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Unter Freunden

Die NSA, der BND und unsere Handys - wurden wir alle getäuscht?

AutorArmin Fuhrer, Patrick Sensburg
VerlagPlassen Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl264 Seiten
ISBN9783864704963
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Haben die US-Geheimdienste wirklich deutsche Staatsbürger abgehört? Und noch viel wichtiger: Hat ihnen der BND dabei geholfen? Und wie war das mit Angela Merkel, ihrem Handy und dem korrekten Miteinander unter Verbündeten? Fragen wie diesen ging in den letzten Jahren der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages nach. Der Abschlussbericht steht unmittelbar bevor. Hier geben Dr. Patrick Sensburg, der Vorsitzende des Ausschusses, und Investigativ-Profi Armin Fuhrer Einblicke in Arbeit und Erkenntnisse dieses Gremiums. Lassen Sie sich überraschen!

Dr. Patrick Sensburg ist Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses. Er ist Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster. Armin Fuhrer hat über 20 Jahre als investigativer Reporter und Hauptstadtkorrespondent führender deutscher Printmedien gearbeitet, zuerst bei der 'WELT', dann bei 'FOCUS'. Mittlerweile arbeitet er als Freiberufler und ist Autor zahlreicher Bücher.

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Leseprobe

KAPITEL 1


Edward Snowden – der Mann, der die Welt aufrüttelte


HELD ODER VERRÄTER? Auch vier Jahre nach den Enthüllungen über die Machenschaften der NSA durch Edward Snowden gehen die Meinungen über den berühmtesten Whistleblower der Welt weiterhin stark auseinander. Hat er der Menschheit einen großen Dienst erwiesen, als er die Überwachungsmachenschaften der NSA und ihrer Partnerdienste enthüllte? Oder hat er den amerikanischen und auch unseren deutschen Sicherheitsinteressen nicht vielmehr Schaden zugefügt, indem er 1,5 Millionen geheime Dokumente stahl? Eine Annäherung an diesen Mann scheint schwierig, weil er mit seinem Handeln offenbar viele Menschen zu einer klaren Beurteilung provoziert: gut oder böse. Dazwischen scheint es nichts zu geben. In Deutschlands veröffentlichter Meinung herrscht eindeutig die Helden-Sicht vor (in den angelsächsischen Ländern stellt sich die Sache differenzierter dar). In der Diskussion über die Frage, ob der deutsche Bundesnachrichtendienst ein willfähriger Helfershelfer der amerikanischen Geheimdienstkrake war beziehungsweise ist oder ob deutsche Zulieferdienste unerlässlich sind, um unsere eigenen Sicherheitsinteressen zu wahren, scheinen sich viele auch von ihrem Blickwinkel auf Edward Snowden leiten zu lassen. Wer ihn kritiklos als Held sieht, traut den deutschen Schlapphüten alles zu. Wer ihn ausnahmslos kritisch sieht, neigt leicht dazu, dem BND alles zu verzeihen, was vielleicht schiefgelaufen ist.

Staatsfeind Nummer 1


Edward Snowden steht noch immer ganz oben auf der Liste der Personen, die die amerikanischen Behörden unbedingt in ihre Gewalt bringen wollen. Noch immer ist er in ihren Augen Staatsfeind Nummer 1, der Mann, der die mächtigste Geheimdienstmaschinerie der Welt bloßstellte und den Sicherheitsinteressen der USA massiv schadete. Der Mann, der die Supermacht USA bis aufs Blut reizte. Die Empörung über den unscheinbaren jungen Mann, der Amerikas Geheimdienste als geheime Macht darstellte, die „das Internet beherrschen“ wolle, und zwar weltweit, hat sich nicht gelegt. Er wolle Edward Snowden am liebsten „an einer großen Eiche baumeln“ sehen, so John Bolton, der frühere US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, kurz nach den Enthüllungen 2013 im Fernsehsender Fox News.1 James Woolsey, der ehemalige Direktor der CIA, forderte an gleicher Stelle, Snowden wegen Hochverrats zu verurteilen und „aufzuhängen“.2

Im NSA-Untersuchungsausschuss kam Snowden bei verschiedenen Zeugen gar nicht gut weg. Robert M. Lee, ein ehemaliger NSA-Mitarbeiter monierte, dass Snowden viele der von ihm veröffentlichten Dokumente nie selbst gesehen und auch gar nicht verstanden habe. Lee vertrat die Ansicht, dass einige der von Snowden veröffentlichten Power-Point-Darstellungen erklärungsbedürftig seien. Er wies in diesem Zusammenhang auf ein Manko der NSA hin: dass sie als Geheimdienst nicht öffentlich Stellung nehmen könne. Snow-dens Enthüllungen hätten innerhalb der NSA zu Misstrauen geführt – mit der Folge, dass Mitarbeiter den Dienst verlassen hätten. Ein Geheimdienstexperte, James A. Lewis vom Strategic-Technologieprogramm war sauer auf Snowden, weil seine Enthüllungen dazu geführt hätten, dass sich die USA nun dafür rechtfertigen müssten, dass sie das Gleiche täten wie andere Staaten auch – nur dass sie darin eben besser seien. Den von der NSA selbst auch erhobenen Vorwurf, dass Snowden seine Ziele auch auf anderem Wege hätten erreichen können, erhob auch der Stellvertretende Direktor der New America’s Cybersecurity Initiative, Ian Wallace. Auch zeigte er sich besorgt, dass Snowdens Enthüllungen sehr nützlich für Russland, China und den „Islamischen Staat“ seien.

