Wer sich mit dem Spanischen in Kalifornien befasst, wird unweigerlich auf immer wiederkehrende Termini stoßen, die für ein Verstehen dieser Sprachsituation bedeutend sind. Zu diesen zählen das Phänomen des Sprachkontaktes sowie die Begrifflichkeiten Bilingualismus und Diglossie. Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen diese Termini daher genauer erklärt werden.
„Decimos que dos o más lenguas están en contacto cuando conviven en el mismo espacio geográfico y son usadas por los mismos individuos, [...]” (Silva-Corvalán 2001: 269). Bechert/Wildgen unterscheiden außerdem zwischen einer psycholinguistischen und einer soziolinguistischen Bestimmung des Begriffs. Erstere bezieht sich vollkommen auf die Individuen und interessiert sich dafür, was in diesen beim alternativen Gebrauch von verschiedenen Sprachen vorgeht. Bei einer soziolinguistischen Begriffsbestimmung sprechen wir dann von Sprachkontakt, wenn die verschiedenen Sprachen abwechselnd von derselben Gruppe verwendet werden. Bei der psycholinguistischen Begriffsbestimmung sind also die sprechenden Individuen Ort des Sprachkontaktes, bei der soziolinguistischen Begriffsbestimmung die Gruppe im Ganzen (vgl. Bechert/Wildgen 1991: 1).
Als mögliche Ursachen von Sprachkontakt nennt Pelzer unter anderem die Massenmedien, Internationalisierung, Krieg, Besetzung und Annexion, Bildung und Kultur sowie Emigration und Immigration. Eine wichtige Konsequenz von Sprachkontakt sieht sie in der Tatsache, dass er in der Regel zu irgendeiner Form von Bilingualismus führt (vgl. Pelzer 2006: 13f). Dieser Begriff soll daher im Folgenden detaillierter betrachtet werden.
Unter Bilingualismus versteht man ganz allgemein die Zweisprachigkeit, sprich die Beherrschung zweier Sprachen (vgl. Linguistisches Wörterbuch 1990: Bilingualismus), welche sich wiederum auf ein Individuum, jedoch auch auf eine gesellschaftliche Gruppe beziehen kann (vgl. Hullmann 2010: 17). Laut Bechert/Wildgen wird allerdings oft, wenn von letzterem Fall die Rede ist, ausdrücklich darauf hingewiesen durch Verwenden des Begriffes gesellschaftliche Zweisprachigkeit. Folglich rückt der Begriff Sprachkontakt also die beteiligten Sprachen ins Zentrum des Interesses, während Bilingualismus sich auf die Eigenschaften der sprechenden Individuen beziehungsweise Gruppen bezieht (vgl. Bechert/Wildgen 1991: 1f).
Bezüglich einer detaillierteren Bestimmung des Terminus Bilingualismus herrscht in der Literatur keinerlei Einigkeit. Vorhandene Definitionen reichen von sehr eng gefassten wie bei Bloomfield, bis zu weiter gefassten wie bei Haugen oder gar Macnamara. Nach Bloomfield darf sich nur zwei- beziehungsweise mehrsprachig nennen, wer die beteiligten Sprachen von Kindesbeinen an erworben hat, und gleichermaßen perfekte Kenntnisse sowohl der gesprochenen als auch der geschriebenen Sprache vorweisen kann (vgl. Lüdi 1996: 234). Bloomfields Definition von Bilingualismus als „native-like control of two languages“ (Bloomfield 1935: 56) ist für unser heutiges Verständnis sicherlich zu eng gefasst.
Die heutige Linguistik tendiert eher zu einer weiter gefassten Definition, wie sie zum Beispiel bei Haugen zu finden ist. Für ihn beginnt Bilingualismus an dem Punkt, wo ein Sprecher einer Sprache vollständige und bedeutungsvolle Äußerungen in einer anderen Sprache formulieren kann (vgl. Haugen 1969: 7). Macnamara geht sogar noch weiter und schlägt vor, bereits diejenigen Sprecher als bilingual zu bezeichnen, die eine minimale Kompetenz in einer der vier Sprachkompetenzen, d.h. im Sprechen, im Schreiben, im Hör- oder im Leseverstehen, besitzen, und zwar in Bezug auf eine andere Sprache als deren Muttersprache (vgl. Hamers/Blanc 2000: 6).
Wenn also im weiteren Verlauf der Arbeit von Bilingualismus in den USA bezüglich der hispanischen Bevölkerung die Rede ist, so muss man sich immer vor Augen halten, dass der Begriff sämtliche Kompetenzstufen von Zweisprachigkeit einschließen kann. Es wird für diese Arbeit also eine weiter gefasste Definition, wie sie zum Beispiel Haugen vorschlägt und heute üblich ist, zugrunde gelegt. Denn so vielfältig die Menschen hispanischer Herkunft in den USA sind, so differenziert sind auch ihre Sprachkenntnisse.
