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E-Book

Mikrobiologie

Die Entdeckung der unsichtbaren Welt

AutorGerhart Drews
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783642107573
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,99 EUR
Mikroorganismen leisten einen wesentlichen Beitrag zum Kreislauf der Stoffe in der Natur und synthetisieren wichtige Wirkstoffe wie Vitamine und Antibiotika. Ausgehend von den Anfängen naturwissenschaftlichen Denkens in der Antike beschreibt der Autor die wesentlichen Entdeckungen, die zur Erkennung der Mikroorganismen und ihrer Rolle in der Natur und bei der Entstehung von Krankheiten geführt haben. Die Entwicklung der modernen Mikrobiologie schildert er exemplarisch anhand einzelner Organismen und Themenfelder.

Gerhard Drews ist emeritierter Professor am Lehrstuhl für Mikrobiologie an der Universität Freiburg.

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Leseprobe
"Kapitel 6 Die vielfältigen Aktivitäten von Bakterien in der Natur (S. 87-88)

6.1 Entwicklung von Methoden und Denkansätzen


Im 18. und 19. Jahrhundert wurden viele morphologische und physiologische Eigenschaften von Bakterien und anderen Mikroorganismen erforscht. So wurde über Unterschiede in den Ansprüchen der Bakterien an Temperatur, Sauerstoffgehalt, Nahrungsstoffe und andere Lebensbedingungen, sowie bei Symbionten oder Parasiten über deren Wirtsspezifität berichtet. Zunächst wurden diese unterschiedlichen Merkmale noch nicht als konstante Eigenschaften einer Art angesehen, da es Vergleichsuntersuchungen mit den Proben verschiedener Autoren noch nicht gab. Jeder beschrieb, was er beobachtet hatte.

Da die Bakterien ähnlich aussahen, auch wenn sie aus verschiedenen Umweltbereichen entnommen wurden, entstanden oft widersprüchliche Befunde. Trotzdem bildete dieses Wissen eine Voraussetzung für die weitere Erforschung der Rolle von Mikroorganismen in der Umwelt und als Erreger von Krankheiten. Ein entscheidender Fortschritt konnte erst durch die Herstellung von Reinkulturen aus den vorliegenden Mischkulturen der Organismen erreicht werden. Viele Missverständnisse und fehlerhafte Ergebnisse waren auch darauf zurückzuführen, dass es keine, für Vergleichsuntersuchungen so wichtige Stammkultursammlungen gab und jeder, der mit Mischkulturen arbeitete, über andere Ergebnisse berichtete.

Erst die Herstellung von Reinkulturen der Mikroorganismen und der Nachweis, dass diesen bestimmte Eigenschaften zugeordnet werden können, eröffnete die Möglichkeit, die Aktivitäten einzelner Organismen in einem ökologischen System und in ihrer Wechselbeziehung zu anderen Organismen zu untersuchen. Die Fragestellungen entstanden oft aus den Bedürfnissen des täglichen Lebens heraus. So wurde das Auftreten von Krankheiten bei Mensch, Tier und Nutzpflanze – wie Milzbrand der Schafe, Tuberkulose und Cholera des Menschen, Flacherie der Seidenraupen, Fehlgärungen bei der Weinherstellung und die Mehltauerkrankung der Reben – von den Forschern des 19. Jahrhunderts untersucht.

Voraussetzung dafür war die Überwindung alter, überlieferter Vorstellungen wie der Spontanzeugung, dem Glauben an das Einwirken übernatürlicher Kräfte auf das Naturgeschehen und die spekulative Begründungen für Verhaltensweisen, wie die Miasmentheorie für das Entstehen von Krankheiten oder die Ansicht, dass die verschiedenen Mikroorganismen nur Anpassungsformen eines Organismus an ihre Umgebung seien.

Die stetige Zunahme des rational-kausalen Denkens und die Entwicklung der kritisch-analytischen Experimentierkunst, die im 19. Jahrhundert durch die Fortschritte auf chemisch-physikalischem Gebiet gefördert wurde, waren weitere Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung der Naturwissenschaften. Einen enormen Einfluss auf die biologische Forschung hatte seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Theorie der Evolution , begründet vor allem durch Charles Darwin (1809–1882), die die große Artenvielfalt auf der Erde und das Entstehen und Verschwinden neuer Arten auf die Variation (Veränderungen im Genom) und die natürliche Selektion – das heißt, die Begünstigung oder Behinderung von Entwicklung und Vermehrung einzelner Vertreter der Arten durch Faktoren der Umwelt und die Interaktionen innerhalb von Populationen – zurückführte (Mayr 1982, 1994).

