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E-Book

Mumien in Palermo

Als Kriminalbiologe an die dunkelsten Orte der Welt

AutorA. K. Tolstoi
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783732529551
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR

Ob Italien, Kolumbien oder Vietnam - Wie ein Indiana Jones der Kriminalbiologie wird Mark Benecke in die verschiedenen Länder dieser Welt gerufen, um dunkle Geheimnisse aufzuspüren, brutale Morde und unerklärliche Tötungen zu untersuchen. Dabei begegnet er korrupten Polizeibeamten und trifft auf skrupellose Mörder. Ein ganz besonderer Fall sind die Mumien, die in einem Kapuzinerkloster in Palermo aufgefunden werden. Hunderte, vielleicht tausende. Er lernt die Mönche kennen. Was haben sie zu verbergen? Dr. Made packt seinen Koffer und kommt der Wahrheit auf die Spur.



Mark Benecke ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe und auf der ganzen Welt unterwegs, um mithilfe seiner speziellen Kenntnisse und Methoden Leichen zu identifizieren und Kriminalisten wie Archäologen, Historikern und Paläontologen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Mark Benecke ist auch der Crazy Crime Nerd, der schon auffällt, bevor er hochkompetent loslegt und mit Wissen, Kreativität, Kompetenz überzeugt.

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Leseprobe

Eine Alien-Autopsie


Niemand (auf der Erde) weiß, ob es Außerirdische gibt. Vielleicht können wir sie einfach nicht wahrnehmen – sie könnten riesig oder sandkornklein sein. Wabern sie wie Nebel durch die Gegend oder gleichen sie Radiowellen, die sogar durch uns hindurchreichen? Und wer sagt, dass Aliens auf der Erde leben? Vielleicht stürzt ja bloß manchmal eine Gestalt ab, landet in unserem Schwerefeld und kracht – wenn ihr Schiff nicht verglüht – auf die Erdoberfläche.

Wir prüfen in der naturwissenschaftlichen Kriminalistik nichts, was wir nicht messen oder beschreiben können. Zu den nicht genügend genau beschriebenen und daher unprüfbaren Wesen und Dingen gehören Gott, die Gerechtigkeit und Geister. Was wir nicht messen können, besprechen wir nicht.

Als ich gefragt wurde, ob ich eine Alien-Autopsie untersuchen wollte, war die Antwort trotzdem nicht so einfach. Denn es gab eine Tatort-Spur – einen verwackelten Schwarz-Weiß-Film aus Roswell, angeblich aus dem Jahr 1947. Das Team aus den USA wollte wissen, ob der Film und damit die Sektion des außerirdischen Lebewesens echt sein kann oder nicht. Der Tonmann der Produktion hatte berichtet, dass alles innerhalb weniger Tage als Fälschung im Hinterhof zusammengestrickt worden sei. Doch mehr als sein Wort hatten wir nicht.

Also schaute ich mir das rätselhafte Werk an. Auf den ersten Blick verblüffte mich weniger das Alien als die seltsame Uniform der Untersucher. So einen Schutzanzug hatte ich noch nie gesehen. Doch es gibt vieles, was ich noch nie gesehen habe.

In New York hatte ich schon neben dem Chef des Institutes für Rechtsmedizin im Sektionssaal gestanden, der in Straßenkleidung dieselbe Leiche aufschnitt, an welcher der ebenfalls neben ihm stehende Präparator wegen der damals zunehmend auftretenden Krankheiten Hepatitis C und AIDS in einem Vollschutzanzug, einer Art Astronauten-Outfit, arbeitete. Wer wollte da entscheiden, ob die KollegInnen im Jahr 1947 in einer Militärbasis in der Wüste nicht auch unübliche Schutzkleidung trugen, während sie das Alien zerlegten?  

Ungewöhnliche, aber nicht unmögliche Sektionsausrüstung bei der Alien-Autopsie: Strahlenschutzausrüstung oder ein Anzug gegen biologische oder chemische Kampfstoffe?

