Übergriffe und Missbrauch variieren, je nachdem, wie maskulin oder feminin lesbische Frauen wirken

Erwachsene lesbische und bisexuelle Frauen berichten häufiger von Missbrauch in der Kindheit und sexuellen Übergriffen im Erwachsenenalter als heterosexuelle Frauen. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie von Dr. Keren Lehavot vom VA Puget Sound Health Care System in Seattle, USA, und ihren Kollegen. Die Arbeit der Wissenschaftler zeigt überdies, dass die eher maskulinen lesbischen Frauen öfter von Missbrauch in der Kindheit berichten, vor allem im Hinblick auf körperliche und emotionale Vernachlässigung. Die eher femininen lesbischen Frauen berichten demgegenüber häufiger von Übergriffen im Erwachsenenalter. Die Arbeit erscheint online im Springer-Journal Sex Roles.

Es ist noch nicht vollständig erforscht, warum Frauen, die einer sexuellen Minderheit angehören, offenbar öfter im Kindes-oder Erwachsenenalter missbraucht werden als heterosexuelle Frauen. Die Wissenschaftler nutzten Daten aus dem Rainbow Women’s Project in den Vereinigten Staaten, in dem eine Online-Umfrage unter erwachsenen Frauen gemacht wurde, die sich als lesbisch/schwul oder bisexuell bezeichnen. Sie gingen der Frage nach, inwieweit sich die Darstellungen der Missbrauchserlebnisse aus der Kindheit und sexuelle Übergriffe im Erwachsenenalter bei den Frauen aus sexuellen Minderheiten unterschieden. Dabei unterschieden sie zwischen der Geschlechtsidentität, also ob sich die Frauen als eher männlich, eher weiblich oder androgyn fühlen, bzw. zwischen ihrem geschlechtsspezifischen Verhalten, also inwieweit die Frau eher die männliche oder weibliche Rolle übernimmt.

Insgesamt 1.243 erwachsene Frauen aus einer sexuellen Minderheit nahmen an einer anonymen Online-Umfrage teil, die auf verschiedenen Verteilerlisten und Website-Gruppen gepostet wurde. Hinsichtlich der Geschlechtsidentität bezeichneten sich 40 Prozent der Teilnehmerinnen als weiblich und 15 Prozent als männlich.

Hierzu Dr. Lehavot: „Die lesbischen Frauen in unserer Umfrage berichteten von häufigem Missbrauch und starker Vernachlässigung in ihrer Kindheit sowie von sexuellen Übergriffen im Erwachsenenalter. Frauen, die sich als eher männlich bezeichneten, machten deutlich häufiger Angaben zu emotionaler und körperlicher Vernachlässigung in der Kindheit. Frauen, die sich stärker weiblich fühlen, berichteten häufiger von erzwungenem Sex im Erwachsenenalter. Angesichts dieses weit verbreiteten Problems ist es überaus wichtig, herauszufinden, wer davon am stärksten betroffen ist. Mediziner und soziale Einrichtungen, die mit sexuellen Minderheiten arbeiten, sollten die Bedeutung von Geschlechtsidentität und geschlechtsspezifischer Rolle in ihren Einschätzungen, Gesprächs- und Therapiesitzungen berücksichtigen.“

Quelle
Lehavot K et al (2012). Childhood trauma, adult sexual assault, and adult gender expression among lesbian and bisexual women. Sex Roles; DOI 10.1007/s11190-012-0171-1

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