Eine Stütze der Evolutionsforschung war die Geologie, deren Vertreter in den Ablagerungen früherer Erdperioden Versteinerungen von Tieren und Pflanzen entdeckten, die sich deutlich von den in der Jetztzeit lebenden Arten unterschieden. Durch die Reihenfolge der Schichten konnte auf die zeitliche Abfolge im Auftreten der verschiedenen Arten geschlossen werden. Eine absolute Zeitbestimmung des Alters dieser Fossilien wurde erst in unserer Zeit durch Anwendung der Isotopentechnik möglich."
Inhaltsverzeichnis
Vorwort5
Inhaltsverzeichnis7
Symbole und Abkürzungen12
Kapitel 1 Einleitung14
Kapitel 2 Was sind Mikroorganismen und wie sind sie entstanden17
Kapitel 3 Anfänge naturwissenschaftlichen Denkens19
3.1 Galenos von Pergamon (129–199), ein bedeutender Mediziner in der Antike19
3.2 Hieronymus Fracastoro und das infektiöse Agens22
3.2.1 Fracastoro als Arzt und Dichter22
3.2.2 Die Lehre von den Kontagien der Infektion30
Kapitel 4 Die Fortschritte der Naturwissenschaftenim 17. und 18. Jahrhundert34
4.1 Antoni van Leeuwenhoek (1632–1723)36
4.1.1 Holland im 17. Jahrhundert36
4.1.2 Van Leeuwenhoek baut Mikroskope und entdeckt eine neue Welt38
4.1.3 Die Entdeckung der „sehr kleinen Tierchen"45
4.2 Versuche, den Bakterien in der Welt der Lebewesen einen Platz zuzuweisen47
4.3 Mit der Hypothese der Urzeugung entwickelte sich modernes Denken und Experimentieren50
4.3.1 „Generatio spontanea" und die Entdeckung von Entwicklungszyklen50
4.3.2 Versuche zur Sterilisation51
Kapitel 5 Die Entwicklung moderner mikrobiologischer Forschung im 19. Jahrhundert56
5.1 Neue Methoden und Denkansätze56
5.2 Der Breslauer Botaniker Ferdinand Cohn setzt Maßstäbe für die bakteriologische Forschung59
5.2.1 Jugend und Studienjahre59
5.2.2 Aktivitäten Cohns in der Forschung und an der Universität Breslau64
5.2.3 Gründung des pflanzenphysiologischen Institutes66
5.2.4 Popularisierung von Wissenschaft67
5.2.5 Neubau des Institutes für Botanik und Pflanzenphysiologie68
5.3 Cohn, Koch und Pasteur repräsentieren Richtungen bakteriologischer Forschung69
5.3.1 Begründung einer modernen Bakteriologie durch Cohn69
5.3.2 Edwin Klebs (1834–1913)77
5.3.3 Koch revolutioniert die Infektionsbiologie77
5.3.4 Der Nachweis von Infektionserregern durch Koch und Mitarbeiter82
5.3.5 Gärungsphysiologie und Immunisierungsversuche im Labor von Pasteur84
5.3.6 Unterschiedliche Forschungsstrategien in den Schulen von Koch und Pasteur86
5.3.7 Entdeckung des Erregers der Tuberkulose durch Robert Koch88
5.3.8 Infektionskrankheiten und ihre Bekämpfung89
5.3.9 Die Entwicklung von Antikörpern gegen Krankheitserreger91
5.3.10 Paul Ehrlich und die Chemotherapie91
5.3.11 Kochs zweite Ehe92
5.3.12 Kochs Untersuchungen tropischer Infektionskrankheiten93
5.3.13 Reise nach Japan94
5.3.14 Kochs letzte Lebensjahre95
Kapitel 6 Die vielfältigen Aktivitäten von Bakterienin der Natur97
6.1 Entwicklung von Methoden und Denkansätzen97
6.2 Der Stickstoffkreislauf99
6.2.1 Fixierung elementaren Stickstoffs99
6.2.2 Sergej Nikolaevitch Winogradsky (1856–1953)100
6.2.3 Nitrogenase und Stickstoffreduktion101
6.2.4 Nitrifikation102
6.2.5 Dissimilatorische Nitratreduktion, Denitrifikation103
6.2.6 Anaerobe Ammoniumoxidation104
6.2.7 Ökologische Aspekte des Stickstoffkreislaufes105
6.3 Der Kreislauf des Schwefels107
6.3.1 Dissimilatorische Sulfatreduktion107
6.3.2 Oxidation von Schwefelwasserstoff (H2S), Sulfurikanten108
6.4 Die Kreisläufe von Sauerstoff und Kohlenstoff110
6.4.1 Die Entstehung der Erdatmosphäre und ihr Einfluss auf die Biosphäre110
6.4.2 Die Atmungskette110
6.4.3 Der Kreislauf des Kohlenstoffs: Fixierung von Kohlendioxid, CO2112
