Sie sind hier
E-Book

Belastungserleben im Schüleralltag

Inwieweit stellt die Qualifikationsphase für Schülerinnen und Schüler der G8-Jahrgänge eine Belastung dar?

AutorSandra Schülke
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl105 Seiten
ISBN9783656276487
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Pädagogik - Schulwesen, Bildungs- u. Schulpolitik, Note: 1,7, Universität Bremen, Sprache: Deutsch, Abstract: Gegenstand der hier vorgestellten Masterarbeit ist eine qualitative Forschungsarbeit, die im Rahmen des Masterabschlussmoduls der Universität Bremen entstanden ist. Die Arbeit wurde im Fach Erziehungswissenschaften verfasst und setzt sich forschend mit dem Thema Belastungserleben im Schüleralltag auseinander. Auf Grund der aktuellen Diskussion um eine eventuelle Überbelastung der Schüler durch die G8-Reform erhält eine empirische Untersuchung zu dieser Thematik eine besondere Legitimation. Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist das subjektive Belastungserleben von G8-Schülern innerhalb der Qualifikationsphase. Anhand von Leitfadeninterviews wurde Datenmaterial an einem niedersächsischen Gymnasium erhoben, um zu ermitteln, inwieweit die Qualifikationsphase für Schülerinnen und Schüler der G8-Jahrgänge eine Belastung darstellt. Schlagwörter: Erziehungswissenschaften, Masterarbeit, Belastungserleben im Schüleralltag, G8-Reform, Qualifikationsphase

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

4 Darstellung relevanter Methoden


 

4.1 Das qualitative Forschungsparadigma


 

Obwohl qualitative bzw. interpretative Forschungsmethoden im 21. Jahrhundert aus dem soziologischen Forschungsbereich nicht mehr wegzudenken sind, begann ihr Aufstieg an die Spitze des sozialwissenschaftlichen Methodenolymps erst am Ende der Siebziger Jahre. In den Sozialwissenschaften erhärtete sich zu dieser Zeit erstmalig die wissenschaftliche Kritik an den bis dato übermächtigen quantitativen Forschungsverfahren.[65] Hauptärgernis der neu geformten Gegenbewegung waren die „standardisierten Massenbefragungen“, die im ausgehenden 20. Jahrhundert eine dominierende Stellung in der Sozialforschung eingenommen hatten.[66] Als grundlegendes Argument gegen die Verwendung von traditionellen Verfahren führten Kritiker die Unvollständigkeit des quantitativen Forschungsparadigmas an.[67] So würde das „soziale Feld“ durch die Verwendung einheitlicher bzw. standardisierter Forschungsmethoden „in seiner Vielfalt eingeschränkt, nur sehr ausschnittweise erfasst und komplexe Strukturen zu sehr vereinfacht und zu reduziert dargestellt [...].“[68] Ungeachtet der Tatsache, dass die Kritik an einem ausschließlich einheitlichen Erhebungsverfahren durchaus plausibel erscheint, muss der Vollständigkeit halber an dieser Stelle erwähnt werden, dass qualitative und quantitative Forschungsmethoden gänzlich unterschiedliche Ziele verfolgen. „Zielt die konventionelle Methodologie darauf ab, zu Aussagen über Häufigkeiten, Lage-, Vertei- lungs- und Streuungsparameter zu gelangen, Maße für Sicherheit und Stärke von Zusammenhängen zu und theoretische Modelle zu überprüfen, so interessiert sich eine qualitative Methodologie primär für das ,Wie‘ dieser Zusammenhänge und deren innere Struktur vor allem aus der Sicht des jeweils Betroffenen.“[69] Während im quantitativen Forschungsparadigma demzufolge ausschließlich isolierte Daten produziert werden, liefert der Gegenstandsbereich der qualitativen Forschung „deskriptive Daten über Individuen, die als Teile eines Ganzen [...] gesehen werden.“[70] Hinzugefügt werden muss an dieser Stelle zudem, dass das Feld der Sozialwissenschaften in gewisser Weise immer vorstrukturiert durch den sozialweltlichen und persönlichen Hintergrund der Befragten ist. Das heißt, soziale, persönliche, kulturelle oder ökonomische Faktoren können das Ergebnis der Datenerhebung maßgeblich beeinflussen. Während der lebensweltliche Hintergrund der Befragten in der Auswertung quantitativer Daten keine Bedeutung erhält, bezieht der qualitative Gegenstandsbereich diese Einflussfaktoren durch die bewusst offene Gestaltung der Datenerhebung und die interpretative Datenauswertung mit ein. Die offensichtlichen Grenzen des quantitativen Paradigmas haben in den vergangenen Jahren vermehrt zu einer Wiederaufwertung von qualitativen Methoden und der Entwicklung neuer qualitativer Datenerhebungsmethoden geführt.[71]

