ZWEI
DIE ANKUNFT EINES KINDES IN DER GEISTIGEN WELT
Kinder sind Seelen,
die die Erde küssen.
Doris Stokes
Als Menschen haben wir Körper, Geist und Seele. Beim Tod stirbt nur der Körper, Geist und Seele dagegen bleiben bewusst und lebendig. Alters- und zeitlos leben unsere Seelen viele Male und in unterschiedlichen Körpern auf der Erde. Wir haben uns aber auch schon in anderer Gestalt manifestiert, in verschiedenen Sternen- oder Sonnensystemen, vielleicht auch auf anderen Planeten. Jeder Ort bietet der Seele spezifische Lektionen, die sie braucht, um sich zum jeweiligen Zeitpunkt entsprechend weiterentwickeln zu können. Wir haben einen angeborenen spirituellen Sinn dafür, alles über das Leben in Erfahrung zu bringen, und tun uns – entweder als Lehrer oder als Schüler – mit anderen zusammen, um zu lernen, denn ohne fremde Hilfe kann niemand das Leben in seiner Gänze verstehen.
Zum Zeitpunkt des Todes kehrt die Seele in ihre Heimat zurück – meistens nach einem längeren Aufenthalt auf der Erde. Bei einem Kind ist das anders. Weil der junge Mensch nur kurzfristig in unserer materiellen Welt war, fühlt sich die Heimkehr in die geistige Welt für ihn ganz natürlich und vertraut an.
Die Umstände, unter denen das Kind seine körperliche Hülle verlassen hat, dürften sich auch auf die Verhältnisse auswirken, die es auf der anderen Seite vorfindet. Wenn es zum Beispiel an einer schweren Krankheit gelitten hat, könnte es in einer Art Krankenhaus aufwachen. Dort hilft man ihm, seine energetische Lebenskraft (das Prana) wiederzugewinnen, die es während seiner Krankheit verloren hat. Das Wort »Prana« stammt aus dem Sanskrit und bedeutet nichts anderes als »Lebenshauch« oder »Lebensatem«. Dieses Prana nun ist es, das die Seele energetisiert, aktiviert und wieder gesund macht. Prana stellt quasi das Benzin dar, das in den Tank gefüllt wird, wie ich auch gern sage. Interessant finde ich allerdings, dass ich verstorbene Kinder nur selten über das Krankenhaus oder eine längere Rekonvaleszenz sprechen höre. Die meisten von ihnen kommen leicht und mühelos auf der anderen Seite an, ganz unabhängig von der Ursache ihres Todes.
Lassen Sie mich kurz hinzufügen, dass Kinder nur in Ausnahmefällen zu erdgebundenen Geistern werden. Vergessen Sie nicht: Im Unterschied zu Erwachsenen sind Kinder nicht mit negativen Emotionen belastet, es gibt aber auch Sonderfälle. Wenn etwa ein Kind ermordet wurde, könnte es bleiben, um dabei zu helfen, den Täter zu finden. Oder im Falle einer Entführung die Leiche, damit die Eltern etwas zur Ruhe kommen können.
Eltern fragen immer nach dem Warum. Warum musste ausgerechnet uns das zustoßen, dem Baby, der Familie? Aus Erfahrung kenne ich die Antwort: Kein Kind stirbt vor seiner Zeit. Der Tod tritt erst ein, wenn die Seele ihre Aufgabe im Leben erfüllt hat. Vom spirituellen Standpunkt aus betrachtet gibt es keine Zufälle. Im Seelenplan gilt der Übergang als wichtiger Wendepunkt. Darüber hinaus muss man wissen: Kein Kind stirbt je allein. In der geistigen Welt ist man sich der Rückkehr eines Kindes in sein himmlisches Zuhause bewusst und erwartet es dort schon.
In aller Regel wird es von jemandem in Empfang genommen und auf die andere Seite hinübergeleitet, den es kennt – von einem der Großeltern, einer Tante oder einer anderen Person, zu der eine bedeutende seelische Verbindung besteht. Es kann auch jemand sein, dem das Kind in seinem letzten Leben nie begegnet ist, den es aber aus einem früheren kennt. Möglicherweise wird es auch von Geisthelfern ins Licht gebracht, die besondere Zuneigung und Liebe zu Kindern haben. Solche geistigen Führer können aus verschiedenen Gründen zu Botschaftern für die Jüngeren geworden sein: Weil sie auf der Erde keine eigenen Kinder hatten oder keine bekommen konnten; weil es sich um erfahrene Erzieher beziehungsweise Erzieherinnen oder qualifizierte Pfleger handelt. Diese Geisthelfer sind also, wenn man so will, Adoptiveltern, die die neu Eintreffenden trösten und ermutigen.
Unabhängig von den Umständen, unter denen das Kind gestorben ist, sei es bei einem schlimmen Unfall, aufgrund einer Überdosis oder an einer tödlichen Krankheit, ist das Erste, was es empfindet, wenn es seinen Körper verlassen hat, ein Gefühl der Befreiung. Man kann sich das vielleicht so vorstellen, als würde es an einem heißen Sommertag endlich den schweren Wintermantel, den es anhatte, abstreifen dürfen. Alle Unannehmlichkeiten, Schmerzen und Qualen sind vorbei. Die Krankheitsanfälligkeit oder vielleicht auch die Hilflosigkeit, unter der es auf Erden gelitten hat, lassen schnell nach. Ein Kind geht mit viel weniger emotionalem Gepäck ins Jenseits ein als ein Erwachsener. Sein Geist empfindet vielmehr unglaubliche Freude und das Gefühl großen Friedens, wie die nächste Geschichte zeigt.
