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Der Europäische Integrationsprozess in der Energiepolitik am Beispiel der EU-Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich

Ein Vergleich

AutorAndreas Frech
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl79 Seiten
ISBN9783640639878
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich BWL - Allgemeines, Note: 1,7, Hochschule München (Fakultät für Betriebswirtschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Energie- und Klimapolitik der EU; Der Europäische Integrationsprozess; Energiepolitik; Vergleich der Wirtschaftspolitik in Deutschland und Frankreich; Energiepolitische Gefahren für die Europäische Union; Der Energielieferant Russland; Die Planification in Frankreich; Wirtschaft Deutschlands und Frankreichs

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Leseprobe

3. Deutschland und Frankreich im Energiezeitalter des 21. Jahrhunderts


 

Die Häufung extremer Wetterphänomene als Folge der Klimaerwärmung, steigende Öl- und Gaspreise und der „zunehmende globale Wettkampf um die Öl- und Gasreserven der Welt“[76] infolge der weltweit wachsenden Nachfrage nach Energieträgern, die vor allem auf die energieintensive Industrialisierung vieler Entwicklungs- und Schwellenländer (allen voran China und Indien) zurückzuführen ist. Diese und viele weitere bilden nur die Spitze des Berges an Herausforderungen, mit denen Europa und die Welt heute mit zunehmender Schärfe konfrontiert sind[77]. Entwicklungen wie diese werden in Politik und Öffentlichkeit zunehmend bewusst als „Vorboten einer äußerst problembehafteten Zukunft“[78] interpretiert, die ein gemeinsames europäisches Handeln erfordert und nicht mehr Erfolg versprechend allein auf nationalstaatlicher Ebene bewältigt werden könnten[79]. Vor diesem Hintergrund ist seit einem informellen Gipfel des Europäischen Rats Ende 2005 in Hampton Court eine wieder wachsende Dynamik der europäischen Energie – (und Klima-) Politik festzustellen. Dort betonten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union „die Dringlichkeit eines gemeinsamen europäischen Handelns“[80], infolge dessen die Europäische Kommission im März 2006 ein Grünbuch zur Zukunft der europäischen Energiepolitik veröffentlichte. Daraufhin wurde im Januar 2007 unter deutscher EU- Ratspräsidentschaft der für die Jahre 2007 bis 2009 gültige Aktionsplan mit dem Titel „Eine Energiepolitik für Europa“ (Kapitel 4) vorgestellt, in dem sich die EU- Mitgliedstaaten auf eine Reihe von Zielvorgaben verständigen, die insbesondere auf eine Verbesserung der Klima- und Umweltverträglichkeit der Energieproduktion in Europa abzielen.

Viele der eingangs erwähnten energiepolitischen Sachverhalte stehen mitunter in engem Zusammenhang. Um jedoch zu verdeutlichen, welchen grundlegenden energie- und klimapolitischen Herausforderungen Deutschland und Frankreich gegenüber stehen, wird die Komplexität der Problemlagen im Folgenden näher analysiert. Eine Differenzierung erfolgt dahingehend, als die gegenwärtigen wie zukünftigen Problemstellungen, denen sich eine europäische Energie- und Klimapolitik zu stellen hat, auf das „Idealdreieck der Energiepolitik“[81] aus Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit übertragen wird.

 

3.1 Versorgungssicherheit


 

Versorgungssicherheit bedeutet, dass für die Energienachfrage zu jeder Zeit ein ausreichendes Angebot an Energieträgern zu annehmbaren Preisen sichergestellt werden kann[82]. Deutschland und Frankreich sind die größten Energieverbraucher in der Europäischen Union und als rohstoffarme Länder insbesondere auf Importe angewiesen. Die deutsche Energieversorgung basiert gegenwärtig „zu einem sehr hohen Maße auf den fossilen Energieträgern“[83]. 97 % des benötigten Mineralöls, 83 % des Erdgases und 61 % der Steinkohle werden importiert[84]. Uran wird sogar zu 100 % importiert. Betrug der Anteil der heimischen Quellen zur Deckung des Primärenergieverbrauchs Anfang der 1990 er Jahre noch fast 50 %, erreicht der Anteil gegenwärtig nur noch 40 %. Besonders auffällig ist die veränderte Versorgungsstruktur bei der Steinkohle, die 1990 noch zu über 90 % aus heimischer Förderung stammte, während heute mehr als zwei Drittel der inländischen Nachfrage durch Importe gedeckt werden[85]. Die Situation in Frankreich ist ähnlich wie die Deutschlands von einer sehr hohen Importabhängigkeit gekennzeichnet, die jenseits des Rheins etwas geringer ausfällt als in der Bundesrepublik.

 

 

Abbildung 3: Frankreich: Grad der Energieunabhängigkeit[86]

 

Insgesamt beträgt die Energieunabhängigkeit im Jahre 2005 etwa 51 % („Total“). Während die französische Volkswirtschaft beim Erdöl („Pétrole“) fast vollständig vom Import abhängig ist, erzielt sie bei der Erzeugung von Elektrizität („Electricité“) sogar Überschüsse die unter anderem nach Italien und Deutschland exportiert werden. Diese Überschüsse sind auf die Kernenergie, der Hauptpfeiler der französischen Elektrizitätsproduktion – zurückzuführen, die somit einen wichtigen Beitrag zur Verminderung dieser Importabhängigkeit beiträgt.

