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E-Book

Irrationaler Überschwang

AutorRobert J. Shiller
VerlagPlassen Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl432 Seiten
ISBN9783864702648
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Er hat die Technologieblase vorhergesagt und vor der Immobilienblase warnte er ebenfalls frühzeitig. Nun analysiert Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert Shiller die aktuelle Situation an den Finanzmärkten - und warnt erneut. Mit seiner Theorie des 'Irrationalen Überschwangs' zeigt Nobelpreisträger Robert Shiller, dass Euphorie seitens der Akteure die Märkte auf unhaltbare und gefährliche Niveaus treiben kann. So geschehen in den Jahren 2000 bei der Hightechblase und 2007/2008 bei der Subprimeblase, die Shiller präzise vorhergesagt hat. Dies ist die dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage seines Klassikers. Shiller bezieht hier erstmals auch den Anleihenmarkt ein und gibt Empfehlungen, was die Individuen und die Politik im Lichte der aktuellen Situation an den Finanzmärkten tun sollten.

Robert J. Shiller erhielt 2013 den Wirtschafts-Nobelpreis und ist Professor an der Yale University.

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Leseprobe

2. AUFLAGE 2005


VORWORT


Im Vorwort zu ersten Auflage des vorliegenden Buches, die nach diesem Vorwort abgedruckt ist, bezeichnete ich das Buch als Untersuchung des Millenniumbooms am Aktienmarkt, also des Booms, der in den Jahren vor dem Jahr 2000 einen großen Teil der Welt heimsuchte. Einige Leser des Buches sagten mir, ihrer Meinung nach spreche das Buch ein viel breiter angelegtes Thema an. Und sie hatten recht: In Wirklichkeit geht es in dem Buch um alle spekulativen Märkte, um die Anfälligkeit des Menschen für Irrtümer und um die Instabilitäten des kapitalistischen Systems.

Als ich vor allem 1999 die erste Auflage schrieb, schien der Boom des Aktienmarkts unaufhaltsam zu sein. Der S&P 500 Index war 1995 um 34 Prozent gestiegen, 1996 um 20 Prozent, 1997 um 31 Prozent, 1998 um 26 Prozent und 1999 um 20 Prozent. In vielen anderen Ländern gab es ähnliche Serien von Kursanstiegen des Aktienmarkts. So viele Jahre hintereinander mit solchen spektakulären Zuwächsen konnten kein reiner Zufall sein – zumindest schien es vielen Menschen damals so und auch den Experten, die diese Ansicht förderten. Der Boom des Aktienmarkts wurde weithin als Vorbote eines neuen Zeitalters gesehen. Doch mein Buch nahm eine ganz andere, viel trübere Perspektive auf diesen Börsenboom ein.

Als das Buch im März 2000 in die Regale kam, hatte ich mir in Yale ein Sabbatical genommen und brach zu einer ausgedehnten Lesereise durch zehn Länder auf. Natürlich wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand, dass der März 2000 den Höhepunkt der Börse darstellen würde. Die Gespräche mit vielen Menschen über die Fehler, die sie meiner Meinung nach machten, brachten mich auf Ideen, wie ich meine Argumentation untermauern könnte, und jene stelle ich in der vorliegenden neuen Auflage vor.

Manche Erinnerungen an die Art von menschlichen Irrtümern, die mir auf dieser Reise begegneten, finde ich noch heute frappierend. Ich weiß noch, wie ich in einer Radiotalkshow auftrat und mir eine Frau erklärte, sie wisse, dass ich falschliege: Der Aktienmarkt befinde sich in einem ausgeprägten Aufwärtstrend und er müsse grundsätzlich steigen. Ihre Stimme zitterte und ich fragte mich, was für ihre Emotionen verantwortlich war.

Ich erinnere mich auch an einen jungen Mann, der zu zwei meiner Buchvorstellungen kam, jedes Mal hinten saß und hektisch aussah. Warum kam er zum zweiten Mal und was regte ihn so auf?

Einmal trug ich meine bearishe Marktsicht vor einer Gruppe institutioneller Investoren vor und ließ mir danach von einem institutionellen Portfoliomanager erklären, er sei zwar meiner Meinung, aber er werde bei der Verwaltung seines Portfolios trotzdem alles ignorieren, was ich gerade gesagt hatte. Er meinte, die Ansichten, die ich geäußert hatte, besäßen letztlich nicht genug Autorität, damit seine Kunden und Kollegen sie ernst nähmen, und er könne die Zusammensetzung seines Portfolios nicht ausschließlich wegen der offensichtlich eigenwilligen Meinung einer einzigen Person ändern – obwohl er selbst der gleichen Meinung war.

Doch überwiegend erinnere ich mich an Menschen, die fröhlich und mit offensichtlichem Interesse meinem Vortrag lauschten und mir dann unbekümmert eröffneten, sie würden mir nicht unbedingt glauben. Irgendwie war eine kollektive Schlussfolgerung bezüglich des Aktienmarkts gezogen worden und sie hatte das Denken der Menschen voll im Griff.

Nach dem Jahr 2000 endete der Börsenboom abrupt. Die Aktienmärkte in den Vereinigten Staaten und in den Ländern, in denen die Kurse ebenfalls gestiegen waren, fielen weit unter die Hochs des Jahres 2000. Als der S&P 500 im März 2003 den Boden erreichte, hatte er real (inflationsbereinigt) die Hälfte seines Wertes verloren. Dieser Ausgang veränderte die Anlegerpsychologie.

