3 Richtig essen bei Nierenerkrankungen
Durch eine gut abgestimmte Ernährung können Sie bei chronischer Niereninsuffizienz den Verlauf Ihrer Erkrankung beeinflussen. Zunächst kommt es darauf an, durch eine moderate Eiweißzufuhr die harnpflichtigen Substanzen im Blut niedrig zu halten. Gleichzeitig dürfen Sie aber auch nicht zu wenig essen. Sie fragen sich, warum es sich lohnt, mit der Nahrung die Nierenrestfunktion zu erhalten bzw. das Fortschreiten der Insuffizienz zu verlangsamen? Hier kommen die Antworten:
Welche Ernährungsmaßnahmen für Sie persönlich wichtig und notwendig sind, richtet sich immer nach der Grunderkrankung und den aktuellen Laborwerten. Ihr Nierenfacharzt (Nephrologe) und Ihr Ernährungsberater erstellen Ihnen einen auf Sie individuell abgestimmten Ernährungsfahrplan.
3.1 Die Niere unterstützen
Die eine »richtige« Nierendiät für alle gibt es nicht. Dafür sind die Nierenerkrankungen zu unterschiedlich. Was Sie machen können: Fragen Sie Ihren Arzt und die Ernährungsberatung nach Details.
Gleichzeitig existieren allgemeine Empfehlungen, die bei Niereninsuffizienz für alle sinnvoll sind:
Sie bemerken sicher, die nierenunterstützende Ernährung unterscheidet sich kaum von der, wie jeder sich am besten ernähren sollte. Vielleicht ist Ihre Erkrankung eine gute Chance, Gewohnheiten zu überdenken. Nehmen Sie es als Ansporn, einen gesunden Ernährungsstil zu kreieren. Ihre Angehörigen können sicherlich ebenfalls davon profitieren. Sie finden viele Vorschläge für Ihre persönliche Nieren-fit-Ernährung in diesem Buch.
3.2 Eiweiß – nicht zu viel, nicht zu wenig
Eiweiß ist ein Nährstoff und der Grundbaustein allen Lebens und er spielt bei Nierenerkrankungen immer eine wichtige Rolle. Eiweiß ist lebensnotwendig für den Aufbau und Erhalt der Muskeln sowie für die Blutbildung. Die Leber baut Eiweiß zu Harnstoff ab und bei gesunden Menschen scheidet die Niere sie aus (bei Dialysepatienten per Dialyse). Wenn Sie Ihre Eiweißaufnahme gut ausbalancieren, können Sie das Fortschreiten mancher Nierenerkrankungen verzögern und den Beginn der Dialysetherapie verzögern.
Zunächst kommt es darauf an, durch eine moderate Eiweißzufuhr die Nieren zu schonen. Diese eiweißkontrollierte Kost kann die Eiweißausscheidung im Urin senken und – wenn Sie es optimal durchführen – die Verschlechterung der Nierenfunktion bremsen. Mit einer überwiegend ovo-lakto-vegetabilen Kost erreichen Sie dieses Ziel gut. Diese Ernährungsform macht es einfach, genügend und qualitativ hochwertiges Eiweiß zu essen. Das ist wichtig für Sie. Denn auch zu wenig Eiweiß ist fatal, weil eine Mangelernährung die Prognose verschlechtert.
Sobald eine Dialysebehandlung begonnen wird, sollte Ihre Ernährung eher eiweißreich sein und es gelten wieder neue Regeln.
Fetter Käse, fette Wurst. Hätten Sie gewusst, dass fettarme Produkte oft noch eiweißreicher sind als fettreiche Lebensmittel? Deshalb ist es für Sie jetzt günstig, Wurst, Fleisch oder Käse mit eher höherem Fettgehalt zu kaufen und in kleiner Menge zu essen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Produkte mit normalüblichem Fettgehalt meistens besser schmecken und allgemein nicht so viele Zusätze enthalten.
3.2.1 Wenig tierisches Eiweiß
Tierische Eiweiße enthalten mehr schwefelhaltige Aminosäuren (Bausteine der Eiweiße) als pflanzliche. Diese schwefelhaltigen Aminosäuren erhöhen die Säureausscheidung der Niere, was den Säure-Basen-Haushalt belastet. Wenn Sie wenig tierisches Eiweiß essen, haben Sie automatisch auch eine geringe Phosphatzufuhr. Dies ist ein zusätzlicher ganz wichtiger Effekt. Ihr Blutdruck, die Blutfette und die Harnsäure profitieren ebenfalls davon.