 

Aufgrund dieser hohen Importabhängigkeiten und auch um die Versorgungssicherheit für die EU insgesamt zu verbessern, hebt der Europäische Rat in seinem Aktionsplan „Eine Energiepolitik für Europa“ aus dem Jahre 2007 die Notwendigkeit zur „tatsächlichen Diversifizierung der Energiequellen und Transportrouten“[87] ausdrücklich hervor. Dies bedeutet, dass sich die europäischen Verbraucherstaaten über möglichst viele Bezugsquellen überall auf der Welt versorgen sollen, um vor dem Hintergrund schwieriger politischer Rahmenbedingungen in den Förderregionen, ihre Versorgungslage zu sichern. Ein Ausweichen auf möglichst viele verschieden Förderregionen wird jedoch infolge der ungleichen Verteilung der Erdöl- und Erdgasreserven immer schwieriger:

 

 

Abbildung 4: Regionale Verteilug der Reserven konventioneller fossiler Energieträger, 2007, in Mrd. Barrel bzw. Kubikmeter[88]

 

Die weltgrößten Öl- und Gasreserven finden sich somit meist in Staaten mit erheblichen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Für die Verbraucherstaaten wie Deutschland oder Frankreich existieren dabei im Wesentlichen „zwei Grundformen von Gefährdungswahrnehmungen“[89]: Steigende Preise des Produktionsfaktors „Energie“ oder physische Lieferunterbrechungen. Letzteres Risiko würde das Funktionieren einer Volkswirtschaft grundsätzlich in Frage stellen[90]. Während die Verteuerung der wichtigen Importenergien für die europäischen Volkswirtschaften bereits Realität ist, konnte man die Auswirkungen von Lieferstopps in Deutschland und Frankreich zuletzt während des „Öl – Embargos“ von 1973[91] (Kapitel 2.3) oder der Ölpreiskrise von 1979/81[92] (Kapitel 2.3) erahnen. Die folgenden Ausführungen sollen anhand mehrerer Beispiele die Spannungen auf den Weltenergiemärkten vor Augen führen, die sich zwar jenseits der EU- Außengrenze ereignen, von denen Deutschland und Frankreich als importabhängige Volkswirtschaften jedoch betroffen sind.

 

3.1.1 Konjunkturpolitische Dimension schwankender Energiepreise


 

Die in den letzten Jahren in der ganzen Welt eingetretenen veränderten Marktbedingungen – wie die drastische Zunahme des weltweiten Energiebedarfs – sind seit Beginn der 1990er Jahre an der Entwicklung der Rohölpreise erkennbar. Nachdem die Ölpreise mehr als zehn Jahre relativ konstant blieben, stiegen sie infolge der Kuwait Krise zunächst auf ein Niveau von 30 $/b und schnellten seit 2005 drastisch in die Höhe. Erreichte der Einfuhrpreis für Rohöl im Jahr 1998 mit durchschnittlich 13,25 $/b seinen absoluten Tiefpunkt - punktuell unterschritt er sogar die 10 $ Marke – so stieg er bis Juli 2008 mit 136,39 $/b auf ein historisches Hoch und verlor anschließend infolge der Weltwirtschaftskrise binnen fünf Monaten um 70 % an Wert. Der Einfuhrpreis für Rohöl schloss zum Jahresende 2008 bei ca. 40 $/b und pendelt sich seitdem auf ein Niveau von 40 bis 50 $/b ein.

 

Die Rekordpreise für Erdöl im Jahre 2008 belasteten zahlreiche Unternehmen in Deutschland und Frankreich, die beiden Kernländer der Automobilindustrie in der EU. Die großen Automobilkonzerne suchen fieberhaft nach Auswegen aus der Krise. So kündigte der Vorstandsvorsitzende von Daimler, Dieter Zetsche, angesichts der steigenden Preise für Benzin und Diesel einen elektrisch angetriebenen Mercedes für 2010 an[93]. Volkswagen, BMW und auch die Konkurrenz aus Frankreich wollen bis spätestens 2012 mit elektrobetriebenen Modellen nachziehen. Auch die Fluggesellschaften treffen die steigenden Treibstoffkosten hart. Nachdem sich die Kosten für Kerosin im Jahr 2007 nahezu verdoppelten, kündigte bspw. die deutsche Fluglinie Air Berlin an, 30 % weniger Langstreckenflüge anzubieten, um die geschätzten Mehrkosten von 80 Mio. € zu kompensieren.

 

Durch die hohen Energiepreise stiegen auch die Importpreise in Frankreich und Deutschland im ersten Halbjahr 2008 stark an. So verteuerten sich nach Deutschland eingeführte Waren um durchschnittlich 8 %, wie sich auch in einem Anstieg des Verbraucherpreisindex[94] widerspiegelte. Der „energiegetriebene Preisanstieg“[95] bremste die Konsumlaune auch in Frankreich, wo die Binnennachfrage traditionell wichtigster Antreiber der Wirtschaft ist. Neben der Textilbranche erlebte sogar der französische Lebensmittel Einzelhandel einen starken Umsatzeinbruch[96]. Aufgrund der Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten und Rezessionsängsten in vielen Ländern sank auch die Nachfrage nach Erdöl bis Ende 2008 wieder deutlich. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) kündigte daraufhin an, die Fördermengen zu reduzieren, wodurch sich das Ölangebot verknappen und...

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