Der Begriff der Kommissionierung wird laut der VDI-Richtlinie 3590 wie folgt definiert: „Das Kommissionieren ist das Zusammenstellen von bestimmten Teilmengen (Artikeln) aus einer bereitgestellten Gesamtmenge (Sortiment) aufgrund von Bedarfsinformationen. Dabei findet eine Umformung eines lagerspezifischen in einen verbrauchsspezifischen Zustand statt.“[3]
Der Vorgang der Kommissionierung lässt sich in mehrere Grundfunktionen unterteilen, welche nur teilweise zwingend in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden müssen:
„Vorgabe der Transportinformationen (für Güter und/oder Kommissionierer)
Transport der Güter zum Bereitstellort
Bereitstellung der Güter
Bewegung des Kommissionierers zum Bereitstellort
Vorgabe der Entnahmeinformation
Entnahme der Entnahmeeinheit(en) durch den Kommissionierer
Abgabe der Entnahmeeinheit(en)
Quittierung des Entnahmevorgangs bzw. der Entnahmevorgänge
Transport der Sammeleinheit(en) zur Abgabe der Sammeleinheit(en)
Vorgabe der Transportinformation für die angebrochene(n) Bereitstelleinheit(en)
Transport der angebrochenen Bereitstelleinheit(en).“[4]
Allerdings ergibt sich aus den oben genannten Teilprozessen noch kein sinnvolles Kommissioniersystem, da z.B. die Bereitstellung (statisch oder dynamisch bzw. Mann-zur-Ware oder Ware-zum-Mann) sowie die Abgabe (zentral oder dezentral) hier nicht eindeutig identifiziert werden können. Die Beschreibung der Kommissionierstrategien erklärt die Grundfunktionen näher und verdeutlicht die Komplexität des Kommissionierprozesses.
Jedes Kommissioniersystem setzt sich aus drei Teilsystemen zusammen; der Organisation der Kommissionierung, dem Material- sowie dem Informationsfluss.[5]
Unter der Organisation des Kommissioniersystems ist die Wahl der Struktur und Steuerung der Abläufe innerhalb des Kommissioniersystems zu verstehen. Hierbei wird zwischen der Aufbau-, der Ablauf- und der Betriebsorganisation unterschieden.[6] Die Regelung des Nachschubes sowie des Leergutes ist ebenfalls diesem Teilsystem zuzuordnen.
Der Materialfluss im Rahmen der Kommissionierung untergliedert sich in die Bereiche Bereitstellung, Fortbewegung, Entnahme und Abgabe. Dieses Teilsystem beschäftigt sich dementsprechend mit der Durchführung der Vereinzelung der Artikel. Der Kommissionierer sowie die einzelnen Artikel müssen räumlich und zeitlich effizient zusammengeführt werden. Anschließend werden die Entnahmeeinheiten bzw. die Sammel- oder Kommissioniereinheiten weiter befördert.[7]
Neben den Materialfluss- und Handhabungsvorgängen der eigentlichen Kommissioniertätigkeit kommt der administrativen Informationsverarbeitung wie Auftragserfassung, Aufbereitung und Weitergabe bis hin zu Quittierung der bearbeiteten Aufträge ebenfalls eine große Bedeutung zu.[8] Die Übermittlung von Auftragsinformationen kann entweder beleglos oder aber mit Beleg erfolgen.[9]
Die weiteren zentralen Begriffe des Kommissioniervorgangs, Sortiment, Auftrag und Artikel, besitzen das kleinste gemeinsame Vielfache in Form der Entnahmeeinheit. Die Bereitstelleinheit schafft dabei die Verbindung zwischen Sortiment und Artikel und stellt eine physisch abgrenzbare Teilmenge eines Artikels des Sortiments dar. Zwischen Auftrag und Artikel wird die Verbindung durch den Begriff der Position hergestellt. Die Position entspricht hierbei einer Auftragszeile / Entnahmeinformation, in welcher ein für den speziellen Auftrag benötigter Artikel in der zu entnehmenden Menge beschrieben wird.[10] Das gerade dargestellte wird in der folgenden Abb. 1 verdeutlicht.
Abbildung 1: Zentrale Begriffe in der Kommissionierung[11]
Bei der Planung von Kommissioniersystemen sollten die vorhandenen Strukturen bezüglich Aufträgen und Artikeln sowie zeitliche Faktoren Beachtung finden.[12] Das bei der Entscheidung zur Gestaltung eines Kommissioniersystems wichtigste Kriterium bildet allerdings die zu erreichende Leistung. Die Kommissionierleistung wird maßgeblich durch die zurückzulegenden Wege zu den Bereitstellplätzen sowie die dafür benötigte Zeit beeinflusst. Aus diesem Grund zielen in der Regel sämtliche Optimierungsmaßnahmen darauf ab, sowohl die Wege als auch die benötigten Zeiten zu reduzieren.