Ich erinnere mich an ein Frühstück mit einer Frau und ihrem Mann Ende 2000, als der Markt schon erheblich gefallen war und die Technologie-Aktien über 50 Prozent im Minus standen. Sie erzählte, sie kümmere sich um die Geldanlage für die Familie und in den 1990er-Jahren sei sie ein Genie gewesen. Er stimmte zu. Doch jetzt, so bekannte sie, sei ihr Selbstwertgefühl angeknackst. Ihre gesamte Wahrnehmung des Marktes sei eine Illusion gewesen, ein Traum. Ihr Mann widersprach ihr nicht.

Doch so tief greifend manche Menschen psychologisch auf den Einbruch des Marktes auch reagiert haben, so scheint die kollektive Begeisterung für Aktien doch ausdauernder zu sein, als man meinen könnte. Insgesamt gesehen scheint der Enthusiasmus noch nicht vorüber zu sein. Der Markt ist noch nicht so schwer eingebrochen, wie man es aufgrund der extremen Überteuerung im Jahr 2000 vorhergesagt hätte – jedenfalls noch nicht –, und die meisten Menschen haben diese intensive psychologische Korrektur noch nicht erfahren.

Der Aktienmarkt ist nicht auf historische Tiefs gefallen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Aktienmarkts in der Definition, die ich in diesem Buch verwende, liegt, während ich dies schreibe, immer noch bei Mitte 20, also weit über dem historischen Durchschnitt. Überdies ist es am Häusermarkt so weit gekommen, dass die medianen Häuserpreise manchmal das Zehnfache des Pro-Kopf-Einkommens der Käufer oder noch mehr betragen. Der irrationale Überschwang bleibt uns also durchaus erhalten.

Grob gesagt wollte ich mithilfe dieses Buches seit der ersten Auflage 2000 die veränderte Denkweise der Menschen verstehen, die letzten Endes die Märkte antreiben. Es handelt von der Psychologie der Spekulation, von dem Rückkopplungsmechanismus, der diese Psychologie verstärkt, vom Herdenverhalten, das auf Millionen oder gar Milliarden von Menschen übergreifen kann, und von den Konsequenzen eines derartigen Verhaltens für die Wirtschaft und für unser Leben. Auch wenn sich das Buch ursprünglich direkt auf das aktuelle Wirtschaftsgeschehen konzentrierte, drehte und dreht es sich noch darum, dass Irrtümer des menschlichen Urteilsvermögens dank Selbstzufriedenheit, mangelnder Beachtung von Details und übertriebenen Vertrauens in das Urteilsvermögen anderer Menschen selbst die klügsten Menschen befallen können, weil sie nicht begreifen, dass die anderen keine unabhängigen Urteile fällen, sondern ihrerseits selbst anderen folgen – dass also Blinde von Blinden geführt werden.

Die angeblich aufgeklärte Meinung, auf die die Menschen ihre wirtschaftlichen Urteile gründen, ähnelt oft eher dem „Mann aus Rauch“ aus Aldo Palazzeschis surrealistischem Roman „Il codice di Perelà“ aus dem Jahr 1911. Der Protagonist besteht nur aus Rauch, also sozusagen aus nichts, erwirbt aber eine öffentliche Anerkennung und Autorität, die Konstrukte der kollektiven Fantasie sind. Dann ändert die Öffentlichkeit ihre Meinung und beschließt, er sei doch nicht der Born der Wahrheit. Daraufhin löst er sich vollständig auf. Ereignisse wie in diesem Roman spielen sich auch in der Wirklichkeit ab: Substanzlose Glaubenssysteme, flüchtige Irrlichter, rufen lang anhaltende Schübe irrationalen Überschwangs hervor und diese Schübe treiben letzten Endes die Weltwirtschaft an.

Bei der Überarbeitung des Buches für die zweite Auflage habe ich versucht, die Argumentation auszubauen, dass Veränderungen, die durch veränderte Einstellungen, irrationale Überzeugungen und veränderte Schwerpunkte der Aufmerksamkeit verursacht werden, eine wichtige Rolle bei der Veränderung unseres Wirtschaftslebens spielen, und ich untersuche in der zweiten Auflage die Folgen für unsere Wirtschaft und unsere Zukunft. Die Beispiele für solche Veränderungen habe ich auf aktuellere Ereignisse umgemünzt. Vor allem habe ich ein Kapitel über den enormen Aufschwung der Immobilienpreise ergänzt, den viele Länder seit Ende der 1990er-Jahre erleben, und ich habe die Diskussion, die sich durch das gesamte Buch zieht, dahingehend erweitert, dass sie auch die Immobilienspekulation berücksichtigt. Darüber hinaus erweitert und verbessert die vorliegende Auflage die grundlegenden Argumente in mehrere Richtungen. Seit der Erstauflage hatte ich fünf zusätzliche Jahre, um über die Themen des Buches nachzudenken, und die Forschungen der Verhaltensökonomie, die ich genau verfolge, haben in dieser Zeit ebenfalls erhebliche Fortschritte gemacht.

Die Themen, die in diesem Buch behandelt werden, sind ernst und bis heute relevant. In weiten Teilen der Welt vertrauen die Menschen immer noch zu sehr darauf, dass der Aktienmarkt – und vielerorts auch der Immobilienmarkt – weiterhin extrem gut laufen wird, und diese überzogene Zuversicht kann zu Instabilität führen. Weitere wesentliche Anstiege dieser Märkte könnten letztlich zu noch wesentlicheren Rückgängen führen. Dies könnte die üble Konsequenz haben, dass durch diese Rückgänge die Zahl der Privatinsolvenzen beträchtlich zunimmt, was wiederum zu einer Bankrottserie unter Finanzinstituten führen könnte. Eine weitere langfristige Konsequenz könnte ein Rückgang des Anleger- und Unternehmensvertrauens sein und vielleicht eine weitere möglicherweise weltweite Rezession. Dieser extreme Ausgang – eine Situation wie in Japan...

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