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E-Book

Bildung in der Krippe? Was Bildung für Unterdreijährige bedeutet

AutorJasmin Drechsler
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl55 Seiten
ISBN9783956847080
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Vor dem Hintergrund des quantitativen Ausbaus von Tagesstätten für Kinder unter drei Jahren wird in der vorliegenden Abschlussarbeit beschrieben, welche historischen, gesellschaftlichen und politischen Diskurse diesen Ausbau verursacht haben und welche aktuellen Diskurse zur Bildung von Kindern dieser Altersspanne bestehen. Ziel ist es, anhand der in den letzten Jahren erschienenen Publikationen Hinweise zum frühkindlichen Bildungsbegriff sowie zu den Zielen und Inhalten einer möglichen Didaktik zu finden. Dazu werden die publizierten Bildungsvorstellungen beschrieben, diskutiert und verglichen. Die einzelnen Kapitel beschäftigen sich zunächst mit den Ursachen der Diskurse des Krippenausbaus und mit der Historie des frühkindlichen Bildungsbegriffes. Danach werden Definitionen, Merkmale und Funktionen von Bildung beleuchtet. Anschließend werden die bestehenden Diskurse zu den Auffassungen über Bildung deskribiert. Schließlich werden bestehende spezifische Ansätze für die Bildungsarbeit in Tageseinrichtungen für unter Dreijährige in den Blick genommen. Ersichtlich wird, dass die unterschiedlichen Herangehensweisen nicht so different sind wie ursprünglich angenommen. Trotzdem zeigt das Ergebnis der Arbeit, dass das Thema 'Bildung von Kindern unter drei Jahren' in der Wissenschaft bisher nur unzureichend bearbeitet worden ist und es an Einheitlichkeit über geeignete Ansätze fehlt, sodass der Praxis kaum Orientierungsqualität zur Verfügung steht. Daraus entsteht ein breites Feld, das zukünftig empirisch ergründet werden muss.

Jasmin Drechsler ist Kindheitspädagogin (BA) und leitete mehrere Jahre eine Kindertagesstätte in München. Sie ist in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Tagespflegepersonen, Kinderpflegerinnen und Erzieherinnen tätig und berät Träger und Unternehmen bei