Die Kommissionierleistung in Positionen pro Stunde berechnet sich aus der Anzahl Sekunden pro Stunde dividiert durch die benötigte Kommissionierzeit in Sekunden pro Position. Die Kommissionierzeit hingegen setzt sich zusammen aus der Basiszeit, der Wegzeit, der Greifzeit sowie der Totzeit.[13] Dabei nimmt die Wegzeit mit einem durchschnittlichen Anteil von ca. 50% an der Gesamtzeit den Großteil ein[14], so dass auf diese im weiteren Verlauf noch ausführlicher eingegangen wird. Den nächst kleineren Anteil bildet die Greifzeit mit ca. 25%, gefolgt von der Basiszeit mit ungefähr 15% sowie der Totzeit von ca. 10%. Der Anteil der Greifzeit entspricht der benötigten Zeit für die Entnahme sowie die Abgabe der Entnahmeeinheiten durch den Kommissionierer. Der Greifprozess setzt sich zusammen aus den Tätigkeiten Hinlangen, Aufnehmen, Befördern und Ablegen.[15] Aufgrund eines Anteils von ungefähr einem Viertel an der Gesamtkommissionierzeit kommt der Reduzierung der Greifzeit eine relativ große Bedeutung zu. Die tatsächlich benötigte Greifzeit ist abhängig von
der Anzahl der Entnahmeeinheiten pro Position,
der Greifhöhe und Greiftiefe,
der Ablagehöhe,
dem Gewicht und Volumen pro Entnahme
sowie den Eigenschaften des Kommissionierers.[16]
Aufgrund der notwendigen Justierung ergibt sich eine deutlich geringere Greifzeit des Menschen im Vergleich zu einem Roboter.[17] Dennoch kann ein Einsatz von Automatisierungstechnik unvermeidbar sein, z.B. bei besonders hohen Gewichten der Artikel.
Die Basiszeit wird angegeben pro Auftrag. Sie ergibt sich aus den Zeitanteilen der grundlegenden Aufgaben des Kommissioniervorgangs wie beispielsweise dem Aufnehmen von Auftragsinformationen, dem Ordnen von Belegen und der Übergabe des fertig kommissionierten Auftrags.[18]
Mit dem Begriff der Totzeit wird der Zeitanteil bezeichnet, innerhalb dessen die Kommissionierperson aufgrund von Tätigkeiten wie beispielsweise dem Lesen der Belege, der Orientierung im Kommissionierlager und dem Suchen der Entnahmepositionen unproduktiv ist.[19] Die Totzeit kann hauptsächlich durch Systeme wie Pick-to-Light, bei denen die Pickplätze durch Leuchtsignale eindeutig und einfach erkennbar sind, reduziert werden.
Zu guter Letzt wird nun die Wegzeit betrachtet. Diese ist durch die zurückzulegenden Kommissionierwege, die ein- oder zweidimensionale Fortbewegung sowie das Kommissionieren zu Fuß oder aber auf einem Fördergerät veränderbar. Während die Bewegung auf einem Fördergerät größere Höchstgeschwindigkeiten ermöglicht, ist die Kommissionierung zu Fuß gerade auf kurzen Strecken schneller. Die Wege an sich lassen sich z.B. durch eine Zonung des Lagers, bei der die Artikel nach ihren Zugriffshäufigkeiten sortiert angeordnet werden, reduzieren.[20] Weiterhin gibt es Strategien wie die dynamische Bereitstellung, bei denen der Wegzeitanteil gegen Null tendiert, da der Kommissionierer seine Arbeit an einem festgelegten Platz ausführt und die zu kommissionierenden Artikel zu ihm transportiert werden. Daraus folgt, dass das Rationalisierungspotenzial in Bezug auf die Wegzeit als sehr hoch einzustufen ist.
Die Betrachtung der nachfolgend thematisierten Strategien zeigt Voraussetzungen und Potenziale des Einsatzes sowohl zur Prozessoptimierung als auch zur Leistungssteigerung auf. Weitere Ziele, die mit einer Verbesserung des gesamten Kommissioniersystems erreicht werden sollen, sind z.B. die Senkung des Personalbedarfs, der Auftragsdurchlaufzeiten und der benötigten Grundfläche sowie die Erhöhung des Servicegrad und der Fehlerfreiheit, der Flexibilität und der Nutzung der vorhandenen...