Dass die Empörung, die Wut, lebt, zeigt ein Bericht über Snowdens Aktivitäten, den eine Kommission des „United States House Permanent Select Committee on Intelligence“ (HPSCI) – des Geheimdienstausschusses des amerikanischen Repräsentantenhauses – im September 2016 an seine Auftraggeber weiterleitete.3 Drei Jahre hatten die Ermittler alles zusammengetragen, was sie über Snowden und den Schaden, den er aus offizieller Sicht angerichtet hatte, in Erfahrung bringen konnten. Nachdem das tatsächliche Ausmaß klargeworden war, legte sich die Wut nicht. Der Wunsch, Snowden für das, was er getan hat, zur Rechenschaft zu ziehen, ist so lebendig wie kurz nach dem Bekanntwerden der Enthüllungen. Die Verfasser mussten sich in diesem offiziellen Dokument naturgemäß einer zurückhaltenderen Sprache bedienen. Aber ihre Aussage war letztlich eindeutig und unmissverständlich: „Das Komitee erwartet hoffnungsvoll, dass Snowden in die USA zurückkehrt, um vor die Justiz gestellt zu werden.“ Das Ergebnis eines solchen Prozesses steht für eingefleischte Geheimdienstler außer Frage: eine Verurteilung zu einer sehr langen Haftstrafe … mindestens.

Edward Snowden, der als Auslöser des größten Geheimdienstskandals der Geschichte weltberühmt wurde, ist also nicht sehr beliebt bei den Diensten in den USA und einem Teil von Politik und Öffentlichkeit. Nach einer ersten weit verbreiteten Begeisterung für den Whistleblower aus Elizabeth City im US-Bundesstaat North Carolina wurde die amerikanische Bevölkerung alsbald deutlich kritischer in ihrer Beurteilung seiner Handlungen – vor allem nachdem Snowden ausgerechnet im Russland Wladimir Putins, des einstigen KGB-Manns, Asyl beantragt und auch gewährt bekommen hatte. In einer Umfrage von Washington Post und ABC News waren Ende November 2013, also drei Monate, nachdem Präsident Putin großmütig seine schützende Hand über den vor der eigenen Regierung geflüchteten US-Amerikaner gehalten hatte, 60 Prozent der Meinung, Snowdens Enthüllungen würden die Sicherheit der USA gefährden. 52 Prozent der Befragten forderten, dass er wegen eines Verbrechens angeklagt werden solle, und 55 Prozent waren der Meinung, dass seine Handlungsweise falsch gewesen sei. So dankbar waren viele Amerikaner ihrem Landsmann also nicht, wie er gehofft hatte. Das Schlimmste für ihn wäre es, wenn eines Tages die Menschen einfach vergessen hätten, was er über die Machenschaften der Geheimdienste enthüllt habe, erklärte Snowden in seinen Interviews kurz nach seiner Flucht aus den USA. Wie würde er sich eigentlich fühlen, wenn viele Menschen seine Handlungen sogar ablehnen würden?

David gegen Goliath


Dabei hat der Mann natürlich auch Befürworter, die toll finden, was er getan hat, aufklärerisch, aufrüttelnd, unbedingt notwendig. Ein Kleiner hatte sich mit den ganz Großen angelegt, er hatte Mut bewiesen, vielleicht sein Leben riskiert für die Sache der Freiheit. Und er hatte gezeigt, dass ein Einzelner ein ganzes System, zumal den mächtigsten Staat der Welt, herausfordern konnte. Zu seinen Anhängern gehören viele Journalisten, Wissenschaftler und Schriftsteller innerhalb der USA und außerhalb, vor allem in Deutschland.

Auch viele Politiker stimmten in diesen Chor ein. Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele wollte ihm sogar den Friedensnobelpreis verleihen. Auch US-Präsident Barack Obama, selbst Träger dieses Preises, hatte im Wahlkampf 2008 seine grundsätzliche Bewunderung für Whistle-blower kundgetan. Es passte ja auch gut ins Bild des neuen, offenen und vermeintlich transparenten Regierungsstils, den der „Yes We Can“-Präsident leben wollte. Nur eines tat er nicht – dem in Bedrängnis geratenen Snowden helfen, ihm Straffreiheit gewähren und eine Rückkehr in seine Heimat erlauben. Es gab und gibt tatsächlich Snowden-Anhänger, die darauf hoffen, dass das eines Tages passieren wird. Aber das wäre wohl zu viel verlangt. Immerhin hatte dieser bis dahin völlig unbekannte und unscheinbare junge Mann nicht nur Obamas wichtigsten Geheimdienst nachhaltig und weltweit diskreditiert. Er hatte möglicherweise auch bewusst oder unbewusst dafür gesorgt, dass gegnerische Geheimdienste wie die chinesischen und russischen in den Besitz wichtiger geheimer Dokumente gelangten, die für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika von größter Bedeutung sind.

Die Glaubwürdigkeit in Person?


Was wir als staunende Öffentlichkeit heute über Edward Snowden zu wissen glauben, basiert zum allergrößten Teil auf seinen eigenen Angaben. Journalisten haben dafür gesorgt, dass dieses Bild, das Snowden von sich zeichnet, publik wurde. Autoren, die sich eingehender mit Snowden beschäftigt haben, zum Beispiel in Buchform, gelten als anerkannte investigative Journalisten, die im Normalfall alles hinterfragen und zweimal prüfen, bevor sie es publik machen. Umso mehr erstaunt, dass ein Teil dieser Journalisten bei ihren Recherchen zu Snowden weitgehend auf dieses kritische und doppelt abgesicherte Vorgehen verzichtet haben. Die Angaben, die er machte, übernahmen sie oftmals eins zu eins. Sie meldeten keine oder nur sehr selten Zweifel an und hinterfragten seine Aussagen nicht. Edward...

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