bzgl. ihrer Realisierung und rechtlichen Relevanz niederschlägt. Dahingegen kann dem wissenschaftlichen Blick die bloße Benennung von Textsorten nicht genügen oder gar ausreichen, wenn es um die Einordnung und Klassifikation geht: „Vielmehr ist die Ermittlung der Kommunikationsbereiche und ihrer funktionalen Ausdifferenzierung in gesellschaftlichen Systemen erforderlich.“[75]

 

Brinker geht hierbei von einem handlungstheoretisch orientierten Ansatz aus, welcher in großen Teilen dem alltagssprachlichen Textsortenwissen entspricht und in dieser Definition oftmals zitiert wird:

 

„Textsorten sind konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche Handlungen und lassen sich als jeweils typische Verbindungen von kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktionalen und strukturellen (grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben.“[76]

 

Dabei gelten stark normierte Textsorten (z.B. Wetterbericht) in ihrem Auftreten als größtenteils vorgegeben, andere Textsorten (z.B. Werbeanzeige) erscheinen speziell in strukturellen Aspekten ihrer Realisierung als weitaus variabler.[77] Im Zuge dieses Zitates spricht Adamzik kurz vorher von der uneinheitlichen Terminologie bzgl. höherer Abstraktionsebenen in der Textklassifikation und von der Textsorte, welche auf einer niedrigeren Ebene verortet wird.[78] Letzteres entspräche der Auffassung, hier genannt mit den Ausführungen von Brinker, „dass es sich bei Textsorten um Phänomene handelt, die durch Merkmalbündel zu beschreiben sind.“[79] Schließlich handelt es sich bei dem Artikel von Adamzik über Textsorten und deren Beschreibung um einen Appell, der aus linguistischer Sicht eine Art freieren Umgang mit Texten...

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