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E-Book

Streaming im Internet: Verstoß gegen das Urheberrecht?

AutorMichael Oelgeschläger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl78 Seiten
ISBN9783656757832
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Jura - Medienrecht, Multimediarecht, Urheberrecht, Note: 1,3, Hochschule Osnabrück, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Masterarbeit 'Streaming im Internet: Verstoß gegen das Urheberrecht?' beschäftigt sich mit der Frage, ob der Internetnutzer beim Streaming eine Urheberrechtsverletzung begeht. Zudem wird in diesem Zusammenhang die Redtube-Abmahnaffäre analysiert und rechtlich bewertet. Die Streaming-Technologie als neue Form der Mediennutzung für den Konsum von Musik- und Videodateien erfreut sich wachsender Beliebtheit und gewinnt an Bedeutung. Das Streaming ist ein Vorgang, bei dem kontinuierlich Daten aus dem Internet in einem Datenstrom an den Computer oder ein anderes Endgerät übertragen und gleichzeitig als Audio- oder Videostream wiedergeben werden. Während des Streaming Prozesses werden die übertragenen Daten im Arbeitsspeicher bzw. im Browser-Cache für eine konstante und verzögerungsfreie Wiedergabe zwischengespeichert. Diese Zwischenspeicherungen der Daten bzw. der urheberrechtlich geschützten Teile des Werkes stellen eine temporäre körperliche Festlegung dar, sodass beim Streaming im Internet durch den Nutzer das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG verletzt wird. Zur Rechtfertigung dieser durch den Prozess des Streaming und den Zwischenspeicherungen hervorgerufenen kurzfristigen Vervielfältigungen kann sich der Nutzer auf bestimmte Schrankenbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes berufen. Nicht nur wegen der Abmahnaffäre um das Videostreamingportal Redtube bestehen dennoch bei vielen Internetnutzern gewisse Zweifel und Unsicherheiten bezüglich der urheberrechtlichen Rechtmäßigkeit des Streaming.

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Leseprobe

D. Schrankenregelungen zur Rechtfertigung der Vervielfältigungen beim Streaming


 

Die beim Streaming entstehenden Zwischenspeicherungen der Datenfragmente greifen in das Vervielfältigungsrecht ein, sie könnten aber durch eine Schranke des Urheberrechts gedeckt sein.

 

Das Urheberrecht enthält im 6. Abschnitt Schrankenbestimmungen, deren Sinn und Zweck darin bestehen, einen Interessenausgleich zwischen dem Urheber bzw. dem Rechteinhaber und der Allgemeinheit bzw. dem Nutzer herzustellen.[66] Auf der einen Seite liegt das Interesse des Urhebers in der Regel darin, sein geschaffenes Werk zu schützen, es wirtschaftlich zu verwerten und eine angemessene Vergütung für die Nutzung des Werkes zu erhalten. Auf der anderen Seite ist für den Nutzer von Belang, dass er Zugang zum Werk erhält und es nutzen darf. Die Schrankenregelungen sollen diesem Umstand Rechnung tragen. Sie sind auf die nach § 2 UrhG geschützten Werke und auf die verwandten Schutzrechte anzuwenden.

 

Bei der Rechtfertigung der beim Streaming durch die Zwischenspeicherungen der Datenfragmente hervorgerufenen Vervielfältigungen kommen die Schrankenbestimmungen der §§ 53, 44a UrhG in Betracht. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit des Streaming ist somit die Frage, ob die Vervielfältigungen auf Nutzerseite von einer Schranke des Urheberrechts gedeckt und deswegen urheberrechtlich zulässig sind.

 

I. Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch, § 53 UrhG


 

Die Schrankenregelung des § 53 UrhG sieht vor, dass einzelne Vervielfältigungen eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern zulässig sind, sofern die Vervielfältigungen weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen und soweit nicht eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wurde.

 

Der § 53 UrhG wird auch als Privatkopierschranke oder als „Recht auf Privatkopie“ bezeichnet,[67] denn die Bestimmungen schränken das Vervielfältigungsrecht des Urhebers ein, sodass es der Allgemeinheit unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, Vervielfältigungen eines Werkes zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch ohne Zustimmung des Urhebers anzufertigen. Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift liegt unter anderem wegen der Sozialbindung des geistigen Eigentums[68] darin, dass es neben der Allgemeinheit auch Personen mit geringen finanziellen Mitteln möglich sein soll, ohne den Kauf des Originalwerkes, sondern mit der Berechtigung eine Kopie erstellen zu dürfen, am kulturellen Leben teilnehmen zu können.[69] Außerdem wird durch die Vorschrift berücksichtigt, dass ein Verbot der Privatkopie, unerheblich auf welchem Werkträger und ob auf analogem oder digitalem Wege, in der Praxis nicht durchsetzbar ist.[70] Der Urheber mit seinen wirtschaftlichen Interessen an der Verwertung erhält als eine Art Ausgleich eine Pauschalvergütung für Geräte und Speichermedien nach den §§ 54-54h UrhG, durch die er für die Werknutzung entschädigt werden soll.[71]

 

1. Anwendung von § 53 I UrhG beim Streaming


 

