Rechtsanwalt HildebrandtBGH 10.2.15, 1 StR 405/14, § 14 ErbStG bestimmt zehn Jahre als die relevante Zeitspanne für die Vorschenkung. Wenn die Schenkungssteuererklärung allerdings angibt, keine Vorschenkung durch den Schenker im fraglichen Zeitraum erhalten zu haben, liegt damit eine unrichtige Angabe zu einer steuererheblichen Tatsache i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr.1 AO vor. Wurden Vorschenkungen zu früheren Zeitpunkten nicht dargelegt und liefen damit § 30 ErbStG zuwider, ist weiterhin § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO einschlägig. Daraus folgt, dass die Steuerhinterziehung aufgrund der Nichtangabe einer steuererheblichen Vorschenkung eine mitbestrafte Nachtat zur bereits davor erfolgten Steuerhinterziehungen darstellt. Die selbstständige Verfolgung der aktuellen Hinterziehung der Schenkungssteuer wird aber nur betrieben, wenn der Vortat die strafrechtliche Verjährung der Vorerwerbe entgegensteht.
Die Angeklagte erhielt im Zeitraum von 2003 bis 2008 Schenkungen als Barzuwendungen, Überweisungen, KFZ, Immobilien, Mietzahlungen, Übernachtungskosten, Lebenshaltungskosten sowie Reisekosten insgesamt in einer Höhe von 2.514.549 EUR. In einer Schenkungssteuererklärung nach § 12 Abs. 3 ErbStG aus dem Jahr 2008 über eine Immobilie, die die Angeklagte im Dezember 2006 erhalten hatte, gab die Angeklagte wahrheitswidrig an, keine Vorschenkungen erhalten zu haben.
Der Strafzumessung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten legte das Landgericht die Vorschenkungen von 979.345 EUR bis Dezember 2006 sowie die bis zu Abgabe der Erklärung erfolgten Nachschenkungen i.H.v. 1.171.204 EUR mit einem Gesamtsteuerschaden von 768.139.50 EUR zugrunde.
Der BGH wandte sich nun gegen die Strafzumessung des Landgerichts und sah einen zu großen Schuldumfang zugrunde gelegt. Die Vorschenkung sei doppelt steuerlich relevant, so der BGH. Nach § 14 Abs. 1 S.1 ErbStG gelte für die Berechnung der Steuer auf die Schenkung, dass dem aktuellen Erwerb die vorhergehenden ihrem damaligen Wert nach zugerechnet werden, weshalb sich die Steuern für den letzten Erwerb auch nach den Vorwerben richte. Die Finanzbehörde müsse einen Steuerbescheid für die Besteuerung der Vorerwerbe erlassen, sofern dies noch nicht geschehen und nach §§ 169 ff. AO keine Festsetzungsverjährung ein-getreten sei. Dabei bliebe der Charakter der früheren Einzelerwerbe als steuerlich selbststän-diger Vorgang nach § 14 ErbStG erhalten.
Die Schenkungssteuer war aufgrund der wahrheitswidrigen Angaben zur Vorschenkung i.S.v. § 370 Abs. 4 S. 1 HS. 1 AO um 23.348 EUR zu gering festgesetzt worden, weil nach Ausschöpfung des Freibetrages nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG der erhöhte Steuersatz des § 19 Abs. 1 ErbStG auf die Summe der Erwerbe gilt.
Der Grundsatz Nemotenetur stand der Angeklagten nicht offen. Denn sie war verpflichtet, die Steuerhinterziehungen hinsichtlich der Vorerwerbe gem. § 370 Abs.1 Nr. 2 AO offen zu legen. Straffreiheit hätte die Angeklagte durch eine Selbstanzeige nach § 371 AO, wenn kein Sperrgrund aus § 371 Abs. 2 einschlägig ist, oder ein strafrechtliches Verwertungsverbot erlangen können,
Weiterhin müssen die Schenkungen, die nach der Immobilienschenkung aus dem Dezember 2006 geschahen, nicht als Nachschenkungen in der Steuererklärung zur Immobilienschenkung deklariert werden, wenn keine eigene Tatbestandserfüllung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vorliegen. Möglicherweise sind aber selbstständige Tatbestände gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO einschlägig.
Schenkungssteuer fällt nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG nicht an, wenn eine Zuwendung zum Zweck eines angemessenen Unterhalts erging. Die Angemessenheit wird überschritten, wenn sie über das Maß der individuellen Vermögensverhältnisse und Lebensstellung hinausgeht. In dem Fall ist auf die Zuwendung gem. § 13 Abs. 2 S. 2 ErbStG Schenkungssteuer zu zahlen.

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