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Modernes Regieren und Konsens

Kommissionen und Beratungsregime in der deutschen Migrationspolitik

AutorJan Schneider
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl457 Seiten
ISBN9783531921747
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Mit einem Vorwort von Rita Süssmuth

Jan Schneider ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Europäische Migrationsnetzwerk beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Er promovierte am Institut für Politikwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen und ist Research Fellow des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI).

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Leseprobe
1 Regieren und Policy-Beratung – Grundlagen und Konzeptualisierungen (S. 39-40)

Bei der Regierung wie bei der Tugend ist es die größte aller Schwierigkeiten, Fortschritte zu machen. […] Wo immer die Berücksichtigung der Meinung des Volkes erstes Prinzip der Regierung ist, muß eine praktische Reform langsam und jede Reform voller Kompromisse sein. […] Wer immer eine Veränderung in einer modernen verfaßten Regierung erreichen will, muß zuerst seine Mitbürger dazu erziehen, überhaupt Veränderung zu wollen. Ist das getan, muß er sie davon überzeugen, genau die Veränderung zu wollen, die er will. (Woodrow Wilson, 1887)

1.1 Regieren und Konsens in der Bundesrepublik

Dieses Kapitel entwickelt ein grundlegendes Verständnis des vielfach als ungenau wahrgenommenen Begriffs Regieren und konzeptualisiert eine sowohl normativ als auch analytisch konsistente Leitidee von demokratischem Regieren. Den Aufgaben und Funktionen des Regierens wird dabei explizit sowohl in deskriptiv-analytischer wie in normativdemokratiepolitischer Hinsicht Rechnung getragen. Akteursbezogen werden Gubernative bzw. Kernexekutive als Orte führungsorientierten Regierens lokalisiert und die verschiedenen Dimensionen der Verhandlungsdemokratie, die sowohl ermöglichend als auch hindernd auf das Regieren einwirken können, diskutiert. Schließlich wird auf zwei Kernaspekte des Regierens fokussiert: die Organisation von Konsens als Meta-Funktion sowie das informale Handeln als Technik des Regierens.

1.1.1 Demokratisches Regieren: Begriff und Inhalt


Nach herkömmlichem Verständnis zerfällt Regierung in eine institutionelle und eine funktionelle Dimension (vgl. Badura 1987). Erstere bildet einen genuinen Bezugspunkt der Staatsrechtslehre und beschreibt die verfassungsmäßigen Institutionen und Organe des Regierungssystems, die Polity. Letztere erschließt sich hingegen durch die Betrachtung der Aufgaben der Regierung, die materiell-inhaltliche bzw. prozessuale Regierungstätigkeit im Sinne exekutiven Handelns, deren Rahmen zwar ebenfalls durch Recht – genauer: das Grundgesetz – abgesteckt und gebunden, jedoch kaum durch allgemeine Aufgabenklauseln konkret bestimmt ist (vgl. Schröder 2005: 1116f.).

1.1.1.1 Ethymologie und Begriffsverständnis


Das substantivierte Verb Regieren geht unmittelbar auf das lateinische regere (richten, lenken) zurück, dessen abstraktere Bedeutungen als »führen« und »leiten« später hinzukamen. Gleichbedeutend mit regere wurde bereits im klassischen Latein das Verb gubernare gebraucht. Beide bezogen sich ursprünglich auf die Steuerung und Lenkung eines Schiffes und koexistierten – auch in ihrer abstrakten und metaphorischen Bedeutungszuschreibung – bis ins Mittelalter (vgl. Sellin 1984: 363).

In der Bedeutungsvielfalt, die dem Regieren im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit zukam, resultierte das Verb in Wendungen aus der politischen Sphäre stets im Führen zu einem guten Ziel (vgl. Sellin 1984: 364), auch wenn im Vorgriff auf die repressiv-obrigkeitsstaatliche »Staatsräson« bisweilen bereits den policies (den Polizeien im verengten Sinne einer peinlich-gebotsmäßigen Regelung aller Lebensverhältnisse im Inneren) der Vorrang vor dem guten Regiment eingeräumt wurde (vgl. Beyme 1985: 8).
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Danksagung5
Inhaltsübersicht7
Inhaltsverzeichnis8
Abkürzungsverzeichnis14
Abbildungsverzeichnis17
Vorwort von Rita Süssmuth18
Einleitung: Do Commissions Matter?22
1 Regieren und Policy-Beratung – Grundlagen und Konzeptualisierungen36
1.1 Regieren und Konsens in der Bundesrepublik36
1.2 Regieren und Politikberatung mit Kommissionen71
2 Migrationspolitik in der Bundesrepublik – Beratung und Entscheidung105
2.1 Deutschland und die Zuwanderung105
2.2 »Gastarbeiter«- und Ausländerpolitik als Domäne der Exekutive109
2.3 Asyl- und Migrationspolitik zwischen föderaler Kooperation und Parteienstreit136
2.4 Einwanderungspolitik als Regierungspolitik? (1998/99)159
2.5 Beschränkt beratungsfähig – Willensbildung und Entscheidung in der deutschen Migrationspolitik (Zwischenfazit)166
3 Die Zuwanderungskommission im Politikprozess174
3.1 Regierungsforschung als empirisch-qualitative Sozialforschung: Methodik der Fallstudie174
3.2 Regierungsprozess: Reaktive Politik oder Coup de Ministre?190
3.3 Kommissionsprozess: Politikberatung im Policy-Netz232
3.4 Post-Kommissionsprozess: Der doppelte Politikzyklus272
4 Ergebnisse und Schlussfolgerungen358
4.1 Die Zuwanderungskommission und das Beratungsregime der Migrationspolitik: Zentrale Befunde358
4.2 Regieren mit Kommissionen: Zehn Thesen368
4.3 Ausblick: Ergänzende Forschungsfragen388
4.4 Fazit: Modernes Regieren?392
Literaturverzeichnis397
Anhang430
Personenregister447

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