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Natürlich übernatürlich

Die Geschichte der Vineyard-Bewegung

AutorMarlin Watling
VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783417226799
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Die Geschichte der Vineyard-Bewegung ist eine Studie darüber, was passiert, wenn die Taten Jesu wieder zum zentralen Anliegen einer Kirche werden. 'Das Reich Gottes ist hier', so sagte es Jesus - und er unterstrich seine Aussage mit Taten, die diesen Anspruch bekräftigten. Was Jesus tat, wurde aber später in den Aktivitäten der Kirchen immer weniger berücksichtigt. Zurück blieb ein Jesus, der inspiriert und lehrt, aber nicht mehr aktiv handelt. In diesem faszinierenden Bericht beschreibt der Autor, wie die Vineyard-Bewegung unter den Hippies in Kalifornien ihren Anfang nimmt und zu einer geistlichen Erneuerungsbewegung mit weltweitem Einfluss wird, die im postmodernen Europa neue Gemeinden hervorbringt.

Marlin Watling, 30 Jahre alt, ist Leiter der Vineyard-Gemeinde Heidelberg. Außer mit seiner Frau Carla und seinen drei Kindern beschäftigt er sich gerne mit Musik, den Taten Jesu und den Taten der Bundesliga. Er lebt in Heidelberg und arbeitet in einer Software-Firma.

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1Hippies auf der Suche nach Echtheit


Man kann nur immer darauf achten, ob man den Herrgott durch die Weltgeschichte schreiten sieht, dann zuspringen und sich an seines Mantels Zipfel klammern, dass man mit ihm fortgerissen wird, so weit es gehen soll.

–––––– Otto von Bismarck

Niemand hatte die Absicht, eine Bewegung mit dem Namen Vineyard zu starten. Es war ein Resultat der Veränderungen in der Gesellschaft und der Suche, die Praxis Jesu zu leben.

Veränderungen in der Gesellschaft


In den 1960er-Jahren erlebte unsere Welt massive Veränderungen. Es waren Jahre der Revolution und Reformation, die das Leben in der westlichen Welt für immer verändert haben. Die Welt hatte den Zweiten Weltkrieg hinter sich und stand noch unter dem Schock der Grausamkeiten und des Ausmaßes dieses Krieges. Anhand der Bomben auf Hiroshima und Nagasaki erlebte die Welt die Gefahr ungebremsten Fortschritts und Wissenschaft mit. Doch dieser technische Fortschritt führte auch zu besserer medizinischer Versorgung, Mobilität für die Massen und zu neuen Fragen nach unserem Platz im Universum, als 1961 der erste Mensch ins Weltall flog. John F. Kennedy war ein Sinnbild dieser Zeit und vermittelte den Menschen das Gefühl von Aufbruch, Optimismus und Hoffnung. Die amerikanische Gesellschaft litt noch unter der Rassentrennung und Martin Luther King formulierte einen Traum von Freiheit und Gleichberechtigung. Zusätzlich war der Zugang zu Bildung für immer mehr Menschen möglich, und die Forschung machte sich daran, alle bisherigen Grenzen zu überwinden. Die Antibabypille ermöglichte Sex ohne Konsequenzen und Professoren wie Tim Leary verkündigten, dass Drogen die Grenzen des Verstandes überwinden könnten.

Dieser Überwindung aller Grenzen standen natürlich diejenigen entgegen, die innerhalb dieser Grenzen ihre Sicherheit und ihre Ideale gefunden hatten. Die große Mittelschicht war mit ihrem Leben viel zu sehr zufrieden, um sich auf unsichere Experimente einzulassen. In San Francisco entstand in diesen Veränderungen eine Jugendbewegung, die sich mit dem Wohlstandsideal nicht mehr zufriedengab. Sie stellten die weiße Mittelschicht mit ihren Zwängen, Idealen und Tabus infrage und ersetzten sie durch »Flower Power« – der Vorstellung von einer humaneren und friedlicheren Lebensweise. Die Hippie- Bewegung begann Anfang der 60er als Gegenkultur und wurde im Laufe des Jahrzehnts zur Massenbewegung. Ihr Feind war das »Establishment«, das alte System und alle Autoritäten, die der Ausweitung des Bewusstseins und einer »unbegrenzten Menschlichkeit« im Wege standen. 1967 erlebte die Welt den »Summer of love«, ein Ausdruck für das Lebensgefühl in San Francisco in diesem Jahr:

If you’re going to San Francisco,

be sure to wear some flowers in your hair.

