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E-Book

Angst vor Blut und Spritzen

Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige

AutorAnne Schienle, Verena Leutgeb
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl59 Seiten
ISBN9783840925962
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Menschen die unter einer Blut-Spritzen-Verletzungsphobie leiden haben extreme Furcht vor Blutabnahmen, Verletzungen, Injektionen und Impfungen. Häufig haben sie auch ganz allgemein Angst vor medizinischen Behandlungen und Angst vor dem Besuch eines Krankenhauses. Bei vielen Betroffenen kommt es in den entsprechenden Situationen zu einer Ohnmachtsreaktion, die sie als sehr belastend erleben. Aufgrund der Ängste vermeiden sie deshalb notwendige Blutabnahmen, medizinische Untersuchungen oder Krankenhausbesuche, was zu negativen Folgen für die eigene Gesundheit führen kann. Der Ratgeber beschreibt zunächst die Kennzeichen, Besonderheiten und Entstehungsfaktoren der Blut-Spritzen-Verletzungsphobie. Im Anschluss daran werden Möglichkeiten der Selbsthilfe aufgezeigt und es wird erläutert, welche Unterstützung eine psychotherapeutische Behandlung bieten kann. Es wird insbesondere auf die beiden Methoden der Angewandten Anspannung und Entspannung eingegangen, die sich als sehr hilfreich bei der Bewältigung der Blut-Spritzen-Verletzungsphobie erwiesen haben. Verschiedene Arbeitsblätter erleichtern die Umsetzung der beschriebenen Übungen, Angehörige finden zudem Hinweise, wie sie Betroffene unterstützen können.

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Kapitelübersicht
  1. Inhalt/Vorwort
  2. 1 Was ist eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie?
  3. 2 Wie entsteht eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie und was erhält sie aufrecht?
  4. 3 Was kann man gegen eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie unternehmen?
  5. 4 Fallbeispiel: Frau S.
  6. Anhang
Leseprobe
2 Wie entsteht eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie und was erhält sie aufrecht?

Leider suchen Menschen, die von einer Blut-Spritzen-Verletzungsphobie betroffen sind, sehr häufig aus Scham oder Angst vor Zurückweisung keine Hilfe . Dabei sind Befürchtungen vor derartigen Situationen in der Bevölkerung weit verbreitet und selbst schwerwiegende Ängste (Phobien) und die daraus folgende Vermeidung notwendiger medizinischer Untersuchungen bzw . Behandlungen sind keine Seltenheit!

2.1 Wie entwickelt sich eine Blut-SpritzenVerletzungsphobie?

Die Blut-Spritzen-Verletzungsphobie beginnt früh, in der Regel schon in der Kindheit rund um das zehnte Lebensjahr . Sehr häufig sind negative Erfahrungen die Ursache der Ängste, etwa schon eine einmalige Ohnmacht bei einer Blutabnahme oder ein äußerst unangenehmer Zahnarztbesuch . Darüber hinaus bestehen familiäre Häufungen der Angst vor Blut, Spritzen und Verletzungen bzw . der Ohnmachtsneigung . Dies spricht einerseits für eine genetische Komponente dieser Phobie . Genetische Einflüsse haben sich dabei als dynamisch, d . h . als vom Lebensalter abhängig, herausgestellt . Im Alter von 8 bis 9 Jahren scheinen genetische Risikofaktoren für die Ausprägung blutbezogener Ängste eine zentrale Rolle zu spielen . Ihre Bedeutung nimmt dann bis zum frühen Erwachsenenalter (19 bis 20 Jahre) hin kontinuierlich ab . In der Jugend tauchen neue genetische Risikofaktoren auf, die sich wiederum über die Zeit hinweg verändern . Solche Befunde sprechen dafür, bereits in der Kindheit damit zu beginnen, etwas gegen die Phobie zu tun .

Andererseits weist die familiäre Häufung blutbezogener Ängste darauf hin, wie bedeutsam die Weitergabe von Einstellungen zu diesem Thema und die Vorbildfunktion der Eltern sind . Die Kinder übernehmen zum Teil deren Vorbehalte und Ängste bezüglich medizinischer Untersuchungen . Schließlich handelt es sich bei Befürchtungen bezüglich Blut und Verletzungen um sogenannte entwicklungsgebundene Ängste, die bei Kindern im Alter zwischen 5 und 7 Jahren häufig auftreten . Andere Beispiele für entwicklungsgebundene Ängste sind die vor dem Alleinsein (Trennungsangst) oder vor der Dunkelheit . Solche kindlichen Ängste sind ganz normal und verschwinden in der Regel von selbst, wenn die Entwicklungsphase abgeschlossen ist . Werden solche alterstypischen Ängste jedoch nicht überwunden bzw . verlernt, können sie als Phobien bestehen bleiben . Daher ist es wichtig, Kindern in Situationen medizinischer Diagnostik und Behandlung bzw . bei Verletzungen, Erfolgserlebnisse zu ermöglichen, d . h . ihnen das Gefühl zu geben, dass sie die Situation gemeistert haben . Auf jeden Fall ist es aber ungünstig, solche Situationen generell zu vermeiden, denn dies verhindert Lernerfahrungen .
2.2 Welche Rolle spielen Angst und Ekel?

