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Tertullian als Montanist

AutorMarius Schwarz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl92 Seiten
ISBN9783640596607
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Theologie - Systematische Theologie, Note: 2,3, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Untersucht werden soll in dieser Arbeit, wie sich Tertullian in seinen Schriften, welche er nach seiner Konversion zum Montanismus geschrieben hat, im Kontext der Neuerungen des Montanismus zur Großkirche verhält. Trotz der Tatsache, dass Tertullians Geburtsjahr und sein Todesjahr unbekannt sind, ist es der Wissenschaft gelungen, diese Schriften auf die Zeit zwischen 197 und 212 n. Chr. einigermaßen genau zu datieren. Aufgrund der Konversion Tertullians zum Montanismus, lassen sich seine Schriften zeitlich in großkirchlich und montanistisch sowie sachlich in apologetisch, kontroverstheologisch und praktisch-asketisch aufgliedern. Nach einem Überblick über den historischen Kontext der Schriften Tertullians, wird kurz auf die Schriften Adversus Marcionem (um 207 n.Chr.) und Adversus Praxean (um 207 n.Chr.) Bezug genommen, in denen Tertullian sich allgemein gegen die Gnosis wendet. Näher analysiert werden sollen sodann die Schriften, welche im Zeitraum seines Auszugs aus der Großkirche verfasst wurden. Hierzu gehören: Die Schriften De virginibus velandis (vor 207 n.Chr.), De exhortatione castitatis (vor 207 n.Chr.), De pallio (um 210 n.Chr.), De corona (211 n.Chr.), De fuga in persecutione (212 n.Chr.), De pudicitia (nach 212 n.Chr.), De monogamia (um 217 n.Chr.), De ieiunio adversus Psychicos (nach de monogamia), De idololatria( Datierung unklar).

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Leseprobe

V. Die montanistische Askese nach Tertullian


 

a)      Das Fasten in den montanistischen Schriften

 

Tertullian konstatiert, ein voller Magen verhindere den Blick auf das Religiöse und somit die klare und unverfälschte Sicht auf Gott, dadurch werde der Mensch sich selber entfremdet. Von daher kann er dann das Essen mit dem Tod gleichsetzen.[211] Er verweist dabei auf den biblischen Jakob, welcher durch Speise und Trank fettleibig wurde und von Gott abfiel.[212] Nachdrücklich ermahnt er die Christen, durch die Abhängigkeit vom Reichtum und von einer Überfülle an Nahrung den Schöpfer nicht zu vergessen.[213]

 

Tertullian erkennt im Neuen Testament eine Fülle von Weisheiten, die er dankend entgegennimmt. Das Gotteswort ist, wie er feststellt, für den Menschen ebenso lebensnotwenig wie das tägliche Brot.[214] Die sanften Gottesworte die an den in einer Höhle am Berge Horeb fastenden Elias gerichtet sind: „Was tust du hier Elias?“,[215] sind nach Tertullian freundlicher als die vorwurfsvolle Frage Gottes[216] an den ersten Menschen: „Adam, wo bist du?“[217] Tertullian sieht im Fasten einen Garanten für eine Theophanie, für eine unmittelbare Gotteserscheinung. Das Fasten hat seiner Meinung nach ein sich Einmischen Gottes in die Angelegenheiten Israels zu Folge. Der Himmel kämpft für ein solches Volk Gottes: „Caelum pro eiusmodi militat.“[218]

 

Des Weiteren konstatiert Tertullian, Sodom und Gomorra wären gerettet worden, wenn sie gefastet hätten.[219] Daniel habe durch sein Fasten das Wohlgefallen Gottes erlangt. Deshalb seien die Löwen erschrocken vor ihm zurückgewichen, als man ihn in die Löwengrube geworfen habe,[220] und nach sechs Tagen des Fastens sei er gesättigt worden durch die Gaben eines Engels.[221] Hanna die Tochter Penuëls, habe durch ihre Einehe und vor allem durch ihr Fasten[222] bewiesen, dass dies der beste Weg sei, jenen Christus zu erkennen, der gelehrt habe, dass die schlimmsten Dämonen ihre Bändigung und Austreibung erst durch das Fasten erführen.[223]

 

Zum Lobpreis des Fastens verweist Tertullian schließlich auf Cornelius, einen Hauptmann der italischen Kohorte, der gemäß der Apostelgeschichte[224] Gehör gefunden habe bei Gott, weil er gefastet habe, und auch auf Paulus, der viel gefastet habe.[225] Nachdrücklich stellt er fest, das Fasten sei ein Heilmittel und kein Grund zur Trauer.[226]

 

Durch das Fasten wird nach Tertullian die positive Aufmerksamkeit Gottes erregt. Er erklärt, Adam sei in Analogie zu den Psychikern zu sehen. Gott, der Adam gedroht habe, dass er sterben werde, wenn er vom Baume der Erkenntnis essen werde, habe in Adams Wertschätzung weniger Platz noch als sein Heil. Der Glaube der Psychiker ziehe hieraus seine schändlichen Wurzeln.[227]

 

Der übermäßige Genuss des Gaumens ist nach Tertullian wie ein Mörder, welcher durch die Qualen des Hungerleidens bestraft werden müsse, weshalb ein Gebot Gottes hier eigentlich nicht notwendig sei.[228] Die Lust, Speisen zu genießen, sei ein Gift, das Fasten aber sei das nötige Gegengift, mit Hilfe dessen der Mensch aus diesem negativ-adamitischen Erbe Rettung erlangen könne.[229] Für Tertullian lässt sich ein Fastengebot spätestens im Buch der Psalmen finden.[230] Die „schlotternde Seele“, bedingt durch Fasten, so die Interpretation des Karthagers, stellt hier das eigentliche Opfer dar. Darin liegt für ihn der Weg zur Vernichtung der Erbsünde. Er erklärt, diese Reihenfolge sei im göttlichen Heilsplan enthalten und sie sei nicht ohne Grund so gestaltet.[231]

 

Tertullian erklärt, Adam habe sterben müssen, weil er Gottes Gebot verletzt und dadurch Gott beleidigt habe. Die Heilung des Menschen erfolgt nach ihm durch die treue Erfüllung der Gebote Gottes, vor allem aber auch durch die Übung des Verzichtes auf Erlaubtes. Hier denkt er vor allem an das Fasten, von dem er sagt, dass es diametral der Sünde entgegensteht.[232]

 

Gott funktionalisierte Adam, um das Kollektiv der Menschheit, um uns zu belehren, so Tertullian.[233] Nach der Sintflut wurde den Menschen, wie Tertullian feststellt, der Genuss einiger Nahrungsmittel gänzlich untersagt. Darin sollten sie gewissermaßen das Fasten einüben. Die ständige Enthaltsamkeit einzelner Speisen sollte zum temporären Verzicht auf alle Speisen hinführen.[234] Tertullian sieht in der Leere des Körpers, die durch das Fasten entsteht, einen Zufluchtsort für den Geist, welcher diese Leere aufzufüllen vermag. Dabei betont er, dass ausgiebiger Genuss von Speisen und sexuelles Verlangen Hand in Hand gehen[235] und dass in Ex 32, 6 die Schamlosigkeit getadelt wird und nicht etwa bloße Belustigungen getadelt werden.[236]  Solche Positionen sind, so ist festzuhalten, gemein katholisch, keineswegs sind sie spezifisch montanistisch.

 

b)     Die Einehe in den montanistischen Schriften

 

Tertullian erklärt, dass der Wille Gottes unser Heil ist. „Voluntas dei est sanctificatio nostra.“[237] Es ist für ihn der Wille Gottes, dass wir zur Heiligkeit gelangen.[238] Er schildert drei Wege für die Erlangung des Heils. Die „Virginitas a nativitate“, die Jungfräulichkeit von der Geburt her,[239] bestimmt durch glückliche Fügung,[240] ist der erste Weg. Die „Virginitas a lavacro“, die Jungfräulichkeit von der Taufe her, auch die zweite Geburt genannt,[241] ist der zweite Weg. Sie gründet in der Standhaftigkeit.[242] Dieser zweite Weg führt entweder in eine Ehe der Reinheit oder in den Stand der Witwen, „ex arbitrio“, durch den freien Willen.[243] Der dritte Weg ist die Einehe mit der Unterdrückung des sexuellen Verlangens nach dem Tod der Ehefrau,[244] und er wurzelt im Einhalten der Einehe.[245] Es ist festzuhalten, dass der Unterschied dieser verschiedenen Eheformen nicht sehr deutlich zum Ausdruck kommt.

 

Die Einehe über den Tod des Partners hinaus führt zur Bescheidenheit, da in ihr das triebhafte Verlangen unterdrückt wird. Dies ist ein bedeutender Imperativ für den Verheirateten und auch für den überlebenden Ehepartner, wenn kein Geringerer als Gott selbst den verstorbenen Ehepartner zu sich geführt hat.[246] Eine Auflehnung gegen diesen Sachverhalt bedeutet stets eine Auflehnung gegen den Willen Gottes, da Gott alles erschafft, im Tode vollendet und zu sich zurückführt. Da der Herr alles gibt und auch wieder nimmt, wäre eine erneute Ehe nach Tertullian ein Affront gegen den Willen Gottes. Das lässt sich freilich nicht vereinbaren mit dem Gedanken, dass der Verzicht auf die Zweitehe ein Rat ist.[247] Es ist jedoch zu bedenken, dass unser Autor des öfteren frühere Positionen verändert oder gar durch neue ersetzt, die mit den früheren nicht mehr vereinbar sind. Das hängt mit seinem Enthusiasmus und mit seinem sprunghaften Denken zusammen. Leitend ist für ihn der Gedanke, dass der Mensch seine Wünsche immer in den Willen Gottes hineingeben muss, so dass der Wille des Menschen gleichsam im Willen Gottes enthalten ist.[248]

 

Die Auflehnung des Menschen gegen den Willen Gottes hat nach Tertullian seine eigentlichen Wurzeln in Adam, welcher als Erster gesündigt hat. Es ist seine Sünde, die in uns zum Tragen kommt. Der Wille zum Sündigen stammt nicht vom Teufel. Dieser war es nur, welcher dem Willen den Gegenstand der Sünde geliefert hat.[249]

 

Die Sünde muss als solche, so betont Tertullian, vom Menschen gewollt sein. Der Teufel hat keine Macht über den dem Menschen innewohnenden freien Willen, aber er kann ihn beeinflussen. Nur dann kann von Sünde die Rede sein, wenn dem Menschen bewusst ist, dass er sich mit dem Sündigen gegen den Willen Gottes stellt, wie es schon bei Adam und Eva der Fall gewesen ist.[250] Der Mensch unterwirft sich in der Sünde dem Teufel, der die Gelegenheit ausgenutzt hat, ihn zur Sünde zu verleiten.[251] Auch in diesem Punkt gibt es bei Tertullian keine Differenzen gegenüber dem Glauben der Großkirche.

 

Wer die Einehe ablehnt und mehrfach heiratet, soll sich nach Tertullian beschneiden lassen. Tertullian leitet diese Vorschrift von der Bigamie Abrahams[252] nach dessen Beschneidung her. Als Abraham noch in der Monogamie lebte, so Tertullian, wurde diesem sein Glaube als Gerechtigkeit angerechnet.[253] Söhne Abrahams sind für ihn nur diejenigen, die sich auf den monogamen Abraham berufen.[254]

 

Tertullian erwähnt Lamech,[255] welcher als erster...

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