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Anthroposophische Medizin und Wissenschaft

Beiträge zu einer ganzheitlichen medizinischen Anthropologie

AutorPeter Heusser
VerlagSchattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783794566389
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR
Anthroposophische und naturwissenschaftliche Konzepte in der Medizin - gegen- oder miteinander? Zahlreiche Studien belegen: Der Wunsch nach komplementären medizinischen Methoden wächst. Oft suchen die Patienten hier, was sie in der Schulmedizin vermissen. Werden dort die Phänomene von Leben, Seele und Geist ursächlich auf die Wechselwirkung von Molekülen zurückgeführt, machen komplementärmedizinische Richtungen auch immaterielle Wirkprinzipien geltend. Daran entzünden sich viele Kontroversen - und eine Zusammenführung beider Sichtweisen fehlt bisher weitgehend. Peter Heusser zeigt am Beispiel der anthroposophischen Medizin, dass eine zeitgemäße, wissenschaftlich belegbare Gesamtsicht des Menschen möglich ist, die materielle und immaterielle Faktoren gleichermaßen anerkennt. Anhand von Rudolf Steiners erkenntniswissenschaftlichen Schriften und Goethes naturwissenschaftlicher Erkenntnismethode beleuchtet er Grundkonzepte der modernen Medizin und weist auf: Eine geisteswissenschaftliche Erweiterung der Naturwissenschaft ist unumgänglich. Seit Jahren mit großem Einsatz in der anthroposophischen Medizin und universitären Lehre und Forschung tätig, zeigt der Autor, wie eine in sich differenzierte, aber einheitliche medizinische Anthropologie und eine integrativmedizinische Therapieforschung im Sinne einer Evidenz-basierten Medizin ausgebaut werden können, um dem berechtigten Bedürfnis der Patienten nach umfassender Betreuung gerecht zu werden. Das Buch richtet sich an alle Ärzte und Wissenschaftler, insbesondere mit Schwerpunkt Anthroposophische Medizin, Komplementärmedizin und Integrative Medizin sowie Wissenschaftstheorie und Medizingeschichte.

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Leseprobe
5 Von der Anthropologie zur Anthroposophie (S. 175-176)

5.1 Die Frage nach der Realität und Erkennbarkeit geistiger Wirkprinzipien


Im Kapitel 2 (S. 9 ff.) wurde gezeigt, dass nicht etwa nur die Philosophie oder andere Geisteswissenschaften, sondern auch die Naturwissenschaft rein Geistiges gut kennt, nämlich die im Denken zu Tage geförderten Gesetzmäßigkeiten der Natur. Und es wurde mit empirischer Begründung dargelegt, dass dieser Geist als objektiv gelten kann, und zwar sowohl für die innerliche, intellektuelle Anschauung, wie auch durch die Tatsache, dass die äußere Natur den entsprechenden Naturgesetzen objektiv unterworfen ist.

Deshalb wurde das Naturgesetz nicht nur als ein Abstraktum im Geist des Subjekts aufgefasst, sondern als ein realer Bestandteil der Wirklichkeit selbst. Im Weiteren wurde argumentiert, dass diese Wirklichkeit eine wirkende sein muss, ansonsten die Erscheinungen nicht tatsächlich diesem Gesetzmäßigen unterworfen sein könnte. In diesem Sinn wurde im Anschluss an den klassischen und modernen Universalienrealismus sowie insbesondere an Goethes und Steiners Erkenntnis- und Wirklichkeitsauffassung der empirische ontologische Idealismus vertreten. Aber mit dieser Auffassung verbindet sich ein entscheidendes Problem.

Denn zunächst kennt die Wissenschaft keinen „wirkenden“ Geist, sondern nur den zwar reinen, aber abstrakten Geist der menschlichen Gedanken; und da dieser aufgrund nominalistischer Interpretation zumeist für etwas bloß Subjektives oder gar für ein Produkt des materiellen Gehirns gehalten wird, das mit der objektiven Welt nichts zu schaffen hat, kann für gewöhnlich in der Wissenschaft keine Rede davon sein, ein „Geistiges“ in der Natur, im Kosmos oder im Menschen zu suchen und anerkennen zu wollen. „Geist“ wird deswegen dem Glauben, irrationalen Fühlen oder spekulativen Wähnen überlassen.