Merkwürdig am Alienfilm war auch, dass die UntersucherInnen darin nur zaudernd an der Leiche arbeiteten. Die meisten Handgriffe bei einer Sektion sind Tag für Tag dieselben, und wie bei jedem anderen Beruf stellt sich daher nach einiger Zeit Routine ein. So prüfen RechtsmedizinerInnen beispielsweise immer die Leichenstarre, indem sie einen Arm oder ein Bein der toten Person anwinkeln (beziehungsweise es versuchen), und setzen immer gleiche Schnitte, um die inneren Organe untersuchen zu können. Die Ärzte auf der Militärbasis in Roswell arbeiten im Film aber nur ganz zaghaft, zeigen nach hier und nach dort und scheinen in einer Szene sogar den Pulsschlag an einer großen Ader am Hals zu prüfen. Und das bei einem auf die Erde abgestürzten Alien, dessen Raumschiff zertrümmert sein soll und aus dem trotz schwerer Beinverletzung keine Flüssigkeiten austreten.

Doch wer weiß schon, was den KollegInnen kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges angesichts eines kindlich oder krank aussehenden Besuchers aus dem All während dessen Sektion durch den Kopf gegangen sein könnte.

Also suchten wir nach härteren, messbaren und besser prüfbaren Tatsachen. Wir fanden sie – aber nicht durch Tüfteln, Zeugen oder Nachdenken, sondern mittels biologischer Vergleiche. Wir fragten uns, ob die Körperzusammensetzung und der Aufbau des fremden Wesens – egal, wo es herkam – unter den im Film erkennbaren Bedingungen Sinn ergaben.

Anatomische Besonderheiten


Nachdem wir die Filmaufnahmen kontrastverstärkt hatten, zeigte sich, dass das Alien am schwer verletzten, durch den Absturz geöffneten Bein eine schräge Wunde aufwies. Darunter lag ein Hohlraum. Die Wunde musste also in einer festen, dicken Schicht liegen, fast wie ein Lochbruch eines Rohres. Das ist eigentümlich, weil lebende Körper eigentlich anders stabilisiert sind. Und einen lebenden Körper hatte unser Alien ja.

Beispielsweise gibt es auf der Erde keine meterhohen Riesenspinnen, weil diese – wie offenbar auch die Beine unseres Außerirdischen – außen hart und innen weich sind. Eine harte Außenhülle muss mit zunehmender Größe der Riesenspinne aber immer dicker werden, damit sie das Gewicht tragen kann. Da solch eine feste Hülle steif sein muss, können die ebenfalls immer dicker und steifer werdenden Gelenke bald nicht mehr arbeiten. Riesenspinnen wären also unbewegliche Spinnen. Darum könnten sie uns nichts anhaben.

Warum hat das Alien im Film also einerseits eine dicke, steife Außenhaut, zugleich aber die Gelenke eines Menschen, bei dem die steifen Knochen innen liegen? Denn menschliche Gelenke funktionieren ja überhaupt nur durch ihre außen liegenden Muskeln und Sehnen, die mit den innen liegenden Knochen verbunden sind. Beim Alien stimmt also etwas nicht.

Zur Erklärung, warum dieser biologische Widerspruch so interessant ist: Unsere Außenhülle, die Haut, ist sehr stabil. Man kann Haifisch-Angelhaken hindurchstecken und Menschen damit in die Luft ziehen (body suspension). Sie ist aber trotzdem nicht hart und steif, sondern eine bieg- und dehnbare Hülle. Das Alien ist biomechanisch also verdächtig menschenähnlich aufgebaut, ohne offenbar unter irdischen Bedingungen entstanden zu sein.

Gleichzeitig ist das Wesen so vermurkst konstruiert, dass keine Umwelt auf anderen Planeten dazu passt. Denn käme es von einem Planeten mit großer Schwerkraft, würden wir ein gedrungenes Wesen erwarten, das nicht auf zwei schlanken Beinen geht. Bei geringerer Schwerkraft erwarten wir ein fluffig-elastisch gebautes Alien, ohne die harte Außenschicht unseres Film-Fremdlings, die beim Unfall wie erwähnt gleich einem außen harten Rohr aufgebrochen wirkt.