3.2.2 Welcher Bedarf besteht?
Eigentlich ist der Eiweißgehalt in der nierengesunden Ernährung keine Reduzierung, sondern eine Eiweißnormalisierung. Der Eiweißbedarf für gesunde Erwachsene beträgt 0,8 – 1,0 g Eiweiß pro kg/Körpergewicht am Tag. Durchschnittlich verzehrt ein Mensch in Deutschland rund 1,5 g Eiweiß (Proteine) pro kg/Normalgewicht am Tag. Bei Niereninsuffizienz werden maximal 0,8 – 1 g Eiweiß je kg/Körpergewicht empfohlen und nicht weniger als 0,6 g Eiweiß je kg/Körpergewicht. Letzteres ist wichtig, denn sonst wird körpereigenes Eiweiß abgebaut, was wiederum eine Mangelernährung bedeutete. Eine Studie hat gezeigt: Menschen mit Diabetes sollten sogar mindestens 0,8 g Eiweiß pro kg und Tag essen.
Ihre Körpergröße ist 170 cm, Ihr Normalgewicht ist 72 kg. Das heißt dann:
72 × 0,8 g = 57,6 g Gesamteiweiß pro Tag (ein Drittel bis die Hälfte kann tierisches Eiweiß sein) = Gesamteiweiß dividiert durch 3 bzw. 2. Ergebnis:
Die Eiweißmenge pro Tag wird aufgerundet auf 60 g. Das ergibt 20 – 30 g tierisches Eiweiß pro Tag.
Nierenexperten empfehlen, dass max. bis ein Drittel des Gesamteiweißes tierischer Herkunft sein sollte. Erfahrungen haben gezeigt, dass bis zu 50 Prozent tolerierbar sind. Bei den Berechnungen wird das errechnete Normalgewicht verwendet (BMI 25). Für die Praxis schlage ich Ihnen eine einfache Art und Weise zur Einschätzung der Eiweißmenge vor: Sie rechnen nur das tierische Eiweiß täglich nach: Sie können von Ihrer Gesamteiweißmenge ein Drittel bis die Hälfte tierisches Eiweiß essen. Das sind beim Erwachsenen ganz grob 20 – 30 g tierisches Eiweiß pro Tag. Der restliche Anteil steckt in pflanzlichen Lebensmitteln wie Brot, Kartoffeln, Nudeln und Reis.
Im vorderen Buchumschlag finden Sie eine 5-g-Eiweißaustauschtabelle (1 EP = 5 g Eiweiß). Die Lebensmittelmengen sind alle auf 5 g Eiweiß bezogen. In praktischen 5er-Einheiten können Sie leicht Ihre Tagesportion errechnen. Zugegeben, diese Vorgehensweise ist wissenschaftlich betrachtet nicht genau. Aber es ist eine einfache und praktikable Lösung. Sie erfüllt im Alltag ihren Zweck und Sie finden Ihre richtige nierengesunde Eiweißmenge, ohne in einen Mangel zu geraten.
Tipp: Sie können pro Tag vermutlich 5 – 6 EP essen. Machen Sie für ein paar Tage eine Strichliste, wie viel EPs Sie zu sich nehmen. Mit der Zeit werden Sie die Mengen, die Sie täglich speisen können, im Kopf und im Gefühl haben.
Wer gern einmal Fleisch oder Fisch essen möchte, kann dies gut einplanen. Entscheiden Sie täglich neu, was und wie Sie zu sich nehmen möchten. Eine übliche Fleischportion von 125 g enthält etwa 25 g Eiweiß. Mehr tierische Lebensmittel sollten dann an diesem Tag nicht dazu kommen. Gestalten Sie einige Tage in der Woche fleischfrei. Das sorgt für Abwechslung im Speiseplan und stellt sicher, dass Sie ausreichend von allen verschiedenen Nährstoffen erhalten.
3.3 Proteine geschickt auswählen
Fisch, Geflügel und Wild sind in ihrer gesamten Nährstoffzusammensetzung günstiger als Rind-, Lamm- und Schweinefleisch. Sojaeiweiß belastet die Niere nicht so stark wie tierisches Eiweiß. Sojaprodukte werden häufig anstelle von Milchprodukten und Tofu als Fleischersatz eingesetzt. Sie beziehen Sojaprodukte ebenfalls in Ihre Berechnung mit ein. Dann können Sie allerdings locker die 50-Prozent-Grenze nutzen. Auf Lebensmittel umgelegt heißt das: