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Straubing

Kleine Stadtgeschichte

AutorDorit-Maria Krenn
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2019
ReiheKleine Stadtgeschichten 
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783791761480
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Eine lange Geschichte prägt den niederbayerischen Ort Straubing. Sie erzählt von den ersten sesshaften Bauern der Linienbandkeramik und den römischen Soldaten, von den reichen Kaufherren des Mittelalters und den kurfürstlichen Regierungsbeamten der Frühen Neuzeit, von den Marktleuten, Handwerksburschen und Ziegelarbeitern des 19. Jahrhunderts, den Heimatvertriebenen, Schülern und Kauflustigen des 20. Jahrhunderts, von den Eishockeyspielern und Wissenschaftlern des 21. Jahrhunderts. Dorit-Maria Krenn stellt die Entwicklung und die Besonderheiten einer Stadt vor, die der bekannte Historiker Karl Bosl einst zum 'Herzen Altbayerns' erhoben hat.

Dr. phil. Dorit-Maria Krenn, geb. 1960 in Straubing, studierte Geschichte und Germanistik und ist seit 1991 Leiterin des Stadtarchivs Straubing. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Straubinger und niederbayerischen Geschichte.

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Leseprobe

Siedlungsplatz im Gäuboden: Straubings Vor- und Frühgeschichte


Eine Vielzahl archäologischer Spuren


Straubing und seine Umgebung sind reich an archäologischen Spuren und Erkenntnissen über das Leben der Menschen im Zeitalter der Vor- und Frühgeschichte. Bereits vor mehr als 50.000 Jahren, im mittleren Abschnitt der Altsteinzeit, streiften Menschen durch den Straubinger Raum. Sie jagten Mammute und Wollnashörner, Riesenhirsche und Höhlenbären, Rentiere und Eisfüchse, sammelten Beeren und Früchte. Derartige Jägergruppen lagerten nachweislich bei Münster, Straubing-Sand und Salching. Mit dem Ende der Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren wandelte sich die tundraartige Vegetation zu einem Eichenmischwald. Aus Feuerstein gefertigte Pfeil- oder Harpunenspitzen zeugen von den Menschen, die in dieser mittleren Steinzeit lebten.

Eine grundlegende Änderung der Lebensweise setzte 5600 v. Chr. in der Jungsteinzeit ein: Der Mensch wurde sesshaft, errichtete Häuser und Dörfer, rodete und bestellte Felder mit Emmer, Einkorn und Gerste, züchtete Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, webte Stoffe und brannte Tongefäße und übte damit Fertigkeiten aus, die sich aus dem Vorderen Orient über den Balkan nach Mitteleuropa verbreitet hatten. Das Gebiet um Straubing wurde nun dicht besiedelt, bot es doch reichlich Nahrung, natürlichen Schutz, gute klimatische Bedingungen: Es war die Kernlandschaft des »Gäubodens« mit seinem fruchtbaren Lössboden; Bäche wie der Harthauserbach, der Allachbach und die Aitrach durchflossen das Gebiet, das terrassenförmig zu den wildreichen Auenlandschaften in der Donauniederung abfiel. Die Donau diente als europäische Wasserstraße, als wichtige west-östliche Verbindung, die gerade bei Straubing auf den Landweg von Süd nach Nord traf; dieser führte aus den Alpen über das niederbayerische Hügelland in den Gäuboden, weiter über das Kinsachtal und die Chamer Senke hinein in den Bayerischen Wald und nach Böhmen. Diese von der Natur begünstigte Lage zeichnete Straubing von jeher aus, beeinflusste und prägte seine Geschichte, förderte seine Entwicklung.

Der Gäuboden bei Antenring in der Nähe Straubings.

Die ersten Bauern im Gäuboden gehörten zur Kultur der Linienbandkeramik, die nach den bandförmig eingeritzten und eingestochenen Verzierungen auf ihren Tongefäßen benannt ist. Ein typisches Dorf der Linienbandkeramiker befand sich in Straubing-Lerchenhaid, in der Nähe des Donauhochufers. Im nahe gelegenen Tiergarten Straubing kann der Nachbau eines ihrer Langhäuser mit lehmverputzten Flechtwerkwänden und strohbedecktem Dach besichtigt werden. In Ödmühle östlich von Straubing, am Ufer der Aitrach, stießen Archäologen auf den bisher größten bekannten Friedhof der Linienbandkeramik. Die zahlreichen Grabbeigaben, Gefäße mit Speisen, Waffen, Steingeräte, erzählen vom Glauben an ein eher irdisches Dasein nach dem Todesschlaf, Schmuck- und Trachtbestandteile aus den im Mittelmeer beheimateten Spondylusmuscheln deuten auf weit reichende Handelsbeziehungen hin.

HINTERGRUND


DER FRUCHTBARE GÄUBODEN

Der Gäuboden ist ein flaches Becken, das sich – etwa 15 Kilometer breit und 80 Kilometer lang – entlang der Donau von der Gegend bei Pfatter bis zur Ortschaft Künzing erstreckt. Im Norden wird es erkennbar begrenzt von den Erhebungen des Bayerischen Waldes, im Süden geht es kaum merklich in das niederbayerische Hügelland über. Der Gäuboden zeichnet sich durch seinen fruchtbaren Lössboden aus.

Vor Jahrmillionen war hier am Rande des Donaurandbruchs, einer Bruchlinie, die sich an der südlichen Grenze des Bayerischen Waldes (einst ein Hochgebirge) aufgetan hatte, ein Meer. Als sich die Alpen emporfalteten und das Meer sich zurückzog, bildeten sich, aufgeschottert durch die Donau und die Isar, mächtige Terrassen aus Kies und Sand. Im Eiszeitalter, das etwa vor 2,5 Millionen Jahren mit einer weltweiten Klimaverschlechterung einsetzte, wehten Stürme immer wieder kalkhaltigen Staub aus den Flusstälern auf diese Terrassen, bis sie schließlich mit bis zu sechs Meter mächtigen Lössdecken überzogen waren.