 

Ähnlich wie im quantitativen Paradigma wird auch in der qualitativen Forschung die Güte einer Arbeit an verschiedenen Kriterien gemessen, obgleich diese natürlich an den offenen Charakter des Forschungsprozesses angepasst sind. Einige relevante Vorschläge für Kernkriterien zur Bewertung qualitativer Forschung nach Ines Steinke (1999) möchte ich hier kurz aufführen:

 

 Intersubjektive Nachvollziehbarkeit (Ist der Forschungsprozess nachvollziehbar für den Leser?)

 

 Indikation des Forschungsprozesses (Orientiert sich die empirische Vorgehensweise an der Forschungsfrage?)

 

 Empirische Verankerung (Gibt es genügend empirische Belege für die Theorie-bzw. Typenbildung?)

 

 Reflexive Subjektivität (Wird die subjektive Stellung des Forschers in der Arbeit berücksichtigt?)

 

 Limitation (Wird der Geltungsbereich der Ergebnisse hinreichend abgegrenzt?)[72]

 

Abschließend bleibt noch zu erwähnen, dass auch das qualitative Paradigma immer wieder unter massiven kritischen Beschuss gerät. Qualitativ gewonnene Ergebnisse seien willkürlich, unwissenschaftlich und subjektiv, so lautet häufig die Anklage der quantitativen Opposition.[73] Als Reaktion auf diese Anschuldigungen hat die qualitative Sozialforschung in der Vergangenheit eine Reihe von „methodisch kontrollierten“ Verfahren, wie die Grounded Theory, die qualitative Inhaltsanalyse oder die qualitative Typenbildung, entwickelt.[74] Auf Letzteres werde ich im weiteren Verlauf der Arbeit noch gesondert eingehen.

 

4.2 Das halbstrukturierte Leitfadeninterview


 

Neben der Beobachtung, der Diskursanalyse oder der ethnographischen Feldforschung gilt das Interview als eine der grundlegendsten Datenerhebungsmethoden der qualitativen Sozialforschung. Die Auswahl qualitativer Interviewformen orientiert sich stets an der jeweiligen Forschungsfrage und muss daher äußerst sorgfältig vorgenommen werden; man unterteilt qualitative Interviews in Narrative- und Leitfadeninterviews. Relevant für diese Forschungsarbeit ist jedoch einzig das Leitfadeninterview.

 

Das halbstrukturierte Leidfadeninterview produziert ausschließlich verbale, d.h. deskriptive Daten und bietet sich immer dann als Methode an, wenn das Ziel der Datenerhebung konkrete Deutungsmuster bzw. Relevanzstrukturen zu einem vorgegebenen Gegenstand sind.[75] Das Leitfadeninterview gilt als wenig standardisierte Erhebungsform, da es potenzielle Einschränkungen im sozialen Feld durch offene Frageformulierungen und einen flexiblen Leitfaden auf ein Minimum reduziert.

 

Kennzeichnend für diese Art von Interview ist ein zuvor konstruierter Leitfaden, der eine Reihe von offenen Fragen beinhaltet, welche der Befragte in der Interviewsituation frei und ohne zeitliche Begrenzung beantworten sollte.[76] Durch den zuvor festgelegten Leitfaden erhält das Interview eine leicht abzuarbeitende Struktur, in der verschiedene Themenbereiche des Forschungsgegenstandes aufgegriffen werden. Ausschlaggebend für einen effizienten Einsatz des Leitfadens ist dabei immer das angewendete Maß an Flexibilität. Der Interviewer sollte demnach nicht „zu starr am Leitfaden kleben und im falschen Moment Ausführungen unterbrechen.“[77] Eine flexible, prozessorientierte Handhabung des Leitfadens gewährleistet somit das größtmögliche Maß an Effizienz. Die zuvor festgelegte Reihenfolge der Fragen ist dabei zunächst zweitrangig. Nur wenn der Interviewer spontan auf bedeutsame Äußerungen des Befragten eingeht, d.h. detailliert nachfragt oder Erläuterungen und Begründungen verlangt, können bestimmte Relevanzstrukturen des Befragten treffend herausgearbeitet werden. Die Entscheidung zur spontanen Intervention, also zur Abänderung oder Ergänzung der eigentlichen Interviewstruktur, kann zudem nur vom Interviewer selbst getroffen werden.