If you come to San Francisco,

Summertime will be a love-in there.3

Hippies demonstrierten gegen den Vietnamkrieg (»make love, not war«), lebten in Kommunen und experimentierten mit Drogen und allen Arten von Spiritualität. Der Soundtrack dieser Generation kam von den Beatles, den Grateful Dead, den Doors und fand seinen spektakulären Höhepunkt auf dem Woodstock Festival 1969.

Bob Dylan, einer der größten Rockstars dieser Ära, beschreibt die Zeit in seinen eigenen Worten:

1968 waren die Beatles in Indien. In Amerika herrschte eine angespannte, wutgeladene Atmosphäre: Studenten zerstörten Autos und warfen Fensterscheiben ein. Der Vietnamkrieg stürzte das Land in eine tiefe Krise. Städte gingen in Flammen auf, Schlägereien waren an der Tagesordnung. Bullen kollidierten mit protestierenden Studenten und schlugen mit Baseballschlägern auf sie ein. Die literarische Gestalt des Don Juan, eines mysteriösen Medizinmanns aus Mexiko, begeisterte die rebellierenden Massen und zeigte Wege zur Bewusstseinserweiterung und zu neuer Lebensenergie auf, die er wie eine Machete einsetzte. Bücher über Don Juan verkauften sich wie Bestseller. LSD-Happenings waren voll im Gange – LSD brachte die richtige Haltung. Die neue Weltanschauung veränderte die Gesellschaft, alles wandelte sich rasend schnell: Stroboskop und Schwarzlicht waren absolut hip und bahnbrechend. Studenten versuchten Universitäten unter ihre Kontrolle zu bringen, Antikriegsaktivisten gingen aufs Ganze, forderten bittere Todesopfer. Maoisten, Marxisten und jugendliche Castro-Anhänger, die Che Guevaras Schriften gelesen hatten, machten sich daran, die Wirtschaft umzukrempeln. Jack Kerouac4 war in den Ruhestand gegangen, und die organisierte Presse bauschte Nachrichten auf und schürte damit die Hysterie. Wenn man die Nachrichten sah, hatte man das Gefühl, als stünde das ganze Land in Flammen. Es schien, als würden jeden Tag neue Unruhen in einer anderen Stadt losbrechen, als drohe von überall her Gefahr. Alles schien sich zu verändern, so als würde der amerikanische Dschungel abgeholzt werden. Was bislang bestimmten Mustern gefolgt war, ging jetzt völlig neue Wege. Was traditionell schwarz-weiß gewesen war, explodierte jetzt in grellstem Neongelb.5

In solch radikalen Veränderungen werden oft alte Ordnungen auf den Kopf gestellt und die Gewinner von gestern gehören zu den Verlierern von heute. Die Kirche stand als Hüter der Moral und des »ordentlichen Lebens« mit dem Rücken zur Wand. Sie hatten die schweren Fragen zu beantworten: Wie konnte Gott den Holocaust zulassen, der erst jetzt in seinem ganzen Ausmaß sichtbar wurde? Sie hatten auf die zentralen Fragen dieser jungen Generation zumeist negative Antworten. Es schien, dass die Nachfolger Jesu in dieser Zeit besonders schlechte Karten hatten. Oder etwa nicht?