Der Begriff »Gäu«/»Gai«, der aus dem Gotischen in das Althochdeutsche übernommen wurde, bezeichnet allgemein das Land, das im Gegensatz zur Stadt oder zu den Bergen steht. So fährt der Bewohner des Bayerischen Waldes, der »Waldler«, ins Gäu aussi, wenn er in das flache Land aufbricht. Belegt ist das Begriffspaar Wald/Gäu für die Straubinger Gegend beispielsweise in den Landtagsverhandlungen des Herzogtums Bayern-Landshut aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wie der berühmte Sprachforscher Andreas Schmeller in seinem »Bayerischen Wörterbuch« angibt: enhalb und herdihalb Donau im Wald und im Geu. Für die getreidereiche Ebene bey Straubing an der Donau ist nach Schmeller aber noch ein spezieller Name überliefert: Duengäuboden (verkürzt Dungau oder Gäuboden), was mit »Dunkelboden«, also der dunklen Farbe der Erde, zu erklären ist. Jahrhundertelang als »Kornkammer Bayerns« gepriesen, trat im 20. Jahrhundert neben den Getreideanbau die großflächige Bestellung mit Zuckerrüben und Kartoffeln. Und das 21. Jahrhundert brachte als neue Variante der Ackernutzung die Solarparks.

Frauengrab mit reichem Muschelschmuck und Steckkamm aus der Zeit der Linienbandkeramik, gefunden bei Ödmühle/Aiterhofen.

In der Folgezeit entwickelten sich in Südostbayern eigenständige Regionalkulturen. Im Süden Alburgs ist beispielsweise eine Wohnstelle der Altheimer Gruppe (um 3800 v. Chr.), für die Henkelkrüge und Feuersteinsicheln charakteristisch sind, und bei Öberau ein Platz der Chamer Kultur (um 3300 v. Chr.) mit ihren typischen Knickwandgefäßen und ritzverzierten Spinnwirteln anzunehmen. Wieder in ganz Mitteleuropa nördlich der Alpen verbreitet war hingegen die sogenannte Schnurkeramik: Tongefäße, in die mit Hilfe einer Schnur Muster eingedrückt wurden, lassen sich ab 2800 v. Chr. auch im hiesigen Donauraum nachweisen. Eine kleine schnurkeramische Gruppe wohnte in Lerchenhaid. Dass die Terrassenkanten der Bach- und Flussläufe im Gäuboden weiterhin ein beliebter Siedlungsplatz waren, beweisen Fundstücke der Glockenbecherkultur aus der Zeit von 2500 bis 2000 v. Chr.; glockenförmige Tonprodukte gaben der Zeit ihren Namen. Mit knapp 30 Fundstellen von Begräbnisstätten bildet der Straubinger Raum einen Schwerpunkt der Glockenbecherfunde in Süddeutschland. Und die Grabbeigaben erzählen noch von einer anderen Veränderung: Nicht mehr mit Streitäxten wie bei den Schnurkeramikern, sondern mit Pfeil und Bogen wurde nun gejagt, angegriffen und verteidigt.

Die folgenden tausend Jahre prägte das Aufkommen der Metallwirtschaft: Die Stein- und Knochengeräte wurden allmählich von bronzenen Guss- und Schmiedeprodukten – Bronze ist eine Legierung aus Kupfer und Zinn – abgelöst. Zahlreiche Funde aus Hockergräbern der frühen Bronzezeit im Süden Straubings wie Ösenhalsringe, Armspiralen, Scheibenkopfnadeln und Dolche führten zum Namen »Straubinger Kultur« für die Erscheinungsform der frühen Bronzezeit im ganzen südostbayerischen Gebiet. Erwerbsgrundlage blieb nach wie vor die Landwirtschaft. Man lebte in kleinen, nahe beieinander liegenden Gehöftgruppen, unter anderem in Lerchenhaid, am Ziehbrückenbach, an der Aitrach und am Allachbach.

Bereits in der mittleren Bronzezeit gingen die Menschen dazu über, ihre Toten zu verbrennen, was als Indiz für eine ideellere Jenseitsauffassung gilt, und die Asche in Kammern von Hügelgräbern auszustreuen. Ab 1200 v. Chr. ist ein weiterer Wandel in der Bestattungsform erkennbar: Die Asche der Toten wurde nun in Urnen beigesetzt. Etwa 25 urnenfelderzeitliche Friedhöfe sind bisher in Straubing und seiner näheren Umgebung entdeckt worden. Spuren der relativ kleinen, rechteckigen Häuser dieser Zeit fanden sich zum Beispiel im Westen Straubings, in der sogenannten Kreuzbreite. Das 8. Jahrhundert v. Chr. brachte als neuen Werkstoff das Eisen. Auch in der »Eisenzeit« war die Straubinger Gegend dicht besiedelt. Mit Geschirr, Schmuck und Waffen reich ausgestattete Hügelgräber sowie große »Herrenhöfe«, zum Beispiel in Alburg, Öberau und Aiterhofen, lassen hierbei eine deutliche soziale Differenzierung der Bevölkerung erkennen.

Kelten im Straubinger Raum


Es sind nach wie vor besonders die Bestattungsformen und die Grabbeigaben, die vom Eintritt einer neuen Zeit und Kultur künden. Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. gingen die Hügelgräber in Flachgräber über. Die Frauen schmückten sich an den Füßen nicht mehr mit massiven, gerippten Schaukelringen, sondern mit schweren...

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