 

Diese Einzelentscheidungen, die nur in der Interviewsituation selbst getroffen werden können, verlangen vom Interviewer ein großes Maß an Sensibilität für den konkreten Interviewverlauf und für den Interviewten. Darüber hinaus verlangen sie ein großes Maß an Überblick über das bereits gesagte und seine Relevanz für die Fragestellung der Untersuchung. Dabei ist eine permanente Vermittlung zwischen den Interviewverlauf und dem Leitfaden notwendig. [78]

 

Insgesamt gilt das Leitfadeninterview als bedeutendes Instrument der qualitativen Forschung, da es durch seinen offenen Leitfaden und die flexible Handhabung der Fragen relevante Bedeutungsbeimessungen der Interviewten erfragt, diese Deutungen aufeinander bezieht und dabei keine sozialweltlichen oder persönlichen Hintergründe der Befragten ignoriert.

 

4.3 Zirkuläres Dekonstruieren


 

Die Methode des Zirkulären Dekonstruierens ist eine relativ junge Auswertungsmethode der qualitativen Forschung, die vermehrt Anwendung in der Psychologie findet, jedoch auf eine Vielzahl von Forschungsbereichen übertragbar ist. Das Verfahren, entwickelt von Jaeggi, Faas und Mruck, setzt darauf, dem Interpretationsprozess kreative und konstruktive Prinzipien qualitativen Arbeitens nutzbar zu machen, um so den subjektiven Rahmen des Auswertungshorizonts zu erweitern.[79] Ziel des Zirkulären Dekonstruierens ist es, sich zirkulär, d.h. „schleifenartig“ um einen Text bzw. ein Transkript herumzubewegen, es zu analysieren und auf diese Weise eine Vielzahl von Perspektiven und Bewertungskategorien auszutesten.[80] Der Prozess des Dekonstruierens vollzieht sich dabei anhand einzelner Auswertungsschritte, die nach Belieben an die eigene Forschung und ihre Intention angepasst werden können.

 

Die erste Auswertungsphase beginnt mit der Auswertung der Einzelinterviews. Ziel der einzelnen Schritte ist es hierbei, den Text bestmöglich in seine Einzelteile zu zerlegen, um so erste Interpretationsschwerpunkte zu setzten. Die Auswertungsschritte variieren in ihrer Bedeutung für den Interpretationsprozess und können daher vom Forscher für sein Vorhaben modifiziert werden. Während die ersten zwei Auswertungsschritte, die Mottofindung und die Nacherzählung, einen zusammenfassenden Charakter haben und Schwerpunkte setzten sollen, erfüllen die Anfertigung einer Stichwortliste und die Zusammenstellung eines Themenkatalogs den dekonstruierenden Aspekt der Methode. Durch die Zerlegung des Textes...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

bank und markt

bank und markt

Zeitschrift für Banking - die führende Fachzeitschrift für den Markt und Wettbewerb der Finanzdienstleister, erscheint seit 1972 monatlich. Leitthemen Absatz und Akquise im Multichannel ...

Der Steuerzahler

Der Steuerzahler

Der Steuerzahler ist das monatliche Wirtschafts- und Mitgliedermagazin des Bundes der Steuerzahler und erreicht mit fast 230.000 Abonnenten einen weitesten Leserkreis von 1 ...

ea evangelische aspekte

ea evangelische aspekte

evangelische Beiträge zum Leben in Kirche und Gesellschaft Die Evangelische Akademikerschaft in Deutschland ist Herausgeberin der Zeitschrift evangelische aspekte Sie erscheint viermal im Jahr. In ...

filmdienst#de

filmdienst#de

filmdienst.de führt die Tradition der 1947 gegründeten Zeitschrift FILMDIENST im digitalen Zeitalter fort. Wir begleiten seit 1947 Filme in allen ihren Ausprägungen und Erscheinungsformen.  ...