Eine überraschende Alternative


Inmitten dieser Spannung von Krieg und Frieden, Freiheit und Moral, Loslösung von alten Idealen und Autorität entstand eine Bewegung, die noch heute ihre Nachwirkungen hat. Mitte der 60er-Jahre sahen unabhängig voneinander einige Missionare die Aufgabe, die Menschen in der Hippie-Bewegung mit Jesus in Kontakt zu bringen. Die Hippies waren auf der Suche nach dem Echten, und da hätten sie doch einen Beitrag zu leisten, dachten sich die Missionare. Also zogen sie in die Gegenden, in denen die Hippie-Bewegung boomte, lebten mit den Menschen, kochten für Hungrige und stellten Jesus als den wahren Guru dar. Im Bezirk Haight-Ashbury von San Francisco, einem Brennpunkt der Hippie-Bewegung, entstanden so christliche Kommunen wie das Soul Inn oder The Living Room.

Das Besondere an diesen Projekten war die Offenheit der Missionare für die Fragen der Kultur und die Flexibilität, neue Formen zu finden, um den Bedürfnissen der Menschen zu genügen.

Eine der ersten Kommunen war das House of Acts. Es wurde von Ted Wise gegründet, der sich 1966 als einer der ersten Gegenkulturanhänger zu Jesus bekehrte, nachdem er auf der Suche nach einer geistlichen Lösung für seinen unkontrollierten LSD-Konsum war. Ein Jahr später gründete er mit seiner Frau Liz und drei weiteren Paaren eine Gemeinschaft, die sich nach dem Vorbild der Apostelgeschichte ausrichtete. Sie wollten allen materiellen Besitz teilen und täglich durch die Straßen gehen, um mit allen zu reden, die zuhören würden. Mitten im Zentrum der kulturellen Revolution in Haight-Ashbury öffnete das House of Acts die Türen für alle und kümmerte sich besonders um Hungrige und Bedürftige. Das Leben dort war oft anstrengend und arbeitsintensiv, wie Wise fand, jedoch besser als in einer Kirche. Das House of Acts wurde beispielhaft für ein Leben in Gemeinschaft, wie es sich bald in zahlreichen Städten in den USA und darüber hinaus finden würde. Obwohl die Türen des House of Acts nur 18 Monate geöffnet waren, kamen dort mehrere Tausend Menschen mit dem Glauben in Berührung.6

Diese einzelnen Kommunen erwiesen sich als relativ erfolgreich und attraktiv für Menschen, die mit der Hippie-Bewegung in Berührung gekommen waren. Und so waren diese Projekte die Anfänge der Bewegung, die später als »Jesus People« bekannt werden sollte. Die Anknüpfungspunkte waren eigentlich sehr naheliegend:

Die Gesellschaft war auf der Suche nach Frieden – die Jesus People verkündigten den König des Friedens.

Die Gesellschaft suchte nach grenzenloser Liebe – die Jesus People sprachen von der Liebe (Agape) Gottes.

Die Gesellschaft suchte Sinn und Wahrheit – die Jesus People redeten von einem sinnerfüllten Leben mit Jesus als Ankerpunkt.

Die Gesellschaft suchte nach Kontakt mit dem Übersinnlichen – die Jesus People schafften Raum für das Wirken des Heiligen Geistes.

Die Gesellschaft suchte nach Menschlichkeit und Beziehungen mit anderen – die Jesus People richteten Kommunen ein und praktizierten einen Lebensstil wie in der Apostelgeschichte, als Güter und Besitz zum Wohle aller geteilt wurden.*2

Pastor Lyle Stennis vom Bethel Tabernacle, einer Methodistenkirche in den Slums von North Rodando, erzählt, wie der Kontakt mit der gerade entstehenden Jesus-People-Bewegung zustande kam:

Ein junger Mann namens Breck Stephens kam zu mir und meinte, man müsse die drogensüchtigen Jugendlichen, die am Sunset Strip herumlungern, in die Kirche holen und zum Christentum bekehren. Ich war begeistert von der Idee. Breck fuhr einfach einen Lieferwagen zum Strip und lud die Leute ein. Zuerst kamen dreißig. Sie waren völlig heruntergekommen, schmutzig...

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