Die Schwerkraft wirkt aber im ganzen Universum, auch auf anderen Planeten, und lässt sich nicht abschirmen. Sie verhält sich nicht wie magnetische oder elektrische »Strahlen«, die wir durch eine Metallwand abblocken können. Die Anziehung von Massen lässt zwar mit zunehmender Entfernung nach, ihre Wirkung ist aber doch unbegrenzt und nicht abschirmbar. Sie endet nie.

Wenn daher Lebewesen, die wie unser Alien Arme und Beine haben, auf einem Planeten aufwachsen, dann sind sie immer der Schwerkraft dieses Planeten ausgesetzt. Massen ziehen sich an – auch Planeten und deren BewohnerInnen gegenseitig. Die Schwerkraft wirkt sich darum auf den Bauplan aller Lebewesen aus, auch auf unser Alien. Und dessen Konstruktion sieht bezogen auf den der Schwerkraft angepassten Aufbau verdammt erdenähnlich aus.

Alienblut


Man könnte nun – entgegen aller bisherigen archäologischen Funde – einwenden, dass das Alien vielleicht von Ahnen abstammt, die irgendwann einmal die Erde besucht hätten (oder wir sie). Die Erbsubstanz wäre ausgetauscht und vermischt worden, und danach hätten die Wesen mit großem technischen Aufwand Raumstationen mit anderen Schwerkraftverhältnissen gebaut und jeden Tag wie menschliche Astronauten ein Fitnessprogramm betrieben, um ihre Knochen und Muskeln funktionsfähig zu halten.

Doch selbst diese schon herausfordernde Annahme hilft uns nicht, den Körperbau des Wesens zu verstehen. Denn es geht nicht nur um Knochen und Muskeln. Das tote Alien hat auch keine Totenflecken, obwohl bei seiner Sektion Blut oder eine andere Flüssigkeit aus seinem Körper läuft.   

Teile des Blutes sickern mit der Schwerkraft ins Gewebe und bleiben dort stecken: Totenflecken. Die Frau lag auf dem Rücken – dort, wo die Matratze und Falten gegen den Körper drückten, gelangte kein Blut ins Gewebe (weiße Aussparungen).

Wenn eine Flüssigkeit auf der Erde in einem lebenden Körper wie Blut funktioniert, dann sammelt sie sich durch die Schwerkraft in unteren Körperbereichen an. Langstrecken-Reisende kennen das, weil die Beine nach einigen Stunden ohne Bewegung wehtun. Ältere Menschen kennen es als »Wasser in den Beinen«, jüngere vielleicht von einer Ohnmacht, wenn ihr Herz nicht mehr stark genug schlägt, um das Blut gegen die Schwerkraft nach oben, in Richtung Gehirn, zu transportieren.

Bei toten Menschen entstehen deshalb Totenflecken. Das sind rötlich gefärbte Bereiche des Körpers, in welche die Schwerkraft Teile des Leichenblutes gezogen hat. Nach einigen Stunden sitzen diese toten, roten Blutverfärbungen dauerhaft im Gewebe fest und lassen sich nicht mehr verschieben, beispielsweise durch einen Daumendruck auf die betreffende Stelle. Die Totenflecken fließen bald auch nicht mehr an andere Gewebestellen, wenn man die Leiche dreht. Warum also hat das Alien keine Totenflecken?

Möglich wäre, dass die blutartige Flüssigkeit des Aliens farblos ist. Sein Blut würde dann zwar ins Gewebe sinken und dort Flecken erzeugen – wir könnten sie wegen der fehlenden Eigenfarbe aber nicht sehen.

Farbloses Blut? Das hört sich verrückt an, ist aber auch auf der Erde weitverbreitet. Die meisten irdischen Lebewesen transportieren ihre Nähr- und Botenstoffe mit einer hellen, nicht wie bei Menschen rot gefärbten Flüssigkeit durch ihre Körper. Insekten verwenden dazu beispielsweise farblose Hämolymphe. Das Blut von Tintenschnecken, Krebsen, Spinnen und Muscheln enthält statt Eisen die Kupferverbindung Hämocyanin. Auch sie ist farblos. Es gibt also farbloses Blut auf der Erde, und vielleicht auch anderswo.

Während der...

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