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Textprobe: Kapitel 2.2, Merkmale von Bildungsprozessen: Die aufgeführten Definitionen beinhalten bereits vielfältige Aussagen zu den Voraussetzungen von Bildungsprozessen sowie zu deren Merkmalen und Kontexten. Bildungsprozesse sind eine aktive Konstruktionsleistung des Kindes, wie bereits die kognitive Entwicklungspsychologie (vgl. Piaget) feststellte (vgl. Liegle 2008: 97). Weil Bildung eine aneignende Tätigkeit ist, handelt es sich um Selbstbildung (vgl. Liegle 2003: 17). Vor dem Hintergrund dieser Selbstbildung, deren Ansatz in der vorliegenden Arbeit ein separates Kapitel zu seinen Ursprüngen und Inhalten gewidmet ist, lassen sich Merkmale ableiten. Die heute noch geltenden Merkmale des Bildungsbegriffes sind erstens die bereits erwähnte Selbsttätigkeit des Individuums, bei der die Person und nicht die Bildungsziele im Mittelpunkt stehen, was deutlich macht, dass der Mensch nicht von außen erzeugt werden kann, sondern sich selbst erschaffen muss. Zweitens gilt, dass Bildung Handeln und Denken sowie Können, Wissen und Ästhetik integriert. Drittens ist das Ergebnis von Bildung subjektiv, weil der Mensch sie sich in der Auseinandersetzung mit seiner kulturellen und sozialen Wirklichkeit selbst gestaltet (vgl. Schäfer 2006a: 34). Bildung hat demnach laut Schäfer (vgl. 2005a: 25 ff.) etwas mit Selbsttätigkeit zu tun, weil man nicht gebildet werden kann, sondern sich selbst bildet. Bildung erfolgt durch Sinnfindungen, wobei man Sinn selbst erschließen muss, weil er nicht vermittelt werden kann. Diese Sinnfindung erfolgt individuell, weil man das Erfahrene mit Vorerfahrungen verknüpfen muss. Bildung ist nicht nur ein rational-logischer Prozess, sondern auch eine sinnlich-emotionale Erfahrung. Kinder als aktive Gestalter ihrer Bildungsprozesse anzuerkennen, spiegelt die Auffassung der Handlungsdimension von Bildung. Es wird davon ausgegangen, dass Kinder durch Wahrnehmung mit ihrer Umwelt in Kontakt treten, sich Bedeutungen und Erkenntnisse konstruieren und sich somit eigenständig Wissen aneignen und sich bilden (vgl. Viernickel 2010: 177 ff.). Es müsse deshalb laut Fichtner (2007: 25) betont werden, dass Bildung ein 'umfassender Prozess der Selbstbildung ist'. Für Schäfer (vgl. 2006a: 34) rückt der Bildungsbegriff das eigenwillige und selbstständige Handeln des Individuums bei seinen Lernprozessen sowie deren Integration in einen soziokulturellen Zusammenhang in den Mittelpunkt. Ebenfalls laut Schäfer (vgl. 2002: 65 ff.) geht es bei frühkindlicher Bildung nicht um Lernen, sondern um Erkenntnis, weil Kinder ihren Körper und ihren Geist so strukturieren müssen, dass sie etwas erkennen und darüber nachdenken können. Das Gehirn strukturiert sich im Austausch mit der Wirklichkeit selbst und repräsentiert diese Wirklichkeit subjektiv. Die erkenntnistheoretische Ordnung von sensorischen und emotionalen Wahrnehmungen wird individuell ausgebildet und liegt innerhalb eines für alle Menschen geltenden Spektrums. Innerhalb dieses Spektrums sind individuelle Variationen wegen persönlicher Erlebnisse, Erfahrungen und individueller Interpretationen möglich. Der Ausbau dieser subjektiven Erkenntnistheorie ist von der Kultur, in der das Kind aufwächst, abhängig, weil diese bestimmt, welche Erkenntnisse zugelassen und gepflegt werden. Zentrales Thema in allen Bildungsvorstellungen ist daher neben der Überzeugung von der Selbstbildung des Menschen auch die Beziehung zwischen Menschen und der sie umgebenden Welt (vgl. Laewen 2002: 17). Bildungsprozesse stehen in einem Bezug zu Themen, Gegenständen und Inhalten des Lebens, weswegen die in ihnen angelegte Aneignungstätigkeit 'Stoff` benötigt (vgl. Liegle 2008: 97). Weil man durch etwas gebildet wird, sind Gegenstände der Bildung historisch bedingt und daher sozial und kulturell angelegt (vgl. Schäfer 2005a: 25 ff.). Sie sind deshalb nicht umweltunabhängig, sondern von Kontexten wie Gesellschaft, Institutionen und Räumen, Alter, Geschlecht und Individualität abhängig. Diese Kontexte können sowohl förderlich als auch hinderlich sein (vgl. Liegle & Tremptow 2002: 14 ff.). Daher müssen Bildungsprozesse ermöglicht, unterstützt und angeregt werden (vgl. Liegle & Tremptow 2002: 14 ff.). Die Aneignung von Bildung erfolgt durch Tätigkeiten wie Erlebniserfahrungen und schöpferisches Gestalten sowie über Wissenserwerb (vgl. Fichtner 2007: 27). Bildung könnte der Anteil des Kindes an seiner Entwicklung sein, wenn man Bildung als Selbstbildung wegen des selbsttätigen Bemühens um Weltaneignung und wegen der Handlungskompetenz betrachtet (vgl. Laewen 2002: 61). Aufgrund dieser Kontexte haben Bildungsprozesse einen sozialen Charakter, weil sie auf die Erfahrungen in und mit der sozialen, räumlichen, kulturellen und materiellen Umwelt angewiesen sind und weil das Erleben, Gestalten und Repräsentieren interpersoneller Beziehungen die Voraussetzung für Bildungsprozesse sind (vgl. Liegle 2008: 96 f.). Daher hat Bildung darüber hinaus auch eine soziale Dimension. Sie versteht sich als Beziehungsbildung, bei der die Bildungsaufgabe im Aufbau von Beziehungen besteht (vgl. Viernickel 2010: 177 ff.). Daneben verfügt der Bildungsbegriff auch über eine identitätsorientierte Dimension, die beinhaltet, dass die Bildung der Persönlichkeit des Menschen ebenfalls Bestandteil ist, deren Ziel es ist, die Sozialisation und Individuation des Kindes zu fördern (vgl. Viernickel 2010: 177 ff.). Dem Begriff haftet demnach auch das Sich-Bilden der Persönlichkeit an (vgl. Laewen 2002: 17). Aufgrund dieser Dimensionen lässt sich Bildung laut Liegle und Tremptow (2002: 17 ff.) in instrumentelle Bildung, bei der es um Wissensaneignung geht, und in Bildung der Persönlichkeit einteilen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Bildungsbegriff eine lange Tradition hat. Bildung ist eine im Austausch mit der Umwelt stattfindende und auf sozialen, kulturellen und historischen Kontexten beruhende Selbsttätigkeit des Menschen, bei der Umwelt und Individuum zusammenwirken.
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