Ich bin doch am Leben!
Irgendwo in Kalifornien hielt ich einen Wochenendworkshop über verschiedene mediale Techniken ab. Um mit Geistwesen Kontakt aufnehmen zu können, muss ich eine Verbindung herstellen und mich energetisch auf ein bestimmtes Niveau bringen. Das tue ich mithilfe der Meditation. Wie schon erwähnt klärt Meditieren das Ego und öffnet die nötigen Kanäle, damit einen die Geister erreichen können. Sobald die Verbindung dann hergestellt ist, demonstriere ich, wie ich die Informationen, die mir übermittelt werden, weitergebe. Ich war gerade dabei, als ich überraschend Besuch aus der geistigen Welt bekam.
Ich empfing das Bild eines etwa neunjährigen Jungen namens Jeffrey. Er kam auf mich zu.
Meine Eltern müssen unbedingt erfahren, dass es mir gut geht. Ich dringe aber nicht zu ihnen durch. Meine Mama sitzt ständig auf meinem Bett, kann mich allerdings weder sehen noch hören.
Ich habe ja schon erwähnt, dass es den Geistern sehr schwerfällt durchzukommen, wenn die Trauernden allzu erschüttert sind. Dann können sie die Verbindung nur mithilfe von Geistführern oder anderen fortgeschrittenen Seelen herstellen. Und seit ich diese Arbeit nun schon mache, habe ich immer und immer wieder dieselbe Botschaft gehört: Ich bin nicht tot, sondern sehr lebendig!
»Wie bist du denn gestorben?«, fragte ich Jeffrey.
Er übermittelte mir seine Gedanken und berichtete, dass er an einem See gewesen sei. Ich habe auf einem Felsen gespielt. Dann bin ich ausgerutscht, runtergefallen und habe mir den Kopf angeschlagen, sagte er. Es tut mir sehr leid, dass ich alle so traurig gemacht habe. Das habe er nicht gewollt.
Ich wandte mich an die Teilnehmer des Workshops. »Verbindet jemanden von Ihnen etwas mit einem Jungen namens Jeffrey?«
Eine Frau meldete sich. »Das könnte mein Neffe sein. Er starb an einem Gehirnaneurysma, das er sich beim Sturz von einem Felsen zugezogen hatte.«
»Kannst du mir bitte noch mehr Informationen geben«, bat ich Jeffrey.
Ich hörte dem Jungen zu und wandte mich dann wieder an die Frau. »Jeffrey sagt, sein Opa Jimmy sei dabei gewesen. «
Die Frau schnappte nach Luft. »O mein Gott, ja, das ist er tatsächlich!«
»Er wünscht sich, dass es seiner Mutter wieder gut geht.«
»Ich werde es ihr ausrichten. Sie macht sich solche Vorwürfe, dass sie ihn nicht besser beschützt hat, und hält das alles für ihre Schuld«, antwortete die Tante.
Ich nahm die Gelegenheit wahr, den kleinen Jeffrey nach seinem Leben in der geistigen Welt zu fragen.
»Was machst du denn drüben so alles?«
Ich gehe zur Schule wie vorher auch, antwortete er.
»Und was lernst du dort?«
Alles Mögliche. Wir können tun, was wir wollen. Ich mache gern was mit den Händen, also bringen sie mir das bei. Die Lehrer sind uns eine große Hilfe.
»Hast du auch schon Freunde in deinem Alter gefunden? «
Klar, antwortete er. Hier sind ganz viele Kinder, wir spielen und haben Spaß. Er berichtete, dass er jetzt bedeutend schneller sei als früher. Wenn er irgendwohin wolle, müsse er nur daran denken und schon sei er da. Ich brauch gar kein Fahrrad mehr, meinte er. Ich gab alles weiter.
»Möchtest du sonst noch etwas sagen?«, fragte ich.
Richten Sie meiner Mum und meinem Dad nur aus, dass ich noch am Leben bin und sie ständig sehen kann. Ich drehte mich zu Jeffreys Tante um und fragte sie, ob sie das verstanden habe.
Sie nickte.
Ich bemerkte, dass einige der Anwesenden mit den Tränen kämpften. Jeffreys kindliche Unschuld und Offenheit hatten alle gerührt. Niemand konnte sich seiner Energie entziehen.
Kylies Besichtigungstour im Himmel
Als ich an diesem Kapitel schrieb, hatte ich plötzlich Kylie vor Augen, das kleine Mädchen von der Beerdigungsfeier. Als Medium habe ich solche tranceartigen Zustände zwar öfter, trotzdem war ich überrascht, Kylie wiederzusehen. Sie sprang auf ihr weißes Shetlandpony und flog damit umher.
In diesem Moment näherte sich Kylie eine andere Gestalt. Der Mann trug einen braunen Leinenanzug und mir war sofort klar, dass es sich um einen ihrer Geistführer handelte. »Wer sind Sie?«, fragte ich dennoch. Herbert, antwortete er. So eine Art Begrüßungskomitee.
Herbert und Kylie setzten sich unter einen Baum. Du wirst auch hier zur Schule gehen, genau wie auf der Erde, sagte Herbert zu dem Mädchen.
Ich würde gern schneidern lernen, damit ich meiner Puppe immer hübsche Kleidchen in ganz vielen bunten Farben anziehen kann, gab Kylie zurück.
Herbert deutete auf ein atemberaubend schönes, mit Perlmutt und Gold...