6.5 Metalle im Energiestoffwechsel von Bakterien120
6.5.1 Eisenoxidation und Eisenreduktion in verschiedenen Erdperioden120
6.5.2 Metall-oxidierende Bakterien bei biotechnologischen Verfahren123
6.6 Die Aufklärung von Gärungsstoffwechsel und Atmung123
6.7 Die photosynthetisch aktiven Bakterien126
6.7.1 Die Entdeckung pigmentbildender Bakterien126
6.7.2 Engelmanns Untersuchungen zur Photosynthese der Algen und Bakterien126
6.7.3 Die grünen Bakterien und Reaktionszentren der anoxygenen Photosynthese131
6.8 Die Welt der „blaugrünen Algen", die Cyanobakterien mit oxygener Photosynthese135
Kapitel 7 Die Entdeckung der Viren und anderer suborganismischer infektiöser Agenzien138
7.1 Das Tabakmosaikvirus und andere Viren138
7.2 Viroide: nackte, infektiöse Ribonukleinsäure143
7.3 Prione, die unheimlichen Krankheitserreger aus Protein144
Kapitel 8 Die Wege zur Entdeckung von Proteinen, Enzymen und Zellstrukturen146
8.1 Die Zelle als Grundbaustein aller Organismen146
8.2 Entdeckung des Generationswechsels146
Kapitel 9 Die Einheit des Stoffwechsels und die Aufklärung der Proteinstruktur148
Kapitel 10 Die Molekularbiologie erweitert unser Blickfenster auf das Geschehen in der Natur151
10.1 Das Entstehen der Vererbungslehre151
10.2 Die Chemie der Makromoleküle153
10.3 Das Entstehen der Bakteriengenetik153
10.4 Lederberg und sein Beitrag zur Entwicklung der Bakteriengenetik154
10.5 Fortschritte der molekularen Genetik159
10.6 Die Doppelhelix der Desoxyribonukleinsäure (DNA)160
10.6.1 Strukturaufklärung160
10.6.2 Replikation der DNA165
10.7 Der genetische Code und seine Übersetzung in die Sprache der Proteine167
10.7.1 Genkartierung und zellfreie Proteinsynthese169
10.8 Die molekulare Biologie der Zelle171
10.8.1 Genomsequenzen172
10.8.2 Struktur und Teilung des bakteriellen Chromosoms173
10.8.3 Cytoplasmatische Membran und Cytoskelett175
10.9 Der Begriff der Spezies und die Sexualität bei Bakterien176
10.9.1 Methoden der Klassifizierung von Bakterien177
10.9.2 Genomorganisation und Expression178
10.9.3 Regulation des Stoffwechsels180
Kapitel 11 Die Verwandtschaft zwischen Bacteria, Archaea und Eukarya182
11.1 Die Symbiontentheorie und ihr Einfluss auf die Deutung der Stammesentwicklung184
11.2 Die Drei-Domänen- und die Eocytenhypothese185
11.3 Bacteria und Archaea186
Kapitel 12 Regulation von Stoffwechsel und Zelldifferenzierung189
12.1 Die ATP-Synthase190
12.2 Energieproduktion durch Substratstufenphoshorylierung192
12.3 Anpassung an Umweltfaktoren192
12.3.1 Temperatur192
12.3.2 Konzentration von H + - und OH -Ionen193
12.3.3 Andere, das Wachstum beeinflussende Faktoren193
Kapitel 13 Mikroorganismen und ihre Umwelt195
13.1 Süßwasser-Binnenseen197
13.2 Strategien der Bakterien, einen optimalen Lebensraum zu besetzen200
13.3 Aktive Bewegung von Bakterien201
13.4 Das Streifenwatt203
13.5 Lebensgemeinschaften an den Hydrothermalquellen der Tiefsee204
13.6 Leben unter dem Eis in der Antarktis207
13.7 Der Pansen und seine Bewohner208
13.8 Andere extreme Standorte208
13.9 Lebensgemeinschaften im Boden209
13.9.1 Die Rhizosphäre210
13.9.2 Nitrogenase211
13.10 Trinkwasser und Abwasser211
13.10.1 Moderne Abwasseranlagen213
Kapitel 14 Mikroorganismen im Dienste des Menschen: Biotechnologie215
Kapitel 15 Die Systembiologie untersucht Regulationsnetzwerke und phylogenetische Beziehungen220
Kapitel 16 Die synthetische Biologie konstruiert Organismen mit bestimmten Eigenschaften222
Kapitel 17 Anmerkungen zur Evolution der Lebewesen225
Ausblick230
Literatur232
Sachverzeichnis242

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