Bei den sogenannten Spezifischen Phobien4, zu denen auch die Blut-Spritzen-Verletzungsphobie gezählt wird, kommt es zu Angstreaktionen in verschiedenen Situationen (z . B . Kontakt mit Spinnen, großen Höhen, mit dem Flugzeug fliegen, Zahnarztbesuche), die in der Regel von Betroffenen als zumindest übertrieben oder sogar unangemessen erkannt werden . Angststörungen sind die häufigsten psychischen Störungen in der allgemeinen Bevölkerung, ca . 25 Prozent der Menschen leiden zumindest einmal in ihrem Leben daran . Leider suchen Betroffene meist erst spät oder auch gar nicht Hilfe und ihre Angststörung verläuft chronisch . Zum Glück stehen jedoch wirkungsvolle psychotherapeutische Verfahren zu deren Behandlung zur Verfügung . Wir raten auf jeden Fall dazu, sich bei derartigen Problemen professionelle Hilfe zu suchen .

Gefühle der Angst und begleitende Körperempfindungen sind biologisch sinnvolle Schutzreaktionen, die Menschen davor bewahren sollen, sich leichtfertig in Gefahr zu begeben . Die mit der Angst einhergehenden, oft unangenehmen Körperreaktionen (z . B . Herzklopfen, Muskelanspannung, Schwitzen) dienen der Bereitstellung von Energie, um eine Flucht aus der gefährlichen Situation zu ermöglichen . Andere Angstsymptome (z . B . Ohnmacht) tragen dazu bei, dass man bedrohliche Situationen, aus denen man nicht entfliehen kann, besser übersteht . Für unsere Vorfahren hatte es einen Überlebensvorteil, wenn sie bei einer Verletzung ganz still liegen blieben, um einem zu großen Blutverlust entgegenzuwirken . Außerdem wird auf diese Weise die Blutgerinnung an der Wunde gefördert . Im Tierreich verhalten sich manche Tiere in Gefahrensituationen ganz ruhig oder stellen sich sogar tot, damit der Angreifer das Interesse an ihnen als mögliche Beute verliert . Vielleicht zeigt sich ein Überbleibsel dieses „Totstellreflexes“ im Rahmen der Blutphobie .

Wie schon zuvor erwähnt, finden sich bei der Blut-Spritzen-Verletzungsphobie beide Typen der Angstreaktion, Aktivierung und Ruhigstellung: Zuerst kommt es zur Bereitstellung von Energie, um flüchten zu können . Gibt es jedoch keine Fluchtmöglichkeit mehr oder ist diese nicht sinnvoll (z . B . wenn ein Blutverlust bereits eingetreten ist), kann es zur Ohnmacht kommen .

Das Erleben von Ekel ist wie das Erleben der Angst biologisch sinnvoll, um den Körper vor negativen Einflüssen zu schützen . Nach dem Modell der „Krankheitsvermeidung“ könnte sich das Ekelgefühl in der Entwicklungsgeschichte des Menschen herausgebildet haben, um ihn vor der Übertragung von Krankheiten bzw . vor der Aufnahme potenziell schädlicher Nahrungsmittel zu schützen . Wie bei der Angst kann es auch beim Ekel zu übersteigerten Reaktionen kommen, die dann nicht mehr nützlich sind . Viele Menschen tendieren auch zu einer Art „magischen Denkens“ bezüglich Ekelreizen: Sie denken, etwas Ekliges verunreinigt all das, mit dem es – auch nur kurz oder auch nur indirekt – in Berührung kam . So würden es etwa viele gänzlich ablehnen, eine Suppe zu essen, die mit einer benutzten, jedoch gründlich gewaschenen Fliegenklatsche umgerührt wurde . Die Ursache ist das Ekelprinzip „einmal in Kontakt – immer in Kontakt“, also die Beobachtung, dass durch die Berührung der Klatsche mit der Fliege auch nach einer gründlichen Reinigung das Gefühl der Verunreinigung bei uns zurückbleibt . Somit kann im Hinblick auf Blut und Verletzungen die Befürchtung einer möglichen Ansteckung mit Krankheit die Ursache sein .

Darüber hinaus wirkt ein weiteres Ekelprinzip über die Regel, dass all das, was Ekelreizen auch nur ähnlich sieht, dadurch bereits Ekelqualitäten annimmt, selbst wenn kein Verschmutzungsoder Erkrankungsrisiko besteht . So berichten manche Blut-Spritzen-Verletzungsphobiker, dass sie generell rote Flüssigkeiten widerlich finden oder lehnen es zum Beispiel ab, eine Tomatensuppe zu essen .
Inhaltsverzeichnis
Inhalt/Vorwort7
Vorwort9
1 Was ist eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie?10
1.1 Wie äußert sich diese?10
1.2 Warum spielt Ohnmacht eine zentrale Rolle?11
1.3 Wie verbreitet ist diese Phobie und welche Gefu¨hle kennzeichnen sie?17
1.4 Leide ich an einer Blut-Spritzen-Verletzungsphobie?17
2 Wie entsteht eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie und was erhält sie aufrecht?20
2.1 Wie entwickelt sich eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie?20
2.2 Welche Rolle spielen Angst und Ekel?21
2.3 Warum verschwindet die Phobie nicht wieder von selbst?23
2.4 Wann sollten Sie Hilfe in Anspruch nehmen?23
3 Was kann man gegen eine Blut-Spritzen-Verletzungsphobie unternehmen?25
3.1 Wie funktioniert die Methode der Angewandten Anspannung?26
3.2 Welche Entspannungsverfahren können helfen?30
3.3 Welche Atemu¨bungen gibt es?32
3.4 Welche Vorstellungsu¨bungen sind hilfreich?33
3.5 Wie kommuniziere ich am besten mit dem Arzt?35
3.6 Wie kann ich meine negativen Gedanken verändern?36
3.7 Soll ich Medikamente einnehmen?39
3.8 Wie können Angehörige einen Betroffenen unterstu¨tzen?40
4 Fallbeispiel: Frau S.42
Anhang45
Literaturempfehlungen45
Erklärung der Fachbegriffe46
Arbeitsblätter49

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