Die Gründe für Zwei- beziehungsweise Mehrsprachigkeit von Individuen sind vielfältiger Natur. Zu den Gründen, die bereits unter dem Punkt Sprachkontakt genannt wurden, ließen sich an dieser Stelle folgende hinzufügen: Heirat mit Anderssprachigen, Leben in Sprachgrenzgebieten oder in sprachlich heterogenen Regionen sowie geographische Mobilität. Entsprechend vielfältig ist ebenso der Zeitpunkt des Erwerbs der zweiten Sprache. Man unterscheidet zwischen simultanem Erwerb, wie dies zum Beispiel beim doppelten Erstspracherwerb der Fall ist, und einem sukzessiven Erwerb. Letzterer kann im Rahmen der Alltagskommunikation als ungesteuerter Zweitspracherwerb erfolgen, als auch in gesteuerter Form im Rahmen von Fremdsprachenunterricht (vgl. Lüdi 1996: 234f).
In Folge von Bilingualismus beziehungsweise Sprachkontakt kann es zu verschiedenen sprachlichen Phänomenen kommen, wie zum Beispiel dem Codeswitching, Entlehnungen oder Transferenz- und Interferenzerscheinungen. Auf diese Erscheinungen soll in Punkt 6 näher eingegangen werden. Eine weitere mögliche Konsequenz kann der Sprachwechsel beziehungsweise Sprachverlust im Gegensatz zum Spracherhalt darstellen. Hierzu wird in Punkt 8 nochmals detaillierter Stellung genommen (vgl. Bechert/Wildgen 1991: 2ff).
Der Begriff Diglossie wurde im 19.Jahrhundert geprägt (vgl. Lüdi 1996: 237). Bereits für Psichari (1928) bezeichnet er eine Sprachsituation, in der zwei linguistische Varietäten so miteinander in Beziehung stehen, dass die eine Varietät der anderen übergeordnet ist. Als Beispiel nennt er das Katharevoussa in Griechenland, welches als Schriftsprache dient und bei formalen und offiziellen Anlässen Verwendung findet, wogegen der Gebrauch des Demotiki als Volks- und Familiensprache auf die mündliche Kommunikation beschränkt ist (vgl. Zimmermann 1992: 341).
Ferguson (1959) verstand unter Diglossie die funktionale Verwendung verschiedener Varietäten ein und derselben Sprache. Diese bezeichnete er als High Variety (= H-Varietät) und als Low Variety (= L-Varietät), wobei erstere in Institutionen wie Schule und Universität gelernt wird, geschriebene literarische Kultur vermittelt, und sich an einem höheren sozialen Prestige erfreut. Die Funktion der H-Varietät beschränkt sich also auf formelle Kommunikationssituationen und wird in öffentlichen Sphären verwendet. Die L-Varietät wird im Gegensatz dazu als Muttersprache erworben, ist nicht standardisiert und besitzt in der Regel eine weniger komplexe Grammatik als die H-Varietät. Sie kommt bei informellen Situationen zum Gebrauch, und ist folglich den Bereichen Familie und Freunde vorbehalten. Nach Ferguson findet also eine funktionelle Verteilung der Varietäten auf verschiedene Domänen statt. Als Beispiele nennt er die Schweiz, wo das Hochdeutsche als H-Varietät, und das Schweizerdeutsch als L-Varietät dient, oder Haiti mit Französisch als H- und Haitianischem Kreol als L-Varietät (vgl. Riehl 2009: 15f).
Obwohl für Ferguson die Diglossiesituation durch Stabilität und Dauer ausgezeichnet ist, gibt er zu bedenken, dass sie durch bestimmte Faktoren zum Kippen gebracht werden kann. Hierzu zählt zum Beispiel der Wunsch einer Sprechergemeinde nach einer Nationalsprache, die voll funktionsfähig ist, oder die soziale Stigmatisierung der L-Varietät, die zu deren Verschwinden beitragen kann (vgl. ebd.: 16).
Fishman (1967) hat in der Folge Fergusons Diglossie-Konzept aufgegriffen und erweitert. Während bei Ferguson die H- und die L-Varietät ein und derselben Sprache angehören, so ist für Fishman eine Situation auch dann diglossisch, wenn es sich um zwei verschiedene Sprachen handelt. In jedem Fall aber ist Diglossie ein gesellschaftliches Arrangement, das die Zweisprachigkeit institutionell verankert hat. Auch für Fishman ist die L-Varietät hierbei in der Regel die Muttersprache, wogegen die H-Varietät außerhalb des Familienkreises und oftmals in Institutionen erworben oder gelernt wird. Um nicht gegen die Regeln der kommunikativen Kompetenz zu verstoßen, ist es außerdem wichtig, die richtige Sprache im passenden Kontext zu verwenden. Es ist also ebenso unangebracht, die L-Varietät in einem universitären Kontext zu gebrauchen, als auch die H-Varietät zur alltäglichen, familiären Kommunikation heranzuziehen. Während sich für Fishman der Terminus Bilingualismus vor allem auf Individuen bezieht, so handelt es sich bei der Diglossie ausschließlich um ein gesellschaftliches Phänomen (vgl. ebd.: 16f).
Heute wird dem Begriff Diglossie eine weiter umfassende Definition zugrunde gelegt und schließt auch Situationen ein, in denen die beteiligten Varietäten unterschiedlichen Sprachen angehören, oder die nicht dem üblichen Schema High vs. Low folgen....