Doch der „Geist“, von dem hier die Rede ist, ist das Hellste, Klarste und Genaueste, das ein Wissenschaftler überhaupt erleben kann; und erst dieser Geist macht die Wissenschaft zur Wissenschaft: die vollständig einsehbare ideelle Gesetzmäßigkeit. Das gilt für alle der Wissenschaft zugänglichen Gesetzmäßigkeiten, auf allen emergenten Ebenen des Materiellen, der Lebenserscheinungen der Organismen, der psychischen Phänomene oder der geistigen Wirksamkeit des Menschen.

Es gilt auch für die Statistik, d.h. für Gesetze, die sich nicht mit vorhersehbarer Eindeutigkeit, sondern nur mit statistischer Wahrscheinlichkeit verwirklichen, ist doch das Mathematisch-Statistische selbst ideelle Gesetzmäßigkeit und nur als eine solche einsehbar. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es der Geist, durch den der Wissenschaftler in die Natur wirklich hineinschaut. Ohne diesen Geist kann er nur auf ihre äußere Erscheinung hinschauen. So ist auch Goethes bekannte Opposition gegen Albrecht von Haller zu verstehen, wenn er dessen Gedicht kritisiert:
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Inhalt10
1 Einleitung12
1.1 Zusammenfassung18
2 Erkennen und Wirklichkeit20
2.1 Erkenntniswissenschaft: Erkennen des Erkennens20
2.2 Erfahrung24
2.3 Denken als Erfahrungstatsache30
2.4 Objektive empirische Erkenntnis34
2.5 Wissenschaft und Wirklichkeit44
2.6 Objektiver ontologischer Idealismus47
2.7 Zusammenfassung51
3 Naturwissenschaft und empirischer ontologischer Idealismus52
3.1 Empirischer Idealismus statt Reduktionismus52
3.2 Zum Substanzbegriff in Physik, Chemie und Biochemie66
3.3 Chemical explanation of life? Gene, genetische Information und Proteine81
3.4 Genregulation. Vom statischen zum dynamischen Gen-Konzept86
3.5 Selbstorganisation, organisches System und Goethes Typus90
3.6 Organismus oder Mechanismus?95
3.7 Typus und Morphogenese97
3.8 Organisches versus anorganisches Erkennen100
3.9 Morphogenetische Felder oder Substanzen?106
3.10 Ursächlichkeit und Systembiologie115
3.11 Biologie jenseits von Vitalismus und Mechanismus119
3.12 Überlegungen zur Thermodynamik organischer Prozesse122
3.13 Leben versus Tod, physische und ätherische Organisation125
3.14 Zusammenfassung132
4 Empirische Psychologie und die Realität des Seelisch-Geistigen134
4.1 Emergenz des Bewusstseins und die Frage nach der Realität des Seelischen134
4.2 Problem des ontologischen Monismus und der psychophysischen Kausation139
4.3 Bewusstsein versus Leben: lebendiges und seelisches Wirken142
4.4 Das Seelische als gestaltbildendes Prinzip. Die astralische Organisation146
4.5 Geist versus Seele: Emergenz von Selbstbewusstsein und Selbstdetermination151
4.6 Zur Freiheitsfrage161
4.8 Zusammenfassung184
5 Von der Anthropologie zur Anthroposophie186
5.1 Die Frage nach der Realität und Erkennbarkeit geistiger Wirkprinzipien186
5.2 Anthropologie und Anthroposophie bei I. P. V. Troxler194
5.3 Anthropologie und Anthroposophie bei I. H. Fichte196
5.4 Zusammenfassung201
6 Anthroposophie als empirische Geisteswissenschaft204
6.1 Erkenntnisgrenze und ihre Überschreitung204
6.2 Empirische Geisteswissenschaft bei Rudolf Steiner210
6.3 Zusammenfassung220
7 Anthroposophische Geisteswissenschaft und naturwissenschaftliche Medizin222
7.1 Viergliedriges Menschenbild als Grundlage der medizinischen Anthropologie, Nosologie und Therapie222
7.2 Wissenschaftliche Überprüfung anthroposophischer Konzepte und das Rationale in der Medizin227
7.3 Anthroposophische Medizin und moderne wissenschaftliche Forschung231
7.4 Zur Lage der anthroposophisch erweiterten medizinischen Anthropologie237
7.5 Zur Lage der klinischwissenschaftlichen Forschung in der anthroposophischen Medizin243
7.6 Zusammenfassung253
Literaturverzeichnis254

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