§ 53 UrhG kann im Wege des Streaming als Schrankenregelung zur Rechtfertigung der Vervielfältigungen aufgrund der zwischengespeicherten Datenfragmente greifen. Es kommt vor allem § 53 I UrhG in Betracht. Der Nutzer als natürliche Person sieht sich einen Stream in der Regel zum privaten Gebrauch oder Vergnügen an. Es entstehen dabei durch die für den technischen Ablauf des Streams notwendigen Zwischenspeicherungen einzelne Vervielfältigungsdaten des Films oder Videos auf der Festplatte oder im Arbeitsspeicher des Rechners bzw. im Browser-Cache, welche als beliebige Träger im Sinne der Norm von § 53 I UrhG angesehen werden können. Die anfallenden Vervielfältigungen durch die Zwischenspeicherungen der Datenfragmente dienen dem Nutzer jedoch nicht zu einem Erwerbszweck. Vielmehr sind die einzelnen Vervielfältigungen der Datenfragmente für den Gebrauch im privaten und nicht etwa im beruflichen oder geschäftlichen Bereich bestimmt. Das heißt, der Nutzer gebraucht die einzelnen Vervielfältigungsstücke des Streams nur, um ihn sich persönlich anschauen zu können. Es ist daher auch recht wahrscheinlich, dass der durchschnittliche Nutzer von den Zwischenspeicherungen während des Streaming Vorgangs nicht einmal etwas bemerkt und auch nicht die Möglichkeit besitzt, die einzeln zwischengespeicherten Film- und Videosequenzen in irgendeiner Weise zu verwerten. Eine kommerzielle oder gewerbliche Verwendung scheidet demnach aus, denn der reine Werkgenuss steht im Vordergrund.

 

2. Nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage


 

Die letzte Voraussetzung die erfüllt sein muss, damit die Schranke des § 53 I UrhG für den Streaming Nutzer greift, besteht darin, dass im Wege des Vervielfältigungsvorgangs nicht eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet werden darf. Dieses Tatbestandsmerkmal von der Schrankenbestimmung des § 53 I UrhG bedarf einer intensiveren Betrachtung.

 

a) Rechtswidrigkeit der Vorlage

 

Die Schrankenregelung der Privatkopie gestattet, Vervielfältigungen zu erstellen, soweit keine rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage für die Vervielfältigung eines Werkes verwendet wird. Dies bedeutet, dass es erlaubt ist, sich eine Kopie eines Werkes anzufertigen, jedoch nur, wenn die Kopiervorlage nicht rechtswidrig ist. Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob nur das ursprüngliche Original des Werkes oder auch die jeweilige Kopiervorlage als rechtmäßige Vorlage in Betracht kommt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch eine früher rechtmäßig erstellte Kopie von einem Original des Werkes als zulässige Vorlage für eine neue Vervielfältigung genutzt werden kann, da dies sonst der Norm zuwiderlaufen würde. Der Beteiligungsgrundsatz spricht ebenfalls dafür, denn der Urheber bzw. Rechteinhaber erhält einen Ausgleich in Form der Geräte- und Speichermedienabgabe.

 

Fraglich ist daher, wann eine zur Vervielfältigung benutzte Vorlage Rechtswidrigkeit aufweist. Grundsätzlich kann auf die Rechtswidrigkeit einer Vorlage abgestellt werden, wenn die Herstellung oder die öffentliche Zugänglichmachung die Rechte des Urhebers oder eines sonstigen Berechtigten, insbesondere das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, verletzt.[72] Die Rechtswidrigkeit ist dann zu bejahen, wenn beispielsweise gegen vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Bestimmungen und Vorschriften bzw. gegen die Rechtsordnung verstoßen wird.

 

In Bezug auf das Streaming ist somit die Rechtswidrigkeit vorhanden, wenn es sich um einen Stream handelt, der auf einer rechtswidrig hergestellten Vorlage basiert oder der nicht mit der Zustimmung des Rechteinhabers im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Dies heißt wiederum, dass die Privatkopierschranke des § 53 I UrhG beim Streaming nur zugunsten des Nutzers greifen kann, wenn der jeweilige Stream rechtmäßig ist, also nicht die Rechte des Rechteinhabers verletzt und legitim im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Der Stream muss sozusagen aus einer legalen Quelle stammen. Dies trifft für viele der im Internet verfügbaren Streams und Streaming Angebote zu, allerdings nicht für alle. Als Beispiel für rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Streams, die auf einer rechtswidrig hergestellten Vorlage beruhen, können die Streaming Portale movie4k.to oder kino.to bzw. die Nachfolgeseite kinox.to angeführt werden. Auf diesen Internetseiten werden mit Hilfe eines Netzwerks aus Sharehostern aktuelle Kinofilme und Fernsehserien, häufig in mangelhafter Qualität, zum Streaming angeboten. Die zur Verfügung gestellten Streams stammen oftmals aus einer rechtswidrig hergestellten Vorlage (Raubkopie) oder die dortigen Medieninhalte wurden mitgeschnitten bzw. aufgenommen und auf diesen Internetseiten hochgeladen, d.h. rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht. In solchen Fällen ist bzw. sollte für den Nutzer auch die Offensichtlichkeit der rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachten Quelle einfach zu erkennen sein, denn die kostenlos angebotenen Streams von Kinofilmen und Serien, die insbesondere vor einer Veröffentlichung auf DVD auf diesen Seiten vorhanden sind, sind ohne Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich zugänglich gemacht worden. In derartigen Fällen können die im Rahmen des Streaming entstehenden einzelnen Vervielfältigungen der geschützten Datenfragmente nicht durch die Schrankenregelung des § 53 I UrhG gerechtfertigt werden, denn die Medieninhalte werden unrechtmäßigerweise angeboten, was für den Nutzer und die Allgemeinheit überwiegend offensichtlich ist. Die Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit ist bei diesem Tatbestandsmerkmal des § 53 I UrhG für die Anwendung der Schrankenregelung von weiterer Bedeutung.

 

b) Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit

 

Die Vorlage zur Vervielfältigung eines Werkes darf ferner nicht offensichtlich...

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